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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 24.06.1999
Aktenzeichen: 1 BvR 476/98
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 476/98 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des Herrn B.

gegen

§ 6 Abs. 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz - Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I S. 1038) und in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz - AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (BGBl I S. 1674)

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Kühling, die Richterin Jaeger und den Richter Steiner gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 24. Juni 1999 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Regelungen über die Begrenzung der bei der Rentenberechnung maßgebenden Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen nach § 6 Abs. 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz - Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 <BGBl I S. 1038>) und in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz - AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (BGBl I S. 1674).

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist. Annahmegründe nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG können daher nicht vorliegen.

Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Rechtssatzverfassungsbeschwerde rügt, bei der Überführung der Anwartschaften aus den in Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 AAÜG genannten Zusatzversorgungssystemen und aus den in Anlage 2 Nr. 1 bis 3 zu § 1 Abs. 3 AAÜG genannten Sonderversorgungssystemen und bei der bescheidmäßigen individuellen Neuberechnung der Rente auf der Grundlage der nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AAÜG zu bestimmenden Entgeltpunkte für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet würden vor und nach der Änderung des AAÜG zum 1. Januar 1997 erzielte Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen verfassungswidrig nicht ausreichend berücksichtigt, ist die Verfassungsbeschwerde unter dem aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG folgenden Gesichtspunkt der Subsidiarität der Rechtssatzverfassungsbeschwerde unzulässig (vgl. BVerfG, DtZ 1995, 325; DtZ 1997, 192).

Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz, hier gegen bestimmte Vorschriften des Rü-ErgG und des AAÜG-ÄndG, ist einer Prüfung in der Sache nur zugänglich, wenn der Beschwerdeführer durch die angegriffene Rechtsnorm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen ist. Das Erfordernis der unmittelbaren Betroffenheit bedeutet, daß das Gesetz ohne einen weiteren vermittelnden Akt, in den Rechtskreis des Beschwerdeführers einwirkt (vgl. BVerfGE 72, 39 <43> m.w.N.; BVerfG, NJW 1992, 1373; BVerfG, NJW 1993, 2367 <2368>). Setzt die Durchführung der angegriffenen Vorschrift rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen besonderen Vollzugsakt voraus, muß der Beschwerdeführer grundsätzlich zunächst diesen Akt angreifen und den gegen ihn eröffneten Rechtsweg erschöpfen, bevor er Verfassungsbeschwerde erhebt (vgl. BVerfGE 72, 39 <43> m.w.N.).

Es ist nicht ersichtlich, daß der Beschwerdeführer keine Möglichkeit hatte oder haben wird, zur Abwehr der behaupteten Grundrechtsverletzungen zunächst die Fachgerichte (§ 17 AAÜG) anzurufen (vgl. BVerfGE 73, 40 <69 f.>; 74, 90 <74 f.> m.w.N.). Auch im vorliegenden Fall ist angezeigt, daß zunächst die Fachgerichte aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse eine Klärung darüber herbeiführen, wie sich die Regelungen über die Begrenzung von Arbeitsentgelten oder Arbeitseinkommen bei dem Beschwerdeführer auswirken werden, also ob und in welchem Ausmaß der Beschwerdeführer durch die angegriffenen Regelungen in seinen Rechten verletzt wird und ob die einschlägigen Bestimmungen über die individuelle Neuberechnung der Versorgung mit der Verfassung vereinbar sind. Auf diese Weise ist gewährleistet, daß sich die verfassungsrechtliche Prüfung auf umfassend geklärte Tatsachen und auf fachgerichtliche Rechtsausführungen stützen kann (vgl. BVerfGE 74, 69 <75>).

Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen nicht vor (vgl. BVerfG, DtZ 1995, 325; DtZ 1997, 192). Die allgemeine Bedeutung auftretender Fragen, auch in dem Sinne, daß eine Entscheidung Klarheit in einer Vielzahl gleichliegender Fälle schaffen könnte, ist stets nur ein Moment der Abwägung für und wider die sofortige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 71, 305 <349>; BVerfG, NJW 1992, 2749 <2750>). Hier ist entscheidend, daß nur bei Erschöpfung des Rechtswegs oder bei einer Richtervorlage die Sach- und Rechtslage für eine verfassungsgerichtliche Prüfung hinreichend geklärt wäre.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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