Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 02.12.1997
Aktenzeichen: 2 BvL 55/92
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 18 Abs. 5
Leitsatz:

Zur Zulässigkeit einer Richtervorlage

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvL 55/92 - - 2 BvL 56/92 -


IM NAMEN DES VOLKES

In den Verfahren

zur verfassungsrechtlichen Prüfung

ob § 18 Absatz 5 Satz 1 des Ausländergesetzes vom 28. April 1965 (BGBl I S. 353) in der Fassung des Artikels 6 Nummer 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 15. Dezember 1981 (BGBl I S. 1390) wegen Verletzung des Grundgesetzes nichtig ist, soweit durch diese Vorschrift die Beförderung asylsuchender Ausländer auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann, wenn diese nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit vor ihrer Einreise benötigen

- Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts

vom 14. April 1992 - BVerwG 1 C 48.89 und BVerwG 1 C 45.89 -

hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter Präsidentin Limbach, Graßhof, Kruis, Kirchhof, Winter, Sommer, Jentsch, Hassemer

am 2. Dezember 1997 beschlossen:

Die Vorlagen sind unzulässig.

Gründe:

A.

Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Normenkontrollverfahren betreffen die Frage, ob der durch Artikel 6 Nummer 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 15. Dezember 1981 (BGBl I S. 1390) in § 18 des Ausländergesetzes vom 28. April 1965 (AuslG) eingefügte Absatz 5 Satz 1 insoweit mit Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG a.F. vereinbar war, als danach die Beförderung asylsuchender Ausländer auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland untersagt werden konnte, wenn diese nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis waren, die sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit vor ihrer Einreise benötigten.

I.

1. a) Der die Zurückweisung und Zurückschiebung von Ausländern regelnde § 18 AuslG (1965) bestimmte in seinem Absatz 4, daß beim Versuch der Einreise zurückgewiesene Ausländer vom Beförderungsunternehmer unverzüglich - gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 AuslG (1965) auf dessen Kosten - außer Landes zu bringen waren.

Der mit Wirkung vom 1. Januar 1982 eingefügte § 18 Abs. 5 AuslG lautete:

"Der Bundesminister des Innern kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr einem Beförderungsunternehmer untersagen, Ausländer auf dem Luft- oder Seeweg in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu befördern, wenn diese nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die sie auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit vor der Einreise benötigen (§ 5 Abs. 2), sofern sie hiervon nicht befreit sind. Die Anfechtungsklage gegen eine Anordnung nach Satz 1 hat keine aufschiebende Wirkung."

§ 18 Abs. 5 AuslG wurde im Jahre 1987 durch einen dritten Satz ergänzt, wonach Beförderungsunternehmern bei Verstößen gegen Beförderungsverbote im einzelnen näher bestimmte Geldleistungspflichten auferlegt werden konnten.

§ 2 AuslG (1965) lautete:

"(1) Ausländer, die in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einreisen und sich darin aufhalten wollen, bedürfen einer Aufenthaltserlaubnis. Die Aufenthaltserlaubnis darf erteilt werden, wenn die Anwesenheit des Ausländers Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht beeinträchtigt.

(2) ... "

§ 5 AuslG (1965) lautete:

"(1) Die Aufenthaltserlaubnis (§ 2 Abs. 1) kann vor der Einreise oder nach der Einreise erteilt werden.

(2) Der Bundesminister des Innern bestimmt, wenn die Belange der Bundesrepublik Deutschland es erfordern, durch Rechtsverordnung, daß die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise oder vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks eingeholt werden muß."

Die aufgrund des § 5 Abs. 2 AuslG (1965) vom Bundesminister des Innern erlassene Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAuslG) in der Fassung vom 29. Juni 1976 (BGBl I S. 1717) regelte die näheren Einzelheiten.

§ 5 DVAuslG lautete:

"(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks einzuholen von

1. Ausländern, die beabsichtigen, sich länger als drei Monate im Geltungsbereich des Ausländergesetzes aufzuhalten oder darin eine Erwerbstätigkeit auszuüben;

2. Staatsangehörigen eines Staates, der in der Anlage zu dieser Verordnung nicht aufgeführt ist;

3. ... "

In einer der Durchführungsverordnung als Anlage beigefügten sogenannten "Positivliste" sind diejenigen Staaten aufgeführt, deren Staatsangehörige keiner vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Form eines Sichtvermerks einzuholenden Aufenthaltserlaubnis bedurften.

b) § 18 Abs. 4 und 5 AuslG (1965) wurde später mit Wirkung zum 1. Januar 1991 durch Neufassung des Ausländergesetzes durch das Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet - Ausländergesetz - (AuslG) vom 9. Juli 1990 (BGBl I S. 1354) aufgehoben und durch §§ 73, 74 AuslG (1990) ersetzt.

2. In seiner Fassung vom 23. Mai 1949 lautete Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG:

"Politisch Verfolgte genießen Asylrecht."

Diese Vorschrift wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. Juni 1993 (BGBl I S. 1002) durch Art. 16a GG ersetzt.

II.

1. a) Im Ausgangsverfahren der Vorlage 2 BvL 55/92 untersagte der Bundesminister des Innern, gestützt auf § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965), der Klägerin (Air India) mit einem zunächst auf sechs Monate befristeten Bescheid vom 9. Februar 1987, "auf den Strecken zwischen Indien und dem Bundesgebiet Ausländer in das Bundesgebiet zu befördern, wenn diese nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit vor der Einreise benötigen (§ 5 Abs. 2 AuslG), sofern sie hiervon nicht befreit sind." Zuvor hatte er die Klägerin wegen wiederholter Beförderung von Ausländern ohne die erforderlichen Sichtvermerke mehrfach abgemahnt. Er wies darauf hin, daß ein Beförderungsunternehmer nach § 18 Abs. 5 Satz 3 AuslG (1965) verpflichtet sei, für jeden entgegen diesem Verbot beförderten Ausländer 2.000 DM als Ersatz für die infolge seines illegalen Aufenthalts entstehenden öffentlichen Aufwendungen zu zahlen. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei trotz zahlreicher Gespräche und Empfehlungen offensichtlich nicht bereit, die erforderlichen Kontrollvorkehrungen zu treffen, um die Einhaltung der deutschen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen sicherzustellen.

Mit einem weiteren, zunächst auf ein Jahr befristeten Bescheid vom 4. September 1987 untersagte der Bundesminister des Innern der Klägerin erneut, sichtvermerkspflichtige Ausländer ohne erforderlichen Sichtvermerk in das Bundesgebiet zu befördern, und bezog sich zur Begründung auf zahlreiche weitere Fälle einer solchen Beförderung durch die Klägerin in den Monaten Juni und Juli 1987.

b) Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin jeweils Klage mit der Begründung, die Bescheide seien mangels verfassungsgemäßer gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) sei mit Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbar, weil durch ihn der Zugang asylsuchender Ausländer zum Bundesgebiet in unzumutbarer Weise erschwert oder sogar verhindert werde. Außerdem sei die Vorschrift mit Art. 25 GG unvereinbar, da sie eine unzulässige Vorverlagerung staatlicher Kontrollmaßnahmen ins Ausland vorsehe und der Klägerin die Erfüllung solcher Kontrollaufgaben daher unzumutbar sei. Im übrigen sei es für ihre Mitarbeiter sowohl objektiv unmöglich, gefälschte Sichtvermerke zu erkennen, als auch subjektiv unzumutbar, an der Verhinderung der Einreise tatsächlich politisch Verfolgter mitzuwirken.

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen ab. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurück, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Die Klage sei zulässig. Die Klägerin könne sich zwar nicht auf das Asylgrundrecht berufen und damit Rechte Dritter geltend machen. Trotz Art. 19 Abs. 3 GG könne sie sich aber als ausländische juristische Person aufgrund der ihr erteilten luftverkehrsrechtlichen Betriebsgenehmigung jedenfalls auf das Rechtsstaatsprinzip und auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen und ihr Recht geltend machen, im Rahmen ihrer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Betätigung nicht durch formell oder materiell verfassungswidrige Gesetze beschränkt zu werden. Die Klage sei jedoch unbegründet. § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) sei nicht wegen Verstoßes gegen das Asylgrundrecht nach Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG nichtig. Da nur ca. 20 % der Asylbewerber auf dem Luftweg einreisten und die Anerkennungsquote allenfalls bei 10 % liege, seien durch die Regelung statistisch gesehen nur 2 % der wirklich politisch Verfolgten betroffen. Das Asylgrundrecht gewähre keinen Anspruch auf Erteilung eines Sichtvermerks, sondern setze das Erreichen des Bundesgebietes durch den politisch Verfolgten voraus.

Hiergegen legte die Klägerin die vom Berufungsgericht zugelassene Revision ein.

2. a) Im Ausgangsverfahren der Vorlage 2 BvL 56/92 untersagte der Bundesminister des Innern mit einem zunächst auf sechs Monate befristeten Bescheid vom 12. Februar 1987, gestützt auf § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965), der Klägerin (Air France), "auf den Strecken zwischen Paris und der Bundesrepublik Deutschland Ausländer (...) zu befördern, wenn diese nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die sie auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit vor der Einreise benötigen (§ 5 Abs. 2 AuslG), sofern sie hiervon nicht befreit sind." Zuvor hatte er die Klägerin mehrfach wegen fortlaufender Beförderung von Ausländern ohne die erforderlichen Sichtvermerke abgemahnt.

b) Hiergegen erhob die Klägerin am 13. März 1987 Klage mit der Begründung, der Bescheid sei mangels verfassungsgemäßer gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) sei mit Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbar, weil durch ihn der Zugang asylsuchender Ausländer zum Bundesgebiet in unzumutbarer Weise erschwert oder sogar verhindert werde. Sie führte außerdem aus, der angesonnene Kontrollvorgang würde bei einer Flugzeit von lediglich fünfzig Minuten auf der Strecke Paris-Deutschland zusätzliche fünfundvierzig Minuten in Anspruch nehmen, was wirtschaftlich nicht zumutbar sei. Jedenfalls würde es die Paßhoheit des jeweiligen Herkunftsstaates verletzen, die Pässe der Passagiere während des Fluges einzusammeln.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung der Klägerin blieb beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen aus den oben unter II. 1. b) mitgeteilten Gründen erfolglos.

Die Klägerin legte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision ein.

III.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschlüssen vom 14. April 1992 gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die beiden Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

"... ob § 18 Abs. 5 Satz 1 des Ausländergesetzes vom 28. April 1965 (BGBl I S. 353) in der Fassung des Art. 6 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 15. Dezember 1981 (BGBl I S. 1390) wegen Verletzung des Grundgesetzes nichtig ist, soweit durch diese Vorschrift die Beförderung asylsuchender Ausländer auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann, wenn diese nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit vor ihrer Einreise benötigen."

Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht im wesentlichen aus:

1. Wäre die Vorschrift verfassungsgemäß, müßten die zulässigen Klagen abgewiesen werden, da sich die Beförderungsverbote dann als rechtmäßig erwiesen.

Die Klagen seien gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zulässig. Durch die Beförderungsverbote könne ein Recht der Klägerinnen aus der ihnen jeweils erteilten luftverkehrsrechtlichen Genehmigung (§ 21 a Satz 1 LuftVG) verletzt sein, die ihnen gestatte, im Bundesgebiet Flugpassagiere abzusetzen und aufzunehmen.

Die Beförderungsverbote seien - abgesehen von der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) - formell und materiell rechtmäßig. Die Verhängung der Beförderungsverbote verstoße nicht gegen Art. 33 Ziff. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - BGBl 1953 II S. 559 - (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK). Diese Vorschrift begründe keine Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Aufnahme von Flüchtlingen, sondern schließe nur eine Zurückweisung an der Grenze aus. Im übrigen gewähre die Genfer Flüchtlingskonvention nur Rechte im Asyl, nicht jedoch ein Recht auf Asyl. Die Vertragsstaaten praktizierten deshalb Einreisekontrollen mittels Beförderungsverboten gegenüber sichtvermerkspflichtigen Ausländern, auch wenn diese Asyl begehrten. Art. 31 Ziff. 1 GFK verbiete nur, Flüchtlinge wegen unrechtmäßiger Einreise zu bestrafen.

Die Beförderungsverbote stünden auch im Einklang mit dem Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (BGBl 1956 II S. 411). Dieses schließe Beförderungsverbote nicht aus, sondern verpflichte in Art. 13 vielmehr die Fluggesellschaften zur Einhaltung nationaler Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen.

Bei der den Fluggesellschaften abverlangten Kontrolle der Sichtvermerke ihrer Passagiere handele es sich nicht um eine mit der völkerrechtlichen Souveränität kollidierende Grenzkontrolle außerhalb des deutschen Hoheitsbereichs, sondern um eine Handlung, die in den im Bundesgebiet endenden, privatrechtlich geregelten Beförderungsvorgang eingebettet sei.

Die Rechtmäßigkeit der Beförderungsverbote sei unabhängig von den später erlassenen Leistungsbescheiden zu bewerten, mit denen Aufwendungsersatz für den Aufenthalt verbotswidrig beförderter sichtvermerksloser Ausländer verlangt worden sei; diese Bescheide seien nicht Gegenstand der Verfahren.

Die Beförderungsverbote seien ermessensfehlerfrei erlassen worden. Würde bereits die Berufung auf ein vermeintliches Asylrecht die Vorlage sonst erforderlicher Einreisepapiere ersetzen, machte dies das Beförderungsverbot weitgehend gegenstandslos. Dies widerspräche dem vom Gesetzgeber nach den Materialien mit § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) verfolgten Ziel, die Sichtvermerkspflicht gerade auch gegenüber asylsuchenden Ausländern durchzusetzen.

Die Verbote seien unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ermessensfehlerfrei. Sie seien geeignet, das gesetzgeberische Ziel durchzusetzen, auch wenn trotzdem noch immer Asylbewerber auf dem Luftweg ins Bundesgebiet gelangten. Ein milderes Mittel gebe es nicht. Die bloße Rückbeförderungspflicht nach § 18 Abs. 4 AuslG (1965) (§ 73 Abs. 1 AuslG <1990>) genüge nicht.

2. Nach der Überzeugung des vorlegenden Gerichts sei § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) jedoch verfassungswidrig.

Die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der Norm sei entscheidungserheblich. Bei Verfassungswidrigkeit der Vorschrift müßte den Klagen stattgegeben werden. Die Klägerinnen könnten sich zwar nicht selbst auf das Asylgrundrecht berufen. Sei jedoch die Ermächtigungsgrundlage für die gegen sie verhängten Beförderungsverbote wegen Verstoßes gegen das Asylgrundrecht objektiv verfassungswidrig, so seien diese Beförderungsverbote rechtswidrig und verletzten sie in ihren Rechten. Die Vorschrift sei zwar mittlerweile außer Kraft getreten und durch § 74 AuslG (1990) ersetzt worden. In den zu entscheidenden Ausgangsfällen komme es aber auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Beförderungsverbote an.

Die Verfassungswidrigkeit der Norm ergebe sich daraus, daß das Asylgrundrecht als Vorwirkung einem Asylsuchenden ein Recht zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet zum Zwecke der Durchführung eines Asylverfahrens gewähre und außerdem verbiete, einen Asylsuchenden an der Grenze zurückzuweisen. Die Regelung über das Beförderungsverbot errichte eine bereits vor der Grenze liegende Zutrittsbarriere, durch die das Verbot der Zurückweisung an der Grenze umgangen werde. Die Effektivität des Asylgrundrechts verlange deshalb, daß eine Sichtvermerkspflicht die Asylgewährung und die dafür erforderliche Einreise in das Bundesgebiet nicht in unzumutbarer Weise erschwere oder gar hindere. Politisch Verfolgte hätten auf der Flucht häufig weder Zeit noch Gelegenheit, eine deutsche Auslandsvertretung zu erreichen, einen Sichtvermerksantrag zu stellen und dessen Bescheidung abzuwarten. Die deutschen Auslandsvertretungen erteilten in der Praxis ohnehin grundsätzlich keine Sichtvermerke zur Durchführung eines Asylverfahrens im Bundesgebiet und seien dazu auch nicht verpflichtet. Mit dem Asylgrundrecht, das Asylsuchenden die Einreise ohne Sichtvermerk grundsätzlich gewährleiste, sei es unvereinbar, Asylsuchende am Erreichen des Bundesgebietes durch ein an das Fehlen eines solchen Sichtvermerks anknüpfendes Beförderungsverbot zu hindern.

Dem stehe nicht entgegen, daß das Asylgrundrecht ein territorial gebundenes Recht sei, welches nicht gebiete, Asylsuchenden außerhalb Deutschlands Hilfe bei der Anreise zu leisten. Denn es gehe nicht um eine Ausweitung des Geltungsbereichs des Asylgrundrechts über die deutschen Grenzen hinaus, sondern um eine vor die Grenze verlagerte Verweigerung des Zutritts zum Bundesgebiet. Mit der durch das Beförderungsverbot erklärtermaßen angestrebten pauschalen Abwehr des Zustroms von Asylsuchenden würde die verfassungsrechtlich gebotene individuelle Prüfung jedes Asylantrags in dem dafür vorgesehenen Verfahren - insbesondere auch eines erfolgversprechenden Asylantrags - wesentlich erschwert und unter Umständen sogar unmöglich gemacht. Der sich aus der Rechtsgrundlage für Beförderungsverbote zwangsläufig ergebende Widerspruch zur Asylgewährleistung sei verfassungswidrig.

Eine abweichende Beurteilung sei auch im Hinblick auf das völkerrechtliche Institut des Asylrechts nicht geboten. Dieses umfasse die Befugnis der Staaten zur Asylgewährung auf eigenem Territorium und enthalte insbesondere keine Verpflichtung zur Asylgewährung und Aufnahme von Flüchtlingen. Das Asylgrundrecht gewähre aber ein subjektives Recht und reiche inhaltlich weiter als das Völkerrecht, indem es Asylsuchenden grundsätzlich die Einreise und ein vorläufiges Bleiberecht garantiere.

IV.

1. Die Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister des Innern, dieser vertreten durch Prof. Dr. Hailbronner, hat sich zu den Vorlagen geäußert. Sie hält sie für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

Zu den in den Vorlagen aufgeworfenen Sachfragen hat der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) durch seinen Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland Stellung genommen.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die Stellungnahme der Bundesregierung und nach einem Hinweis des Bundesverfassungsgerichts mit Schreiben vom 9. Mai 1994 ergänzend zu den Vorlagebeschlüssen ausgeführt, daß es eine Klagebefugnis der Klägerinnen in den Ausgangsverfahren weder ausdrücklich noch "der Sache nach" aus Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet habe. Das Problem der Grundrechtsfähigkeit ausländischer juristischer Personen oder sonstige verfassungsrechtliche Vorfragen hätten sich deshalb nicht gestellt. Die Klagebefugnis ergebe sich vielmehr daraus, daß nicht offensichtlich und eindeutig auszuschließen sei, die Klägerinnen könnten als Adressatinnen der sie belastenden Beförderungsverbote in den Rechten verletzt sein, die ihnen mit den luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen erteilt worden seien. Eine Verletzung eines klagefähigen subjektiven Rechts der Klägerinnen aus den ihnen erteilten Betriebsgenehmigungen sei zu bejahen. Dieses Recht bestehe zwar nur nach Maßgabe der gültigen nationalen Einreisevorschriften. Diese stünden jedoch dem subjektiven Recht der Klägerinnen hier nicht entgegen, weil ein ohne den erforderlichen Sichtvermerk unmittelbar aus dem Verfolgerland einreisender Asylsuchender an der Einreise in das Bundesgebiet nicht gehindert werden dürfe.

Die Klagen könnten auch nicht unter Hinweis auf eine andere Rechtsgrundlage für die Beförderungsverbote als unbegründet abgewiesen werden. Art. 13 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 enthalte keine Ermächtigung für nationale Behörden zum Erlaß eines Beförderungsverbotes, sondern verweise nur auf die Beachtung nationaler Einreisevorschriften. Da das nationale Recht aber Beförderungsverbote ausschließe, könne sich aus einem lediglich darauf verweisenden völkerrechtlichen Abkommen nichts anderes ergeben. Für die nachträgliche Beifügung einer Auflage zur Betriebsgenehmigung nach § 21 a Satz 3 LuftVG, um die es sich hier nicht handele, wäre im übrigen nicht der Bundesminister des Innern zuständig gewesen (§ 31 Abs. 1 LuftVG).

Auch Asylsuchende würden von § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) erfaßt, obwohl sie ohne die sonst erforderliche Aufenthaltserlaubnis einreisen dürften. Asylsuchende aus den sogenannten "Negativstaaten", denen der Aufenthalt asylverfahrensrechtlich nach § 19 des Asylverfahrensgesetzes (1982) gestattet sei, zählten nicht zu den ausländerrechtlich vom Erfordernis der Aufenthaltserlaubnis oder des Sichtvermerks befreiten Ausländern. Diese Auslegung ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut und der Systematik der einschlägigen Bestimmungen des Ausländergesetzes, sondern vor allem auch aus dem vom Gesetzgeber mit der Einführung des Beförderungsverbotes ausdrücklich verfolgten Ziel.

B.

Die Vorlagen sind unzulässig.

I.

Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muß das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt. Der Vorlagebeschluß muß danach mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, daß das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (seit BVerfGE 7, 171 <173 f.> stRspr, vgl. zuletzt BVerfGE 89, 329 <336>; 94, 315 <323>). Das Gericht muß sich dabei eingehend mit der Rechtslage auseinandersetzen und die in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der zur Prüfung vorgelegten Norm von Bedeutung sind (BVerfGE 65, 308 <316>; stRspr).

II.

Diesen Anforderungen werden die Vorlagebeschlüsse nicht gerecht. Ihnen ist - auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme vom 9. Mai 1994 - nicht mit der erforderlichen Gewißheit zu entnehmen, daß und aus welchen Gründen im Falle der Nichtigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm die Klagen in der Sache Erfolg haben müßten.

Das vorlegende Gericht führt aus, daß die Klagen zulässig erhoben, insbesondere die Klägerinnen als Adressatinnen der gegen sie ausgesprochenen Beförderungsverbote klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) seien. Zur möglichen Begründetheit der Klagen beschränkt es sich auf die Darlegung, daß die von den Klägerinnen angegriffenen Anordnungen im Falle der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung vorgelegten Norm mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig erlassen worden seien. Dies bedeute für die Klägerinnen eine Verletzung in ihren Rechten, denn sie müßten Einschränkungen des Beförderungsrechts, das sich aus den ihnen erteilten Betriebsgenehmigungen ergebe, nur nach Maßgabe gültiger nationaler Einreisevorschriften hinnehmen.

Diese Ausführungen genügen nicht den sich aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ergebenden Anforderungen an die Begründungspflicht des vorlegenden Gerichts. Denn aus einer Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) ließe sich zwar ohne weiteres die objektive Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Beförderungsverbote herleiten. Indes kann daraus nicht - jedenfalls nicht ohne nähere Begründung - auf eine Verletzung subjektiver Rechte der Klägerinnen geschlossen werden oder darauf, daß es für die Begründetheit der Klagen hierauf nicht ankomme.

1. a) Die in den Ausgangsverfahren gegen die Beförderungsverbote zunächst erhobenen Anfechtungsklagen hätten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur dann Erfolg haben können, wenn die belastenden Verwaltungsakte objektiv rechtswidrig und die Klägerinnen dadurch in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt waren. Das in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO für ein der Anfechtungsklage stattgebendes Urteil statuierte Erfordernis, daß der angefochtene Verwaltungsakt nicht nur rechtswidrig ist, sondern den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, gilt auch dann, wenn - wie hier - die Klage nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) weitergeführt wird. Eine solche Klage kann nur dann Erfolg haben, wenn der Kläger durch den - inzwischen erledigten - rechtswidrigen Verwaltungsakt in eigenen subjektiven Rechten verletzt war und er außerdem - ungeachtet der zwischenzeitlichen Erledigung des Verwaltungsakts - ein berechtigtes Interesse an der Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit hat (vgl. dazu BVerwGE 65, 167 <170 f.>).

b) Diese Voraussetzung für die Begründetheit der Klagen hat das vorlegende Gericht ohne weitere Begründung bejaht. Der Vorlage liegt offenbar die Auffassung zugrunde, daß eine Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) zugleich zu einer Verletzung der Klägerinnen in ihren subjektiven Rechten führe. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist damit jedoch nicht hinreichend dargetan.

Zwar ist für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit im Verfahren der konkreten Normenkontrolle grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern sie nicht offensichtlich unhaltbar ist (seit BVerfGE 2, 181 <190 ff.> stRspr). Dies setzt jedoch voraus, daß der Vorlagebeschluß eine solche Rechtsauffassung mit hinreichender Deutlichkeit erkennen läßt. Das ist hier, was die Verletzung der Klägerinnen in deren subjektiven Rechten und damit die mögliche Begründetheit der Klagen angeht, nicht der Fall. Eine Bindung des Bundesverfassungsgerichts an die im Vorlagebeschluß nur im Ergebnis - jedoch ohne nähere Darlegung - zugrunde gelegte Auffassung von einer Verletzung der Klägerinnen in subjektiven Rechten tritt nicht ein. Dem Bundesverfassungsgericht ist es bei einer solchen Sachlage auch verwehrt, die fehlende Begründung der Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Entscheidungserheblichkeit der Vorlage durch eigene Erwägungen zu ersetzen. Denn diese müssen Aufgabe des sie verantwortenden Fachgerichts bleiben.

2. Näherer Darlegung, warum bei Rechtswidrigkeit der in den Ausgangsverfahren angegriffenen Beförderungsverbote wegen Ungültigkeit des § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) die Klägerinnen dadurch zugleich in ihnen zustehenden subjektiven Rechten verletzt wären, hätte es hier bedurft. Dabei ist davon auszugehen, daß Gegenstand der Klagen in den Ausgangsverfahren allein die Beförderungsverbote, nicht hingegen den Klägerinnen etwa auferlegte Rückbeförderungs- oder Geldleistungspflichten (vgl. § 18 Abs. 4, Abs. 5 Satz 3 AuslG <1965>; nunmehr §§ 73, 74 Abs. 2 AuslG) sind.

Weder von der Begründung des vorlegenden Gerichts für seine Überzeugung von der Klagebefugnis der Klägerinnen und damit der Zulässigkeit der in den Ausgangsverfahren erhobenen Klagen noch allein von der objektiven Rechtswidrigkeit der angegriffenen Beförderungsverbote läßt sich in den vorliegenden Fällen zugleich schon auf eine daraus folgende Verletzung der Klägerinnen in subjektiven Rechten schließen. Zwar reicht - entgegen der Ansicht der Bundesregierung - die Rechtsstellung der Klägerinnen als Adressatinnen belastender Verwaltungsakte und die "Möglichkeit" einer Verletzung in den eingeräumten Beförderungsrechten durch die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Beförderungsverbote aus, um die Klagebefugnis der Klägerinnen (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) als Voraussetzung der Zulässigkeit der Klagen (vgl. BVerwGE 92, 313 <315 f.> sowie BVerfGE 83, 182 <196>) zu bejahen. Es bestehen aber angesichts der hier einschlägigen Rechtsgrundlagen Zweifel, ob sich allein aus der objektiven Rechtswidrigkeit der Beförderungsverbote eine Verletzung der Klägerinnen in subjektiven Rechten und damit die Begründetheit der von ihnen erhobenen Klagen ergeben. Insoweit hätte es näherer Darlegungen bedurft.

a) Zu folgen ist dem vorlegenden Gericht zunächst darin, daß die Klägerinnen der Ausgangsverfahren in Rechten aus den ihnen erteilten luftverkehrsrechtlichen Betriebsgenehmigungen beeinträchtigt sein können. Inhalt und Umfang dieser Rechte bestimmen sich jedoch auch nach Maßgabe internationaler und bilateraler Luftverkehrsabkommen. Denn die Betriebsgenehmigungen werden nach § 21 a Satz 1 LuftVG gemäß den zwischen dem Heimatstaat des Luftfahrtunternehmens und der Bundesrepublik Deutschland getroffenen Vereinbarungen erteilt.

So nimmt das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Heimatstaat der Klägerin im Verfahren 2 BvL 55/92 geschlossene Luftverkehrsabkommen (Gesetz zu dem Abkommen vom 31. Mai 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Indien über den Fluglinienverkehr vom 15. Juni 1964, BGBl II S. 677) in Art. XVI Bezug auf die Bestimmungen des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (sog. Chicagoer Abkommen; Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt und die Annahme der Vereinbarung vom 7. Dezember 1944 über den Durchflug im Internationalen Fluglinienverkehr vom 7. April 1956, BGBl II S. 411). Nach Art. 13 des Chicagoer Abkommens sind von der begünstigten Fluggesellschaft u.a. "die Gesetze und Vorschriften eines Vertragsstaats über den Ein- und Ausflug von Fluggästen, Besatzungen oder Fracht eines Luftfahrzeugs nach oder aus seinem Hoheitsgebiet, wie z.B. Einreise-, Abfertigungs-, Einwanderungs-, Paß-, Zoll- und Quarantänevorschriften, (...) durch oder in Bezug auf die Fluggäste, Besatzungen oder Fracht bei dem Ein- und Ausflug sowie während des Aufenthalts im Hoheitsgebiet dieses Staates zu befolgen."

Auch das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Heimatstaat der Klägerin im Verfahren 2 BvL 56/92 geschlossene Luftverkehrsabkommen (Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Oktober 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Luftverkehr vom 4. Dezember 1956, BGBl II S. 1077) bestimmt in Art. 3 Nr. 3 u.a., daß "die Gesetze und Verordnungen eines jeden der beiden Vertragsstaaten, welche die Einreise in sein Gebiet, den Aufenthalt in oder die Ausreise aus seinem Gebiet von Fluggästen (...) betreffen (z.B. Vorschriften über Einreise, Ausreise, Einwanderung, Pässe, Zölle, Quarantäne), (...) auf die Fluggäste (...) der Luftfahrzeuge des anderen Vertragsstaates Anwendung" finden.

Den Vorlagebeschlüssen liegt - insoweit zutreffend - die Auffassung zugrunde, daß das den Klägerinnen mit der Betriebsgenehmigung eingeräumte Beförderungsrecht jedenfalls (nur) nach Maßgabe der zu beachtenden, jeweils in Kraft befindlichen nationalen Einreisevorschriften besteht. Die Begründetheit der erhobenen Klagen - und damit die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage - ist damit aber nicht hinreichend dargelegt. Wenn nämlich schon kein unbeschränktes Recht der beiden klagenden Fluggesellschaften besteht, ausländische Passagiere ungeachtet nationaler Einreisebestimmungen in der Bundesrepublik Deutschland abzusetzen, so ist nicht ohne weiteres erkennbar, inwiefern durch die Beförderungsverbote als solche, die nach Erteilung der Betriebsgenehmigungen aufgrund des zum 1. Januar 1982 in Kraft getretenen § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) erlassen wurden, in ein Recht der Fluggesellschaften eingegriffen worden sein sollte. Vielmehr kommt in Betracht, daß die Verbote lediglich die bereits bestehenden, auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Grenzen des mit den Betriebsgenehmigungen eingeräumten Beförderungsrechts nachzeichnen und aktualisieren.

b) Den Vorlagen liegt offenbar die Auffassung zugrunde, daß eine Pflicht zur Beachtung auch ungültiger Einreisevorschriften eine Beeinträchtigung des Beförderungsrechts darstelle. Dabei bleibt indes unberücksichtigt, daß es sich bei § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) nicht um eine "Einreisebe-stimmung" handelt. Solche Bestimmungen werden durch § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) weder modifiziert noch geschaffen. Adressat der Vorschrift und einer auf sie gestützten behördlichen Verfügung ist nur der jeweilige Beförderungsunternehmer. Ihm wird mit dem Beförderungsverbot nur die Überwachung der einreiserechtlichen Bestimmungen abverlangt, wozu er ohnehin verpflichtet ist, weil die ihm erteilte Betriebsgenehmigung - wie ausgeführt - unter einem entsprechenden Vorbehalt steht.

c) Eine Verfassungswidrigkeit bestehender Sichtvermerkspflichten, auch soweit sie für Asylbewerber gelten, wird vom vorlegenden Gericht nicht angenommen (vgl. zuletzt Urteil vom 3. Juni 1997 - BVerwG 1 C 1.97 -, DVBl 1997, S. 1392) und ist demnach auch nicht Gegenstand der Vorlagen. Deshalb kann auch von einer möglichen Unvereinbarkeit der Sichtvermerks-pflicht mit dem Asylgrundrecht nicht auf eine Verletzung der Klägerinnen in eigenen subjektiven Rechten geschlossen werden.

Selbst wenn man Beförderungsverbot und Sichtvermerks-pflicht als dessen tatbestandliche Voraussetzung im Zusammenhang sieht, richtet sich die Sichtvermerkspflicht allein an die einreisewilligen Ausländer, nicht aber an die sie befördernden Fluggesellschaften. Diese werden durch erweiterte Sichtvermerkspflichten nicht in eigenen Rechten betroffen. § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) und ein darauf gestütztes Beförderungsverbot setzen vielmehr nur die ohnehin bestehende Verpflichtung des Beförderungsunternehmers um, auf die Einhaltung der einreiserechtlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland zu achten. Hiervon ausgehend ist auch bei Einbeziehung der Sichtvermerksregelungen nicht ersichtlich, daß die Klägerinnen durch § 18 Abs. 5 Satz 1 AuslG (1965) in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten betroffen sind. Zwar mag es sein, daß die Beförderungsunternehmer faktisch nachteilig betroffen werden, sei es, weil asylsuchende Ausländer in Kenntnis des Beförderungsverbots und entsprechender Kontrollen es vorziehen, auf dem Landweg nach Deutschland zu gelangen, oder sei es, weil die Fluggesellschaften zur Vermeidung von Beförderungsverboten und anschließend verhängten Zwangsgeldern auf die Beförderung asylsuchender Ausländer verzichten, die nicht im Besitz des erforderlichen Visums sind. Hierbei handelt es sich jedoch nur um ein reflexartiges Betroffensein in der - rechtlich nicht geschützten - Chance, Ausländer auch unter Verstoß gegen nationale Einreisebestimmungen zu befördern.

d) Durch Art. 16 Abs. 2 Satz 2 (nunmehr Art. 16a Abs. 1) GG werden nur die asylsuchenden Ausländer, nicht jedoch die sie befördernden Fluggesellschaften geschützt. Das Asylgrundrecht mag sonach im Einzelfall möglicherweise verbieten, einen unter Verstoß gegen die Sichtvermerkspflicht ins Bundesgebiet gelangten Asylbewerber von der Inanspruchnahme des Asylrechts auszuschließen oder sonstige negative Folgerungen an das Fehlen des an sich erforderlichen Sichtvermerks zu knüpfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1997, a.a.O.). Inwiefern aber Art. 16 Abs. 2 Satz 2 (Art. 16a Abs. 1) GG, sofern er auch Erschwerungen des Zugangs zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in näher zu bestimmendem Umfang verbietet, den rechtlich geschützten Inhalt der den Fluggesellschaften erteilten Betriebsgenehmigungen in der Weise erweitern könnte, daß sie unter Berufung auf diese Grundrechtsnorm auch sichtvermerkslose (asylsuchende) Ausländer befördern dürften, deren Beförderung ihnen ansonsten wegen abweichender Einreisevorschriften nicht erlaubt wäre, ist nicht zu erkennen.

3. Im Hinblick auf die von Verfassungs wegen zu beachtenden Unterschiede zwischen der konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG einerseits und der abstrakten Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG andererseits (vgl. BVerfGE 42, 42 <49 f.>) müssen an die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage strenge Anforderungen gestellt werden. Dies gilt insbesondere - sofern davon die gerichtliche Entscheidung im Ausgangsverfahren abhängt - für die Darlegung unter dem Gesichtspunkt einer subjektiven Rechtsverletzung. Anderenfalls würden die Unterschiede zwischen den jeweils unterschiedlichen Zwecken dienenden Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG und Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG verwischt; die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG würde im Ergebnis einer in diesem Verfahren von Verfassungs wegen unzulässigen abstrakten Normenkontrolle angenähert. .

Ende der Entscheidung

Zurück