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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 29.07.2005
Aktenzeichen: 2 BvR 1328/03
Rechtsgebiete: BVerfGG, StGB, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
StGB § 46
StGB § 57a
StGB § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
GG Art. 1 Abs. 1
GG Art. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1328/03 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2003 - 1 Ws 342/02 L -,

b) den Beschlusss des Landgerichts Karlsruhe vom 10. Oktober 2002 - 151 StVK 198/02 BR -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 29. Juli 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Androhung lebenslanger Freiheitsstrafe für schwerste Tötungsdelikte bestehen nicht (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 f.>; 64, 261 <270 f.>).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass auch die langjährige Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit der Menschenwürde vereinbar ist, solange dem Verurteilten die konkrete und grundsätzlich auch realisierbare Chance verbleibt, der Freiheit wieder teilhaftig zu werden (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 ff.>; 64, 261 <272>; 72, 105 <116>).

Diesen Maßstäben ist das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung gerecht geworden. Der Beschwerdeführer kann nach Vollstreckung der Mindestverbüßungsdauer im Falle einer günstigen Prognose im Alter von 57 Jahren in Freiheit entlassen werden.

Besondere Umstände, warum in seinem konkreten Fall die Fortführung der Vollstreckung gegen die Menschenwürde verstößt, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen.

2. a) Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die Vollstreckung der Strafe über die fünfzehnjährige Mindestverbüßungszeit hinaus gebieten kann (vgl. BVerfGE 64, 261 <271>; 72, 105 <114>). Die nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB erhebliche individuelle Schuldschwere ist entsprechend § 46 StGB im Rahmen einer Gesamtwürdigung derjenigen erschwerend und mildernd zu Buche schlagenden objektiven und subjektiven Umstände der Tat zu bewerten, die der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe zugrunde liegt (vgl. BVerfGE 86, 288 <313>).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht feststellbar, dass das Oberlandesgericht die Vorschrift des § 57a StGB in objektiv unvertretbarer Weise ausgelegt und angewandt oder das Gebotensein weiterer Strafvollstreckung in grundsätzlicher Verkennung von Bedeutung und Tragweite der Grundrechte aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bejaht hätte.

aa) Der Strafsenat hat sich bei seiner Bewertung der besonderen Schwere der Schuld sowohl im Rahmen der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Vorgaben für die Auslegung des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB gehalten (vgl. BVerfGE 86, 288 <314 f.>) als auch die für so genannte Altfälle geltende Bindung an die Feststellungen des Schwurgerichts beachtet (vgl. BVerfGE 86, 288 <324 f.>).

Der Senat hat die Feststellungen des Schwurgerichts hinsichtlich der einmaligen eigenhändigen Tötungshandlung durch den Beschwerdeführer (Tankstellenüberfall vom 28. Januar 1987) übernommen. Weiter hat er in Einklang mit den Feststellungen des Schwurgerichts in Betracht gezogen, dass die Taten "generalstabsmäßig" geplant waren, wobei er nicht verkannt hat, dass die Tötung selbst nur mit bedingtem Vorsatz erfolgte. Die Waffendelikte waren bereits mit Beschluss des Bundesgerichtshofs von der Strafverfolgung ausgenommen worden, so dass diesbezüglich keinerlei Wertungen zu Gunsten des Beschwerdeführers in die Gesamtabwägung einfließen konnten.

bb) Auch die Feststellung des Strafsenats, die besondere Schwere der Schuld gebiete die weitere Strafvollstreckung, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Oberlandesgericht hat die von ihm für bedeutsam erachteten Gesichtspunkte (Mehrzahl der Opfer, Mehrfachtäterschaft des Beschwerdeführers, uneingeschränkte Schuldfähigkeit, Alter zur Tatzeit und nach Verbüßung der Schuldschwere, Teilgeständnis, bedingter Vorsatz, eigenhändige Tötungshandlung in nur einem Fall, erneute Straftaten und Hochzeit des Beschwerdeführers im Vollzug) aufgegriffen, in seine Bewertung einbezogen und im Blick auf die Grundrechte des Beschwerdeführers gewürdigt. Dass es diese Umstände anders gewichtet hat als der Beschwerdeführer hält sich im Rahmen verfassungsrechtlich unangreifbarer Wertung in Auslegung des Gesetzesrechts durch die Fachgerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>).

cc) Schließlich lässt sich nicht feststellen, dass die Festsetzung der Mindestverbüßungsdauer auf vierundzwanzig Jahre auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG beruht.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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