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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 30.07.2004
Aktenzeichen: 2 BvR 1436/04
Rechtsgebiete: StPO, ZPO, BVerfGG, GG


Vorschriften:

StPO § 91 Abs. 2 Satz 3
StPO § 137
StPO § 464a Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 3
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
GG Art. 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1436/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen 1. a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Juni 2004 - 2 Ws 296/04, 2 Ws 206/04 -, b) den Beschluss des Landgerichts Köln vom 3. Mai 2004 - 114-21/01 -,

c) den Beschluss des Landgerichts Köln vom 20. Februar 2004 - 114-21/01 -,

2. mittelbar:

a) § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO,

b) § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 30. Juli 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Versagung der Erstattung der Kosten, die für einen zweiten - auswärtigen - Wahlverteidiger entstanden waren, und insoweit mittelbar gegen § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, soweit er auf § 91 Abs. 2 Satz 3 StPO Bezug nimmt.

I.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind beantwortet (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG); denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).

Der im Strafverfahren freigesprochene Beschwerdeführer ließ sich von einem ortsansässigen Wahlverteidiger und einer auswärtigen Wahlverteidigerin gemeinsam verteidigen. Im anschließenden Auslagenerstattungsverfahren wurden gemäß § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO in Verbindung mit § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO die Kosten nur insoweit erstattet, als sie die Kosten eines ortsansässigen Rechtsanwalts nicht überstiegen.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer, der zugleich die Verfassungswidrigkeit der zu Grunde liegenden Vorschrift rügt. Das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf ein faires Verfahren, das die freie Wahl von bis zu drei Verteidigern gewähre, werde verletzt, wenn im Falle eines Freispruchs nur die Kosten für einen Verteidiger ersetzt würden. Ferner verstoße der Ausschluss der Fahrtkostenerstattung für einen auswärtigen Verteidiger gegen das Recht auf freie Verteidigerwahl.

II.

1. § 464 Abs. 2 Nr. 2 StPO in Verbindung mit § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO verstößt, soweit er die Erstattung der Kosten für mehrere Wahlverteidiger auf die Kosten begrenzt, die bei der Vertretung durch einen Verteidiger angefallen wären, nicht gegen das Recht des Beschuldigten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren. Dieser durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes gewährleistete Anspruch umfasst zwar das Recht des Beschuldigten, sich im Strafverfahren - wie hier - von zwei Anwälten seines Vertrauens verteidigen zu lassen (vgl. BVerfGE 39, 156 <163>). Daraus folgt aber nicht, dass dem nicht verurteilten Beschuldigten in jedem Fall die gesamten Auslagen für seine Wahlverteidiger zu erstatten wären. Das Recht, bis zu drei Verteidiger zu wählen, ist dem Beschuldigten jedenfalls auch dann nicht verwehrt, wenn nicht alle seine Aufwendungen hierfür als erstattungsfähig anerkannt werden (vgl. BVerfGE 68, 237 <255>). Zur Gewährleistung eines rechtsstaatlich fairen Verfahrens genügt es regelmäßig, wenn ihm ein Verteidiger zur Seite steht, dessen Kosten im Falle eines Freispruchs grundsätzlich erstattet werden.

Aus § 137 StPO ergibt sich nichts anderes. Diese Regelung soll verhindern, dass die Befugnis des Beschuldigten, sich durch mehrere Verteidiger vertreten zu lassen, zum Zweck der Prozessverschleppung missbraucht wird (BVerfGE 39, 156 <163>). Sie konkretisiert das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren jedoch nicht in der Weise, dass dem Beschuldigten die Kosten, die durch die Vertretung von drei Verteidigern entstehen, insgesamt zu erstatten wären. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 1984 (BVerfGE 66, 313 ff.). Dort war über die Anrechnung der Pflichtverteidigervergütung auf die Erstattung der Wahlverteidigerkosten zu entscheiden, wenn der Pflichtverteidiger - ohne Antrag des Beschuldigten - allein zur Sicherung des Verfahrens vom Gericht beigeordnet wurde (BVerfGE a.a.O., <320 f.>).

2. Die angefochtene Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, nur die Kosten für einen ortsansässigen Verteidiger zu erstatten, verstößt insbesondere nicht gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Der Beschwerdeführer war im gesamten Verfahren von einem Wahlverteidiger vertreten. Die hierdurch verursachten Kosten wurden vollständig erstattet. Auf die auch in der fachgerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortete Frage, in welchen Fällen die Auslagen eines auswärtigen Verteidigers zu erstatten sind, wenn es sich um den einzigen Wahlverteidiger handelt (vgl. Nachweise bei Franke in: Karlsruher-Kommentar, StPO, 5. Aufl.,2003, § 464a, Rn. 12), kommt es daher nicht an.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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