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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 14.03.2000
Aktenzeichen: 2 BvR 1942/99
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2
BVerfGG § 92
BVerfGG § 93 Abs. 2
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1942/99 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

der türkischen Staatsangehörigen E. ,

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Winfried Möller, Asterweg 9, Gießen -

gegen

a) den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. September 1999 - 12 UZ 1844/99.A -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Giessen vom 10. Februar 1999 - 8 E 32985/97.A(4) -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Broß und die Richterin Osterloh gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 14. März 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde hat insgesamt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist deshalb nicht zur Entscheidung anzunehmen (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

Dabei kann offen bleiben, ob wegen der nicht rechtzeitigen Vorlage des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts, die auf einem Versehen eines beim Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin angestellten Rechtsanwalts beruht, die innerhalb der Monatsfrist gebotene substantiierte Begründung der Verfassungsbeschwerde (§ 93 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG) mangelhaft war und ob deswegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 93 Abs. 2 BVerfGG) gewährt werden könnte (vgl. hierzu Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO <Kommentar Bd. I, Stand März 1999>, § 60, Rn. 24 m.w.N.). Denn die gerügte Verletzung von Art. 16a Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG wird unabhängig davon aus dem Vorbringen der Verfassungsbeschwerde nicht ersichtlich: Einen angeblich von höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung abweichenden und zugleich den fachgerichtlichen Wertungsrahmen überschreitenden Rechtssatz, wonach eine Betroffenheit von festgestellter Gruppenverfolgung nur dann gegeben sei, wenn der einzelne Gruppenangehörige auch persönlich von Verfolgungsmaßnahmen bereits betroffen oder bedroht gewesen sei, hat das Verwaltungsgericht seinem angegriffenen Urteil nicht zugrunde gelegt. Vielmehr hat es aufgrund von ihm festgestellter Umstände des konkreten Falles (u.a. Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zu einer Musikerfamilie, die als solche weit über den Kreis der Jeziden Anerkennung gefunden habe und auch bei Moslems aufgetreten sei) eine sich aus der Gruppenverfolgung der Jeziden in ihren angestammten Siedlungsgebieten ergebende Verfolgungsvermutung als jedenfalls für die Person der Beschwerdeführerin widerlegt angesehen. Dass das Verwaltungsgericht mit dieser sein Urteil tragenden Annahme, die bei bestehender Gruppenverfolgung sich für jedes Mitglied der Gruppe ergebende Vermutung, auch selbst von Verfolgung bedroht zu sein (vgl. dazu BVerfGE 83, 216 <231 ff.>), könne im Einzelfall aufgrund der gegebenen individuellen Verhältnisse zu verneinen sein, in Widerspruch zu höchstrichterlicher oder obergerichtlicher Rechtsprechung getreten sei und den ihm offenstehenden Wertungsrahmen gesprengt haben könnte, ist nicht zu erkennen und wird in der Verfassungsbeschwerde auch nicht dargelegt; die Beschwerdeführerin hat insbesondere die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, auf die sie sich zur Begründung beruft, nur auszugsweise zitiert und nicht vorgelegt.

Auf eine inländische Fluchtalternative für gruppenverfolgte Jeziden in der Türkei hat das Verwaltungsgericht - anders als der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat - seine Entscheidung nicht gestützt. Es war deshalb auch nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, hierzu tatsächliche Feststellungen zu treffen.

Die Nichtzulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden, so dass die Beschwerdeführerin durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde keinen besonders schweren Nachteil in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG erleidet (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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