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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 30.11.2007
Aktenzeichen: 2 BvR 2497/07
Rechtsgebiete: BVerfGG, StPO


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
StPO § 154
StPO § 154 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 2497/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 8. November 2007 - 5 Ns 305 Js 12999/06 -,

b) den Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 18. September 2007 - 5 Ns 305 Js 12999/06 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 30. November 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; sie ist unzulässig. Der Beschwerdeführer legt eine verfassungsrechtliche Beschwer nicht in substantiierter Weise dar.

1. Im Grundsatz gilt, dass einem Beschwerdeführer aus der Einstellung des gegen ihn geführten Strafverfahrens gemäß § 154 StPO keine Rechtsnachteile erwachsen. Ausnahmsweise kann sich die Möglichkeit einer Beschwer aus der Begründung der Einstellungsentscheidung ergeben, wenn diese Entscheidung Erwägungen zu strafrechtlicher Feststellung von Schuld erkennen lässt (vgl. BVerfGE 6, 7 <9>; 28, 151 <159>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. November 2005 - 2 BvR 878/05 -, juris). Außerdem ist in Ausnahmefällen ein verfassungsgerichtliches Eingreifen bei grobem prozessualen Unrecht möglich, insbesondere wenn eine fehlerhafte Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden oder offensichtlich unhaltbaren Erwägungen beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. April 1999 - 2 BvR 456/99 -, juris; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2004 - 2 BvR 1802/04 -, juris).

Hinsichtlich der in Rede stehenden Fallgestaltung, in der der Beschwerdeführer die weitere Strafverfolgung gegen sich selbst begehrt, ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Verfassung grundsätzlich keinen Anspruch eines Einzelnen auf Strafverfolgung - sei es eines Dritten oder der eigenen Person - durch den Staat gewährt. Wer die Strafverfolgung mit den vom Gesetz vorgesehenen Mitteln erzwingen will, hat von Verfassungs wegen nur Anspruch darauf, dass über sein Begehren unter Beachtung der für das gerichtliche Verfahren geltenden Anforderungen des Grundgesetzes entschieden wird. Er kann verlangen, dass Form und Inhalt seines Antrags nicht überhöhten Darlegungslasten unterworfen werden, sein Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen wird und seine Ausführungen nicht in willkürlicher Weise gewürdigt werden (vgl. BVerfGE 51, 176 <187>; BVerfG, Beschlüsse der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 28. März 2002 und 9. April 2002 - 2 BvR 2104/01 und 2 BvR 710/01 -, NJW 2002, S. 2859 f. und S. 2861 f.).

2. Nach diesen Prüfungsmaßstäben legt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Grundrechten nicht substantiiert dar und ist eine solche auch sonst nicht ersichtlich. Die Einstellungsbegründung enthält keine Feststellungen zu strafrechtlicher Schuld; der Beschwerdeführer steht weiter unter dem Schutz der Unschuldsvermutung. Auch eine willkürliche Einstellung ist nicht erkennbar. Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits zu einer - gesamtstrafenfähigen - Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden und auch eine weitere frühere Freiheitsstrafe von neun Monaten noch nicht vollstreckt war, konnte das Landgericht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen der Voraussetzungen des § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO annehmen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem eingestellten Verfahren um eine Strafsache von nicht unerheblicher Komplexität handelt, das erstinstanzlich eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich machte. Mit einer von vornherein klaren Beweislage, bei deren Vorliegen eine Einstellung des Verfahrens ausgeschlossen sein kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. August 1996 - 2 BvR 662/04 -, NJW 1997, S. 46), ist diese Verfahrenslage nicht vergleichbar.

Der Vortrag des Beschwerdeführers erschöpft sich darin, darzulegen, dass ihm durch die Versagung einer erneuten strafgerichtlichen Verurteilung die Möglichkeit einer erneuten Bewährungsentscheidung mit der Aussicht einer Aussetzung der dann zu verhängenden Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung genommen sei. Dass er unter diesem Gesichtspunkt einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf die Durchführung eines Strafverfahrens und strafgerichtliche Verurteilung habe, legt der Beschwerdeführer nicht dar; lässt sich nach dem oben genannten Maßstab verfassungsrechtlich auch nicht begründen. Da sich das Landgericht im Nachverfahren ausdrücklich mit den vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat, ist eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht ersichtlich. Ein Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers erfolgt zwar durch die - verfassungsrechtlich gerechtfertigte - Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe durch das Landgericht Karlsruhe, nicht aber durch die Einstellungsentscheidung des Landgerichts Baden-Baden, die dem Beschwerdeführer keine das Freiheitsgrundrecht betreffende gesicherte Rechtsposition entzieht.

3. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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