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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 29.07.2003
Aktenzeichen: 2 BvR 32/03
Rechtsgebiete: BVerfGG, AuslG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
AuslG § 53 Abs. 6 Satz 1
GG Art. 16a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 32/03 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2002 - 6 UZ 1967/02.A -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 23. Mai 2002 - 7 E 31068/98.A (1) -,

c) den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 8. September 1998 - 2 370 996 - 163 -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Di Fabio und die Richterin Lübbe-Wolff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 29. Juli 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde besitzt jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beschwerdeführerin stehe in der Westtürkei eine inländische Fluchtalternative offen, verletzt nicht Art. 16a Abs. 1 GG. Eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen existiert dann, wenn eine Flucht dorthin den Betroffenen nicht in eine wiederum ausweglose Lage versetzen würde. Dies setzt voraus, dass er in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen und am Herkunftsort so nicht bestünden (vgl. BVerfGE 80, 315 <343 f.>; 81, 58 <65 f.>).

Andere - nicht in einer politischen Verfolgung bestehende - existenzielle Gefährdungen schließen danach die Verweisung auf eine inländische Fluchtalternative nicht aus, wenn der oder die Asylsuchende einer gleichartigen existenziellen Gefährdung auch am Herkunftsort ausgesetzt wäre. In einem solchen Fall liegt nämlich nicht in einer am Herkunftsort drohenden politischen Verfolgung, sondern in der auch in anderen Landesteilen drohenden sonstigen existenziellen Gefährdung der eigentliche Grund dafür, dass außerhalb des für die Schutzgewährung in erster Linie zuständigen Herkunftsstaates Schutz gesucht wird. Für eine Schutzgewährung aus anderen Gründen als dem einer drohenden politischen Verfolgung steht als Rechtsgrundlage aber nicht das Asylgrundrecht zur Verfügung; sie kommt nur auf der Grundlage anderer Rechtsvorschriften in Betracht.

Dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall einen Asylanspruch verneint hat, weil eine inländische Fluchtalternative gegeben sei, ist danach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die existenzielle Gefährdung, die die Beschwerdeführerin am Ort der inländischen Fluchtalternative befürchtet, beruht auf der von den Fachgerichten festgestellten extremen Traumatisierung. Diese Gefahr bestünde aber auch und insbesondere am Herkunftsort, wo sie die das Trauma auslösende Vergewaltigung erlebt hat; der Gefahr einer Retraumatisierung wäre die Beschwerdeführerin an jedem Ort der Türkei ausgesetzt. Dieser nicht asylbegründenden Gefahr hat das Verwaltungsgericht durch die Feststellung eines landesweit bestehenden Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (vgl. hierzu BVerwGE 104, 265 <269>; 99, 331 <335>) Rechnung getragen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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