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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.05.2003
Aktenzeichen: 2 BvR 570/03
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
BVerfGG § 93d Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 570/03 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 10. März 2003 - 1 Ws 89/03 -,

b) das Schreiben des Landgerichts Hannover vom 13. Februar 2003 - 39 a 01/2003 -,

c) die Verfügung des Landgerichts Hannover vom 13. Januar 2003 - 39 a 01/2003 -

hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Jentsch, Broß und die Richterin Lübbe-Wolff gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Mai 2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antragsteller, der sich in Untersuchungshaft befindet, begehrt die einstweilige Aussetzung einer Besuchssperre, die für Besuche seiner Verlobten verhängt wurde, weil diese mit dem Antragsteller unerlaubten Kontakt über die Gefängnismauer aufgenommen hatte.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG gegeben sind, kommt es auf die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Verfassungsbeschwerde nur an, sofern sich diese als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet erweist (vgl. BVerfGE 71, 158 <161>; 80, 360 <363 f.>; 99, 57 <66> stRspr). Beides ist nicht der Fall. Maßgeblich für die Entscheidung über den Antrag ist daher allein die Abwägung der Nachteile, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde sich aber als begründet erwiese, gegen die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (BVerfG, a.a.O.).

Diese Abwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus.

Erginge die einstweilige Anordnung nicht, hätte die Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Besuchserlaubnis jedoch Erfolg, so wäre der Antragsteller längstens für den Zeitraum bis zum Erlass der Hauptsacheentscheidung zu Unrecht daran gehindert worden, Besuche seiner Verlobten zu empfangen. Darin läge für den Antragsteller ein erheblicher Nachteil.

Dafür, dass über den unmittelbar in der Besuchssperre liegenden Nachteil hinaus bereits gegenwärtig ein irreparabler Schaden deshalb drohte, weil, wie der Antragsteller geltend macht, gerade diese Besuchssperre die Beziehung zu seiner Verlobten zerstören werde, sind jedoch überzeugende Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Für den Kontakt zwischen ihm und seiner Verlobten ergeben sich wesentliche Beschränkungen ganz unabhängig von der verhängten Besuchssperre bereits daraus, dass er sich in Untersuchungshaft befindet. Die Besuchssperre ist außerdem nicht gleichbedeutend mit einer Kontaktsperre. Der Antragsteller und seine Verlobte sind nicht gehindert, sich brieflich oder mittelbar über Familienangehörige des Antragstellers, die ihn weiter in der Untersuchungshaft besuchen dürfen, auszutauschen.

Erginge die einstweilige Anordnung, hätte die Verfassungsbeschwerde jedoch später keinen Erfolg, so würden demgegenüber Besuche der Verlobten des Antragstellers gestattet, obwohl solche Besuche nach Einschätzung der in der Hauptsache angegriffenen Gerichtsentscheidungen - die hier der hypothetischen Voraussetzung gemäß als verfassungsrechtlich beanstandungsfrei zu unterstellen sind - die Gefahr unlauterer Einflüsse auf das Strafverfahren gegen den Antragsteller mit sich brächten. Es geht in diesem Strafverfahren, in dem die Verlobte des Antragstellers als Zeugin benannt ist, um den Vorwurf gemeinschaftlich begangenen Mordes. Eine Gefährdung der Wahrheitsfindung in diesem Verfahren wiegt daher schwerer als der dem Antragsteller im Falle des Nichterlasses der einstweiligen Anordnung drohende Nachteil.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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