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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 04.05.2004
Aktenzeichen: 2 BvR 715/04
Rechtsgebiete: BVerfGG


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

- 2 BvR 715/04 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 9. März 2004 - 2 Ws 32/04 -,

b) den Beschluss des Landgerichts Köln vom 29. Dezember 2003 - 102 - 65/03 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93d Abs. 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 4. Mai 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung der Beschlüsse des Landgerichts Köln vom 29. Dezember 2003 - 102 -65/03 - sowie des Oberlandesgerichts Köln vom 9. März 2004 - 2 Ws 32/04 - wird bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von zwei Monaten, einstweilen außer Kraft gesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde wäre unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 169 <172>; 91, 328 <332>; stRspr.).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die danach gebotene Folgenabwägung lässt die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen.

a) Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweist sich später die Verfassungsbeschwerde jedoch als begründet, so kann die angeordnete Untersuchung in der Zwischenzeit durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um einen erheblichen, nicht wieder gut zu machenden Eingriff in das Recht auf Freiheit der Person (vgl. hierzu BVerfGE 22, 178 <180>), das unter den grundrechtlich verbürgten Rechten besonderes Gewicht hat. Zwar ist die Dauer des Freiheitsentzugs von bis zu drei Tagen nicht erheblich. Jedoch stellt ein solcher angesichts des hohen Alters des Beschwerdeführers von 81 Jahren, seiner Diabeteserkrankung sowie der mit der Maßnahme verbundenen Möglichkeit der Fixierung an das Bett im Falle geleisteten Widerstands eine erhebliche Belastung für den Beschwerdeführer dar.

b) Ergeht die einstweilige Anordnung, wird die Verfassungsbeschwerde aber später als unbegründet zurückgewiesen, so wiegen die damit verbundenen Nachteile weniger schwer. In diesem Fall kann zwar die angeordnete Untersuchung vorübergehend nicht durchgeführt werden. Der staatliche Anspruch auf Verfolgung und Aufklärung einer Straftat wäre mithin nur für die Dauer der Prüfung in der Hauptsache und nicht endgültig vereitelt. Ein erheblicher Nachteil für das Wohl der Allgemeinheit ist dabei nicht zu besorgen. Zwar ist mit weiterem Zeitablauf ein Sinken des Beweiswerts der angeordneten Untersuchung zu besorgen. Auch ist der dem Beschwerdeführer gemachte Vorwurf der Vergewaltigung erheblich. Schließlich bedeutet die Verzögerung einen Widerspruch zu dem im Strafprozess besondere Bedeutung erlangten Beschleunigungsgrundsatz. Diesen Nachteilen kann aber durch Befristung der einstweiligen Anordnung auf einen Zeitraum von längstens zwei Monaten in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden.



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