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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 13.11.2005
Aktenzeichen: 2 BvR 728/05
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 13 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 2 BvR 728/05 - - 2 BvR 758/05 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Landgerichts München I vom 1. April 2005 - 6 Qs 12/05 -,

b) die am 8. Dezember 2004 erfolgte Durchsuchung der in H. belegenen Wohnung durch die Polizei Hamburg in Amtshilfe für die Polizei München,

c) den Beschluss des Amtsgerichts München vom 21. September 2004 - ER IV Gs 10671/04 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93c in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 13. November 2005 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfahren 2 BvR 758/05 und 2 BvR 728/05 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 21. September 2004 - ER IV Gs 10671/04 - und der Beschluss des Landgerichts München I vom 1. April 2005 - 6 Qs 12/05 - sowie die am 8. Dezember 2004 erfolgte Durchsuchung der in H. belegenen Wohnung durch die Polizei Hamburg in Amtshilfe für die Polizei München verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Durchsuchung einer Wohnung im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen.

I.

1. Der Beschwerdeführer hat als damaliges Vorstandsmitglied des eingetragenen Vereins "R. e.V." im Jahr 1995 bei der Postbank München ein Konto für dessen Ortsgruppe München einrichten lassen. Zeichnungsberechtigt waren drei Münchner Vereinsmitglieder. Im Folgenden wurde das Konto genutzt, um Mitgliedsbeiträge und Spenden zu verbuchen. Hierzu wurde das Konto öffentlich, etwa in Broschüren, bekannt gemacht. Der Beschwerdeführer schied im Jahr 2000 aus dem Vereinsvorstand aus.

2. Im Januar 2003 wurde ein Fall von Markenpiraterie bekannt. Der Anzeigeerstatter hatte bei dem Internetauktionshaus Ebay eine Uhr der Marke "Rado", die sich als Fälschung erwies, ersteigert und per Nachnahme bezahlt. Vom Verkäufer, der im Internet den Kontaktnamen "s." verwendet und als Kontonummer diejenige des Vereins "R. e.V." angegeben hatte, war die Rückabwicklung des Geschäfts verweigert worden. Im E-Mail-Verkehr mit dem Anzeigeerstatter hatte der Verkäufer die E-Mail-Adresse "s." gebraucht. Nach einer im Zuge der polizeilichen Ermittlungen erteilten Auskunft des Internetanbieters Ebay handelte es sich beim Verkäufer um D. aus München. Die Firma Ebay teilte außerdem mit, die Kontoverbindung sei für eine Vielzahl von weiteren Accounts, also von weiteren Anbietern, verwendet worden. "s." habe bei Ebay außerdem mit Computerprogrammen gehandelt. D. gab in der Beschuldigtenvernehmung - für die Polizeibeamten glaubhaft - an, der Name "s." sei ihm unbekannt; auch habe er noch nie Uhren über das Internet zum Verkauf angeboten.

Eine Bankanfrage ergab, dass auf dem vom Veräußerer angegebenen Konto des Vereins nur ein Zahlungsvorgang verbucht war, der sich auf Verkäufe über den Internetanbieter Ebay bezog. 36,33 € waren als Gebühren ("Anbieterkosten") am 7. Oktober 2003 von Ebay eingezogen und nach Widerspruch der Kontoinhaber am 27. November 2003 zurückgebucht worden.

3. Am 21. September 2004 ordnete das Amtsgericht München die Durchsuchung der Wohnungen des Beschwerdeführers und der nach den Kontounterlagen zeichnungsbefugten weiteren Vereinsmitglieder zum Zwecke der Beschlagnahme der Rechneranlage sowie von Unterlagen an, die Aufschluss darüber gäben, dass die Beschuldigten Uhrenplagiate sowie Computerprogramme ohne Genehmigung des Rechteinhabers veräußert haben könnten. Alle vier Personen seien verdächtig, Plagiate der Marke "Rado" sowie verschiedene Computerprogramme ohne Genehmigung des Rechteinhabers veräußert zu haben.

Die Wohnung des Beschwerdeführers in Hamburg wurde am 8. Dezember 2004 durchsucht. Später wurde das Verfahren gegen alle Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

4. Die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss wies das Landgericht München I am 1. April 2005 zurück. Der amtsgerichtliche Beschluss sei ausreichend bestimmt gefasst, auch wenn nicht erwähnt worden sei, dass es sich um Verkäufe über den Internetanbieter Ebay gehandelt habe. Die Ermittlungen bezögen sich auch auf mögliche Verkäufe über andere Vertriebswege. Der Tatzeitraum umfasse den ganzen nicht verjährten Zeitraum vor Erlass des Beschlusses, was nicht ausdrücklich erwähnt werden müsse. Die Verhältnismäßigkeit sei zweifellos gegeben gewesen. Auch ein Anfangsverdacht sei aufgrund der Auskünfte des Internetanbieters über den Namen D. und das verwendete Konto, der Angaben des Beschuldigten D. und der Auskunft der Postbank zur Kontonummer, die zum Verein "R. e.V." und damit zum kontoführungsberechtigten Beschwerdeführer geführt hätten, gegeben. Mit Blick auf die - tatsächlich auch in Anspruch genommene - Möglichkeit der Zahlung per Nachnahme sei unschädlich, dass keine Verkaufserlöse über das Konto vereinnahmt worden seien. Dass Anbieterkosten zunächst eingezogen, später aber storniert worden seien, wirke sich verstärkend auf den Tatverdacht aus. Der Einwand, der Beschwerdeführer sei zum relevanten Zeitpunkt gar nicht mehr Vorstandsmitglied gewesen, was die Polizei mit Hilfe des Vereinsregisters hätte feststellen können, gehe ins Leere; denn die Wahl des Ermittlungswegs stehe den Behörden frei, sofern sie dabei sachgerechten Überlegungen folgten.

5. Auf die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers führte das Landgericht München I am 2. Juni 2005 ergänzend aus, bei Anordnung der Durchsuchung habe durchaus mit der Möglichkeit gerechnet werden dürfen, der Beschwerdeführer könne trotz seines Ausscheidens aus dem Vorstand unmittelbar oder über Dritte über das Konto verfügen. Der eingeschlagene Ermittlungsweg sei daher nicht zu beanstanden.

II.

1. a) Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG. Der amtsgerichtliche Durchsuchungsbeschluss habe die Tat zeitlich und sachlich nicht hinreichend konkretisiert. Die durchsuchenden Beamten hätten nicht erkennen können, dass es sich beim vorgeworfenen Verhalten um Internet-Geschäfte gehandelt habe; dies sei aber wesentlich, um die Durchsuchung zu begrenzen.

Es habe an einem Anfangsverdacht gefehlt. Die einzige Verbindung des Beschwerdeführers zur Tat bestehe darin, dass ein unbekannter Täter ein Konto angegeben habe, welches acht Jahre zuvor vom Beschwerdeführer als gesetzlichem Vertreter eines Vereins eröffnet worden sei. Es sei nicht ansatzweise belegt, dass das Konto in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Straftat benutzt worden sei. Im Gegenteil belege die Rückbuchung der Anmeldegebühr, dass der Verein gerade nicht als Veräußerer habe auftreten wollen. Gegen die Annahme eines Tatverdachts habe auch gesprochen, dass alle übrigen Angaben des unbekannten Täters gegenüber dem Internetanbieter falsch gewesen und die Daten des angegebenen Kontos öffentlich zugänglich gewesen seien.

Eine Durchsuchung sei nicht erforderlich gewesen, weil es andere, weniger eingriffsintensive Ermittlungsansätze gegeben habe. So sei versäumt worden, durch eine Anfrage bei dem Internet-Provider den Nutzer der E-Mail-Adresse "s." zu ermitteln. Auch der Weg des vom Anzeigeerstatter per Nachnahme gezahlten Geldes sei nicht verfolgt worden. Eine Anfrage bei dem Vereinsregister hätte ergeben, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt nicht mehr Vorstandsmitglied gewesen sei und deshalb gar keinen Zugriff mehr auf das in Rede stehende Konto gehabt hätte.

Der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG sei dadurch verletzt worden, dass eine eigenständige Prüfung durch das Amtsgericht unterblieben sei. Dies ergebe sich aus der formularmäßigen Bestätigung des staatsanwaltschaftlichen Beschlussentwurfs, der Kürze des Entscheidungszeitraums sowie der fehlenden Auseinandersetzung des Amtsgerichts mit einem inhaltlich unzutreffenden Polizeivermerk.

b) Vor Eingang der im Verfahren 2 BvR 758/05 durch seine Prozessbevollmächtigte eingereichten Verfassungsbeschwerde hatte der Beschwerdeführer persönlich eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Verfassungsbeschwerde erhoben (2 BvR 728/05).

2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält in seiner Stellungnahme die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Durchführung der Durchsuchung am 8. Dezember 2004 wende, fehle es an einer substantiierten Rüge, weil sich die Ausführungen des Beschwerdeführers auf die angegriffenen Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts München I beschränkten.

Soweit der Beschwerdeführer rüge, das Amtsgericht München habe den Beschlussentwurf ohne eigene Sachprüfung unterschrieben, handle es sich um bloße Vermutungen. Allein aus der Verwendung von Formularen könne dies nicht geschlossen werden.

Das Vorliegen eines Anfangsverdachts sei von den Gerichten willkürfrei bejaht worden. Die Auskunft des Internetanbieters Ebay zu der Kontoverbindung des Versteigerers der gefälschten Armbanduhr habe zu dem Verein "R. e.V." geführt, für den der Beschwerdeführer das in Frage stehende Konto acht Jahre zuvor bei der Postbank München eröffnet habe. Demnach hätten ausreichende, auf Tatsachen gegründete Anhaltspunkte und mithin auch der von § 102 StPO geforderte Verdacht bestanden. Die vom Beschwerdeführer gestellten Anforderungen an das Vorliegen eines Tatverdachts seien zu weitgehend.

Es sei unschädlich, dass in dem Durchsuchungsbeschluss der genaue Tathergang nicht geschildert, sondern lediglich auf einen Verdacht von Verstößen gegen das Markengesetz durch den Verkauf von Uhren bzw. Computerprogrammplagiaten abgestellt worden sei. Eine genauere Konkretisierung der bereits getätigten Verkäufe sei nicht geboten gewesen, weil es für die Ermittlungsbehörden nicht auszuschließen gewesen sei, dass weitere Verkäufe unter Umständen auch auf andere Art und Weise abgewickelt worden seien. Der vom Geschädigten angezeigte Verkauf eines Uhrenplagiats über den Internetanbieter Ebay sei demnach nicht alleiniger Gegenstand des Tatvorwurfs gewesen, sodass der relevante Tatzeitraum den gesamten verfolgbaren, nicht verjährten Zeitraum vor dem Erlass des Beschlusses umfasst habe.

Der Durchsuchungsbeschluss sei auch verhältnismäßig. Insbesondere Ermittlungen beim Provider der E-Mail-Adresse des Anbieters "s." zu der Frage, wer diese benutzt habe und unter welchen Personalien dieser Account eingerichtet worden sei, seien nicht angezeigt gewesen. Zum einen gäben die Benutzerdaten schon grundsätzlich keinen Aufschluss darüber, wer einen E-Mail-Account im konkreten Fall tatsächlich genutzt habe. Zum anderen sei nicht gewährleistet, dass nicht in betrügerischer Absicht E-Mail-Daten von Dritten im Geschäftsverkehr missbraucht würden, um die tatsächliche Identität des Täters zu verschleiern. Auch eine Auskunft aus dem Vereinsregister wäre zur Sachverhaltsaufklärung nicht ebenso geeignet gewesen, weil die Mitgliedschaft im Vorstand des Vereins für die Frage der tatsächlichen Verfügungsberechtigung für das betroffene Girokonto ohne Auswirkungen gewesen wäre. Auch etwaige Ermittlungen über die Deutsche Post zum Verbleib des per Nachnahme gezahlten Geldes hätten keinen sicheren Aufschluss über die Täterschaft des Beschwerdeführers gegeben, weil für die Bejahung tatbestandsmäßigen Handelns bei Verstößen gegen das Markengesetz nicht die Tatsache entscheidend sei, an wen die Erlöse aus den in Frage stehenden Veräußerungsgeschäften tatsächlich geflossen seien.

B.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Danach ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet.

I.

Die am 8. Dezember 2004 erfolgte Wohnungsdurchsuchung sowie die Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 21. September 2004 - ER IV Gs 10671/04 - und des Landgerichts München I vom 1. April 2005 - 6 Qs 12/05 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG.

1. a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Damit wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>). Dem Gewicht dieses Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält.

b) Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende, plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen, so dass ihr Ergebnis bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 42, 64 <73 f.>; 59, 95 <97>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 1994 - 2 BvR 396/94 -, NJW 1994, S. 2079; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. März 2004 - 2 BvR 27/04 -, NJW 2004, S. 1517 <1518> = BVerfGK 3, 55 <61>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2005 - 2 BvR 1975/03 -, NJW 2005, S. 1707).

c) Der erhebliche Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen bedarf einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 96, 44 <51>). Die Durchsuchung muss insbesondere in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 59, 95 <97>; 96, 44 <51>; Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -, NJW 2005, S. 1917 <1922>). Die Durchsuchung muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten Zweck vor allem Erfolg versprechend sein (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>; 96, 44 <51>). Dabei ist es grundsätzlich Sache der ermittelnden Behörden, über die Zweckmäßigkeit und die Reihenfolge vorzunehmender Ermittlungshandlungen zu befinden. Ein Grundrechtseingriff ist aber jedenfalls dann unverhältnismäßig, wenn nahe liegende grundrechtsschonende Ermittlungsmaßnahmen ohne greifbare Gründe unterbleiben oder zurückgestellt werden und die vorgenommene Maßnahme außer Verhältnis zur Stärke des in diesem Verfahrensabschnitt vorliegenden Tatverdachts steht.

2. a) Die Stärke des Tatverdachts stand außer Verhältnis zur Schwere des mit der Durchsuchung verbundenen Grundrechtseingriffs. Selbst wenn dahingestellt bleiben soll, ob der Verdachtsannahme mehr als nur vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen zu Grunde lagen, so waren die auf eine Täterschaft des Beschwerdeführers hinweisenden Umstände doch allenfalls von geringem Gewicht. Die Ermittlungen hatten ergeben, dass die Angaben des unbekannten Veräußerers zur Person mit der Inhaberschaft des angegebenen Kontos nicht in Einklang zu bringen waren und es deshalb nahe lag, dass es sich zumindest teilweise um unrichtige Angaben handelte. Wenn bei dieser Sachlage den Einlassungen des anderweitig Verfolgten D. Glauben geschenkt und die Kontoverbindung wegen ihrer möglichen Bedeutung für die Erlangung des angestrebten Vermögensvorteils als wesentliches Indiz gewertet wurde, durfte aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass trotz der zahlreichen Angebote, bei denen die Kontoverbindung Erwähnung gefunden hatte, kein einziger Zahlungsfluss im Zusammenhang mit einer Veräußerung festgestellt werden konnte. Das Landgericht verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf die Möglichkeit der Zahlungsabwicklung per Nachnahme, lässt aber die gerade dadurch abgeschwächte Indizwirkung der Kontoverbindung unerörtert. Auch die lediglich einmalig erfolgte Abbuchung der Anbieterkosten konnte wegen der kurz darauf vorgenommenen Stornierung, die der Internetanbieter Ebay offenbar auf sich beruhen ließ, nicht als gewichtiges Indiz für die Täterschaft des Beschwerdeführers gewertet werden, sondern legte einen Missbrauch der Kontodaten durch unbekannte Täter näher als deren Verwendung zu unlauteren Zwecken durch den tatsächlichen Kontoinhaber, der schwerlich die Aufmerksamkeit des Internetanbieters wegen eines vergleichsweise geringen Betrages hätte auf sich ziehen wollen. Dabei war - auch mit Blick auf die Verwendung der Kontodaten bei einer Vielzahl anderer Accounts - zu berücksichtigen, dass die Kontoverbindung des Vereins einer nicht unerheblichen Personenzahl bekannt oder zumindest zugänglich gewesen sein dürfte.

b) Bei dieser Sachlage wären vor der Anordnung einer in die Grundrechte der Betroffenen schwerwiegend eingreifenden Durchsuchung andere grundrechtsschonendere Ermittlungsschritte vorzunehmen gewesen, um den allenfalls geringen Tatverdacht zu erhärten oder endgültig zu zerstreuen. Obwohl der unbekannte Veräußerer mit dem Anzeigeerstatter per E-Mail-Verkehr in Kontakt gestanden hatte, finden sich in den angegriffenen Entscheidungen keine Ausführungen dazu, weshalb nicht eine die Identität des hinter der E-Mail-Adresse stehenden Kunden betreffende Anfrage bei dem Internet-Provider als vorrangige Maßnahme in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Gleiches gilt für die nahe liegende Verfolgung des per Nachnahme gezahlten Geldbetrages. Diese Ermittlungen wurden erst nach Durchführung der Durchsuchungen vorgenommen. Auch das durch eine Auswertung der Vereinsregisterakten unschwer feststellbare Ausscheiden des Beschwerdeführers aus dem Vereinsvorstand im Jahre 2000 hätte im Hinblick darauf, dass für den Beschwerdeführer keine anderweitige Kontovollmacht bestand, zu weiterer Vorsicht bei der Anordnung grundrechtsintensiver Ermittlungsmaßnahmen mahnen müssen. Die Prüfung der vereinsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers wäre angesichts des einzigen auf das Jahr 1995 zurückgehenden Hinweises auf seine Vorstandstätigkeit nahe liegend gewesen. Eine besondere Eilbedürftigkeit, die ein solches Vorgehen ausgeschlossen hätte, ist nicht zu erkennen: Der Durchsuchungsantrag wurde erst über ein halbes Jahr nach der Tat gestellt; bis zur tatsächlichen Durchsuchung verstrichen noch einmal fast drei Monate nach Ergehen der entsprechenden Anordnung.

Dass die in Betracht kommenden Maßnahmen möglicherweise nicht sofort zur vollständigen Sachverhaltsaufklärung geführt hätten, vermag unter den hier geschilderten Umständen des Falles nicht die unmittelbare Vornahme des schwerwiegendsten Eingriffs zu rechtfertigen. Eine Verschlechterung der Beweislage wäre auch bei Vornahme der grundrechtsschonenderen Maßnahmen nicht zu befürchten gewesen.

Auf dieser Grundlage konnte das staatliche Interesse an der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, welchem nach dem Grundgesetz eine hohe Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 100, 313 <388>), den schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Beschwerdeführers (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>) nicht rechtfertigen. Es hätten zunächst den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung erschöpft werden müssen.

c) Die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung der Durchsuchung erfasst auch die Vornahme der Maßnahme selbst.

d) Offen bleiben kann daher, ob der Durchsuchungsbeschluss noch hinreichend bestimmt war (vgl. BVerfGE 42, 212 <221>; 103, 142 <151 f.>). Gleiches gilt für den vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand, eine eigenverantwortliche richterliche Überprüfung der Eingriffsvoraussetzungen sei bei Erlass der Durchsuchungsanordnung unterblieben (vgl. BVerfGE 57, 346 <355>). Ob diese Annahme bereits durch die Übernahme des Beschlussentwurfs der Staatsanwaltschaft durch das Amtsgericht, den kurzfristigen Beschlusserlass noch am Tag des Antragseingangs und die fehlende Auseinandersetzung mit einer Unrichtigkeit in einem polizeilichen Vermerk nahe gelegt wird, erscheint eher zweifelhaft.

II.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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