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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 11.07.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 780/06
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 780/06 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 2006 - 2 StR 528/05 -,

b) den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2005 - 2 StR 528/05 -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richter Di Fabio und Landau gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 11. Juli 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>); sie ist unbegründet.

1. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Willkürlich ist ein Richterspruch erst dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Willkür liegt erst vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 62, 189 <192>; 80, 48 <51>; 86, 59 <62 f.>; 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; stRspr). Hingegen kann von willkürlicher Missdeutung nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <279>).

Der Bundesgerichtshof konnte, ohne willkürlich zu handeln, nach § 349 Abs. 2 StPO über die Revision entscheiden. Seine Annahme in den die Revision verwerfenden und die Gehörsrüge zurückweisenden Beschlüssen, der Generalbundesanwalt habe die unbedingte Verwerfung der Revision mit der Maßgabe der Schuldspruchberichtigung beantragt, entspricht den gesetzlichen Vorschriften (§ 154 a Abs. 2 StPO: "in jeder Lage des Verfahrens", also auch im Revisionsverfahren, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl. 2006, Rn. 22 zu § 154 a StPO) und der ständigen Praxis der Staatsanwaltschaften bei den Revisionsgerichten. Ihre Berechtigung wird durch die Hinweise des Beschwerdeführers auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen zur Anfechtung letztwilliger Verfügungen und Kommentarliteratur zu § 158 BGB nicht in Frage gestellt.

2. Auch die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist unbegründet. Dieses prozessuale Urrecht (BVerfGE 55, 1 <6>) gebietet, dass der Einzelne nicht nur Objekt richterlicher Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen soll, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (BVerfGE 107, 395 <409>).

Durch den Antrag des Generalbundesanwalts erhielt der Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme, ob die beantragte Schuldspruchberichtigung Auswirkungen auf den Strafausspruch hat. Weil der Senat an den Antrag nicht gebunden war (Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 14 zu § 349 StPO), konnte sich der Beschwerdeführer in seiner Argumentation darauf einstellen, dass der Bundesgerichtshof nicht der Anregung folgt, nach § 154 a Abs. 2 StPO zu verfahren.

Der vom Beschwerdeführer vermeinte Widerspruch zwischen den angegriffenen Entscheidungen besteht nicht. In beiden Beschlüssen hat der Bundesgerichtshof ein Beruhen des Strafausspruchs auf dem etwas zu weit gefassten Schuldspruch ausgeschlossen. Zu einer Angemessenheitsprüfung nach § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO bestand für ihn daher kein Anlass. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs mangels Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer Entscheidung auf Grundlage dieser Norm kann also schon deshalb nicht vorliegen, weil der Bundesgerichtshof seine Entscheidungen nicht auf sie gestützt hat.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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