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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.10.2000
Aktenzeichen: 2 BvR 941/99
Rechtsgebiete: BverfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
GG Art. 16a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 941/99 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des türkischen Staatsangehörigen

Aydin Esmer, Londorfer Straße 4, Grünberg,

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Bernhard Gerth, Kreuzplatz 7, Gießen -

gegen

a) den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. April 1999 - 12 UZ 1795/98.A -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 24. März 1998 - 8 E 11032/91 (2) -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Broß und die Richterin Osterloh gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 12. Oktober 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, insbesondere hat die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Die vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör beanstandeten Ausführungen in den angegriffenen Entscheidungen betreffen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen gekommen ist (vgl. BVerfGE 22, 267 <273 f.>; 76, 93 <98>). Im Übrigen wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 16a Abs. 1 GG rügt, macht er der Sache nach geltend, die vom Verwaltungsgericht angenommenen Widersprüche in seinem Vorbringen lägen nicht vor und das Gericht hätte die angeblich zu vagen Angaben der Zeugen im Rahmen seiner Aufklärungspflicht weiter hinterfragen müssen.

Das Bundesverfassungsgericht prüft im Hinblick auf den Tatbestand "politisch Verfolgter" (Art. 16a Abs. 1 GG) sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts selbst als auch seiner rechtlichen Bewertung lediglich, ob die tatsächliche und rechtliche Wertung der Fachgerichte sowie Art und Umfang ihrer Ermittlungen dem Grundrecht auf Asyl gerecht werden. Ermittlungen zum Tatbestand "politisch Verfolgter" sind nur daraufhin zu überprüfen, ob sie einen hinreichenden Grad an Verlässlichkeit aufweisen und auch dem Umfang nach, bezogen auf die besonderen Gegebenheiten im Asylbereich, zureichend sind, namentlich auch hinsichtlich der Erfüllung der Aufklärungspflicht und der Behandlung der Beweisanträge (vgl. BVerfGE 76, 143 <162>). Stützt das Gericht die Abweisung der Asylklage auf die Unglaubwürdigkeit des Asylbewerbers, prüft das Bundesverfassungsgericht demnach nicht etwa umfassend nach, ob die vom Gericht angenommenen Widersprüche und sonstigen Glaubwürdigkeitszweifel tatsächlich vorliegen und inwieweit sie die gezogenen Schlüsse tragen. Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist eine fachgerichtliche Beurteilung erst dann, wenn sie anhand der gegebenen Begründung nicht mehr nachvollziehbar ist und/oder nicht auf einer verlässlichen Grundlage beruht.

Vorliegend hat das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer seine Kandidatur zur Wahl des kurdischen Exilparlaments 1995 deshalb nicht geglaubt, weil dessen Vortrag zum Wahlverfahren in wesentlichen Teilen nicht von den Zeugen bestätigt worden sei und er keine Einzelheiten zu der Delegiertenwahl habe nennen können, die über das hinausgingen, was einem allgemein politisch interessierten Kurden bekannt sein müsse. Damit hat es seine Überzeugung im wesentlichen auf die fehlenden Detailkenntnisse des Beschwerdeführers gestützt und die vermissten Angaben auch näher bezeichnet. Der fachgerichtliche Wertungsrahmen bei Ermittlung und Bewertung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 16a Abs. 1 GG wurde hierdurch gewahrt. Dem ist der Beschwerdeführer auch nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat vielmehr seine eigene Wertung an Stelle derjenigen des Fachgerichts gesetzt, indem er seine Detailkenntnisse für ausreichend erachtet hat.

Art. 16a Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch verletzt worden, dass das Verwaltungsgericht keine weitere Befragung der Zeugen durchgeführt hat. Die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts findet auch von Verfassungs wegen ihre Grenze dort, wo das Klagevorbringen des Asylsuchenden keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet.

Vorliegend war die Sachaufklärung mit der Zeugenvernehmung abgeschlossen; auch hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt, was eine weitere Aufklärung noch hätte erbringen sollen. Vielmehr rügt er allein die Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Fachgerichts, die sich aber in dem ihm eingeräumten Wertungsrahmen hält, wenn es die Zeugenaussagen für zu unbestimmt erachtet.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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