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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.11.2000
Aktenzeichen: BVerwG 11 A 4.00
Rechtsgebiete: VwVfG, BNatSchG, NatSchGBln


Vorschriften:

VwVfG § 37 Abs. 1
BNatSchG § 8
BNatSchG § 38
NatSchGBln § 14
NatSchGBln § 15
Leitsätze:

In § 38 Nr. 3 BNatSchG wird keine Anwendungssperre für bestimmte naturschutzrechtliche Vorschriften normiert. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit eine Maßnahme des Naturschutzes die bestandsgeschützte Nutzung beeinträchtigen würde.

Wird eine Eisenbahnanlage wesentlich geändert, so steht § 38 Nr. 3 BNatSchG der Anordnung von naturschutzrechtlichen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen regelmäßig dann nicht entgegen, wenn damit Eingriffe in die Natur ausgeglichen werden sollen, die außerhalb eines Sicherheitsabstands von 6 m von der bisherigen äußeren Gleisachse vorgenommen werden. Ob die Eingriffsfläche allgemein für Bahnzwecke gewidmet ist, ist insoweit unerheblich.

Urteil des 11. Senats vom 22. November 2000 - BVerwG 11 A 4.00 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 11 A 4.00

Verkündet am 22. November 2000

Wichmann Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2000 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel

für Recht erkannt:

Tenor:

In der Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 30. Juni 2000 wird die Festsetzung unter Teil B Ziff. 3.2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin - die DB Netz AG - wendet sich gegen Nebenbestimmungen über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in einem Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für den Bau und die Änderung von Schienenwegen im nördlichen Abschnitt des Berliner Innenrings. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Der Berliner Innenring wurde im vorliegenden Abschnitt im Jahre 1871 zunächst als ebenerdige zweigleisige Güterbahn gebaut und seit 1872 auch für Personenverkehr genutzt. In dem hier in Rede stehenden Bereich zwischen der Straße Nordufer und der Hochstraße in Berlin-Wedding bestehen die Bahnanlagen seit etwa 1890 aus vier auf einem ca. 5 m hohen Damm geführten Gleisen, von denen die beiden nördlichen seit 1929 durch die damals elektrifizierte S-Bahn und die beiden südlichen für den Güterverkehr genutzt wurden. Die baulichen und fachlichen Anlagen wurden nach 1945 nur notdürftig unterhalten. Nach der Teilung Berlins wurden Teile der Strecke nur noch mangelhaft oder überhaupt nicht mehr in Stand gesetzt, und der Verkehr ging erheblich zurück. Sporadisch wurden auf der Trasse der südlichen Gleise auf einem dort verbliebenen Gleis noch Güterfahrten zur Versorgung von Militärdepots im französischen Sektor abgewickelt. Der S-Bahn-Verkehr wurde 1980 eingestellt.

Im Juni 1998 beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin beim Eisenbahn-Bundesamt die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für das Vorhaben, den Berliner Innenring zwischen den Straßen Nordufer und Hochstraße (Planfeststellungsabschnitt 26) in geänderter Form wiederaufzubauen und dabei zugleich eine neue Fernbahnverbindung aus dem geplanten neuen Lehrter Bahnhof herzustellen.

Zur Durchführung der Baumaßnahmen muss die auf der Böschung des Bahndamms angesiedelte Vegetation beseitigt werden. Über den Umfang der dafür nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bestanden und bestehen zwischen der Klägerin und der Beklagten unterschiedliche Rechtsauffassungen:

Nach Auffassung der Klägerin unterliegen Eingriffe in die Vegetation, die innerhalb der Anlagen der Eisenbahninfrastruktur im Sinne des § 2 Abs. 3 AEG in Verbindung mit Anlage 1 Teil A der Verordnung (EWG) Nr. 2598/70 der Kommission vom 18. Dezember 1970 (ABl EG Nr. L278 S. 1) stattfinden, nicht der Ausgleichsregelung des § 8 BNatSchG. Wenn eine Abgrenzung danach nicht möglich sei, gelte mindestens ein Streifen von jeweils 6 m von der äußeren Gleisachse als von der Ausgleichsregelung freigestellt. Bei Einschnitts- oder Dammböschungen, die diesen Streifen berührten, gelte die gesamte Böschung als Anlage der Eisenbahninfrastruktur. Ein ausgleichspflichtiger Eingriff könne nur dort vorliegen, wo die bisherige Grenze der Eisenbahninfrastruktur überschritten werde.

Demgegenüber sieht die Beklagte jeden Eingriff in die Vegetation als ausgleichspflichtig an, der außerhalb eines Bereichs von 6 m von der äußeren Gleisachse einer bestehenden Bahnanlage stattfindet.

Nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan werden durch die geplanten Baumaßnahmen außerhalb der bisherigen Bahnbetriebsanlagen 4 504 m² Vegetationsflächen in Anspruch genommen und 54 Bäume beseitigt, was einem Biovolumenverlust von 17 838 m³ entspricht. Hinzu kommen noch nicht ausgeglichene Verluste von 787 m² Vegetationsfläche bzw. 6 436 m³ Biovolumen aus dem Planfeststellungsabschnitt 26 C, deren Ausgleich durch die dafür erteilte Plangenehmigung dem vorliegenden Planfeststellungsverfahren vorbehalten worden war. Zur Kompensation der sich daraus ergebenden Gesamtverluste von 5 291 m² Vegetationsfläche bzw. 24 274 m³ Biovolumen sah der von der Klägerin eingereichte Plan die Neuanlage von 1 780 m² Vegetationsflächen bzw. 4 563 m³ Biovolumen als Ausgleichsmaßnahme im räumlichen Umfeld der Trasse vor. Da damit der bilanzierte Eingriff nicht vollständig ausgeglichen werden konnte, sagte die Klägerin zusätzlich die Entsiegelung und anschließende Wiederbegrünung der 18 100 m² großen Asphaltfläche eines ehemaligen Getränkelagers im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen als Ersatzmaßnahme zu, was einem Biovolumen von 7 918 m³ entsprach. Das verbleibende Biovolumendefizit von 11 793 m³ sollte durch die Finanzierung gezielter Einzelmaßnahmen zur Verwirklichung des Pflege- und Entwicklungsplans zum Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen kompensiert werden.

Demgegenüber errechnete die Beklagte auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung einen zusätzlichen Vegetationsflächenverlust von 4 777 m² bzw. 63 150 m³ Biovolumen, so dass ein Biovolumendefizit von insgesamt 74 943 m³ verblieb. Hierauf rechnete die Beklagte allerdings die im Plan vorgesehene Begrünung der neuen Böschungsbereiche außerhalb des von ihr angenommenen Sechs-Meter-Bereichs entlang der Gleisachsen der bestehenden Bahnlage mit einer Fläche von 5 500 m² und einem Biovolumen von 2 200 m³ als zusätzliche Ausgleichsmaßnahme an, so dass das nicht ausgleichbare Biovolumendefizit sich noch auf 72 743 m³ belief. Gegenüber der Rechtsauffassung der Klägerin zusätzlich ausgleichspflichtig war nach dieser Berechnung insbesondere die Beseitigung der Böschungsvegetation auf der Südseite der Bahnanlagen mit ökologisch wertvollen Vorwald- und Schlehenbeständen sowie mit insgesamt 152 nach der Berliner Baumschutzverordnung schutzwürdigen Bäumen.

Aus der Überbauung dieser Böschungsvegetation und dem Bau der Überführungs- und Tunnelbauwerke für die Verbindungskurve zum Lehrter Bahnhof ergab sich ferner eine Neuversiegelung von 16 100 m² Boden, die sich um die Neuversiegelung von 125 m² Boden im Planfeststellungsabschnitt 26 C erhöhte und durch die neue Böschungsbegrünungsfläche von 5 500 m² nur teilweise ausgeglichen wurde.

2. Mit Beschluss vom 26. Januar 2000, berichtigt am 7. Februar 2000, stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan für das Vorhaben fest. Dabei setzte es in der Nebenbestimmung Teil A Ziff. 4.1.6 als Gesamtkompensationsumfang für durch das Bauvorhaben verursachte Biovolumenverluste ein Biovolumen von 87 424 m³ fest. Davon seien 6 763 m³ Biovolumen als Ausgleichsmaßnahmen im Trassennahbereich und 80 661 m³ Biovolumen als Ersatzmaßnahmen auf einer im Ersatzmaßnahmenplan eingezeichneten Fläche im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen in Übereinstimmung mit dem Pflege- und Entwicklungsplan für dieses Gebiet vorgesehen, den das Naturschutz- und Grünflächenamt des Bezirks unter Einbeziehung der zuständigen Senatsverwaltung und der anerkannten Naturschutzverbände erstellt habe. Als zusätzliche Ausgleichs- und Gestaltungsmaßnahme im Trassennahbereich werde die Begrünung von frei stehenden Stützwandbereichen festgesetzt. Das für diese Ausgleichsmaßnahme im Rahmen der Ausführungsplanung noch zu quantifizierende Biovolumen sei auf den Gesamtkompensationsumfang anzurechnen. Der Klägerin werde aufgegeben, die Ausführungsplanung für die landschaftspflegerischen Ersatzmaßnahmen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie und dem Bezirksamt Hohenschönhausen von Berlin abzustimmen und die Abstimmung dem Eisenbahn-Bundesamt nachzuweisen.

In der Begründung dieses Beschlusses wurde u.a. Folgendes ausgeführt:

Grundlage für die Ermittlung der Eingriffs- und Kompensationsbilanz sei die Rechtsauffassung der Beklagten, dass alle Eingriffe, die sich infolge der Baumaßnahmen außerhalb eines Bereichs von 6 m, bezogen auf die äußere Gleisachse der Betriebsanlagen, ergäben, ausgleichspflichtig seien. Soweit der Plan die Begrünung von Bahnböschungen vorsehe, werde die Begrünung außerhalb des Sechs-Meter-Bereichs auf die Ausgleichsbilanz angerechnet. Die Ermittlung der eintretenden Vegetationsverluste für den Naturhaushalt sei auf der Grundlage des Biovolumenverfahrens erfolgt. Dieses Verfahren sei zur Bilanzierung der Eingriffe und Ermittlung des Kompensationsvolumens mit den Naturschutzbehörden des Landes abgestimmt und stelle insofern eine anerkannte Bewertungsmethodik dar.

Aufgrund einer Erklärung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie, dass die vorgeschlagenen Ersatzmaßnahmen geeignet und ausreichend seien, um die durch die Baumaßnahmen verursachten Eingriffe zu kompensieren, habe sich die Planfeststellungsbehörde darauf beschränken können, lediglich das auszugleichende Biovolumen, den Maßnahmenraum und die grundsätzliche Maßnahmenplanung festzusetzen. Sollte die nachfolgende Ausführungsplanung nicht zu einer vollständigen Kompensation des Eingriffs führen, behalte sich die Planfeststellungsbehörde die Festsetzung weiterer Maßnahmen gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG vor.

Gegen diesen ihr am 1. Februar 2000 zugestellten Planfeststellungsbeschluss hat die Klägerin am 29. Februar 2000 die vorliegende Klage erhoben.

3. Auf Antrag der Klägerin vom 23. März 2000 änderte das Eisenbahn-Bundesamt durch Plangenehmigung vom 30. Juni 2000 den festgestellten Plan dahingehend, dass nunmehr auch vorgezogene Baumaßnahmen für die östliche Einbindung einer vom Land Berlin geplanten neuen S-Bahnlinie vom neuen Lehrter Bahnhof in den nördlichen Berliner Innenring zum Gegenstand des Plans gemacht wurden. Dazu gehörten die Errichtung eines zweigleisigen Tunnelbauwerks mit beidseitiger Trogausbildung zur Unterquerung der Fern- und S-Bahngleise des Innenrings, die dafür erforderliche Verschwenkung des nördlichen Fernbahn- und südlichen S-Bahngleises um ca. 4 m nach Süden, eine entsprechende Verschwenkung der Stützwand zwischen dem Innenring und dem neuen Fernbahnabzweig zum Lehrter Bahnhof und der Bau einer zusätzlichen Stützwand für die Ring-S-Bahn nördlich des neuen Tunnelbauwerks.

In dem von der Klägerin eingereichten Änderungsplan war ausgeführt, dass durch dieses Bauvorhaben insgesamt 3 427 m² Fläche neu versiegelt würden. Dadurch würde zwar kein zusätzlicher Vegetationsverlust herbeigeführt, aber die Grundwasserneubildungsrate gemindert. Geeignete Flächen für eine entsprechende Entsiegelung im räumlich-funktionalen Zusammenhang im Plangebiet seien nicht vorhanden. Deshalb sollten insoweit zusätzliche Ersatzmaßnahmen im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen nach dem dortigen Pflege- und Entwicklungskonzept durchgeführt werden, allerdings ohne flächenmäßige Änderung. Eine Konkretisierung der einzelnen Maßnahmen solle in Abstimmung mit den zuständigen Behörden im Zuge der Ausführungsplanung auf der Grundlage des durch den Planänderungsbeschluss bilanzierten Eingriffsumfangs erfolgen.

Die für die Änderung erteilte Plangenehmigung enthielt insoweit lediglich den Hinweis, dass die Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses, soweit einschlägig, auch für diese Plangenehmigung gelten. In der Begründung wurde unter Teil B Ziff. 3.2 ausgeführt, Gegenstand des geänderten Plans sei auch die Erweiterung der im Landschaftsschutzgebiet geplanten Ersatzmaßnahmen um die Kompensation für 3 427 m² zusätzliche Versiegelungsfläche infolge der Planänderung.

Diese ihr am 6. Juli 2000 zugestellte Plangenehmigung hat die Klägerin am 31. Juli 2000 ebenfalls zum Gegenstand der vorliegenden Klage gemacht.

4. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, auf gewidmeten Bahnanlagen könne ein Eingriff in Natur und Landschaft nur für Flächen außerhalb der planfestgestellten Betriebsanlage gegeben sein. Die Bahndammböschungen gehörten noch zum bestandsgeschützen öffentlichen Verkehrsweg im Sinne des § 38 Nr. 3 BNatSchG. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang zur Abgrenzung gewählte rechtliche Konstruktion eines Sechs-Meter-Streifens sei rechtswidrig. Auf die entsprechenden technischen Regelwerke zur Sicherstellung des Lichtraumprofils der Bahnanlage könne sich die Beklagte hierfür nicht berufen, da das Naturschutzrecht nicht der Gefahrenabwehr diene. Außerdem gebe es nach den geltenden Regelwerken keinen allgemein gültigen Sechs-Meter-Streifen. Der Bestandsschutz des § 38 Nr. 3 BNatSchG für den Altbestand erstrecke sich vielmehr auf die gesamte Fläche des öffentlichen Verkehrsweges. Auch die planfestgestellte Verbreiterung des Bahnkörpers in Teilbereichen halte sich in diesem Rahmen. Umplanungen nähmen an der Privilegierung der Altnutzung teil, wenn die Fläche weiterhin für Bahnzwecke genutzt werde. Auf die konkreten baulichen Anlagen komme es dafür nicht an. Auch der Rückbau der bestehenden Anlage verändere diesen Nutzungszweck der Fläche nicht. Die Privilegierung des § 38 BNatSchG entfalle erst bei einer wesentlichen Vergrößerung der Fläche und einer wesentlichen Änderung des Zwecks. Die infolge der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Beteiligten streitige Differenz von 63 150 m³ Biovolumen bedeute für die Klägerin eine zusätzliche Kostenbelastung von 3 157 500 DM.

Die Plangenehmigung werde zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, weil die angesetzte Versiegelung von 3 427 m² nicht berücksichtige, dass auch die unterquerte alte Bahnanlage aufgrund ihres Entwässerungssystems bereits als Versiegelung angesehen werden müsse. Dieser Bereich müsse jedoch gemäß § 38 BNatSchG unberücksichtigt bleiben.

Die Klägerin beantragt,

1. im Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 26. Januar 2000 die Festsetzungen unter Teil A Ziff. 4.1.6 zum Gesamtkompensationsumfang von 87 424 m³ Biovolumen und die darauf bezogenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen aufzuheben,

hilfsweise,

die Festsetzung unter Teil A Ziff. 4.1.6 zum Gesamtkompensationsumfang von 87 424 m³ Biovolumen insoweit aufzuheben, als der Gesamtkompensationsumfang von 24 274 m³ überschritten wird, und die planfestgestellte Ersatzmaßnahme im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen im Umfang von 63 150 m³ Biovolumen aufzuheben,

2. in der Plangenehmigung der Beklagten vom 30. Juni 2000 die Festsetzung unter Teil B Ziff. 3.2 zur Erweiterung der im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen geplanten Ersatzmaßnahmen aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, eine naturschutzrechtliche Kompensationspflicht komme nur dann nicht in Betracht, wenn die Klägerin Vegetation auf bestehenden Betriebsanlagen zur ordnungsgemäßen Unterhaltung der Anlagen und zur Gewährleistung einer sicheren Betriebsführung beseitigen müsse. Dies gelte auch, wenn eine infolge der deutschen Teilung nicht mehr betriebene und von Vegetation geprägte Strecke ohne planfeststellungsbedürftige Änderung reaktiviert werden solle. Anders sei es jedoch dann, wenn - wie hier - eine planfeststellungsbedürftige Änderung der Anlage vorgenommen werden solle. In diesem Falle folge aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Berliner Naturschutzgesetzes - NatSchGBln - eine widerlegliche Vermutung für das Vorliegen eines Eingriffs. Im vorliegenden Fall habe der Gutachter Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes durch die Rodung der Bahnböschungen nicht ausschließen können. Aufgrund dieser unstreitig gebliebenen Sachverhaltswürdigung habe der Planfeststellungsbeschluss von einem Eingriff in Natur und Landschaft ausgehen müssen. Da der Eingriff zur Realisierung des Vorhabens unvermeidlich, durch Ausgleichsmaßnahmen nicht vollständig kompensierbar und durch überwiegende Belange der Allgemeinheit gerechtfertigt sei, ergebe sich aus § 14 Abs. 5 Sätze 3 und 4 NatSchGBln zwingend die Notwendigkeit, Ersatzmaßnahmen festzusetzen.

§ 38 Nr. 3 BNatSchG stehe dieser Festsetzung nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sei nämlich nur diejenige Vegetation nicht vom Naturschutzrecht geschützt, die konkret der bestimmungsgemäßen Nutzung der Altanlage entgegengestanden hätte. Das sei in Anlehnung an die für den Bahnbetrieb geltenden Regelwerke nur in einem Sicherheitsabstand von ca. 6 m von der Gleismitte des jeweils äußeren Gleises der Altanlage anzunehmen. Durch Vegetationsansiedlungen außerhalb dieses Sicherheitsabstandes werde die Funktionsfähigkeit der Betriebsanlage dagegen nicht beeinträchtigt.

Die Beanstandung der Plangenehmigung durch die Klägerin wegen "Doppelanrechnung" der Versiegelung betreffe nur den Überschneidungsbereich zwischen dem Tunnel und der verbleibenden Planumschutzschicht unter dem südlichen S-Bahngleis und dem Fernbahngleis und damit allenfalls eine ganz unwesentliche Überkompensation. Insoweit liege kein offensichtlicher Abwägungsmangel im Sinne des § 20 Abs. 7 Satz 1 AEG vor, zumal die Beklagte mit der nunmehr konkretisierten Festsetzung den von der Klägerin selbst eingereichten Antragsunterlagen gefolgt sei.

Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren und schließt sich im Wesentlichen der Rechtsauffassung der Beklagten an.

II.

1. Mit ihren Anträgen zu 1 begehrt die Klägerin in unterschiedlicher prozessualer Einkleidung sinngemäß die Aufhebung der Nebenbestimmung Teil A Ziff. 4.1.6 des Planfeststellungsbeschlusses, soweit sie auf der Annahme eines Gesamtkompensationsumfangs beruht, der ein Biovolumen von 24 274 m3 überschreitet. Dieses Klagebegehren ist zulässig. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen seine Statthaftigkeit, da gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts die Anfechtungsklage gegeben ist (vgl. BVerwGE 60, 269 <274>).

Insoweit ist die Klage jedoch unbegründet. Denn die über den von der Klägerin selbst angenommenen Biovolumenverlust von 24 274 m³ hinausgehende Festsetzung eines weiteren Kompensationsumfangs für durch das Bauvorhaben verursachte Biovolumenverluste von 63 150 m³ und entsprechender Ersatzmaßnahmen im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese Festsetzung findet ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 4 und 5, § 15 Abs. 1 des Berliner Naturschutzgesetzes in der Fassung vom 10. Juli 1999 (GVBl S. 390) - NatSchGBln - in Verbindung mit § 8 Abs. 8 und 9 BNatSchG.

Die der angegriffenen zusätzlichen Festsetzung zugrunde liegende Annahme der Beklagten, ausgleichspflichtig sei grundsätzlich jeder Eingriff in die Vegetation, den die Klägerin im Rahmen des planfestgestellten Vorhabens außerhalb eines Bereichs von 6 m von den äußeren Gleisachsen der bisher planungsrechtlich bestehenden Bahnanlagen vornehme, steht mit der sich aus jenen Vorschriften ergebenden Rechtslage in Einklang. Aufgrund der Ermächtigung in § 8 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG hat das Land Berlin in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NatSchGBln bestimmt, dass die Errichtung oder wesentliche Änderung von Anlagen, die einem Planfeststellungsverfahren unterliegen, als Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes gilt. Das mit umfangreichen Veränderungen der planungsrechtlich bestehenden Bahnanlagen einhergehende planfestgestellte Vorhaben erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift. Zwar kann deren Rechtsfolge aus bundesrechtlicher Sicht nur eine Vermutung für das Vorliegen eines Eingriffs sein, die im Einzelfall widerlegt werden kann (vgl. BVerwGE 85, 348 <355> m.w.N.). Dafür, dass die Maßnahmen, die dem von der Beklagten angenommenen zusätzlichen Kompensationsbedarf zugrunde liegen, vorliegend ausnahmsweise weder die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts noch das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können, hat die Klägerin jedoch nichts vorgetragen. Im Gegenteil ergibt sich aus der Beurteilung dieser Maßnahmen in dem von ihr selbst eingereichten landschaftspflegerischen Begleitplan (insbesondere S. 61 - 64 und 74 f.), dass bau- und anlagebedingt umfangreiche Verluste wertvoller Vegetationsflächen zu erwarten sind, die auch die Fauna und das Kleinklima negativ verändern werden. Ebenso unstreitig ist, dass dieser Eingriff bei Realisierung des Vorhabens unvermeidbar ist und seine Folgen nicht nach § 14 Abs. 4 Satz 2 NatSchGBln im erforderlichen Maße ausgeglichen werden können. Deshalb konnte die Beklagte gemäß § 14 Abs. 5 Sätze 3 und 4 NatSchGBln Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle fordern.

Die Beklagte hat davon abgesehen, auch für Vegetationseingriffe innerhalb des Sechs-Meter-Bereichs Ersatzmaßnahmen anzuordnen, weil die innerhalb jenes Bereichs entstandene Vegetation nur die Folge unterlassener Unterhaltung der Gleisanlagen sei; diese Unterhaltung hätte die Klägerin unter Entfernung jener Vegetation ohne Kompensation in einem Zug nachholen können, weil es für die Wiederinbetriebnahme der planungsrechtlich vorhandenen Altanlagen keines Planfeststellungsverfahrens bedurft hätte und deshalb die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG nicht vorgelegen hätten. Zu entscheiden war danach, ob die mit Verlusten für Natur und Landschaft verbundenen Baumaßnahmen im Kern jeweils durch die Planfeststellung verursacht worden sind oder ob sie bei einer reinen Instandsetzung ebenso angefallen wären. Diese hypothetische Kausalitätserwägung ist für teilungsbedingt vorübergehend stillgelegte und deshalb nicht unterhaltene Schienenwege geboten. In ihrem Rahmen ist die von der Klägerin angegriffene Grenzziehung bei einem Abstand von 6 m entlang der äußeren Gleisachsen der Altanlagen nicht zu beanstanden. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin in ihren technischen Regelwerken selbst davon ausgeht, dass in der Regel ein Streifen von ca. 6 m Breite parallel zur äußeren Gleismitte von Anpflanzungen frei gehalten werden müsse, um die Verkehrssicherheit nicht zu beeinträchtigen (vgl. Tz. 166 und 168 DS 800 01; Tz. 2 Abs. 2 der Geschäftsbereichsrichtlinie 882.0205). Da für die Praxis der Planfeststellung eine handhabbare Regelung zur Lösung der Kausalitätsfrage erforderlich ist, ist es sachgerecht, für die Abgrenzung zwischen kompensationsbedürftigen und nicht kompensationsbedürftigen Maßnahmen in typisierender Weise an den sich hieraus ergebenden Mittelwert von 6 m Abstand anzuknüpfen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass dieser Mittelwert des aus Sicherheitsgründen freizuhaltenden Bereichs nach den örtlichen Geländeverhältnissen und der Art der in Rede stehenden Vegetation zu knapp bemessen ist. Angesichts der Dammlage der Bahntrasse gibt es hierfür auch keine Anhaltspunkte, denen das Gericht von Amts wegen nachgehen müsste.

Auch § 38 Nr. 3 BNatSchG steht der hier vorgenommenen Anordnung von Ersatzmaßnahmen für die Beseitigung von Vegetationsbestän-den außerhalb eines Sicherheitsabstands von 6 m entlang der äußeren Gleisachsen der Altanlagen nicht entgegen.

Nach dieser Übergangsbestimmung dürfen Flächen, die bei In-Kraft-Treten des Bundesnaturschutzgesetzes am 24. Dezember 1976 ausschließlich oder überwiegend Zwecken des öffentlichen Verkehrs als wichtige öffentliche Verkehrswege dienten oder in einem verbindlichen Plan für diese Zwecke ausgewiesen waren, durch Naturschutz und Landschaftspflege in ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung nicht beeinträchtigt werden. Damit wird - im Unterschied zu anderen im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagenen Formulierungen (vgl. BTDrucks 7/324, S. 13; 7/886, S. 18) - keine Anwendungssperre für bestimmte Vorschriften des Gesetzes normiert, sondern nur eine bestimmte Wirkung des Gesetzesvollzugs "für besondere Fälle" ausgeschlossen: Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit eine Maßnahme des Naturschutzes oder der Landschaftspflege die bestandsgeschützte Nutzung beeinträchtigen würde (vgl. Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, 1977/1994, 17. Erglfg., § 38 BNatSchG Rn. 1).

Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass schon die Anknüpfung einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmepflicht an Eingriffe in die Vegetation, die der bestimmungsgemäßen Nutzung der Altanlagen entgegengestanden hätte, stets eine "Beeinträchtigung" der bestandsgeschützten Nutzung darstellt, ist die hier in Rede stehende Anordnung nicht zu beanstanden. Denn bei der - wie dargelegt - zulässigen typisierenden Betrachtungsweise hätte die Vegetation außerhalb des Sechs-Meter-Abstands der bestimmungsgemäßen Nutzung der planungsrechtlich vorhandenen Altanlagen nicht entgegengestanden. Dass auch zur bloßen Instandsetzung und Wiederinbetriebnahme dieser Altanlagen die Böschungsvegetation vollständig hätte abgeräumt werden müssen, hat die Klägerin selbst nicht behauptet.

Ihre Auffassung, durch § 38 Nr. 3 BNatSchG bestandsgeschützt sei jede Nutzung einer als solche gewidmeten Fläche für Bahnzwecke, auch wenn die konkreten baulichen Anlagen durch eine Umplanung verändert würden, steht mit der sich bei sachgerechter Auslegung der Vorschrift ergebenden Rechtslage nicht in Einklang. Das Erfordernis des "Dienens" bezeichnet schon dem Wortsinn nach den tatsächlichen Gebrauch der Fläche zu einem der genannten Zwecke (vgl. Meßerschmidt, a.a.O., Rn. 21). Die tatsächliche Verwendung der Fläche muss also in einem engen funktionalen Zusammenhang mit einem privilegierten Zweck stehen und für seine Erreichung erforderlich sein (vgl. BVerwGE 3, 335 <341> zu § 6 des Reichsnaturschutzgesetzes; Meßerschmidt, a.a.O.). Dies kann für den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesnaturschutzgesetzes nicht ohne maßgebliches Abstellen auf die damals für jenen Zweck vorhandenen baulichen Anlagen beurteilt werden. Auch der Gesetzgeber selbst ist davon ausgegangen, dass § 38 BNatSchG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei und dass es deshalb nur auf die konkrete tatsächliche Nutzung der Fläche bei In-Kraft-Treten des Gesetzes ankomme (vgl. BTDrucks 7/5251, S. 15). Die damit gleichgestellte Alternative einer verbindlich in einem Plan ausgewiesenen Nutzung verweist ebenfalls gerade nicht nur auf eine allgemeine Widmung der betroffenen Fläche für einen der in § 38 BNatSchG genannten Zwecke, sondern auch auf die konkreten Anlagen, die von dem jeweiligen Fachplanungsrecht als planungsbedürftig angesehen werden.

Nach der Zielsetzung der Vorschrift soll bundesrechtlich ein "Altbestand" an Nutzung vor neuen, d.h. mutmaßlich zusätzlichen Anforderungen des Naturschutzrechts geschützt werden (BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992 - BVerwG 4 A 4.92 - Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 13 S. 33 f.). Dieser Altbestand definiert sich auch durch die Anlagen, in denen sich jene Nutzung konkretisiert. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht zwar die bloße "Reaktivierung" solcher Anlagen als durch § 38 Nr. 3 BNatSchG geschützt angesehen, ihre Beseitigung zugunsten einer an einem neuen Verkehrswegekonzept ausgerichteten Neuplanung jedoch zumindest als Indiz gegen jenen Bestandsschutz gewertet (BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992, a.a.O.). Das schließt "überwirkenden" Bestandsschutz nicht aus, wenn ein gegebener Bestand ohne quantitativ oder qualitativ wesentliche Veränderungen seiner bei In-Kraft-Treten des Gesetzes gegebenen Funktion und ihrer Bedeutung für die Gesamtsituation der Umgebung allein dadurch geschützt werden kann, dass damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Änderungsmaßnahmen vorgenommen werden (vgl. Meßerschmidt, a.a.O., Rn. 26 ff.). Davon kann nach Lage der Dinge hier keine Rede sein. Das planfestgestellte Vorhaben ist Teil einer im Wesentlichen neuen Eisenbahnkonzeption für den Knoten Berlin, die insbesondere mit dem Neubau einer Fernbahnverbindungskurve zwischen dem nördlichen Innenring und dem neuen Lehrter Bahnhof verbunden ist und zu einer wesentlichen quantitativen und qualitativen Erweiterung des Fernbahnverkehrs auf dem in Rede stehenden Abschnitt führen wird. Außerdem wird in dem von der Klägerin selbst vorgelegten landschaftspflegerischen Begleitplan im Einzelnen dargelegt, dass gerade der umfangreiche Grünverlust auf den Südböschungen in Verbindung mit der Errichtung von Stützwänden, Lärmschutzwänden und Oberleitungsmasten zu einer erheblichen Veränderung des Landschafts- und Ortsbildes führen wird. Auch deshalb wird sich die Bedeutung der Bahnanlagen für die Gesamtsituation der Umgebung gegenüber dem tatsächlichen oder plangegebenen Zustand bei In-Kraft-Treten des Bundesnaturschutzgesetzes wesentlich verändern.

2. Der auf die Aufhebung der in der Plangenehmigung unter Teil B Ziff. 3.2 enthaltenen Festsetzung einer Erweiterung der Ersatzmaßnahmen gerichtete Klageantrag zu 2 ist zulässig und begründet. Diese Festsetzung ermangelt der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit, die gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG für jeden Verwaltungsakt erforderlich ist.

Mit dem durch jene Plangenehmigung geänderten Planfeststellungsbeschluss waren Ersatzmaßnahmen für einen Vegetationsverlust von 80 661 m³ Biovolumen im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen angeordnet worden. Diese Bemessung beruht auf dem Biovolumenverfahren, das in der Regel eine genaue quantitative Berechnung sowohl der durch die vorgesehenen Eingriffsmaßnahmen zu befürchtenden Vegetationsverluste als auch der durch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu erreichenden Vegetationsgewinne ermöglicht (vgl. S. 58 f. des landschaftspflegerischen Begleitplans).

Demgegenüber enthält die Plangenehmigung keine vergleichbar nachvollziehbare Bemessung der durch sie angeordneten zusätzlichen Ersatzmaßnahmen. Die bloße Beschreibung dieser Ersatzmaßnahmen als "Kompensation für 3 427 m² zusätzliche Versiegelungsfläche" lässt nicht einmal ansatzweise erkennen, nach welchem Bewertungsverfahren die ohne flächenmäßige Änderung des dafür vorgesehen Areals zu treffenden zusätzlichen Maßnahmen mit der zu kompensierenden Versiegelungsfläche in Relation gesetzt werden sollen. Dies gilt umso mehr, als die angenommene Neuversiegelung von 3 427 m² nichts daran ändert, dass in der Versiegelungsbilanz, die im Planfeststellungsbeschluss bei Umsetzung aller Maßnahmen einen Entsiegelungsgewinn von 7 375 m² ausweist, ein positiver Saldo verbleibt, und durch diese Neuversiegelung kein zusätzlicher Vegetationsverlust, sondern nur eine zusätzliche Minderung der Grundwasserneubildungsrate herbeigeführt wird. Ohne einen solchen Bewertungsrahmen bleibt auch die Auflage an die Klägerin, die Ausführungsplanung für die Ersatzmaßnahmen mit den zuständigen Landesbehörden abzustimmen, ohne nachvollziehbare Grundlage. Dementsprechend erscheint eine Problembewältigung in der Ausführungsplanung nicht sichergestellt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 5.96 - <Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 44>).

Die Festsetzung unter Teil B Ziff. 3.2. der Plangenehmigung ist hiernach rechtswidrig. Die mit der Klage begehrte isolierte Aufhebung dieser Festsetzung setzt allerdings entsprechend § 44 Abs. 4 VwVfG materiellrechtlich voraus, dass die Genehmigung ohne jene Festsetzung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann (vgl. BVerwGE 81, 185 <186>; Urteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 4 C 70.80 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 137 S. 29). Dies ist hier der Fall. Bereits im Planfeststellungsbeschluss, den die Plangenehmigung insoweit nicht geändert hat, hat sich die Planfeststellungsbehörde nämlich die Festsetzung weiterer Ersatzmaßnahmen gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG vorbehalten, falls die nachfolgende Ausführungsplanung nicht zu einer vollständigen Kompensation des Eingriffs führen sollte. Dieser Vorbehalt gilt auch für den Fall, dass sich aufgrund einer genehmigten Planänderung zusätzliche Eingriffe in Natur und Landschaft ergeben, die nicht ausgleichbar sind und auch durch die bereits geplanten Ersatzmaßnahmen nicht kompensiert werden. Die nach § 14 NatSchG in diesem Falle erforderlichen Entscheidungen kann die Planfeststellungsbehörde deshalb hier noch nachträglich treffen, ohne daran durch die Aufhebung der in Rede stehenden Festsetzung gehindert zu sein. Dabei kann sie auch der von der Klägerin problematisierten Frage nachgehen, ob die als zusätzlicher Kompensationsbedarf angesetzte zusätzliche Versiegelung von 3 427 m2 zutreffend ermittelt wurde.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, da der Teil, zu dem die Beklagte unterliegt, nur gering ist und auch bei der Streitwertfestsetzung nicht ins Gewicht fällt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 157 500 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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