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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 05.11.1997
Aktenzeichen: BVerwG 11 A 54.96
Rechtsgebiete: Bundesschienenwegeausbaugesetz, AEG, VerkPBG, VwVfG, BHO, BayEG


Vorschriften:

Bundesschienenwegeausbaugesetz § 1 mit Anlage
Bundesschienenwegeausbaugesetz § 4
Bundesschienenwegeausbaugesetz § 10
AEG § 18 Abs. 1
AEG § 20 Abs. 7
VerkPBG § 1 Abs. 1 und 2
VerkPBG § 5 Abs. 1
VwVfG § 74 Abs. 2
BHO § 7
BayEG Art. 6
BayEG Art. 8
BayEG Art. 14
mit Anlage, §§ 4, 10
Leitsatz:

Entscheidet die Planfeststellungsbehörde mit dem Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses, daß die bei der Realisierung des Projekts eintretende Bedrohung der Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebes unvermeidlich und wegen vorrangiger anderer Interessen hinzunehmen ist, so kann die Regelung eines Ausgleichs für diesen Eingriff - insbesondere auch in bezug auf die Frage, ob eine Entschädigung in Land oder Geld zu erfolgen hat - einem sich anschließenden Enteignungsverfahren überlassen bleiben.

Urteil des 11. Senats vom 5. November 1997 - BVerwG 11 A 54.96


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 11 A 54.96

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Diefenbach und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bonk, Dr. Kugele, Kipp und Vallendar

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluß für die Eisenbahnaus- und -neubaustrecke Nürnberg - Ebensfeld - Erfurt im Abschnitt Staffelstein. Die Strecke gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit.

Der Planfeststellungsabschnitt beginnt im Süden am nördlichen Ortsende der Gemeinde Markt Zapfendorf. Der Plan sieht dort einen westseitigen Anbau zweier Gleise an die bestehende zweigleisige Strecke Nürnberg - Bamberg - Ebensfeld vor (Ausbauabschnitt). Nördlich von Ebensfeld beginnt der Neubauabschnitt in nördlicher Richtung durch den Banzgau bis zum nördlichen Ende des Planfeststellungsabschnitts auf dem Gebiet der Gemeinde Niederfüllbach.

Für die Neubaustrecke bestimmt der Plan ab dem Tunnel Eierberge nach Norden den Bau einer festen Fahrbahn. Im übrigen soll die Bauweise mit Betonschwellen im Schotterbett erfolgen. Ab der südlichen Abschnittsgrenze in Markt Zapfendorf bis zum Tunnel Eierberge beabsichtigt die Beigeladene eine besondere Überwachung der Gleise, um eine Verriffelung zu vermeiden.

Die Klägerin führt einen landwirtschaftlichen Betrieb in der nach Staffelstein eingemeindeten, nordwestlich davon im Banzgau liegenden Ortschaft Zilgendorf am Neubaustreckenabschnitt. Der Betrieb hat eine Nutzfläche von 17,34 ha, wobei durch das Planvorhaben 18 % der Eigentumsnutzfläche in Anspruch genommen werden sollen. Im einzelnen:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung Altenbanz, Flurstücke 326 und 370. Die 25 750 m² große Parzelle Nr. 326 soll in einem Umfang von 2 650 m² mit einer Dienstbarkeit belastet werden, die eine Einschränkung der Wassergewinnung beinhaltet. Ursprünglich geplante weitergehende Dienstbarkeiten sind im Laufe des Verfahrens gestrichen worden.

Das Flurstück Nr. 370 mit einer Größe von 66 416 m² soll nach der Planung in der Mitte durchtrennt werden. Für den Bau der Trasse werden 18 790 m² benötigt. 8 970 m² sollen auf Dauer mit einer Dienstbarkeit belastet werden, die eine landwirtschaftliche Nutzung ausschließt.

Das Flurstück Gemarkung Altenbanz Parzelle Nr. 331 steht im Eigentum der Stadt Staffelstein, die es der Klägerin zur unentgeltlichen Nutzung überlassen hat. Von dem 28 771 m² großen Grundstück sollen 1 310 m² mit einer Dienstbarkeit belastet werden. Das Waldstück Lichtenholz - Gemarkung Altenbanz, Parzelle Nr. 479 - liegt über dem geplanten gleichnamigen Tunnel. Am Lichtenholz bestehen Holznutzungsrechte der Einwohner von Zilgendorf. Eigentümerin des Grundstücks ist die Stadt Staffelstein.

Anfang 1992 wurde die Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (PBDE) mit der Vorbereitung der Ausbau- und Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt beauftragt. Für die Neubaustrecke wurden in einem vorangegangenen Stadium der Planung Voruntersuchungen für insgesamt sieben Varianten angestellt, die sämtlich in einem 20 km breiten Korridor zwischen Ebensfeld und Erfurt liegen. Die Varianten unterscheiden sich dabei unter anderem hinsichtlich der Abzweigung von der Bestandsstrecke und in bezug auf die Frage, ob die Stadt Coburg durch- oder umfahren werden soll. Die nach den Voruntersuchungen verbleibenden Varianten 3, 4 und 5 (Abzweig der Neubaustrecke nördlich der Gemeinde Ebensfeld, Durchfahrung oder östliche Umfahrung Coburgs) wurden vertieft untersucht und entwickelt. Der Vorstand der Beigeladenen traf am 5. Oktober 1992 eine Präferenzentscheidung für die Neubaustreckenvariante 5.

Gegenstand der Raumordnungsverfahren waren daraufhin die Varianten 3, 4 und 5. Im Freistaat Bayern führte das Raumordnungsverfahren zu einer negativen Beurteilung der Variante 3 (Durchfahrung Coburgs), während die Varianten 4 und 5 mit einer Reihe unterschiedlicher Maßgaben - vor allem hinsichtlich der Anbindung Coburgs - positiv bewertet wurden.

Die Beigeladene entschied sich danach endgültig für die Variante 5 und beantragte die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens, die im Dezember 1993 erfolgte. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 25. Januar 1994 bis einschließlich 28. Februar 1994 öffentlich ausgelegt, wobei dies jeweils eine Woche vorher ortsüblich bekanntgemacht wurde.

Mit einem maschinenschriftlichen, nicht unterzeichneten Schreiben vom 18. Februar 1994 erhob die Klägerin Einwendungen gegen das Projekt. Das Schreiben ging am 10. März 1994 bei der Stadt Staffelstein ein. Zugleich erhob ihr Prozeßbevollmächtigter für sie mit einem am 14. März 1994 bei der Regierung von Oberfranken eingegangenen Schriftsatz Einwendungen, wobei dem Schriftsatz eine eingehende handschriftliche Ausarbeitung der Klägerin mit einem dem Schreiben vom 18. Februar 1994 weitgehend entsprechenden Inhalt beigefügt war. Mit den Einwendungen machte die Klägerin u.a. geltend, der Entzug von landwirtschaftlichen Flächen führe zu einer wirtschaftlichen Gefährdung ihrer Familie. Die Grundwasserabsenkung im Bereich des Tunnels Lichtenholz habe eine Beeinträchtigung ihres Holznutzungsrechts an dem Grundstück Parzelle Nr. 479 zur Folge. Die Trinkwasserversorgung der Ortschaft Zilgendorf werde beeinträchtigt. Ihr Wohnhaus in Zilgendorf werde einer erheblichen Verlärmung ausgesetzt.

Nach schriftlicher Stellungnahme der PBDE vom 20. April 1994 wurden die Einwendungen der Klägerin im Anhörungstermin am 17. Mai 1994 im einzelnen erörtert. In der Folge ließ die Beigeladene die Frage einer Existenzbedrohung für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin durch den vereidigten landwirtschaftlichen Sachverständigen Dr. Bewer untersuchen. In seiner Stellungnahme vom 22. September 1994 kam der Sachverständige auf der Grundlage eines von der Klägerin ausgefüllten Erhebungsbogens zunächst zu dem Ergebnis, die Inanspruchnahme von 18 % der Eigentumsnutzfläche der Klägerin erreiche ein zwar hartes, wohl aber nicht existenzgefährdendes Maß. In einem nach einer Betriebsbesichtigung im November 1994 erstellten Nachtrag vom 14. November 1994 legte der Sachverständige dar, die Wegnahme von 18 % der Eigentumsnutzfläche löse eine deutliche Existenzgefährdung aus. Die Eigentumsfläche sei früher auf etwa 20 Felder verteilt gewesen. Durch Flurbereinigung seien fünf Felder entstanden. Das größte und beste davon (Flurstück 370) solle durch den Bahnbau quer durchschnitten werden. Die von der Klägerin geäußerte Befürchtung von Trockenschäden auf den verbleibenden Flächen sei nicht abwegig. Dies ergebe eine Verschärfung des Eingriffs. Das betroffene Feld habe beidseits (nördlich und südlich) Wege, die zum Dorf führten. Über den Bahneinschnitt werde nur einer der beiden Wege geführt. Dadurch ergäben sich Erschwernisse beim Lastentransport. Ein Planargument stelle dieser Punkt nicht dar. An der grundsätzlichen Einschätzung einer Existenzgefährdung hielt der Sachverständige auch in einer nochmaligen Stellungnahme vom 20. Dezember 1994 fest.

Mit dem Planfeststellungsbeschluß vom 18. Mai 1995 wies die Beklagte die Einwendungen der Klägerin zurück. Zur Frage der Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe heißt es in dem Beschluß (PFB S. 201), der Flächenbedarf sei bereits durch die Trassierung der Strecke - ca. 44,5 % der Strecke verliefen auf Talbrücken oder in Tunneln - erheblich minimiert. Andererseits sei die Linienführung durch zahlreiche Zwangspunkte in Form von Bebauungsgebieten, Verkehrswegen, Verlauf des Mains, Wald- und Biotopflächen u.a. und nach den Vorgaben aus der landesplanerischen Beurteilung so optimiert, daß eine andere Trassenlage zwar einen anderen Kreis von Betroffenen erfasse, jedoch keine grundsätzliche Änderung des Flächenbedarfs ergeben würde. Die Grundinanspruchnahme in Form von Erwerb für technische Anlagen und Anlagen Dritter sei deswegen unabdingbar. Dasselbe gelte für die vorübergehende Grundinanspruchnahme, die nach Lage und Umfang als unmittelbare Folge der technischen Anlagen anzusehen sei, ebenso für die Grunddienstbarkeiten, soweit sie durch technische Anlagen, Deponien und Tunnel bedingt seien. Für Dienstbarkeiten im Zusammenhang mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien die naturschutzfachlichen Grundsätze und die gesetzlichen Grundlagen sowohl für die Auswahl der Standorte als auch für den Flächenumfang beachtet worden. Die zur Existenzgefährdung vorgebrachten Einwendungen seien alle durch einen vereidigten landwirtschaftlichen Sachverständigen gutachterlich überprüft. Danach sei bei einigen landwirtschaftlichen Betrieben eine Existenzgefährdung tatsächlich gegeben. Diese betroffenen Einwender würden zeitgleich mit dem Planfeststellungsbeschluß durch das Eisenbahn-Bundesamt benachrichtigt, daß ihre Einwendungen zur Existenzgefährdung dem Grunde nach anerkannt würden. Entschädigungen für die Flächenverluste würden außerhalb des Planfeststellungsverfahrens vor Baubeginn in dem betroffenen Bereich durch einen von der Beigeladenen bestellten Gutachter dem Grunde nach geregelt.

Zu der Frage der Grundinanspruchnahme führte der Planfeststellungsbeschluß (S. 199) zusätzlich aus, der Grunderwerb werde auf das erforderliche Minimum beschränkt, um die Verfügungsrechte vom Betroffenen nicht unnötig einzuschränken. Deswegen würden auf Grundstücken, deren Nutzung in der Folge der Projektmaßnahme dauernd verändert oder eingeschränkt werde, Dienstbarkeiten zugunsten der Beigeladenen eingetragen. Sollten diese Dienstbarkeiten die Grenze der Zumutbarkeit für den Eigentümer überschreiten und die Bereitschaft der Eigentümer bzw. deren Verlangen vorliegen, werde auch hier Grunderwerb durchgeführt werden (Art. 6 Bay. Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung). Das gleiche gelte für die Übernahme unwirtschaftlicher Restflächen. Über den Erwerb; die Dienstbarkeiten und die vorübergehende Nutzung von Grundstücken würden zwischen den Eigentümern und der Beigeladenen Vereinbarungen außerhalb des Planfeststellungsverfahrens auf privatrechtlicher Basis angestrebt. Diese regelten auch die Höhe der Entschädigung in Abhängigkeit vom Grundstückswert und der Nutzungseinschränkung. Hierüber werde ein Gutachten vereidigter Sachverständiger eingeholt. Zur Vermeidung von Härten strebe die Beigeladene an, auch Ersatzland zur Verfügung zu stellen. Durch den Projektträger sei Antrag auf Durchführung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens gestellt, um den durch die Baumaßnahme entstehenden Flächenverlust auf einen größeren Kreis von Grundeigentümern zu verteilen, Durchschneidungsschäden, Existenzgefährdungen und Nachteile für die allgemeine Landkultur zu vermeiden.

Der Klägerin wurde der Planfeststellungsbeschluß mit betriebsbezogenen Auszügen der gutachtlichen Stellungnahmen des landwirtschaftlichen Sachverständigen am 29. Juni 1995 zugestellt. Gegen diese Verwaltungsentscheidung richtet sich die am 31. Juli 1995 (einem Montag) beim Bundesverwaltungsgericht eingegangene Klage.

Die Klägerin macht grundsätzliche Bedenken gegen das Bauvorhaben geltend. Sie meint vor allem, die Planrechtfertigung für das Projekt liege nicht vor. Zu Unrecht gehe der Planfeststellungsbeschluß vom Gegenteil aus, indem er sich auf das Bundesschienenwegeausbaugesetz berufe. Die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan überschreite die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens, weshalb die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen sei. Im einzelnen trägt die Klägerin dazu unter Beweisantritt - sie hat in der mündlichen Verhandlung 25 Beweisanträge gestellt, die abgelehnt worden sind - vor.

Die dem Bundesverkehrswegeplan 1992 zugrundeliegenden Prognosen seien methodisch fehlerhaft erstellt und von Wunschdenken geprägt. Unzulässigerweise berücksichtige die Güterverkehrsprognose allein westdeutsches Datenmaterial, obwohl das Abwarten aussagekräftiger gesamtdeutscher Daten lediglich eine geringe Zeitverschiebung zur Folge gehabt hätte. Das Gutachten des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung vom Juli 1995 beruhe demgegenüber auf sorgfältigen und methodisch fehlerfreien Annahmen. Das zwischenzeitliche Absinken des Güterverkehrsaufkommens der Beigeladenen könne nicht darauf zurückgeführt werden; daß die Beigeladene noch nicht in der Lage sei, gegenüber dem Güterfernverkehr auf der Straße konkurrenzfähigen Wettbewerb zu bieten. Vielmehr seien dafür neben dem subjektiven Unvermögen der Beigeladenen objektive Gegebenheiten ursächlich, was in den dem Bundesverkehrswegeplan zugrundeliegenden Prognosen außer acht geblieben sei. Bei Berücksichtigung der Knappheit finanzieller Ausstattungsmittel und der strukturellen Schwerfälligkeit der Beigeladenen sei bereits 1992 absehbar gewesen, daß die Beigeladene gegenüber dem Güterfernverkehr auf der Straße nicht konkurrenzfähig sei. Dies lasse sich nicht allein und auch nicht in erster Linie durch den Bau von neuen Schienenstrecken beheben. Unabhängig davon fehle es im Betrieb der Beigeladenen noch über weit mehr als ein Jahrzehnt hinaus an den notwendigen technischen, technologischen und persönlichen Voraussetzungen. Im übrigen könne mit einer für Mischverkehr geplanten Neubaustrecke der technologische Rückstand des Güterverkehrs auf der Schiene nicht ausgeglichen werden. Dies gelte auch in bezug auf den Rückgang traditionell auf der Bahn beförderter Güter. Schließlich sei im Bundesverkehrswegeplan unberücksichtigt geblieben, daß neben dem Ausbau des Schienenweges zugleich das Autobahnnetz nachhaltig erweitert werden solle. Eine Umverlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene müsse auch aus diesem Grunde ausbleiben. Aus der Sicht der 1995 zur Verfügung stehenden Quellen sei deshalb davon auszugehen, daß das mit dem Ausbau der Schienenwege angesteuerte Planungsziel einer Umverlagerung von Verkehr unter keinen Umständen und auch nicht annähernd bis zum Jahre 2010 erreicht werden könne. Die Marktposition der Bahn stärkende verkehrs- und ordnungspolitische Maßnahmen seien in einem überschaubaren Zeitraum von etwa 15 Jahren allein aufgrund der auch künftig anhaltenden desolaten Haushaltslage der Beklagten weder zu erwarten noch möglich. Selbst die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren für Lastkraftwagen werde der gewerblichen Wirtschaft keinen ausreichenden Anlaß geben, Güter verstärkt auf der Schiene transportieren zu lassen.

Die Klägerin wendet sich im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung weiter dagegen, daß die Trasse der Neubaustrecke zwischen Nürnberg und Leipzig über Erfurt und nicht über das westliche Sachsen geführt werden solle. Sie weist darauf hin, daß dadurch gezielt der bedeutendste Bevölkerungs- und Wirtschaftsraum der neuen Länder umfahren werde, wodurch das Planungsziel einer Umverlagerung von Schwerlastverkehr zusätzlich unerreichbar werde. Dies werde auch durch die bei einer Trassenführung über Erfurt erzielbaren Bündelungseffekte nicht aufgewogen.

Die Klägerin behauptet, die geplante Neubaustrecke sei wegen der Steigungsverhältnisse und des vorhandenen Zugmaterials für die zu befördernden Lasten nicht güterzugtauglich. Die Beigeladene werde die Güterzuglokomotiven der Baureihe 151 in absehbarer Zeit ausmustern und nicht in der Lage sein, sie gleichwertig zu ersetzen.

Angesichts der genannten Umstände werde eine Verwirklichung der geplanten Schienentrassen keinen volkswirtschaftlichen Vorteil mit sich bringen und in besonders starkem Maße den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit widersprechen. Soweit die Beklagte und die Beigeladene auf europäische Festlegungen Bezug nähmen, sei festzustellen, daß einer Streckenführung über Sachsen im Hinblick auf den Aufbau eines transeuropäischen Schienennetzes höhere, mindestens aber gleiche Bedeutung zukomme wie der vorgesehenen Trassenführung über Erfurt. Die Vertreter der Beklagten hätten es auf europäischer Ebene unterlassen, darauf hinzuweisen; daß eins Linienführung über Jena/Gera ein sehr viel größeres Personen- und Güterverkehrsaufkommen garantiere. Es müsse davon ausgegangen werden, daß die Organe der europäischen Gemeinschaft sich solchen Informationen nicht verschlossen hätten. Soweit der Europäische Rat im Dezember 1994 für eine Nord-Süd-Eisenbahnverbindung ausdrücklich eine Linienführung über Erfurt beschlossen habe, bedeute dies nicht, daß ein solches Vorhaben nach europäischem Recht, womöglich in Kenntnis einer besseren Trassenführung, verwirklicht werden müsse.

Die Klägerin beruft sich daneben auf Planungsfehler in bezug auf die naturschutzfachliche Einstufung der Wertigkeit von Grundstücken des Bundes Naturschutz in Bayern in der Gemarkung Weißenbrunn am Forst. Diese Grundstücke seien in die höchste Wertigkeitsstufe aufzunehmen, was eine andere Trassenführung bis hin in den örtlichen Bereich von Zilgendorf hätte zur Folge haben müssen. Schließlich behauptet die Klägerin, an ihrem Wohnanwesen in Zilgendorf würden bei Planverwirklichung die maßgeblichen Lärmgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung überschritten. Das Dammbauwerk zur Querung des Maintales bei Staffelstein solle nach der festgestellten Planung mit Ausbruchmaterial aus dem Tunnel Eierberge errichtet werden. Das Material sei aber aufgrund seiner physikalischen und chemischen Beschaffenheit dafür nicht geeignet, so daß der Damm sowie Sicherheit, Leben und Gesundheit von Anwohnern mittelfristig gefährdet seien.

Darüber hinaus betont die Klägerin vor allem die Bedrohung der Existenz ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Das Flurstück Nr. 370 sei das Herzstück ihrer Landwirtschaft. Erhebliche Teile davon würden ihr entzogen. Für die verbleibenden Teile müsse sie Einschränkungen der Nutzung befürchten. Diese bestünden in der Gefahr des Trockenfallens, einer verschlechterten Erreichbarkeit des östlichen Grundstücksteiles und in Bewirtschaftungsnachteilen infolge der nur geringen maschinellen Ausstattung des Betriebes. Daneben werde sie vor allem auch durch die Grunddienstbarkeit auf dem Flurstück 326 betroffen. Der Planfeststellungsbeschluß erkenne diese Nachteile zwar als Existenzbedrohung für ihren landwirtschaftlichen Betrieb an, enthalte aber keine Regeln, nicht einmal im Sinne einer grundsätzlichen Weichenstellung, für den Ausgleich. Dies sei rechtswidrig und für sie nicht hinnehmbar.

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluß der Beklagten vom 18. Mai 1995 aufzuheben,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluß um folgende Nebenbestimmungen zu ergänzen:

a) Eine Inanspruchnahme der klägerischen Flächen für die Planverwirklichung ist erst zulässig, wenn der Klägerin ein verbindliches Angebot über den Erwerb landwirtschaftlicher Ersatzflächen unterbreitet wurde, welche nach Qualität, Beschaffenheit, Form, Größe, Lage und Zufahrtsverhältnissen den planbetroffenen Flächen der Klägerin gleichwertig sind;

b) hinsichtlich der Qualität der Holzbestockung im Fichtenholz ist eine forstwirtschaftliche Beweissicherung vor Beginn von Tunnelarbeiten in diesem Bereich durchzuführen. Das Ergebnis ist der Klägerin mitzuteilen;

c) sollte sich im Bereich des Fichtenholzes nach Durchführung von Tunnelarbeiten (langfristig) eine Verschlechterung der Qualität des Waldbestandes und/oder eine Verminderung der erntefähigen Holzmenge ergeben, hat die Beigeladene insoweit Entschädigung für die Wertminderung des Holznutzungsrechts der Klägerin zu leisten;

d) die Beigeladene wird verpflichtet, in erster Linie durch aktive Schallschutzmaßnahmen die Einhaltung der Lärmgrenzwerte am Wohnhaus des klägerischen Anwesens Zilgendorf Nr. 6 zu gewährleisten;

e) hinsichtlich der westlichen Restfläche auf Fl.Nr. 370 wird vor Baubeginn eine pflanzensoziologische Beweissicherung durchgeführt, um beim Auftreten etwaiger Trockenschäden den Unterschied in der Ertragsfähigkeit dieser Fläche mittels einer weiteren Beweissicherung feststellen und gegebenenfalls entschädigen zu können;

f) auf Antrag der Klägerin hat die Beigeladene die östliche und westliche Restfläche auf Fl.Nr. 370 in ihr Eigentum gegen Beschaffung gleichwertigen Ersatzlandes zu übernehmen;

g) auf Antrag der Klägerin hat die Beigeladene auch solche Flächen gegen Entschädigung in gleichwertigem Ersatzland zu übernehmen, die aufgrund der Regelungen der Planfeststellung mit Dienstbarkeiten belastet werden sollen;

h) hinsichtlich der zu untertunnelnden Flächen aus Fl.Nr. 326 und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ist durch pflanzensoziologische Beweissicherung vor Baubeginn und nach etwaiger Baufertigstellung eine Minderung der landwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit dieser Flächen festzustellen und gegebenenfalls zu entschädigen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt hilfsweise Vertagung.

Die Beklagte und die Beigeladene verteidigen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluß. Die Notwendigkeit der Neubaumaßnahme sei gesetzlich vorgegeben. Damit stünden Zielkonformität und Bedarf auch für eine gerichtliche Überprüfung fest. Die Planrechtfertigung sei damit gegeben.

Die Güterzuglokomotiven der Baureihe 151 würden im Betrieb der Beigeladenen bei Außerdienststellung durch gleichwertige neue Güterzuglokomotiven ersetzt. Bei einer Realisierung des Vorhabens seien die Lärmschutzgrenzen am Anwesen der Klägerin in Zilgendorf gewahrt. Nach den im Planungsverfahren vorgenommenen Untersuchungen seien die Ausbruchmassen aus dem Tunnel Eierberge nach einer dem Stand der Technik entsprechenden Behandlung und Anreicherung in verdichteter Form zum Bau des Dammes im Maintal geeignet.

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11. Juni 1996 hat der Berichterstatter am 30. Juli 1996 in Zilgendorf einen Augenscheins- und Erörterungstermin durchgeführt. Dazu wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsstreitakte und die von der Beklagten eingereichten Planungs- und Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die genannten Akten haben dem Senat vorgelegen und sind - soweit wesentlich - zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

II.

Die Klage ist mit Hauptantrag und Hilfsanträgen zulässig, aber unbegründet.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 5 Abs. 1 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes vom 16. Dezember 1991 (BGBl I S. 2174) - VerkPBG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1840), für den Rechtsstreit in erster und letzter Instanz zuständig (vgl. Urteil vom 12. Februar 1997 - BVerwG 11 A 66.95 - UPR 1997, S. 320).

A. Der Planfeststellungsbeschluß der Beklagten vom 18. Mai 1995 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann deshalb seine Aufhebung nicht beanspruchen.

1. Daß die Klägerin ihr Einwendungsschreiben vom 18. Februar 1994 an die Stadt Staffelstein nicht unterzeichnet hat, bleibt für den Ausgang des Verfahrens ohne Bedeutung, weil der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin parallel dazu fristgerecht auch für die Klägerin Einwendungen erhoben hat. Darin sind die den Gegenstand der Klage bildenden Gesichtspunkte - bis auf die Erwägungen zum Ausbruchmaterial aus dem Tunnel Eierberge - dargestellt.

2. Der Planfeststellungsbeschluß verstößt nicht gegen Verfahrensvorschriften. Dies hat der Senat bereits in dem den Beteiligten bekannten Urteil vom 27. August 1997 (BVerwG 11 A 61.95) entschieden. Dabei lag dem Urteil in jener Sache zum Ablauf des Planfeststellungsverfahrens ein Vortrag des Klägers zugrunde, der dem Vorbringen der Klägerin in dieser Sache entspricht.

Soweit die Klägerin rügt, der Planfeststellungsbeschluß und die Benachrichtigung über die Anerkennung einer Existenzbedrohung seien ihr und nicht ihrem Prozeßbevollmächtigten zugestellt worden, ergibt sich daraus kein Fehler, der zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. § 74 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der vor Inkrafttreten des Art. 1 des Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 12. September 1996 - BGBl I S. 1354 - geltenden Fassung (VwVfG) läßt die allgemeine Befugnis der Planfeststellungsbehörde nach Abs. 4 unberührt, nach Ermessen auch im Fall einer öffentlichen Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses einzelnen Betroffenen, insbesondere den Hauptbetroffenen, eine Ausfertigung des Planfeststellungsbeschlusses individuell zuzustellen. In diesem Fall läuft die Rechtsmittelfrist ab der Individualzustellung (vgl. Kopp, VwVfG Kommentar, 6. Aufl. 1996, § 74 Rn. 59). Ob danach die Individualzustellung an die Klägerin formwirksam erfolgt ist, kann dahinstehen. Insbesondere muß nicht geklärt werden, ob die Behauptung der Beklagten zutrifft, Planfeststellungsbeschluß und Benachrichtigung seien der Klägerin persönlich und zusätzlich einem Bevollmächtigten zugestellt worden, der die Klägerin - wie auch ihr jetziger Prozeßbevollmächtigter - im Verwaltungsverfahren vertreten habe. Selbst wenn nämlich § 8 Abs. 1 VwZG die Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erfordert hätte, so wäre der Fehler nach § 9 Abs. 1 VwZG geheilt. Die Klagefrist ist ohnehin gewahrt.

3. Der Senat hält an der in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Bundesschienenweg Nürnberg - Erfurt (Urteil vom 27. November 1996 - BVerwG 11 A 99.95 - <Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 8 - Planfeststellungsabschnitt Arnstadt>; Urteil vom 12. Februar 1997 - BVerwG 11 A 62.95 - <DVBl 1997, S. 725 Planfeststellungsabschnitt Staffelstein>; Urteil vom 12. Februar 1997 - BVerwG 11 A 66.95 - <UPR 1997, S. 320 - Planfeststellungsabschnitt Staffelstein>; Urteil vom 18. Juni 1997 - BVerwG 11 A 70.95 - <UPR 1997, S. 471 - Planfeststellungsabschnitt Staffelstein>; Urteil vom 18. Juni 1997 - BVerwG 11 A 65.95 - <UPR 1997, S. 470 - Planfeststellungsabschnitte Staffelstein, Coburg und Südliche Anbindung Coburg>; Urteil vom 27. August 1997 - BVerwG 11 A 61.95 -<Planfeststellungsabschnitt Staffelstein> und Beschluß vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 21.95 - <UPR 1997, S. 153 Planfeststellungsabschnitt Staffelstein>) im einzelnen begründeten Auffassung fest, daß das planfestgestellte Vorhaben dem Gebot der Planrechtfertigung entspricht. Der daran von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Grundsätze der Überprüfung geäußerten Kritik kann nicht gefolgt werden. Die Rechtsprechung des Senats, die Bedarfsfestlegungen des Bundesschienenwegeausbaugesetzes seien auch wegen der in § 4 des Gesetzes vorgesehenen Anpassungsmöglichkeiten im Grundsatz verbindlich und nur bei einer offensichtlich werdenden Verfehlung der angestrebten Ziele durch die Rechtsprechung korrigierbar, trägt dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum einerseits und der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG andererseits Rechnung.

a) Auch in Würdigung des Klagevortrages der Klägerin und der von ihr gestellten Beweisanträge bleibt der Senat bei seiner Auffassung, daß der Bundesverkehrswegeplan 1992 sowie das auf seiner Grundlage erlassene Bundesschienenwegeausbaugesetz nicht den Schluß erlauben, die in ihnen enthaltenen Bedarfsfeststellungen beruhten von Anfang an auf unhaltbaren Prognosen und überschritten deshalb den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Dem Bundesverkehrswegeplan 1992 liegen für den Ausbau der Schienenwege Prognosen zugrunde, die im Jahre 1991 auf der Basis von Zahlenmaterial des Jahres 1988 für das Jahr 2010 angestellt worden sind (Kessel & Partner, Güterverkehrsprognose 2010 für Deutschland, Gutachten im Auftrag des BMV, Freiburg 1991; Arbeitsgemeinschaft Intraplan/IVT, Personenverkehrsprognose 2010 für Deutschland, Gutachten im Auftrag des BMV, München/Heilbronn 1991). Diese Gutachten sahen im Zusammenhang mit der Einheit Deutschlands, der Vollendung des EG-Binnenmarktes sowie der Öffnung der Grenzen nach Osteuropa ein stürmisches Wachstum der Verkehrsleistungen (2010/1988: Personenverkehr + 32 %, Güterfernverkehr + 77 %) voraus. Daß diese Annahmen nicht nur als Prognosen risikobehaftet, sondern von vornherein erkennbar fehlerhaft gewesen wären, läßt sich entgegen der Ansicht der Klägerin (vgl. dazu den Beweisantrag Nr. 4) nicht feststellen. Dabei sieht der Senat sich in der Lage, die aufgeworfenen Fragen aus eigener Sachkunde ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zu beantworten. Maßgeblich ist, daß dem Bundesverkehrswegeplan im Jahre 1992 mangels Verfügbarkeit keine Daten aus der Zeit nach der Wiedervereinigung zugrunde gelegt werden konnten. Gleichwohl bestand entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. die Beweisanträge Nr. 5 und 6) keine rechtliche Verpflichtung, mit der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans und dem Erlaß des Bundesschienenwegeausbaugesetzes abzuwarten, bis aussagekräftiges gesamtdeutsches Datenmaterial zur Verfügung stand. Dies hätte nämlich nicht lediglich eine kurze und unbedeutende, sondern eine angesichts der nach der Wiedervereinigung drängenden Verkehrsprobleme in Deutschland durchaus beachtliche Verschiebung zur Folge gehabt. Eine sachgerechte Orientierung bildet dabei die Studie des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung vom Juli 1995 (Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen preispolitischer Maßnahmen zur C02-Reduktion im Verkehr) als - soweit ersichtlich - erste Datensammlung und -auswertung der gesamtdeutschen Verkehrssituation. Der zeitliche Abstand zu den bereits zitierten, dem Bundesverkehrswegeplan zugrundeliegenden Untersuchungen aus dem Jahre 1991 markiert das Ausmaß einer potentiellen Verzögerung. Daß der Gesetzgeber eine solche nicht hinnehmen, sondern die Verkehrswegeplanung statt dessen auf Datenmaterial aus der Zeit vor der Wiedervereinigung aufgebaut hat, mag das Risiko für die Fehlerhaftigkeit der Prognose erhöht haben, ist indessen andererseits als Ausübung eines planerischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers rechtlich bedenkenfrei.

b) Bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Bundesschienenweg Nürnberg - Erfurt hat der Senat die Erkenntnis bewertet, daß das Güterverkehrsaufkommen der Beigeladenen seit der Erstellung der Prognosen aus dem Jahre 1991 nicht nur nicht gestiegen, sondern zwischenzeitlich sogar gesunken ist. Dies weist auch die bereits genannte Studie des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung vom Juli 1995 aus. Bereits deshalb kommt es auf die von der Klägerin mit dem Beweisantrag Nr. 8 aufgestellte Behauptung nicht an, die genannte Studie beruhe auf sorgfältigen und methodisch fehlerfreien Annahmen.

Ein maßgeblicher Faktor zur Erklärung dieser Entwicklung des Güterverkehrsaufkommens muß darin gesehen werden, daß die Beigeladene nicht oder jedenfalls nicht immer ausreichend in der Lage ist, gegenüber dem Güterfernverkehr auf der Straße konkurrenzfähige Leistungsangebote zu unterbreiten. Auch dies vermag der Senat aus eigener Sachkunde einzuschätzen, so daß die von der Klägerin beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens (vgl. Beweisantrag Nr. 7) nicht in Betracht kommt. Dabei ist davon auszugehen, daß das Fehlen wettbewerbsfähiger Leistungsangebote weniger auf einem Unvermögen der Beigeladenen als vielmehr - wie im Beweisantrag Nr. 7 der Klägerin angegeben - auf objektiven Gegebenheiten beruht. Solche liegen in einem erheblichen technologischen Rückstand des Güterverkehrs auf der Schiene und zugleich jedenfalls indirekt in dem Umstand, daß der Anteil der traditionell bahnaffinen Güter (z.B. Kohle und Erz) im Verhältnis zum Anteil der wertschöpfungsintensiven Güter in bezug auf das gesamte Güterverkehrsaufkommen ständig zurückgeht (vgl. BTDrucks 13/8427, S. 4).

Diese Auffassung, die der Senat bereits in seinem Urteil vom 27. August 1997 (BVerwG 11 A 61.95) niedergelegt hat, greift die Klägerin mit ihren auf die Einholung von Sachverständigengutachten gerichteten Beweisanträgen Nrn. 9 bis 13 an. Die mit ihnen aufgeworfenen Fragen vermag der Senat jedoch aus eigener Sachkunde zu beantworten. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Fragen zum einen durchweg prognostischen Charakter haben und derart eng mit Fragen des politischen Wollens und Wertens der zuständigen Entscheidungsträger verknüpft sind, daß die Einholung von Sachverständigengutachten - wie sie die Klägerin fordert - von vornherein keine taugliche Hilfestellung für den Senat darstellen würde. Da zum anderen nur völlig unhaltbare Prognosen geeignet wären, die gesetzliche Bedarfsfeststellung als willkürlich und damit verfassungswidrig erscheinen zu lassen, müßten Fehler dieser Art auch ohne Unterstützung durch Sachverständige erkennbar werden, wenn der Senat die vorgelegten Planungsunterlagen sowie die sonst vorhandenen Stellungnahmen auswertet. Dies ist umfassend und - wie erwähnt - zum wiederholten Male geschehen, ohne daß sich der Senat von einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der Bedarfsprognose hätte überzeugen können.

Vorauszuschicken ist, daß das Planungsziel einer Umverlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene - wie alle Unterlagen ausweisen - nicht dahin aufgefaßt werden darf, eine Umkehrung der derzeitigen Verhältnisse (Anteil des Straßengüterverkehrs von 90 % +/- 5 %) als denkbar anzusehen. Vielmehr geht es lediglich um graduelle Umschichtungen innerhalb des Gesamtaufkommens. In diesem Zusammenhang erscheinen die in Angriff genommenen Maßnahmen - Aus- und Neubau des Schienenwegesystems, Bau von Güterverkehrszentren, Strukturreform des Unternehmens Bahn - zur Erreichung des genannten Ziels durchaus geeignet. Daß demgegenüber ein Projekt wie der Aus- und Neubau des Schienenweges Nürnberg - Erfurt sinnlos wäre, weil die Beigeladene als Verkehrsunternehmen noch auf Jahre oder Jahrzehnte finanziell schlecht ausgestattet, von struktureller Schwerfälligkeit (Beweisantrag Nr. 9) und mangelhafter Motivation der Mitarbeiter (Beweisantrag Nr. 10) gezeichnet wäre, kann nicht festgestellt werden.

Ebensowenig erlaubt eine Analyse der bestehenden Probleme den Schluß, der Bau einer Neubaustrecke für den Mischbetrieb von Personen- und Güterverkehr könne keinen Beitrag zur teilweisen Umverlagerung der Verkehrsströme liefern (Beweisanträge Nrn. 11 und 12). Ob Mischverkehr als sinnvoll anzusehen ist, hängt von der Prognose über die Auslastung der Strecke durch Personenverkehr ab. Eine generelle Regel über den Sinn einer Mischverkehrsstrecke läßt sich deshalb nicht aufstellen. Für den Schienenweg Nürnberg - Erfurt weisen die Planunterlagen in bezug auf den Neubaustreckenabschnitt Ebensfeld - Erfurt ein Ausmaß an zu erwartendem Personenverkehr aus, das zusätzlichen Güterverkehr auf der zweigleisigen Trasse - beim gleichzeitigen Vorhandensein von Überholbahnhöfen - als möglich und sinnvoll erscheinen läßt. Dies gilt unabhängig davon, wie sich beim Güterverkehrsaufkommen der Bahn die Anteile der bahnaffinen und der wertschöpfungsintensiven Güter zueinander verhalten.

Insgesamt muß deshalb der Ausbau bestehender Strecken und der Neubau - wie jener im Abschnitt Ebensfeld - Erfurt - als nicht hinwegzudenkender Beitrag bei der Realisierung eines Umschichtungszieles angesehen werden. Daß er andererseits kein Allheilmittel darstellt, ist unbestritten.

c) Damit gilt weiterhin, daß die Veränderung des Datenmaterials für die den Bundesverkehrswegeplan und das Bundesschienenwegeausbaugesetz tragenden Prognosen zwar erheblich, aber nicht so gravierend ist, daß die Feststellung möglich wäre, das vom Gesetzgeber angestrebte Planungsziel könne bis zum Jahr 2010 unter keinen Umständen auch nur annähernd noch erreicht werden. Ist die Unfähigkeit zu attraktiven Leistungsangeboten infolge technologischen Rückstandes bei Fahrwegen, Umschlagbahnhöfen und fahrbarem Material jedenfalls eine erhebliche Komponente für den bisherigen Fehlschlag einer Verlagerung von Verkehr auf die Schiene, so ist der Aus- und Neubau von Bundesschienenwegen ein geeignetes Mittel der Abhilfe. Insoweit bedarf es der zusätzlichen Einholung sachverständiger Stellungnahmen nicht (vgl. den Beweisantrag Nr. 14). Daß der Bundesgesetzgeber neben dem Ausbau der Schienenwege durch das Fernstraßenausbaugesetz gleichzeitig die Ergänzung und den Ausbau des Fernstraßennetzes betreibt, steht dem - anders als die Klägerin meint (vgl. den Beweisantrag Nr. 13) - nicht entgegen. Daß auch hier nach der Wiedervereinigung Anpassungen und Ergänzungen vernünftigerweise geboten sind; konnte der Gesetzgeber seiner gestalterischen Einschätzung der vorhandenen Verkehrssituation zugrunde legen. Im übrigen dient gerade das in räumlicher Nähe zur Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt geplante Fernstraßenvorhaben einer Bundesautobahn A 71/A 73 (Erfurt - Schweinfurt/Lichtenfels - Verkehrsprojekt Deutsche Einheit - Straße Nr. 16) nicht in erster Linie der Aufnahme überregionalen Fernverkehrs. Es hat vielmehr die Funktion einer Regionalautobahn mit einer beabsichtigten Entlastungswirkung für das nachgeordnete Straßennetz und für die Gemeinden (vgl. dazu bereits Urteil des Senats vom 27. November 1996 - BVerwG 11 A 99.95 - a.a.O.).

d) Auch die Linienführung der Nord-Süd-Eisenbahnverbindung München - Nürnberg - Leipzig - Berlin über Erfurt und nicht durch das westliche Sachsen ergibt keine hinreichenden Zweifel an der Planrechtfertigung. Bereits im Beschluß vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 21.95 - (a.a.O.) hat der Senat ausgeführt, daß der Gesetzgeber ausgehend von der Erkenntnis, die zu erwartenden Verkehrsmengen im Nord-Süd-Verkehr würden mit der bestehenden zweigleisigen Bahnverbindung Nürnberg - Lichtenfels - Jena - Leipzig nicht bewältigt werden können, vor die Entscheidung gestellt war, entweder die Bestandsstrecke viergleisig ausbauen oder ganz bzw. teilweise eine zweigleisige Neubaustrecke errichten zu lassen und diese über Erfurt oder über das bayerische Vogtland und Gera nach Leipzig zu führen. An der Einschätzung, daß die dazu ergangene Entscheidung des Gesetzgebers, eine Verbindung über Erfurt vorzusehen, jedenfalls nicht als willkürlich angesehen werden kann, ist auch nach nochmaliger Überprüfung festzuhalten. Die planfestgestellte Linienführung ermöglicht im Zusammenhang mit der Neubaustrecke Erfurt - Leipzig/Halle die Bündelung mit den Verkehrsströmen, die aus Südwestdeutschland und Hessen nach Erfurt und von dort weiter nach Osten oder Nordosten geleitet werden. Daran durfte der Gesetzgeber für seine Entscheidung anknüpfen, wenngleich es Gesichtspunkte gegeben haben mag und noch gibt, die zur Begründung einer anderen Entscheidung hätten herangezogen werden können. Sie sind indessen entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. die Beweisanträge Nrn. 15 und 16) nicht von einem solchen Gewicht, daß sie das Argument einer Bündelung der Verkehrsströme ab und bis Erfurt nachhaltig entkräften könnten. Hinzuzufügen ist, daß die Trassenführung über Erfurt entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht die Umfahrung oder die Ausklammerung des westlichen Sachsens aus einem neuzeitlichen Anforderungen entsprechenden Schienenwegesystem bedeutet. Die Schienenwegeausbauplanung des Bundes sieht vielmehr in dem Bedarfsplan für die Bundesschienenwege als zum vordringlichen Bedarf gehörig auch die Ausbaustrecke Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg -Leipzig/Dresden (1.b Nr. 11 der Anlage zu § 1 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes) vor. Unter anderem dadurch wird der Anschluß der westsächsischen und ostthüringischen Räume an ein Hochleistungsschienenwegenetz erreicht. Die Linienführung der hier zu beurteilenden Neubaustrecke über Erfurt ist mithin kein Umstand, der die Realisierung eines Planungszieles der Umverlagerung von Verkehr gefährden könnte.

e) Bereits im Beschluß vom 30. Dezember 1996 (a.a.O.) hat der Senat ausgeführt, daß die Frage, ob neben den geschilderten Maßnahmen zur Erreichung des genannten Planungszieles weitere, die Marktposition der Bahn stärkende verkehrs- und ordnungspolitische Maßnahmen erforderlich sein könnten (vgl. dazu BTDrucks 13/5933, S. 3 f.), von den politischen Entscheidungsorganen zu beurteilen und zu entscheiden ist. Dagegen wendet sich die Klägerin und macht unter Beweisantritt (Beweisanträge Nrn. 17 und 18) geltend, die Marktposition der Bahn stärkende verkehrs- und ordnungspolitische Maßnahmen seien auf absehbare Zeit wegen der Haushaltssituation nicht möglich und selbst einnahmewirksame Entscheidungen wie etwa die Einführung von Straßenbenutzungsgebühren seien trotz der dann eintretenden Verteuerung des Güterverkehrs auf der Straße nicht geeignet, die Wettbewerbsposition der Beigeladenen zu stärken. Diesem Vorbringen mußte der Senat nicht durch die Einholung von Sachverständigengutachten weiter nachgehen, weil es die Grundaussage, daß etwaige flankierende Maßnahmen im politischen Raum zu erwägen und zu entscheiden sind, nicht in Frage stellt. Jedenfalls kann aus der heutigen Sicht nicht gesagt werden, daß - wie immer die Verkehrsentwicklung in den kommenden Jahren auch aussehen wird - die Marktposition der Beigeladenen stützende Entscheidungen unmöglich oder sämtlich ungeeignet sind.

f) Soweit die Klägerin gegen die Planrechtfertigung die von ihr behauptete mangelnde Güterzugtauglichkeit der planfestgestellten Trasse anführt (vgl. die Beweisanträge Nrn. 19 und 20), sind die sich daraus ergebenden Fragen durch die bereits vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen zur Überzeugung des Senats geklärt. Danach erweist sich die Güterzugtauglichkeit als ein Problem der technischen Ausstattung von Güterzügen. Nach den von der Klägerin beigebrachten gutachtlichen Stellungnahmen der Firma Vieregg und Rössler GmbH Innovative Verkehrs- und Umweltberatung sowie der vorliegenden Auskunft des Geschäftsbereichs Netz, Regionalbereich Nürnberg, der Beigeladenen ist die planfestgestellte Trasse durch den Thüringer Wald ohne potentielle Schwierigkeiten im Betriebsablauf für Güterzüge befahrbar, die von schweren Güterzuglokomotiven entsprechend den jetzt eingesetzten Lokomotiven der Baureihe 151 gezogen werden. Nach den ergänzenden Darlegungen der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung ist entgegen der Auffassung der Klägerin davon auszugehen, daß Lokomotiven mit entsprechender Leistung auch nach einer späteren Außerdienststellung der Baureihe 151 zur Verfügung stehen werden. Das Vorhandensein auch schwerer Güterlokomotiven mit entsprechender Traktionsfähigkeit muß entsprechend dem Vorbringen der Beigeladenen als für ihre Betriebsabläufe unverzichtbar angesehen werden. Veranlassung, dem mittels Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen, besteht deshalb nicht.

g) Schließlich hat die mündliche Verhandlung vor dem Senat auch zu dem Vortrag der Klägerin, die Planrechtfertigung für das Vorhaben fehle wegen der Unwirtschaftlichkeit der Strecke (Beweisantrag Nr. 21), nichts ergeben, was Anlaß zu der Durchführung einer Beweisaufnahme und zum Abweichen von der in der bisherigen Rechtsprechung des Senats begründeten Auffassung hätte geben können. Der Aufnahme eines Ausbau- oder Neubauvorhabens in den Bedarfsplan des Schienenwegeausbaugesetzes liegt ebenso wie der Einstufung des Vorhabens als vordringlicher Bedarf eine bedarfsbezogene Kosten-Nutzen-Analyse des Gesetzgebers zugrunde (vgl. zum Fernstraßenausbaugesetz BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 - BVerwG 4 C 3.95 - <DokBer A 1997, 328>). Dies gebietet der in § 7 Abs. 1 BHO niedergelegte Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Wie sich nämlich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 BHO ergibt, sind für "geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung ... Kosten-Nutzen-Untersuchungen anzustellen"; dazu gehören - wie sich aus der Vorläufigen Verwaltungsvorschrift Nr. 2.4 zu § 7 BHO ergibt - Verkehrswegeinvestitionen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß es Sache und Verantwortung der politischen Entscheidungsträger ist, im Rahmen der Entwicklung eines Gesamtverkehrskonzepts und eines darin enthaltenen Schienenwegesystems einzelne Streckenabschnitte auch dann vorzusehen; wenn sie die Erwirtschaftung der erforderlichen Abschreibungen (vgl. § 10 Bundesschienenwegeausbaugesetz) nicht vollständig erwarten lassen. Angesichts dessen war der Behauptung der Klägerin, das Projekt einer Neubaustrecke nach Erfurt bringe keinen volkswirtschaftlichen Nutzen und widerspreche den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, nicht durch Einholung von Sachverständigengutachten nachzugehen. Auch bei nachträglichen Veränderungen der Prognosedaten ist es nicht Aufgabe des Gerichts, den prognostizierten Verkehrsbedarf selbst einer erneuten Beurteilung in Form einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 - BVerwG 4 C 3.95 - a.a.O.). Soweit die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 10. Oktober 1997 beantragt hat, der Beklagten und der Beigeladenen die Vorlage einer Stellungnahme der Beigeladenen gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr zur Frage der Wirtschaftlichkeit des streitgegenständlichen Projektes vorzulegen, hat die Beigeladene ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine solche schriftliche Stellungnahme nicht existiere.

h) Schließlich gibt auch das Vorbringen der Klägerin zur bisherigen Festlegung einer Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung Nürnberg - Erfurt - Halle/Leipzig - Berlin auf europäischer Ebene keine Veranlassung, in eine weitere Sachverhaltsermittlung einzutreten. Auf die Behauptung der Klägerin, daß besondere Bedeutung für den Aufbau eines europäischen Verkehrsnetzes nicht nur der Strecke über Erfurt, sondern "in noch stärkerer, mindestens aber in gleicher Weise" einer Streckenführung über Nürnberg - Hof - Jena/Gera - Leipzig - Berlin beizumessen wäre (Beweisantrag Nr. 1 der Klägerin), kommt es nicht an; denn Anhang III zur Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 (ABl EG Nr. L 228/1) bestimmt unter Nr. 1 der Liste der vom Europäischen Rat am 9. und 10. Dezember 1994 in Essen ausgewählten 14 Vorhaben ausdrücklich: "Hochgeschwindigkeitszug kombinierter Verkehr Nord-Süd Nürnberg - Erfurt - Halle/Leipzig - Berlin. Brenner-Achse: Verona - München". Der Bau der Trasse über Erfurt entspricht mithin den Entscheidungen zum Ausbau eines transeuropäischen Eisenbahnverkehrsnetzes. Daß die Entscheidungen der Organe der Europäischen Gemeinschaft auf Vorschlägen der Beklagten beruhen, daß die Vertreter der Beklagten in den Europäischen Gremien nicht darauf hingewiesen haben, daß eine Linienführung über Jena/Gera ein sehr viel größeres Personen- und Güterverkehrsaufkommen garantieren würde, und daß die Organe der Europäischen Gemeinschaft einer Linienführung über Sachsen gleichfalls zugestimmt haben würden, wenn die Beklagte sie vorgeschlagen hätte (vgl. dazu die Behauptungen der Klägerin in ihrem Beweisantrag Nr. 2), kann als zutreffend unterstellt werden. Geschieht das, so ändert sich nichts daran, daß die bisherige Beschlußlage auf Vorschlag der Beklagten und in Übereinstimmung mit den Planungszielen der Beigeladenen eine Trassenführung über Erfurt vorsieht.

Soweit die Klägerin schließlich mit ihrem Beweisantrag Nr. 3 die Auffassung vertritt, die Aufnahme des genannten Schienenverkehrsprojektes in die Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Juli 1996 bedeute nicht, daß das Vorhaben - womöglich trotz entgegenstehender besserer Erkenntnisse - nach europäischem Recht verwirklicht werden müsse, wird damit eine Rechtsfrage angesprochen, für deren Beantwortung die Einholung des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens ausscheidet. Im übrigen bedarf die Frage, welche rechtlichen Wirkungen die Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates als Rechtsakt von Gemeinschaftsorganen nach Art. 189 Abs. 4 EGV zeitigt und wie sie gegebenenfalls verändert werden könnte, für den vorliegenden Rechtsstreit keiner Lösung. Vielmehr genügt die Feststellung, daß sich das Schienenwegeausbaurecht des Bundes in bezug auf eine Nord-Süd-Eisenbahnverbindung von München nach Berlin mit den Entscheidungen der europäischen Organe deckt.

4. Das planfestgestellte Vorhaben verletzt keine zwingenden materiellrechtlichen Rechtssätze. Auch dies hat der Senat bereits im Urteil vom 27. August 1997 - BVerwG 11 A 61.95 (a.a.O.) und im Beschluß vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 21.95 - (a.a.O.) ausgeführt. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

5. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG sind im Planfeststellungsverfahren die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Mängel bei der Abwägung sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind (§ 20 Abs. 7 Satz 1 AEG). Offensichtliche und kausale Abwägungsmängel, auf die die Klägerin sich zur Stützung ihres Hauptantrages berufen könnte, sind nicht festzustellen. Dabei hat die mündliche Verhandlung zu den Gesichtspunkten der Variantenauswahl, des Erschütterungsschutzes, der Wasserwirtschaft; zu den Belangen des Fremdenverkehrs und der Erholungsfunktion sowie zur Beachtung der Planungshoheit der Gemeinden nichts ergeben, was nicht bereits Gegenstand der bisherigen Entscheidungen des Senats zum Bundesschienenweg Nürnberg - Erfurt war. Auch darauf wird folglich Bezug genommen.

a) Soweit die Klägerin die naturschutzfachliche Bewertung der Flurstücke 176/2, 177, 178 und 179 in der Gemarkung Weißenbrunn am Forst rügt (vgl. dazu Urteil des Senats vom 27. August 1997 - BVerwG 11 A 61.95 -) und meint, eine zutreffende Einordnung der Flächen hätte eine andere Trassenführung mit Auswirkungen bis zu ihren planbetroffenen Grundstücken in Zilgendorf zur Folge gehabt (vgl. die Beweisanträge Nrn. 23 und 24), kommt es auf die von der Klägerin unter Beweis gestellten Behauptungen zu den Grundstücken in Weißenbrunn am Forst nicht an. Träfen sie zu, läge hinsichtlich der Trassenführung ein Abwägungsmangel vor, der zwar jedenfalls mit hinlänglicher Wahrscheinlichkeit - Auswirkungen auf die kleinräumige Lage der Neubaustrecke im Bereich Weißenbrunn gehabt hätte, dessen Einfluß auf die Trassenlage bei Zilgendorf indessen - von geringfügigen, die Grundstücksbelastung der Klägerin nicht mildernden Veränderungen abgesehen - auszuschließen ist. Den Beleg dafür bildet die im Raumordnungsverfahren zunächst favorisierte Trassenführung, die die genannten Grundstücke in der Gemarkung Weißenbrunn unberührt läßt, hingegen das Flurstück 370 der Klägerin in Zilgendorf in gleicher Weise durchschneidet wie die planfestgestellte Strecke. Diese Umstände lassen den Schluß zu, daß Veränderungen bei der Trassenwahl in Weißenbrunn die Situation in Zilgendorf nicht berührt hätten. Den von der Klägerin aufgeworfenen naturschutzfachlichen und -rechtlichen Fragen hatte der Senat deshalb nicht weiter nachzugehen.

b) Die Entscheidung der Beklagten, den Plan trotz der von ihm für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin ausgehenden Existenzbedrohung festzustellen, läßt einen Abwägungsfehler im Sinne des § 20 Abs. 7 AEG nicht erkennen. Der Planfeststellungsbeschluß geht davon aus, daß die weitere Existenz des landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs der Klägerin wegen des erheblichen Verlusts an landwirtschaftlicher Nutzfläche durch das planfestgestellte Vorhaben in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird. Die Beklagte hat sich mit Hilfe eines landwirtschaftlichen Sachverständigen umfassend mit der Frage der Existenzgefährdung der Klägerin auseinandergesetzt. Soweit die Klägerin sich gegen die anonymisierte Art der Anerkennung ihrer Existenzgefährdung im Planfeststellungsbeschluß wendet, wirft sie die Frage auf, in welcher Form das Ergebnis der Abwägung den Betroffenen mitzuteilen ist. Die Darstellung des Abwägungsergebnisses im Planfeststellungsbeschluß, sei es anonymisiert oder unter Namensnennung, hat jedoch keine Auswirkungen auf die Abwägung selbst. Im übrigen ist durch das Verwaltungsverfahren der Beklagten sichergestellt worden, daß die Klägerin zeitgleich mit dem Planfeststellungsbeschluß eine Mitteilung über die Anerkennung ihrer Existenzgefährdung erhalten hat.

Trotz der schwerwiegenden Auswirkungen des Vorhabens auf den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin kann nicht beanstandet werden, daß die Beklagte im Rahmen ihrer Abwägung davon ausgegangen ist, diese Folge sei als unvermeidlich hinzunehmen. Maßgeblich dafür ist der bereits im Planfeststellungsbeschluß (S. 199 und 201) hervorgehobene Umstand, daß die vorgesehenen Grundinanspruchnahmen auf ein Minimum beschränkt worden sind. Die kleinräumige Trassierung der Neubaustrecke ist dabei in dem gesamten Bereich so optimiert worden, daß jeweils etwa gleiche Abstände zu bewohnten Gebieten und Ortschaften eingehalten werden konnten. Das Eigentum der Klägerin stärker schonende Alternativen bei der Feintrassierung sind deshalb nicht ersichtlich. Dabei hat die Augenscheinseinnahme ergeben, daß die Klägerin sich insbesondere durch die Zerschneidung ihres Flurstücks Nr. 370 betroffen fühlt, das sie als Herzstück ihres landwirtschaftlichen Betriebes ansieht. Die Zerschneidung kommt dadurch zustande, daß die Trasse an dieser Stelle in einem bis zu 20 m tiefen Einschnitt über die Fläche geführt werden soll. Diese Einschnittslage ist durch die südlich und nördlich davon gelegenen Tunnel Kulch und Lichtenholz ohne eine Veränderung der Gesamtkonzeption der Planung unvermeidlich. Danach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Planfeststellungsbeschluß die Existenzbedrohung landwirtschaftlicher Betriebe als schwerwiegenden Belang erkannt, eingestellt und sodann unter Bezugnahme auf aus ihrer Sicht vorrangige andere Gesichtspunkte überwunden hat.

c) Die Klägerin kann den Hauptantrag auch nicht mit Erfolg darauf stützen, der Planfeststellungsbeschluß lasse die Folgen der Existenzbedrohung offen und enthalte keine Aussage über den notwendigen Ausgleich. Im Planfeststellungsbeschluß (S. 199 unter 3.5.3.1) wird ausgeführt, über den Erwerb, die Dienstbarkeiten und die vorübergehende Nutzung von Grundstücken würden zwischen den Eigentümern und der Beigeladenen Vereinbarungen außerhalb des Planfeststellungsverfahrens auf privatrechtlicher Basis angestrebt. Diese regelten auch die Höhe der Entschädigung in Abhängigkeit vom Grundstückswert und der Nutzungseinschränkung. Hierüber würden Gutachten vereidigter Sachverständiger eingeholt. Zur Vermeidung von Härten strebe die Beigeladene an, auch Ersatzland zur Verfügung zu stellen. Zu Recht führt die Klägerin an, daß in diesen Absichtserklärungen keine verbindliche Regelung über die Folgen von Flächeninanspruchnahmen liegt. Das ist jedoch kein Fehler. Vielmehr sind die Folgen des Eigentumseingriffs für den Fall, daß die angestrebten Vereinbarungen nicht zustande kommen, nach dem maßgeblichen Enteignungsrecht, hier nach dem Bayerischen Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung (BayEG) zu bemessen. Davon geht der Planfeststellungsbeschluß in rechtlich bedenkenfreier Weise aus. Das genannte Landesenteignungsgesetz enthält - insbesondere auch mit seinen Vorschriften zur Entschädigung in Land (Art. 14 BayEG) und zur Erstreckung der Enteignung auf Restflächen und auf dinglich belastete Flächen (Art. 6 BayEG) - ein rechtliches Instrumentarium, das geeignet ist, die Betroffenheit der Klägerin in sachgerechter Weise auszugleichen. Es ist deshalb sichergestellt, daß der mit der Planfeststellung für die Klägerin ausgelöste Konflikt, der zu einer Bedrohung ihres landwirtschaftlichen Betriebes führt, zumindest im nachfolgenden Enteignungsentschädigungsverfahren bewältigt wird (vgl. zur Zulässigkeit der Konfliktverlagerung: BVerwG, Beschluß vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - <NVwZ 1995, S. 322> und vom 30. Oktober 1992 - BVerwG 4 A 4.92 - <Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 13>; BVerwGE 61, 307/311).

d) Die Klägerin wendet sich ferner mit umfangreichen Ausführungen gegen die von der Beklagten angestellten Lärmberechnungen. Die mit dem Hauptantrag erstrebte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder aber die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit würde jedoch nach § 20 Abs. 7 AEG die Feststellung eines erheblichen Abwägungsmangels voraussetzen, der nicht durch Planergänzung behoben werden könnte. Ein Mangel von solcher Tragweite ist dem Vorbringen der Klägerin zum Schallschutz nicht zu entnehmen. Es kann nicht angenommen werden, daß eine Veränderung des Lärmschutzkonzepts ein so großes Gewicht hätte, daß dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage gestellt würde. Der angebliche Fehler in den Lärmberechnungen könnte deshalb allenfalls einen Anspruch auf Planergänzung zur Folge haben (vgl. BVerwG, Beschluß vom 12. November 1992 - BVerwG 7 ER 300.92 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 22 S. 45; BVerwG, Beschluß vom 9. September 1996 - BVerwG 11 VR 31.95 - <Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 17>).

e) Ein zum Erfolg des Hauptantrages führender Abwägungsfehler liegt auch nicht darin, daß der Planfeststellungsbeschluß mit den einbezogenen Planungsunterlagen davon ausgeht, die beim Bau des Tunnels Eierberge anfallenden Ausbruchmassen könnten zum Bau des Dammes für den 13,70 m breiten Bahnkörper (vgl. Erläuterungsbericht S. 94) im Maintal verwendet werden. Ob es zulässig war, daß die Klägerin diesen Gesichtspunkt weder mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren noch innerhalb der sechswöchigen Klagebegründungsfrist des § 20 Abs. 6 Satz 1 AEG angeführt, sondern erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, mag dabei ebenso dahinstehen wie die Frage, ob ein etwaiger Mangel durch Planergänzung ausgeräumt werden könnte. Denn jedenfalls ist die Verwendbarkeit des Ausbruchmaterials nach den mit den Planungsunterlagen vorgelegten gutachtlichen Stellungnahmen zur Überzeugung des Senats positiv geklärt. Der von der Klägerin mit dem Beweisantrag Nr. 25 beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es deshalb nicht.

Die Planungsunterlagen sehen für das Maintal aus hydraulischen und landschaftsplanerischen Gründen die Errichtung verbreiteter und abgeflachter Dämme vor (vgl. Erläuterungsbericht S. 100). Für den Bau des Tunnels Eierberge ist bestimmt, das anfallende Erdmaterial über Transportstraßen zur Deponie Eierberge sowie zum Maintal für den Einbau in die Dammbauwerke zu transportieren (Erläuterungsbericht S. 123). Dabei ist die geologische Geeignetheit des Ausbruchmaterials ausdrücklich untersucht worden. Der Erläuterungsbericht Ingenieurgeologie, Hydrogeologie und Wasserwirtschaft (Anl. 14.1 der Planfeststellungsunterlagen) enthält eine Beschreibung der geologischen Eigenart des Ausbruchmaterials und weist ausdrücklich darauf hin, die Ausbruchmassen seien als Dammschüttmaterial ohne Bodenverbesserung nicht verwitterungs-/frostbeständig und empfindlich gegen mechanische Beanspruchung und Wasserzutritt. Sie seien jedoch nach Zugabe von Kalk als Dammschüttstoff geeignet (S. 61). Diese Ausführungen machen deutlich, daß die von der Klägerin mit dem Beweisantrag Nr. 25 dargestellte Gefahr für die Festigkeit des Dammbauwerkes bereits im Planungsverfahren erkannt worden ist. Zudem ist mit der Kalkanreicherung des Materials bereits die Methode dafür bestimmt worden, dieser Gefahr zu begegnen. Gesichtspunkte dafür, daß das gewählte Verfahren nicht geeignet sein könnte, die Geeignetheit und Verwendbarkeit des Ausbruchmaterials für den Dammbau sicherzustellen, sind nicht vorhanden.

B. Die Hilfsanträge sind gleichfalls unbegründet. Eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses in der gewünschten Weise kann die Klägerin rechtlich nicht beanspruchen.

1. Soweit sie mit dem Hilfsantrag zu d) die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um eine Verpflichtung der Beigeladenen begehrt, in erster Linie durch aktive Schallschutzmaßnahmen die Einhaltung der Lärmgrenzwerte am Wohnhaus des klägerischen Anwesens in Zilgendorf zu gewährleisten, entfällt ein Anspruch bereits deshalb, weil die Schallschutzkonzeption des Planfeststellungsbeschlusses die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte an diesem beinhaltet. Dies ist nach der Überzeugung des Senats auf der Grundlage der vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen geklärt, so daß trotz der gegenteiligen Behauptung der Klägerin eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (vgl. den Beweisantrag Nr. 22) nicht in Betracht kommt. Die Beigeladene hat im Zuge der Planung für bestimmte Berechnungsorte in der Ortschaft Zilgendorf Lärmberechnungen durchgeführt (vgl. Erläuterungsbericht, Fall- und erschütterungstechnische Untersuchung, Anl. 13.1, S. 42). Werden diese, näher als das Wohnhaus der Klägerin zur Trasse hin gelegenen Orte als Anhaltspunkte gewählt, so scheiden Lärmschutzansprüche der Klägerin aus. Die Beigeladene ist nachvollziehbar und unwidersprochen davon ausgegangen, daß in Zilgendorf die Werte für Dorfgebiete gelten, also 64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) bei Nacht. Die errechneten Werte ohne Schallschutzmaßnahmen betragen maximal 50 dB(A) am Tag und 51 dB(A) bei Nacht. Selbst wenn danach der Absorbtionsabschlag in Höhe von 3 dB(A) für die sog. feste Fahrbahn in diesem Streckenabschnitt (ab dem Tunnel Eierberge) nicht anerkannt würde, wäre der Nachtgrenzwert für Dorfgebiete mit 54 dB(A) exakt eingehalten. Daß die Werte am Anwesen der Klägerin höher sein könnten als an den näher zur Trasse hin gelegenen Hausgrundstücken, für die die Berechnungen durchgeführt worden sind, kann nach Auffassung des Senats schon deshalb ausgeschlossen werden, weil das Gelände von der geplanten Trasse zum Dorfmittelpunkt hin leicht abschüssig ist, das Anwesen der Klägerin mithin im Niveau tiefer liegt als jene anderen für die Lärmschutzproblematik bewerteten Grundstücke. Angesichts dessen erscheinen schallphysikalische Besonderheiten, die sich zu Lasten der Klägerin auswirken könnten, ausgeschlossen.

2. Mit dem Hilfsantrag zu a) will die Klägerin eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses erwirken, die eine Inanspruchnahme ihrer Flächen von der Unterbreitung eines Ersatzlandangebotes abhängig macht. Sie begehrt ferner mit den Hilfsanträgen zu f) und g) Nebenbestimmungen zur Übernahme von Restflächen aus ihrem Flurstück Nr. 370 und zur Übernahme von Flächen, die nach dem festgestellten Plan mit Dienstbarkeiten belastet werden sollen. Für diese Ansprüche besteht keine rechtliche Grundlage. Insbesondere können sie nicht mit Erfolg auf § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gestützt werden, weil die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger danach nur solche Vorkehrungen auferlegen darf, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. An diesem Merkmal der Erforderlichkeit fehlt es hier, weil die Klägerin ihre berechtigten Interessen gegebenenfalls in dem dafür vorgesehenen Verfahren nach dem Bayerischen Enteignungsgesetz geltend machen und durchsetzen kann. Daß ein solcher Konflikttransfer im Grundsatz rechtlich nicht beanstandet werden kann, ist bereits ausgeführt.

Daß die Klägerin eine Übernahme der Restflächen des Flurstücks Nr. 370 bereits mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren gefordert hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 23. Januar 1981 - BVerwG 4 C 4.78 - <BVerwGE 61, 295 ff.>) bereits ausgesprochen, daß auf Antrag eines Planbetroffenen im Planfeststellungsbeschluß über seinen Anspruch auf Übernahme des Grundstücks bzw. auf Ausdehnung der Enteignung zu entscheiden ist, wenn er geltend machen kann, daß ein für das Planvorhaben nicht unmittelbar in Anspruch genommenes Grundstück schwer und unerträglich betroffen werde; doch liegt hier mit der Planfeststellung eine unmittelbare Inanspruchnahme des klägerischen Flurstücks Nr. 370 vor, so daß sich im Verfahren der Klägerin - anders als in jenem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt - für den Fall des Nichtzustandekommens einer gütlichen Regelung zwangsläufig ein Enteignungsverfahren anschließen wird, in dem die Klägerin ihren Anspruch auf Art. 6 Abs. 3 BayEG stützen kann. Folglich war hier eine Bewältigung des von der Klägerin mit dem Ausdehnungsanspruch angesprochenen Konflikts im Planfeststellungsbeschluß nicht rechtlich erforderlich.

3. Mit den Hilfsanträgen b) und h) verlangt die Klägerin Nebenbestimmungen, durch die der Beigeladenen eine forstwirtschaftliche Beweissicherung im Fichtenholz und eine pflanzensoziologische Beweissicherung der nach der Planung zu untertunnelnden Fläche aus dem Flurstück Nr. 326 auferlegt werden soll. Auch solche Vorkehrungen sind nicht im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erforderlich und können mithin von der Klägerin nicht beansprucht werden. Der Planfeststellungsbeschluß (S. 41 unter Ziff. 5.6.10) ordnet im Zuge der Bauausführung zur Überwachung des durch die Tunnelbauwerke abgeleiteten Grundwassers die Einrichtung geeigneter Meßschächte an. Die Beigeladene hat durch entsprechende Auflagen an die ausführenden Firmen die Durchführung und Protokollierung der Messungen während der Bauzeit sicherzustellen. Dabei sind die Wasserspiegellagen der vorhandenen und zusätzlich zu erstellenden Grundwassermeßstellen mindestens monatlich einzumessen. Die Planunterlagen der Meßeinrichtungen und Pegel sind den Wasserwirtschaftsämtern vorzulegen. Damit enthält der Planfeststellungsbeschluß bereits Regeln, die in dem genannten Zusammenhang für die Klägerin die sachgerechte Geltendmachung ihrer Interessen in einem nachfolgenden Entschädigungsverfahren gewährleisten. Dabei ist zusätzlich auf Art. 8 Abs. 4 BayEG hinzuweisen, der bei der Bemessung einer Entschädigung den Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt für maßgebend erklärt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. In den Fällen der vorzeitigen Besitzeinweisung oder vorzeitigen Besitzüberlassung ist der Zustand in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam wird. Danach ist nicht ersichtlich, daß in dem Planfeststellungsbeschluß über die genannten Regeln hinaus Vorkehrungen in bezug auf Eigentums- oder Pachtflächen der Klägerin getroffen werden müßten.

4. Wie bereits ausgeführt geht der Planfeststellungsbeschluß davon aus, daß eine Realisierung des Neubauvorhabens für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin zu einer Existenzbedrohung führen wird. Maßgeblich dafür ist u.a., daß der von der Beigeladenen eingeschaltete landwirtschaftliche Sachverständige das Trockenfallen der westlichen Restfläche des Flurstücks Nr. 370 der Klägerin als Folge des tiefen Einschnitts für die Bahntrasse für möglich oder sogar für wahrscheinlich gehalten hat. Bereits der Planfeststellungsbeschluß legt deshalb die konkrete Gefahr einer Verschlechterung der Ernteergebnisse auf der genannten Restfläche zugrunde. Für das übrige gilt auch hier, daß die Klägerin sich auf das nachfolgende Entschädigungsverfahren verweisen lassen muß. Wie zuvor ausgeführt, ist bei der Bemessung der Entschädigung der - demzufolge von der Enteignungs- und Entschädigungsbehörde festzustellende - Zustand in einem Zeitpunkt maßgebend, in dem die planfestgestellten Maßnahmen noch nicht erfolgt sind. Ein Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses im Sinne des Hilfsantrages zu e) scheidet deshalb aus.

5. Soweit schließlich die Klägerin mit dem Hilfsantrag c) die Verpflichtung der Beklagten beantragt, den Planfeststellungsbeschluß um eine Nebenbestimmung zur Entschädigung für die Wertminderung des Holznutzungsrechts im Bereich des Fichtenholzes zu ergänzen, liegen auch dafür die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 VwVfG nicht vor. Über einen solchen Entschädigungsanspruch wäre, wenn die Klägerin ihn zu haben glaubt, im Verfahren nach dem Bayerischen Enteignungsgesetz zu entscheiden.

C. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Dabei entspricht es der Billigkeit, ihr gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese sich durch eigene Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren BVerwG 11 A 68.95 bis zur Abtrennung des vorliegenden Verfahrens sowie der Verfahren BVerwG 11 A 52.96, BVerwG 11 A 53.96 und BVerwG 11 A 55.96 aus diesem Ursprungsverfahren auf 295 000 DM festgesetzt. Davon entfallen auf das vorliegende Verfahren 58 000 DM, auf das Verfahren BVerwG 11 A 52.96 91 000 DM, auf das Verfahren BVerwG 11 A 53.96 22 000 DM, auf das Verfahren BVerwG 11 A 55.96 28 000 DM sowie auf das unter dem Aktenzeichen BVerwG 11 A 68.95 fortgeführte Verfahren 96 000 DM. Für die Zeit nach Abtrennung aus dem Verfahren BVerwG 11 A 68.95 wird der Wert für das vorliegende Verfahren auf 58 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 1996 - NVwZ 1996, S. 563 ff. = DVBl 1996, S. 605 ff.), an dem der Senat seine Streitwertpraxis in ständiger Rechtsprechung orientiert, ist der Streitwert im Planfeststellungsrecht bei der Klage eines drittbetroffenen Privaten nach dem Betrag der Wertminderung des Grundstücks und wegen etwaiger sonstiger Beeinträchtigungen - gegebenenfalls zusätzlich zum Betrag der Eigentumsbeeinträchtigung mit 20 000 DM zu bemessen (Ziff. 33.2 in Verbindung mit Ziffern 1.2.1. und 1.2.2).

Der Klägerin droht ein Flächenverlust von 2,78 ha Nutzfläche. Wird ein Quadratmeter landwirtschaftlicher Nutzfläche mit 2 DM bewertet und ein Drittel des sich dann ergebenden Betrages (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 1. März 1993 - BVerwG 4 B 188.92 - <Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 73>) angesetzt, so ergibt dies für die Eigentumsentziehung einen Wertanteil von abgerundet 18 000 DM. Wird die Existenzbedrohung für den landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin als sonstige Beeinträchtigung mit 40 000 DM eingeschätzt, so errechnet sich für das Verfahren der Klägerin ein Wertanteil von 58 000 DM.

Bei Zugrundelegung derselben Maßstäbe und Rechengrößen betragen die Wertanteile für die Klägerin des jetzigen Verfahrens BVerwG 11 A 68.95 (drohender Flächenverlust 8,5 ha) abgerundet 96 000 DM und für die Kläger des Verfahrens BVerwG 11 A 52.96 (drohender Flächenverlust 7,78 ha) abgerundet 91 000 DM. Für die Klägerin des Verfahrens BVerwG 11 A 53.96 ist der Wert bei einem drohenden Flächenverlust von 0,93 ha und einem Anteil für die Existenzbedrohung des landwirtschaftlichen Kleinbetriebes in Höhe von 20 000 DM mit abgerundet 22 000 DM einzuschätzen.

Schließlich ist der Wert des Streitgegenstandes für den Kläger des Verfahrens BVerwG 11 A 55.96 mit 28 000 DM zu bemessen. Dieser Wert errechnet sich aus einem Anteil für die Grundinanspruchnahme von 8 000 DM (Flächeninanspruchnahme: 320 m²; angesetzter Wert pro m²: 50 DM; Anteil des Verkehrswertes für die Wertfestsetzung: 50 %) sowie einem zusätzlichen Anteil von 20 000 DM für die geltend gemachte Lärmbelästigung als sonstige Beeinträchtigung im Sinne des Streitwertkataloges.

Ende der Entscheidung

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