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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.05.2000
Aktenzeichen: BVerwG 11 C 1.99
Rechtsgebiete: BRAGO, VwVfG


Vorschriften:

BRAGO § 7 Abs. 2
BRAGO § 13 Abs. 5
BRAGO § 119
VwVfG § 80 Abs. 1
VwVfG § 80 Abs. 2
Leitsatz:

Ein auftragsgemäßes Tätigwerden eines Rechtsanwalts in mehreren parallelen Verwaltungsverfahren schließt nicht aus, daß es sich um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 7 Abs. 2 BRAGO handelt.

Urteil des 11. Senats vom 9. Mai 2000 - BVerwG 11 C 1.99 -

I. VG Halle vom 30.06.1997 - Az.: VG 1 A 41/94 - II. OVG Magdeburg vom 15.04.1999 - Az.: OVG A 2 S 377/97 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 11 C 1.99 OVG A 2 S 377/97

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 9. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. April 1999 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der vom Beklagten zu erstattenden Kosten eines im Vorverfahren hinzugezogenen Rechtsanwalts.

Mit Bescheiden vom 26. bzw. 27. Januar 1993 setzte der Beklagte gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin für insgesamt sieben Betriebe jeweils in unterschiedlicher Höhe und mit Angabe unterschiedlicher Einzahlungsnummern Wassernutzungsentgelte für das Jahr 1991 fest. Hiergegen wandte sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren Verfahrensbevollmächtigter mit jeweils gleichlautenden Schreiben vom 23. Februar 1993 Widerspruch erhob, den er mit ebenfalls gleichlautenden Schreiben vom 5. März 1993 dahin gehend begründete, daß es den Bescheiden an einer wirksamen Rechtsgrundlage ermangele. Mit Bescheiden vom 13. bzw. 14. August 1993 hob die Beklagte die Festsetzungsbescheide mit der Begründung auf, das am 7. Juli 1993 beschlossene Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt habe § 195 Abs. 2 dieses Gesetzes rückwirkend aufgehoben und somit den Feststellungsbescheiden die Rechtsgrundlage entzogen.

Auf Antrag der Klägerin erlegte der Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 1993 die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Land Sachsen-Anhalt auf und erklärte die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren für notwendig.

Ihrem Kostenfestsetzungsbescheid vom 11. Oktober 1993 legte die Beklagte einen nach § 7 Abs. 2 BRAGO berechneten Gegenstandswert zugrunde. Der Rechtsanwalt der Rechtsvorgängerin der Klägerin sei "in derselben Angelegenheit" im Sinne dieser Vorschrift tätig geworden, so daß die Werte der sieben Einzelgegenstände zusammenzurechnen seien. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 1994 zurück.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht insoweit abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 7 Abs. 2 BRAGO finde Anwendung. Zwar beträfen die Rechtsbehelfe verschiedene Bescheide, deren Adressat sei jedoch jeweils ausschließlich die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewesen. Von ihr sei der Bevollmächtigte zu einem gleichgerichteten Vorgehen gegen alle an sie gerichteten Bescheide beauftragt worden. Dies mache auch der nicht individualisierte, allein auf die Frage der wirksamen Rechtsgrundlage abstellende Inhalt der einzelnen Widerspruchsschreiben deutlich.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht: Das Verwaltungsgericht verkenne, daß für alle Festsetzungsbescheide weder ein einheitlicher Lebensvorgang noch ein einheitlicher Rahmen der Geltendmachung der Ansprüche noch ein innerer Zusammenhang gegeben sei. Jeder Bescheid habe vielmehr ein eigenes rechtliches Schicksal. Mehrere Verfahren bedeuteten grundsätzlich mehrere Angelegenheiten auch bei gleichartigen Sachverhalten. Schließlich müsse auch berücksichtigt werden, daß der Bevollmächtigte in allen sieben Verfahren das volle Haftungsrisiko ohne Abschläge trage.

Die Klägerin hat beantragt,

das Urteil vom 30. Juni 1997 des Verwaltungsgerichts Halle zu ändern und unter weiterer teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 11. Oktober 1993 des Beklagten in Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1994 den Beklagten zu verpflichten, an die Klägerin weitere 9 416,16 DM zu zahlen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten.

Mit Urteil vom 15. April 1999 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 7 Abs. 2 BRAGO nach dem Gegenstandswert richten, der sich aus einer Zusammenfassung der Werte für die einzelnen Widersprüche der Klägerin ergibt. "Dieselbe Angelegenheit" liege bei auf verschiedene Rechtsverhältnisse bezogenen Aufträgen vor, wenn sie nach Inhalt, Ziel und Zweck einander so weitgehend entsprächen, daß sie den Anwalt zu einem gleichgerichteten Vorgehen für alle Auftraggeber berechtigten und verpflichteten. Aufgrund des durch das Kostenänderungsgesetz 1994 in die BRAGO eingeführten § 13 Abs. 5 Satz 2 ergebe sich jedoch, daß daneben auch der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts zum Abgrenzungskriterium geworden sei, der - anders als die Frage des inneren Zusammenhangs - aufgrund einer ex-post-Betrachtung zu beurteilen sei. Hieran gemessen habe es sich für den Bevollmächtigten bei den sieben Widerspruchsverfahren um dieselbe Angelegenheit gehandelt. Er sei von seiner Auftraggeberin zu einem gleichgerichteten Vorgehen gegen alle an sie gerichteten Bescheide beauftragt worden. Sämtliche Widerspruchsschreiben seien von ihrem Inhalt her gleich und ohne Individualisierung ausschließlich auf die allen Bescheiden zugrundeliegende Rechtsfrage der wirksamen Rechtsgrundlage für die Erhebung des Wassernutzungsentgelts abgestellt gefertigt worden. Der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts dürfte für alle sieben Verfahren nahezu gleich gewesen sein. Das anwaltliche Haftungsrisiko solle nach rechtspolitischen Forderungen zwar beim Anwaltsgebührenrecht stärker berücksichtigt werden, bestimme aber de lege lata noch nicht die Bemessung der anwaltlichen Gebühren.

Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision führt die Klägerin aus: Nach § 119 Abs. 1 BRAGO bilde das verwaltungsbehördliche Verfahren zusammen mit dem Vorverfahren eine Angelegenheit. Trotz der durch das 6. VwGO-Änderungsgesetz eingeführten Rechtswegbeschränkung im gerichtlichen Verfahren, die den beauftragten Rechtsanwalt dazu zwinge, bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vollständig vorzutragen, behandle das Gesetz das nachfolgende gerichtliche Verfahren weiterhin als neue Angelegenheit. Seien mithin behördliches und gerichtliches Verfahren mehrere Angelegenheiten, so müsse dies erst recht für den vorliegenden Fall von sieben verschiedenen Feststellungsbescheiden und Widerspruchsverfahren gelten. Ein einheitlicher Lebensvorgang sei insoweit zu verneinen. Auch fehle es an einem einheitlichen Rahmen der Geltendmachung der Ansprüche, weil es sich um sieben Einzelverfahren handele. Auf eine Individualisierung der Widersprüche komme es deswegen nicht an. Da jeder Bescheid einzeln habe angefochten werden müssen und ein eigenes rechtliches Schicksal habe, fehle es auch an der inneren Zusammengehörigkeit der Angelegenheiten. Auf den Arbeitsaufwand könne nicht maßgeblich abgestellt werden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. April 1999 das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 30. Juni 1997 zu ändern und unter teilweiser weiterer Aufhebung des Bescheides vom 11. Oktober 1993 und des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1994 den Beklagten zu verpflichten, an die Klägerin weitere 9 416,16 DM zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Revision, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht entschieden, daß sich die der Klägerin aufgrund von § 80 Abs. 1 und 2 VwVfG zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren nach dem Gegenstandswert richten, der sich aus der Zusammenrechnung der Einzelwerte für die sieben durchgeführten Widerspruchsverfahren ergibt, weil es sich insoweit um "dieselbe Angelegenheit" im Sinne von § 7 Abs. 2 BRAGO handelt.

1. Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, daß der BRAGO eine Definition der in mehreren Vorschriften verwandten Formulierung "dieselbe Angelegenheit" nicht zu entnehmen ist. Der Gesetzgeber sah sich angesichts der Vielseitigkeit der in Betracht kommenden Lebensverhältnisse nicht in der Lage, ins einzelne gehende Regelungen darüber zu treffen, ob dieselbe Angelegenheit oder verschiedene Angelegenheiten vorliegen (vgl. Gesetzesbegründung, BTDrucks II/2545, S. 235 zu § 13 BRAGO, Ziff. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat es deswegen im Einklang mit den Motiven des Gesetzgebers (a.a.O.) und der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94 - NJW 1995, 1431) als Aufgabe der Gerichte angesehen, die Abgrenzung im Einzelfall zu finden.

2. Die maßgeblichen Kriterien für das Vorliegen "derselben Angelegenheit" hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zutreffend bestimmt.

a) Unter einer "Angelegenheit" ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll (vgl. etwa BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 - a.a.O. m.w.N.). Gegenstand der Angelegenheit ist das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts aufgrund des Auftrags bezieht (BGH, Urteil vom 5. April 1976 - III ZR 95/74 - LM § 7 BRAGebO Nr. 2 m.w.N.). Eine Angelegenheit kann auch mehrere Gegenstände umfassen (BGH, Urteil vom 5. April 1976 - a.a.O.). Ob mehrere Gegenstände dieselbe oder mehrere Angelegenheiten darstellen, hängt davon ab, ob sie von einem einheitlichen Auftrag umfaßt werden, zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt (so für den Fall mehrerer Aufträge BGH, Urteil vom 29. Juni 1978 - III ZR 49/77 - LM § 6 BRAGebO Nr. 1; vgl. im übrigen Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., 1999, § 13 Rn. 5 m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen ist es im Hinblick auf das der BRAGO zugrundeliegende Pauschsystem gerechtfertigt, eng zusammengehörige anwaltliche Tätigkeiten auch zu einer Gebührenbemessungseinheit zusammenzufassen.

b) Diese Kriterien hat das Oberverwaltungsgericht der Sache nach als maßgeblich angesehen, indem es für die Abgrenzung, ob es sich bei den sieben Widerspruchsverfahren der Klägerin um dieselbe Angelegenheit gehandelt hat, auf den Auftrag der Klägerin an ihren Prozeßbevollmächtigten, auf Inhalt und Form der anwaltlichen Tätigkeit sowie auf die rechtliche Gemeinsamkeit der angefochtenen Bescheide abgestellt hat.

Mißverständlich ist es allerdings, wenn das Oberverwaltungsgericht meint, aufgrund der durch das Kostenänderungsgesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl I, S. 1325) in die BRAGO eingefügten Vorschrift des § 13 Abs. 5 Satz 2 sei nunmehr auch der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts als Kriterium für die Bestimmung des Begriffs "dieselbe Angelegenheit" heranzuziehen. Zum einen sollte mit der Vorschrift lediglich aus Gründen der Billigkeit ein eng begrenzter Ausnahmefall von der Grundregel des § 13 Abs. 5 Satz 1 BRAGO geschaffen werden, wonach der Rechtsanwalt keine zusätzlichen Gebühren erhält, wenn die Erledigung des Auftrags nicht zur Erledigung der Angelegenheit selbst geführt hat und der Rechtsanwalt erneut tätig wird (vgl. Gesetzesbegründung, BTDrucks 12/6962 zu Nr. 5 <§ 13 BRAGO>). Ein grundlegender Bedeutungswandel des Begriffs "dieselbe Angelegenheit" läßt sich daraus nicht herleiten. Zum anderen geht der Arbeitsaufwand bereits auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen und zuvor dargelegten Kriterien in die Bestimmung des Begriffs "dieselbe Angelegenheit" ein. Denn soweit danach auf den einheitlichen Tätigkeitsrahmen des Rechtsanwalts abzustellen ist, liegt dem der Gedanke zugrunde, daß der Rechtsanwalt mehrere Gegenstände durch eine gleichgerichtete Vorgehensweise bearbeitet, die - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - wegen des verringerten Arbeitsaufwandes auch gebührenrechtliche Konsequenzen rechtfertigt. Die vom Oberverwaltungsgericht für erforderlich gehaltene und durchgeführte gesonderte Prüfung des Arbeitsaufwandes bleibt mithin tatsächlich und rechtlich folgenlos.

3. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, "dieselbe Angelegenheit" könne jedenfalls nicht - wie hier - mehrere selbständige Verfahren umfassen. Zwar mag diese Annahme im Grundsatz zutreffen. Denn die Durchführung verschiedener behördlicher oder gerichtlicher Verfahren wird insbesondere im Hinblick darauf, daß von den Möglichkeiten der objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO) oder der Verbindung von Verfahren (§ 93 VwGO; zum Verwaltungsverfahren Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 9 Rn. 27) kein Gebrauch gemacht wurde, regelmäßig dafür sprechen, daß ein innerer Zusammenhang zwischen den Verfahrensgegenständen nicht besteht und der Rechtsanwalt wegen der unterschiedlichen materiellrechtlichen und prozessualen Voraussetzungen und Anforderungen an einer einheitlichen Vorgehensweise gehindert ist. Allerdings ist nicht ausnahmslos von der Identität von Verfahren und Angelegenheit in der Weise auszugehen, daß mehrere Verfahren auch zwingend mehrere Angelegenheiten darstellen. Das entspricht auch dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers (BTDrucks II/2545, S. 235 zu § 13 BRAGO Ziff. 3). Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Revision insbesondere nicht aus der Vorschrift des § 119 BRAGO. Sie regelt nur in instanzieller ("vertikaler") Hinsicht, welche Teile des Verwaltungsverfahrens einschließlich des zugehörigen behördlichen vorläufigen Rechtsschutzes als "Angelegenheit" anzusehen sind. Aussagen zur ("horizontalen") Abgrenzung mehrerer Verwaltungsverfahren werden dagegen weder getroffen noch vorausgesetzt.

Ob ein Ausnahmefall vorliegt, ist in Anwendung der dargelegten allgemeinen Abgrenzungskriterien zu entscheiden. Dabei wird die Annahme "derselben Angelegenheit" vor allem in Fällen paralleler Verwaltungsverfahren in Betracht kommen, die sich daraus ergeben, daß dieselbe Behörde Verwaltungsakte aus einem gemeinsamen Anlaß und Rechtsgrund in engem zeitlichen Zusammenhang objektbezogen erläßt, so daß einen Adressaten mehrere Verwaltungsakte erreichen, die auch zusammengefaßt in einem einzigen Bescheid hätten ergehen können. Beauftragt der Adressat einen Rechtsanwalt damit, aus demselben rechtlichen Gesichtspunkt einheitlich gegen alle Verwaltungsakte vorzugehen, wird der Rechtsanwalt, sofern keine inhaltliche oder formale Differenzierung zwischen den Verfahren geboten ist, in "derselben Angelegenheit" tätig. Dabei kann es nicht auf den eher zufälligen Gesichtspunkt ankommen, ob der Rechtsanwalt die Widersprüche in einem einzigen, alle Verfahren betreffenden Schreiben oder in mehreren, die jeweiligen Einzelverfahren betreffenden Schreiben, die sich nur hinsichtlich der jeweiligen Verfahrensangabe (Objekt, Aktenzeichen) unterscheiden, einlegt und begründet. In beiden Fällen ist ein einheitlicher Tätigkeitsrahmen des Rechtsanwalts gegeben. Anders ist es dagegen zu beurteilen, wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß unterschiedliche Einwände gegen die jeweiligen Verwaltungsakte vorträgt oder nennenswert unterschiedliche verfahrensrechtliche Besonderheiten zu beachten hat. Fehlt es bereits an einem inneren Zusammenhang zwischen mehreren, an einen Adressaten gerichteten Verwaltungsakten, scheidet schon aus diesem Grund die Annahme "derselben Angelegenheit" aus.

4. Auf dieser Grundlage ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin sei "in derselben Angelegenheit" tätig geworden, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht hat - wie es die Aufgabe der Tatsacheninstanz ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 - a.a.O. m.w.N.) - zum Auftragsinhalt festgestellt, daß die Klägerin ihren Prozeßbevollmächtigten zu einem gleichgerichteten Vorgehen gegen alle an sie gerichteten Bescheide beauftragt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat mangels hiergegen erhobener Verfahrensrüge gebunden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Daraus ergibt sich, daß das Tätigwerden des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in sieben Widerspruchsverfahren von einem einheitlichen Auftrag umfaßt war. Die den sieben Widerspruchsverfahren zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse stehen auch in einem inneren Zusammenhang zueinander. Mit den angefochtenen, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen erlassenen Verwaltungsakten machte der Beklagte für verschiedene Betriebe der Rechtsvorgängerin der Klägerin Wassernutzungsentgelte für das Jahr 1991 geltend. Dies hätte ohne weiteres auch in einem zusammengefaßten Bescheid geschehen können. Die Entscheidung der Behörde für einen betriebsbezogenen Erlaß der Festsetzungsbescheide vermag deswegen entgegen der Auffassung der Klägerin den inneren Zusammenhang nicht zu lösen. Auf die zwischen den Bescheiden im übrigen bestehenden Unterschiede (Höhe des Entgelts, Einzahlungsnummer, wasserrechtliche Benutzungsgenehmigung) beziehen sich die in der Widerspruchsbegründung formulierten Einwände der Klägerin nicht.

Schließlich hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin auch - auftragsgemäß - einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen gewahrt. Daß er formal in jedem der sieben Verwaltungsverfahren mit separaten Widersprüchen und Widerspruchsbegründungen tätig geworden ist, ist nach dem oben Gesagten angesichts der gleichlautenden, auf die fehlende Rechtsgrundlage der Bescheide gestützten Begründung unerheblich. Andere Gesichtspunkte, die gegen einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Selbst wenn sich der Umstand, daß ein Bescheid ein von den anderen Bescheiden um einen Tag abweichendes Erlaßdatum trägt, in unterschiedlichen Zustellungsdaten und mithin gegebenenfalls verschiedenen Widerspruchsfristen niedergeschlagen haben sollte, ist angesichts des frühzeitig eingelegten Widerspruchs nicht erkennbar, daß sich dies auf den einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit ausgewirkt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9 416,16 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 2, § 14 GKG).



Ende der Entscheidung

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