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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.03.2001
Aktenzeichen: BVerwG 11 C 11.00
Rechtsgebiete: ENeuOG


Vorschriften:

ENeuOG Art. 1 § 1
ENeuOG Art. 1 § 20 Abs. 1
ENeuOG Art. 2 § 4
ENeuOG Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1
ENeuOG Art. 2 § 22
Leitsatz:

Eine Verhaltensverantwortlichkeit der Deutschen Bundesbahn, die aufgrund Landesrechts nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden kann, ist im Zuge der Neuordnung des Eisenbahnwesens gemäß Art. 1 § 1 ENeuOG auf das Bundeseisenbahnvermögen, jedoch wegen Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG nicht auf die Deutsche Bahn AG übergegangen.

Urteil des 9. Senats vom 15. März 2001 - Az.: 11 C 11.00 -

I. VG Schleswig-Holstein vom 23.11.1998 - Az: VG 14 A 84/98 - II. OVG Schleswig-Holstein vom 23.08.2000 - Az: OVG 2 L 29/99 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 11 C 11.00 OVG 2 L 29/99

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. März 2001 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Vallendar, Prof. Dr. Rubel und Dr. Gerhardt

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. August 2000 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) zu Kosten für Untersuchungen zur Gefahr-erforschung und Gefährdungsabschätzung auf einem bebauten Grundstück, das bis 1983 im Eigentum der Deutschen Bundesbahn (DB) stand.

Auf diesem Grundstück stellte der Beklagte in den Kellerräumen eines früheren Bahngebäudes, die der DB als Petroleumlager gedient hatten, Verunreinigungen des Kellerbodens, des darunter liegenden Lehmbodens und der anschließenden wasserführenden kiesigen Sandschicht fest. Nachdem der Beklagte eine an die DB gerichtete Sanierungsverfügung auf gerichtliches Anraten wieder aufgehoben hatte, setzte er mit Bescheid vom 14. März 1997 die für Boden- und Gewässeruntersuchungen im Rahmen der Gewässeraufsicht entstandenen Kosten auf 6 836,87 DM fest und forderte das BEV zur Zahlung auf. Zur Begründung heißt es, die DB habe auf dem Grundstück ein Petroleumlager betrieben, ohne Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass dieser Stoff in den Untergrund gelangen konnte. Die Untersuchungen seien notwendig gewesen, um die Gefahren für das Grundwasser zu erforschen. Das BEV sei als Gesamtrechtsnachfolger der DB der richtige Adressat des Bescheids.

Den Widerspruch des BEV, mit dem es geltend machte, das Gutachten habe keinen Sachverhalt ermittelt, der eine Grundwassergefährdung begründe, für die im Übrigen die Beigeladene haftbar wäre, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1998 zurück. Zur Inanspruchnahme des BEV führte er aus, die Polizeipflicht der DB sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf das BEV übergegangen, das im Hinblick auf Verursachung und finanzielle Leistungsfähigkeit vorrangig vor dem jetzigen Grundstückseigentümer in Anspruch zu nehmen sei.

Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. November 1998 abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kostenerstattung sei § 85 LWG i.V.m. § 34 Abs. 2 WHG, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Die Klägerin sei als Gesamt-rechtsnachfolgerin der DB, die die Verunreinigung zumindest mitverursacht habe, rechtmäßigerweise als Handlungsstörerin in Anspruch genommen worden, weil die Polizeipflicht der DB auf das BEV übergegangen sei, mangels gesetzlicher Rechtsgrundlage nicht im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Beigeladene habe weiterübertragen werden können und Ermessensfehler bei der Störerauswahl nicht ersichtlich seien.

Die hiergegen erhobene Berufung der Klägerin wies das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. August 2000 zurück. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Kostenerstattung gemäß § 85 Abs. 2 LWG seien dem Grunde und der Höhe nach gegeben. Die DB habe das Tätigwerden des Beklagten durch wasserrechtswidriges Verhalten veranlasst. Aufgrund der 1993 entnommenen Bodenproben, der Ergebnisse des Untersuchungsberichts von 1995 sowie der Aussagen früherer DB-Mitarbeiter könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die grundwassergefährdende Bodenverunreinigung auf den früheren Bahnbetrieb zurückzuführen sei. Die Untersuchung von 1995 sei zur Ermittlung des Verursachers und als Gefahrerforschungsmaßnahme auch erforderlich gewesen. Die hierfür entstandenen Kosten habe der Beklagte zu Recht dem BEV auferlegt. Ihm sei die Verhaltensverantwortlichkeit der DB zuzurechnen. Dabei könne offen bleiben, ob das BEV aufgrund von Art. 1 § 1 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 - ENeuOG - (BGBl I S. 2378) Gesamtrechtsnachfolger der DB sei, weil das Rechtsverhältnis nach wie vor die Bundesrepublik Deutschland betreffe, so dass eine Identität des Rechtsträgers gegeben sei. Die dem BEV zuzurechnende Verantwortlichkeit des Bundes sei auch nicht auf die Beigeladene übergegangen. Zwar sei eine Gesamtrechtsnachfolge in abstrakte, noch nicht durch einen Verwaltungsakt konkretisierte Ordnungspflichten grundsätzlich möglich. Jedoch erstrecke sich nicht jede Form der Gesamtrechtsnachfolge auf öffentlich-rechtliche Pflichten. So liege es auch hier. Bei der Ausgliederung von Teilen des BEV auf eine neu zu gründende Aktiengesellschaft nach dem Eisenbahnneuordnungsgesetz handele es sich um eine beschränkte (partielle) Gesamt-rechtsnachfolge. Danach gehe - in Umsetzung neuerer Vorstellungen zum Begriff der Gesamtrechtsnachfolge, wie sie auch dem Umwandlungsgesetz 1994 zugrunde lägen - nicht ein Gesamtvermögen, sondern ein rechtsgeschäftlich zu definierender Vermögensbestand im Wege der Universalsukzession über. Maßgeblich für die Abgrenzung des der Gesamtrechtsnachfolge unterworfenen Komplexes von Rechten und Pflichten sei mithin die Entscheidung der am Rechtsgeschäft Beteiligten. Damit sei ein Übergang der abstrakten Verhaltensverantwortlichkeit ausgeschlossen, weil anderenfalls öffentlich-rechtliche Pflichten der Dispositionsbefugnis des Adressaten unterstellt würden. Sofern daher die Kos-tentragungspflicht nach dem Ausgliederungsplan auf die Beigeladene hätte übergehen sollen, stünde dem Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG entgegen.

Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die Ausgliederungsregelungen diese öffentlich-rechtliche Pflicht nicht erfassten; denn es seien gemäß Art. 1 § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 ENeuOG nur solche Passiva auszugliedern, die in unmittelbarer Beziehung entweder zu den bahnnotwendigen Liegenschaften oder zum laufenden Bahnbetrieb stünden. Alle übrigen Verbindlichkeiten sollten entsprechend dem mit der Eisenbahnneuordnung verfolgten Zweck, die in der Vergangenheit angewachsenen Schulden beim BEV zu belassen, um den unternehmerischen Erfolg der Ausgliederung der Beigeladenen sicherzustellen, beim BEV verbleiben. Darüber hinaus sei zu bezweifeln, ob die Kostentragungspflicht eine Verbindlichkeit im Sinne von Art. 1 § 20 Abs. 1 Satz 2 ENeuOG sei, weil es insoweit an einer hinreichenden Konkretisierung fehle, um hierfür gemäß § 249 Abs. 1 HGB Rückstellungen bilden zu können. Schließlich könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der generalklauselartig gefasste Ausgliederungsplan das Anliegen des Gesetzgebers, die Beigeladene von alten Verbindlichkeiten freizuhalten, sowie das Übertragungsverbot des Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG habe außer Acht lassen wollen. Dass in die Eröffnungsbilanz der Beigeladenen auch Rückstellungen für die Beseitigung ökologischer Altlasten auf Liegenschaften der ehemaligen DB und der Deutschen Reichsbahn (DR) aufgenommen worden seien, stehe nicht entgegen, weil diese dazu dienten, die Sanierung tatsächlich auf die Beigeladene übergegangener Grundstücke zu finanzieren.

Hiergegen richtet sich die in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt eine fehlerhafte Ermittlung des Sachverhalts, weil - anders als vom Oberverwaltungsgericht festgestellt - eine ruhende Altlast ohne Gefährdungspotential vorliege, so dass die angeordnete Bodenuntersuchung nicht erforderlich gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hafte sie jedenfalls nicht für die geltend gemachten Kosten, weil es sich insoweit um nicht zinspflichtige Verbindlichkeiten handele, die gemäß Art. 1 § 20 Abs. 1 Satz 2 ENeuOG auf die Beigeladene übergegangen seien. Die hierfür bestehende Mithaftung des BEV nach Art. 2 § 9 Abs. 1 ENeuOG sei durch Rücknahme der ursprünglich gegen die Beigeladene erhobenen Klage beendet worden. Maßgeblich für den Übergang sei der Ausgliederungsplan. Er umfasse auch abstrakte Störungsbeseitigungspflichten in Bezug auf ökologische Altlasten, sofern sich die festgestellte Gefahr - wie hier - auf den ehemaligen Eisenbahnbetrieb zurückführen lasse. Davon sei, wie insbesondere ein zwischen Klägerin und Beigeladener abgeschlossener Vergleich in einem ähnlichen Verfahren zeige, letztlich auch die Beigeladene ausgegangen. Darüber hinaus gingen nach dem Ausgliederungsplan auch ungewisse Verbindlichkeiten über, für die gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB Rückstellungen zu bilden seien, also auch die hier festgestellten Altlasten. Es liefe dem Privatisierungskonzept entgegen, wenn die Kosten beim BEV verblieben, nur weil das Grundstück zwischenzeitlich nicht mehr für bahnbetriebliche Zwecke benötigt worden sei. Jedenfalls müsse bei der Adressatenauswahl der vereinbarte interne Freistellungsanspruch des BEV gegenüber der Beigeladenen beachtet werden. Die Haftung der Beigeladenen für ökonomische Altlasten bestehe unabhängig davon, ob die ehemals bahnnotwendigen Grundstücke in ihr Eigentum gelangt seien. Auf das "Rest-BEV" könne die Polizeipflicht vom "Gesamt-BEV" mangels für eine Einzelrechtsnachfolge erforderlicher gesetzlicher Anordnung jedenfalls nicht übergegangen sein.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 23. November 1998 und des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. August 2000 zu ändern und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 14. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 1998 aufzuheben.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Beide verteidigen das angefochtene Urteil und sind übereinstimmend der Auffassung, ein Übergang der Verhaltensverantwortlichkeit von der Klägerin auf die Beigeladene habe nicht stattgefunden.

II.

Die zulässige Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 141 Satz 1 VwGO), ist nicht begründet. Das angefochtene Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht.

1. Soweit das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 85 Abs. 2 LWG dem Grunde und der Höhe nach gegeben sind, handelt es sich um die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts, an die das Revisionsgericht gebunden ist (vgl. § 137 Abs. 1, § 173 VwGO i.V.m. § 562 ZPO). Auch die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind für die Revisionsinstanz mangels entsprechender Verfahrensrügen bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Zwar hat die Klägerin insoweit geltend gemacht, das Oberverwaltungsgericht habe seiner Entscheidung einen von den Feststellungen des Beklagten abweichenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Dieser Vortrag lässt jedoch einen nach § 137 Abs. 2 VwGO beachtlichen Verfahrensmangel nicht erkennen. Dass "die Annahmen" des Berufungsgerichts "ohne Beweiserhebung unzulässig" seien, hat die Revision erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist und somit nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Sätze 1 und 4 VwGO entsprechenden Weise geltend gemacht. Unabhängig hiervon fehlt es insoweit an einer hinreichend substantiierten Verfahrensrüge im Sinne von § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO, weil nicht dargelegt wird, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen für das Oberverwaltungsgericht in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. etwa BVerwGE 55, 159 <169 f.>; Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 S. 9).

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Verhaltensverantwortlichkeit des Bundes nach der gesetzlichen Zusammenführung der Sondervermögen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn gemäß Art. 1 § 1 ENeuOG dem BEV zuzurechnen gewesen ist.

a) Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob insoweit eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, weil der Rechtsstreit ein Rechtsverhältnis betreffe, an dem sowohl vor als auch nach der Neugliederung des Eisenbahnwesens letztlich die Bundesrepublik Deutschland beteiligt gewesen sei, so dass eine Identität des Rechtsträgers gegeben sei. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist - wie das Oberverwaltungsgericht nicht verkennt - in der Gesetzesbegründung von einer "Gesamtrechtsnachfolge" des BEV die Rede (BTDrucks 12/4609 <neu>, S. 60). Dieser Begrifflichkeit liegt aber erkennbar die Sichtweise des Verhältnisses zwischen den vormaligen Sondervermögen und dem BEV zugrunde. Mit ihr soll der Übergang der Rechte und Pflichten von einem Sondervermögen auf das andere erfasst werden, der insoweit erklärungsbedürftig erscheinen mag, als Sondervermögen zwar nicht rechtsfähig, jedoch in einzelnen Beziehungen rechtlich verselbständigt sind. Damit steht es aber nicht in Widerspruch, wenn das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass aus der - auch im Hinblick auf ihre Beteiligtenstellung im vorliegenden Verfahren maßgeblichen - Sicht der Klägerin wegen ihrer unveränderten Rechtsträgerschaft hinsichtlich der Verhaltensverantwortlichkeit kein Rechts- bzw. Pflichtenübergang stattgefunden hat. Die Frage, ob eine noch nicht durch Verwaltungsakt konkretisierte Verhaltensverantwortlichkeit von einer Gesamt-rechtsnachfolge erfasst wird, konnte das Oberverwaltungsgericht deswegen offen lassen.

b) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, ihrer Verhaltensverantwortlichkeit stehe entgegen, dass Rechte und Pflichten des "Gesamt-BEV" auf sie als "Rest-BEV" nur im Wege der gewillkürten Einzelrechtsnachfolge hätten übergehen können, für die es hinsichtlich der Verhaltenshaftung an der dafür erforderlichen besonderen gesetzlichen Anordnung ermangele. Insoweit verkennt die Klägerin, dass "Gesamt-BEV" und "Rest-BEV" keine voneinander zu unterscheidenden Sondervermögen oder gar Rechtspersönlichkeiten darstellen. Diejenigen Rechte und Pflichten, die aufgrund der Zusammenführung von DB und DR solche des BEV geworden sind, verbleiben bei diesem Sondervermögen, soweit sie nicht durch Ausgliederung an die Beigeladene oder durch Übertragung an das Eisenbahn-Bundesamt (Art. 3 § 2 Abs. 3 ENeuOG) übergegangen sind. Eines gesonderten Rechtsübergangs von Rechten und Pflichten auf das "Rest-BEV" bedurfte es hierzu nicht.

3. Auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die dem BEV zuzurechnende Verhaltensverantwortlichkeit sei nicht auf die Beigeladene übergegangen, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

a) Das Oberverwaltungsgericht hat in der bundesrechtlichen Vorschrift des Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG ein Hindernis für einen solchen Rechtsübergang gesehen. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Welche Rechte und Pflichten im Zuge der gesetzlichen Neuordnung des Eisenbahnwesens vom BEV auf die Beigeladene übergegangen sind, bestimmt sich nach Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 ENeuOG. Maßgeblich sind insoweit die Regelungen des Ausgliederungsplans. Der darin rechtsgeschäftlich definierte Vermögensbestand ging mit der Eintragung der Beigeladenen in das Handelsregister in seiner Gesamtheit auf die Beigeladene über. Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Vorgang zutreffend als "partielle Gesamtrechtsnachfolge" bezeichnet (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks 12/4609 <neu> zu § 8 Abs. 1, S. 80).

Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG schließt einen solchen Rechtsübergang für solche Gegenstände aus, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können; sie verbleiben in Eigentum bzw. Inhaberschaft des BEV. Unter "Gegenständen" sind im Einklang mit der Gesetzesbegründung (a.a.O., S. 79) auch Verbindlichkeiten des BEV zu verstehen. Die in Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 ENeuOG enthaltene Regelung und Begrenzung der partiellen Gesamtrechtsnachfolge entspricht derjenigen, die das Umwandlungsgesetz 1994 in § 131 Abs. 1 Nr. 1 trifft. Auf diese Parallele, die es auch rechtfertigt, öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten von der partiellen Gesamt- rechtsnachfolge im Rahmen der Ausgliederung der Beigeladenen nicht grundsätzlich auszuschließen (vgl. Teichmann in: Lutter, Umwandlungsgesetz, 2. Auflage 2000, § 132 Rn. 55 m.w.N.), hat das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Auslegung von Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 ENeuOG zutreffend hingewiesen; für den von der Revision erhobenen Vorwurf einer unzulässigen analogen Anwendung des Umwandlungsgesetzes besteht insoweit kein Anlass. Hier wie dort war es Absicht des Gesetzgebers, eine Umgehung von bei der Einzelrechtsnachfolge bestehenden Übertragungsverboten im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auszuschließen (vgl. Teichmann, a.a.O., § 132 Rn. 3 und 11). Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 ENeuOG will mithin ebenso wie die genannte Parallelvorschrift im Umwandlungsgesetz keine eigenständige Regelung von Übertragungsverboten vornehmen, sondern stellt vielmehr klar, dass die im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge bestehenden Übertragungshindernisse auch für die partielle Gesamtrechtsnachfolge Anwendung finden (vgl. auch Gesetzesbegründung a.a.O., S. 80).

Es kann offen bleiben, ob angesichts des eindeutigen Wortlauts und des gesetzgeberischen Willens Raum für eine einschränkende Auslegung bleibt, die im Interesse einer größeren Effektivität der partiellen Gesamtrechtsnachfolge Einzelübertragungshindernisse nicht uneingeschränkt hierauf anwenden will. Soweit im Umwandlungsrecht solche Forderungen erhoben werden, betreffen sie jedenfalls nicht den hier gegebenen Fall der (Teil-)Ausgliederung (vgl. Teichmann, a.a.O., § 132 Rn. 11 ff. m.w.N.). Im Übrigen muss eine solche einschränkende Auslegung ihre Grenze nicht nur - wie anerkannt - dort finden, wo berechtigte Interessen Dritter gefährdet werden können (vgl. Teichmann, a.a.O., § 132 Rn. 11), sondern auch dort, wo - wie vorliegend - öffentliche Interessen betroffen sind.

Dass die abstrakte Verhaltensverantwortlichkeit nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden kann, hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, weil diese Pflicht nicht der Dispositionsbefugnis des Adressaten unterstellt werden dürfe. An diese Auslegung landesrechtlicher Vorschriften (§ 85 Abs. 2 LWG, § 218 Abs. 3 LVwG) ist das Bundesverwaltungsgericht gebunden (§ 137 Abs. 1, § 173 VwGO i.V.m. § 562 ZPO). Auf dieser Grundlage ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Oberverwaltungsgericht ein Übertragungshindernis im Sinne von Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG bejaht hat. Zwar unterlag der Inhalt des Ausgliederungsplans nach Art. 2 § 4 ENeuOG anders als ein dem Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetz unterfallender Ausgliederungsplan nicht dem freien Willen des BEV. Mit dem Ausgliederungsplan musste das BEV vielmehr seinen Übertragungsverpflichtungen aus Art. 1 § 20 ENeuOG nachkommen. Dennoch greift auch hier der für das Oberverwaltungsgericht maßgebliche Auslegungsgesichtspunkt der Dispositionsbefugnis: Entscheidend dafür, welche Rechte und Pflichten t a t s ä c h l i c h auf die Beigeladene übergegangen sind, sind nämlich nicht - wie die Klägerin meint - die gesetzlichen Übertragungsverpflichtungen des BEV, sondern allein der vom BEV rechtsgeschäftlich festgelegte Inhalt des Ausgliederungsplans. Auch insoweit kann sich die Gefahr einer rechtsgeschäftlichen und deswegen von der Gefahrenabwehrbehörde allein aufgrund der Gesetzeslage nicht zu ermittelnden Bestimmung des Verhaltensverantwortlichen realisieren, die das Oberverwaltungsgericht mit seiner Auslegung gerade ausschließen will.

b) Die abstrakte Verhaltensverantwortlichkeit des BEV ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aufgrund von dem Übertragungshindernis des Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG vorgehenden Übertragungstatbeständen auf die Beigeladene übergegangen.

Auf die Vorschrift des Art. 1 § 20 Abs. 1 ENeuOG kann sich die Klägerin insoweit schon deshalb nicht stützen, weil sich aus dieser Übertragungs v e r p f l i c h t u n g kein Übertragungs t a t b e s t a n d ergibt, der dem genannten und unabhängig hiervon jedenfalls spezielleren Übertragungshindernis vorgehen könnte.

Aus der Regelung des Art. 2 § 22 ENeuOG kann - wie auch die Revision nicht verkennt - ebenfalls nichts für die Auffassung der Klägerin hergeleitet werden, weil diese Vorschrift eine Sanierungsverantwortlichkeit der Beigeladenen für Altlasten nicht begründet, sondern - etwa in Form einer Zustandshaftung für ins Eigentum der Beigeladenen gelangte Grundstücke des früheren Sondervermögens DR - voraussetzt.

Ein etwaiger, von der Klägerin behaupteter "interner Zuordnungsprozess", wonach im Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener gegenüber gleich gelagerten Ansprüchen wie dem hier in Rede stehenden darauf abgestellt worden sei, ob das betreffende Grundstück zu irgendeinem Zeitpunkt bahnnotwendig gewesen und deswegen "fiktiv" im Zuge der Neuordnung des Eisenbahnwesens in das Eigentum der Beigeladenen gelangt wäre, ist von vornherein ebenso wenig wie ein Vergleich zwischen diesen Beteiligten in einem ähnlichen Rechtsstreit oder gar ein einseitiges Verhalten der Beigeladenen im vorliegenden Fall geeignet, das g e s e t z l i c h e Übertragungshindernis des Art. 2 § 8 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ENeuOG einzuschränken. Deswegen kann die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aufgrund einer Ermessensreduktion verpflichtet gewesen sein, allein die Beigeladene und nicht die Klägerin als Adressatin der angefochtenen Verfügung in Anspruch zu nehmen.

c) Auf die Frage, ob die abstrakte Verhaltensverantwortlichkeit von den Regelungen des Ausgliederungsplans umfasst war, kommt es danach nicht an. Soweit die Klägerin Einwände gegen ihre gesamtschuldnerische Haftung für Verbindlichkeiten der Beigeladenen erhebt, ist darauf hinzuweisen, dass das Oberverwaltungsgericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen hat. Sie ist auch im Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu beantworten.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 6 836,87 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 2, § 14 GKG).



Ende der Entscheidung

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