Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.09.2000
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 27.99
Rechtsgebiete: BeamtVG F 1987, BeamtVG, SchwbG F 1979, SchwbG, GG


Vorschriften:

BeamtVG F 1987 § 35
BeamtVG § 85 Abs. 8
SchwbG F 1979 § 3 Abs. 1
SchwbG § 4 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz:

Bei der Festsetzung eines Unfallausgleichs nach der sog. Subtraktionsmethode (§ 35 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG F 1987) ist der Dienstherr nicht an die Feststellung des Versorgungsamtes gebunden, in welchem Umfang die Erwerbsfähigkeit aufgrund einer Vorschädigung gemindert ist.

Urteil des 2. Senats vom 21. September 2000 - BVerwG 2 C 27.99

I. VG Karlsruhe vom 02.02.1996 - Az.: VG 13 K 85/94 - II. VGH Mannheim vom 22.12.1998 - Az.: VGH 4 S 866/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 27.99 VGH 4 S 866/96

Verkündet am 21. September 2000

Grubert Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1998 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Der Kläger war nach dem Bescheid des Versorgungsamtes K. vom 19. April 1982 um 80 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Er erlitt am 22. März 1991 einen Dienstunfall, aufgrund dessen der Beklagte ihm Unfallausgleich gewährt. Diesen setzte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 1992 "unter Berücksichtigung der früheren Erwerbsminderung, die nicht auf einem Dienstunfall beruht" und die er mit 80 v.H. ansetzte, fest. Als Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit aus Vorschaden und Dienstunfall legte er 100 v.H. zugrunde und errechnete den Unfallausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem Betrag, der sich als Unfallausgleich bei dieser Gesamtminderung ergibt, und dem Betrag, der sich als Unfallausgleich für die bereits früher bestehende Erwerbsminderung errechnen würde.

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage, mit der der Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 80 v.H. begehrt, hatte vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Berücksichtigung der Vorschädigung in der Weise, dass der auf sie - fiktiv - entfallende, in Abzug zu bringende Unfallausgleich nach der Minderung der Erwerbsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben berechnet und nicht, wie nach dem nunmehr geltenden Recht, auf die nach der Vorschädigung verbliebene individuelle Erwerbsfähigkeit abgestellt werde, sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Auch die Übergangsregelung des § 85 Abs. 8 BeamtVG sei verfassungsgemäß. Bei der Berechnung des Unfallausgleichs nach § 35 Abs. 2 BeamtVG Fassung 1987 sei der Beklagte an die Feststellung des Versorgungsamtes K. über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge der Vorschädigung gebunden gewesen. Die Behörden der Versorgungsverwaltung hätten die gesundheitlichen Statusentscheidungen zu treffen, die nach den einschlägigen Leistungsgesetzen verschiedenartige Ansprüche auslösen. Die nach dem Schwerbehindertengesetz festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei nicht materiell verschieden von der Vorschädigung, nach der sich der abzuziehende fiktive Unfallausgleich berechne.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Dezember 1998 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. Februar 1996 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 17. Juli 1992 und vom 19. November 1992 zu verpflichten, dem Kläger Unfallausgleich aufgrund einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit als Folge des Dienstunfalls vom 22. März 1991 in Höhe von mindestens 80 v.H. seit dem 22. März 1991 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsgericht hat dadurch Bundesrecht verletzt, dass es sich an die Feststellungen des Versorgungsamtes K. über die Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge der Vorschädigung gebunden erachtet hat. Zur abschließenden Entscheidung bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen. Deshalb ist die Sache zurückzuverweisen.

§ 35 BeamtVG als einzige in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist nach § 85 Abs. 8 BeamtVG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Beamtenversorgungsgesetzes vom 12. Februar 1987 (BGBl I S. 570) - BeamtVG 1987 - anzuwenden, da sich der Dienstunfall, der den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Unfallausgleich auslösen soll, vor dem 31. Dezember 1991 ereignet hat. Nach dieser Vorschrift erhält der Verletzte, wenn er infolge des Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 BVG. Hat bei Eintritt des Dienstunfalls eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist nach § 35 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG 1987 für die Berechnung des Unfallausgleichs die durch die Schädigungen eingetretene Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit zugrunde zu legen. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so ist ein einheitlicher Unfallausgleich festzusetzen; beruht sie auf anderen Ursachen, so ist von dem sich nach Satz 2 ergebenden Betrag des Unfallausgleichs der Betrag des Unfallausgleichs abzuziehen, der sich bei Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 auf die frühere Erwerbsminderung ergeben würde (sog. Subtraktionsmethode). Dass die für den Kläger günstigere Fassung des § 35 Abs. 2 BeamtVG durch Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2218) keine Anwendung findet, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Für die Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse verfügt der Gesetzgeber über einen breiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 43, 242 <288>). Da es in solchen Fällen unmöglich ist, die unter dem alten Recht entstandenen und häufig schon abgewickelten Rechtsverhältnisse vollständig dem neuen Recht zu unterstellen, und der Grundsatz der Rechtssicherheit klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt, ist der Gesetzgeber berechtigt, Stichtage einzuführen (vgl. BVerfGE 49, 260 <275>). Die Wahl des Stichtages überhaupt, die Wahl des Zeitpunktes sowie die Auswahl unter den für die Stichtagsanknüpfung in Betracht kommenden Faktoren müssen am gegebenen Sachverhalt orientiert und sonst sachlich vertretbar sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. September 1990 - 2 BvR 965/88 - <n.v.>; BVerfGE 44, 1 <21>; 13, 31 <35>). Härten, die darin gesehen werden können, dass die tatsächliche Situation derjenigen Personen, die durch Erfüllung der Stichtagsvoraussetzungen gerade noch in den Genuss der Neuregelungen gelangen, sich nur geringfügig von der Lage derjenigen unterscheidet, bei denen diese Voraussetzung fehlt, machen eine Stichtagsregelung nicht verfassungswidrig (vgl. BVerfGE 49, 260 <275>).

§ 85 Abs. 8 BeamtVG genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Anknüpfung des Stichtags an den Dienstunfall als das den Anspruch auf Unfallausgleich auslösende Ereignis ist an der Sache orientiert. Die mindestens ein Jahr betragende zeitliche Distanz des Dienstunfalls zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens des alten Rechts stellt ein sachgerechtes Kriterium für die Anwendbarkeit noch dieses alten Rechts für die Ausgleichung der Nachteile dar, die aus diesem Dienstunfall entstanden sind.

Von Verfassungs wegen war der Gesetzgeber auch nicht gehalten, die in § 35 Abs. 2 BeamtVG Fassung 1991 enthaltene Regelung bereits früher zu treffen. Der Gesetzgeber entscheidet selbst, wie viel Zeit er sich für seine Überlegungen und Prüfungen zur künftigen Gestalt des als änderungsbedürftig erkannten Rechts und zur Formulierung der einzelnen Vorschriften nimmt. Er kann deshalb grundsätzlich nicht auf einen vor dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des neuen Rechts liegenden Termin festgelegt werden, zu dem er das neue Recht bereits hätte in Kraft setzen müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1298/91 - <n.v.>).

§ 35 Abs. 2 BeamtVG in der hier anzuwendenden Fassung war nicht verfassungswidrig, so dass der Gesetzgeber auch nicht gehalten war, die Regelung bereits zu einem früheren Zeitpunkt - entsprechend der Neufassung - verfassungskonform zu gestalten.

Art. 33 Abs. 5 GG fordert nicht die Gewährung eines Unfallausgleichs, da ein solcher erstmals in § 139 BBG vom 14. Juli 1953 (BGBl I S. 551) und § 80 Abs. 1 Nr. 3 BRRG vom 1. Juli 1957 (BGBl I S. 667) vorgesehen war. Der Unfallausgleich entsprach somit keinem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums.

Die rechtlich unterschiedliche Behandlung von Beamten mit demselben Grad einer dienstunfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit, je nach dem, ob sie infolge einer Vorschädigung bereits in ihrer Erwerbsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben gemindert waren oder nicht, verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Gesetzgeber war im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzung, welche Übereinstimmungen und welche Unterschiedlichkeiten zwischen zu regelnden Lebenssachverhalten maßgebend für eine Gleich- oder für eine Ungleichbehandlung sein sollen, berechtigt, in einer Vorschädigung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit als Folge einen wesentlichen, eine rechtliche Differenzierung rechtfertigenden Sachverhaltsunterschied zu sehen. Der Differenzierungsgrund ist sachbezogen und auch von der Sache her einleuchtend.

Auch aus den Urteilen vom 22. Mai 1969 - BVerwG 2 C 105.65 - (BVerwGE 31, 110) und vom 14. März 1974 - BVerwG 2 C 47.72 - (BVerwGE 45, 92) ergibt sich nicht, dass die sog. Substraktionsmethode, wie sie die hier anzuwendende Fassung des § 35 Abs. 2 BeamtVG vorsieht, verfassungswidrig ist. Vielmehr ist dort nur beanstandet worden, dass der Unfallausgleich nach einer Methode berechnet worden ist, die gesetzlich nicht vorgesehen war.

Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht als zu subtrahierenden (fiktiven) Unfallausgleich nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BeamtVG 1987 den Unfallausgleich angenommen, der sich bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 v.H. errechnen würde, ohne festgestellt zu haben, dass der Kläger als Folge der Vorschädigung zu 80 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert war. Die Feststellung des Versorgungsamtes K. im Bescheid vom 19. April 1982, dass der Kläger in diesem Umfang vorgeschädigt war, entfaltet keine Bindungswirkung für das Verfahren wegen der Gewährung eines Unfallausgleichs nach § 35 BeamtVG 1987.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofs sind die Statusentscheidungen der Versorgungsämter nach § 3 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes i.d.F. vom 8. Oktober 1979 (BGBl I S. 1649) - SchwbG 1979 - bzw. § 4 Abs. 1, 3 und 4 des Schwerbehindertengesetzes in der Bekanntmachung der Neufassung vom 26. August 1986 (BGBl I S. 1421) - SchwbG 1986 - bindend für andere Verwaltungsbehörden bei der Prüfung inhaltsgleicher Tatbestandsvoraussetzungen für in anderen Gesetzen geregelte Vergünstigungen bzw. Nachteilsausgleiche (BVerwGE 66, 315 <318 ff.>; 72, 8 <9>; 90, 65 <69>, jeweils mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofs). Dem Schwerbehinderten soll es erspart bleiben, bei der Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen bzw. Nachteilsausgleichen stets aufs Neue seine Behinderungen und die damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen untersuchen zu lassen.

An der inhaltlichen Gleichheit der Tatbestandsmerkmale "Minderung der Erwerbsfähigkeit" in § 35 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BeamtVG 1987 und in § 3 Abs. 1 und 4 SchwbG 1979 (bzw. "Grad der Behinderung" nach § 4 Abs. 1 und 3 SchwbG 1986) fehlt es.

Bereits die Unterschiede im Wortlaut bringen inhaltliche Unterschiede zum Ausdruck.

Nach der Neufassung des § 35 Abs. 3 BeamtVG durch Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes vom 18. Dezember 1989 ist eine Bindungswirkung des Feststellungsbescheides nach § 3 SchwbG 1979/§ 4 SchwbG 1986 bei der Gewährung des dienstrechtlichen Unfallausgleiches schon deshalb ausgeschlossen, weil nunmehr die "individuelle Erwerbsfähigkeit" des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, maßgebend ist, wenn bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden hat. Danach kommt es für die Berücksichtigung des Vorschadens auf die individuelle Erwerbsfähigkeit an. Es sollte sichergestellt werden, dass sich ein Vorschaden, der die Dienstfähigkeit eines Beamten nicht beeinträchtigt, bei der Festsetzung der Höhe des Unfallausgleiches nicht nachteilig auswirkt (vgl. BTDrucks 11/5372 S. 25). Diese dienstbezogene, "individuelle" Erwerbsfähigkeit bleibt bei den Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz unberücksichtigt, da es insoweit auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben ankommt.

Für die frühere, hier noch anzuwendende Fassung des § 35 Abs. 2 BeamtVG gilt nichts anderes. Während für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft die Gründe der Behinderung unerheblich sind, setzt der Unfallausgleich einen Dienstunfall voraus. Nur aufgrund und im Umfang der durch den Dienstunfall eingetretenen Minderung der Erwerbsfähigkeit wird der Unfallausgleich gewährt. Dieselbe Differenzierung gilt für eine eventuelle Vorschädigung (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG alter und neuer Fassung). Ob die Schwerbehinderung ganz oder teilweise auf einem Dienstunfall beruht, ist nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens nach dem Schwerbehindertengesetz.

Zudem sind bei der Bestimmung des Grades der Behinderung/der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Schwerbehindertengesetz auch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung in den verschiedenen Bereichen des Lebens zu berücksichtigen (vgl. BTDrucks 10/3138 S. 14; BSG, Urteil vom 9. Oktober 1987 - 9 a RVs 5/86 - SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 26 S. 81). Demgegenüber kommt es für den Unfallausgleich nach § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG a.F. darauf an, um wie viel die Befähigung zur üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folge eines Dienstunfalles anerkannten Körperschäden nicht nur vorübergehend beeinträchtigt sind. Es muss also abstrakt die Fähigkeit beeinträchtigt sein, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen.

Schließlich machen die - durch das BeamtVGÄndG unverändert gelassenen - Verfahrens- und Bewertungsregelungen in § 35 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 BeamtVG deutlich, dass der Dienstherr eigenständig und ohne Bindung an die Feststellungen Dritter den Gesundheitszustand des Beamten und eine daraus herrührende Minderung der Erwerbsfähigkeit feststellen und bewerten soll. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 BeamtVG wird der Unfallausgleich neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist; der Beamte ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Dienstherrn amtsärztlich untersuchen zu lassen. Diese Verpflichtung könnte leerlaufen, wenn dem Dienstherrn entgegengehalten werden könnte, es bestehe eine fortbestehende Bindung an die Feststellungen des Versorgungsamtes zum Gesundheitszustand und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit. Ferner würde die Befugnis des Dienstherrn, äußere Körperschäden nach allgemein festgesetzten Mindestvomhundertsätzen zu bewerten, teilweise leer laufen, wenn durch das Versorgungsamt diese Wertung bereits bindend getroffen würde.

Damit der Verwaltungsgerichtshof die fehlenden tatrichterlichen Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal "frühere Erwerbsminderung" im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BeamtVG 1987 nachholen kann, muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 15 400 DM festgesetzt (pauschalierter Zweijahresbetrag der Differenz zwischen dem Betrag des Unfallausgleichs, der dem Kläger bewilligt worden ist, und dem Betrag, den er mit der Klage erstrebt <vgl. Beschluss vom 13. September 1999 - BVerwG 2 B 53.99 - NVwZ-RR 2000, 188>).

Ende der Entscheidung

Zurück