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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.12.2000
Aktenzeichen: BVerwG 2 C 39.99
Rechtsgebiete: SH LBG


Vorschriften:

SH LBG § 95 (= § 79 BBG)
Leitsätze:

Die Fürsorgepflicht bietet keine allgemeine Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Beamten auf Ersatz von Vermögensnachteilen, die durch rechtswidrige Maßnahmen des Dienstherrn veranlasst worden sind.

Der Anspruch des Beamten auf Schadenersatz setzt ein Verschulden des Dienstherrn voraus (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

Urteil des 2. Senats vom 21. Dezember 2000 - BVerwG 2 C 39.99 -

I. VG Schleswig vom 25.05.1998 - Az.: VG 11 A 159/95 - II. OVG Schleswig vom 22.09.1999 - Az.: OVG 3 L 171/98 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 2 C 39.99 OVG 3 L 171/98

Verkündet am 21. Dezember 2000

Grubert Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Silberkuhl und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dawin, Dr. Kugele, Groepper und Dr. Bayer

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. September 1999 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Professor im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Seinen Antrag, ihm über den 31. August 1991 hinaus für seinen im August 1964 geborenen Sohn Kindergeld zu gewähren, lehnte der Beklagte ab. Mit rechtskräftigem Urteil vom 27. Oktober 1993 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten, dem Kläger Kindergeld für den Sohn von September 1991 bis zum 31. Dezember 1992 zu gewähren.

Im März 1994 forderte der Kläger den Beklagten auf, u.a. die zusätzlichen Beiträge zur privaten Krankenversicherung zu ersetzen, die er von September 1991 bis Dezember 1992 entrichtet habe, weil ihm damals kein Kindergeld/Ortszuschlag gezahlt worden sei. Dies lehnte der Beklagte ab.

Die zunächst auf Zahlung von 2 041,49 DM gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht scheitere daran, dass dem Beklagten im Hinblick auf die Versagung von Kindergeld kein Verschulden vorgeworfen werden könne. Das Berufungsgericht hat der Klage, mit der noch die Zahlung von 1 339,46 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 15. Mai 1995 verlangt worden ist, stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagte sei aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, dem Kläger die Mehraufwendungen für die Höherversicherung in der privaten Krankenversicherung zu erstatten. Aus der Fürsorgepflicht könnten sich auch finanzielle Ausgleichs- oder Erstattungsansprüche des Beamten ergeben, die grundsätzlich kein vorangegangenes rechtswidriges oder gar schuldhaftes Verhalten des Dienstherrn voraussetzten. Sie kämen dann in Betracht, wenn der Beamte außerhalb der durch entsprechende Spezialvorschriften geregelten Bereiche vom Dienstherrn zu besonderen zusätzlichen Aufwendungen im Privatbereich veranlasst worden sei, die ihm ohne finanziellen Ausgleich nicht zuzumuten seien. Davon sei hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Höherversicherung auszugehen, nachdem der Beklagte den Antrag auf Weitergewährung des Kindergeldes abgelehnt und damit inzident entschieden habe, dass dem Kläger für seinen Sohn über den 31. August 1991 hinaus keine Beihilfe im Krankheitsfalle mehr zustehe und für den Kläger selbst ab dem genannten Zeitpunkt nur noch ein Beihilfebemessungssatz in Höhe von 50 v.H. zugrunde zu legen sei. Um für den Krankheitsfall in bisheriger Weise abgesichert zu sein, sei der Kläger somit gezwungen gewesen, höhere Versicherungsbeiträge abzuführen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Beklagte,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. September 1999 aufzuheben, soweit es der Klage stattgibt, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 25. Mai 1998 zurückzuweisen.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Auffassung des Berufungsgerichts bei.

II.

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

Das Berufungsgericht ist unzutreffend davon ausgegangen, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der durch die Höherversicherung entstandenen Mehrkosten gemäß § 95 LBG. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift, deren Änderungen seit der Bekanntmachung vom 2. Juni 1991 (GVOBl S. 275) für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung sind, hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen. Gemäß Abs. 2 erhalten Beamte sowie Versorgungsempfänger Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen nach den für die Beamten des Bundes geltenden Vorschriften.

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn begründet weder einen Anspruch des Beamten auf Übernahme von Kosten der privaten Krankenversicherung noch einen Anspruch auf Ausgleich von Vermögensnachteilen, die ihm aufgrund rechtswidriger Entscheidungen des Dienstherrn im Zusammenhang mit der Beihilfegewährung entstanden sind. Ein Ausgleich derartiger Nachteile kann nur unter den Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs verlangt werden.

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG (vgl. auch § 48 Satz 1 BRRG, § 79 Satz 1 BBG) ist verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 garantiert (vgl. BVerfGE 43, 154 <165>; 46, 97 <117>; 83, 89 <98>) und hat zentrale Bedeutung für das Beamtenverhältnis. Als Generalklausel kann § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG auch unmittelbar und selbständig Rechtsgrundlage für Zahlungsansprüche des Beamten gegen den Dienstherrn sein. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn geht jedoch nicht über das hinaus, was dem Beamten oder früheren Beamten durch spezialgesetzliche Regelung abschließend eingeräumt ist (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2000 - BVerwG 2 C 38.99 - zur Veröffentlichung vorgesehen <S. 7 UA> m.w.N.). Insbesondere ist die Fürsorgepflicht im Hinblick auf die Krankheitsvorsorge des Beamten grundsätzlich abschließend durch Beihilfevorschriften konkretisiert (vgl. Urteile vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 19.79 - BVerwGE 60, 212 <214 f.>, vom 21. Januar 1982 - BVerwG 2 C 46.81 - BVerwGE 64, 333 <343> und vom 10. Juni 1999 - BVerwG 2 C 29.98 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 12 S. 3). Deshalb ist ein Rückgriff auf die Generalklausel ausgeschlossen, um die durch Spezialvorschriften im Einzelnen nach Art und Umfang begrenzten Ansprüche zu erweitern.

Eine solche abschließende Regelung, mit welchen Mitteln und in welchem Umfang der Dienstherr dem Beamten und seiner Familie Schutz in Krankheitsfällen gewährt, hat das Land Schleswig-Holstein in § 95 Abs. 2 LBG getroffen. Danach sind Zuschüsse zu den Kosten einer privaten Krankenversicherung nicht vorgesehen. Das ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 83, 89 <100>).

§ 95 Abs. 1 Satz 2 LBG bietet keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Ausgleich von Vermögensnachteilen des Beamten, die durch rechtswidrige Maßnahmen des Dienstherrn veranlasst worden sind. Die Rechtswidrigkeit ist kein Merkmal, an das die Fürsorgepflicht anknüpft. Leistungsverpflichtungen nach dem Fürsorgegebot treten ergänzend zu der Verpflichtung des Dienstherrn, den amtsangemessenen Unterhalt des Beamten zu gewährleisten (vgl. BVerfGE 83, 89 <100>). Hingegen sind Ansprüche, die aus der Verletzung einer Rechtspflicht hergeleitet werden, prinzipiell dem Haftungsrecht zugeordnet. Zwar können sich auch aus einer Verletzung der Fürsorgepflicht Schadenersatzansprüche ergeben. Indessen bestimmt § 95 LBG selbst nicht die Voraussetzungen und den Inhalt derartiger Ansprüche. Ob diese bestehen, beurteilt sich nach den allgemeinen Vorschriften.

Im Übrigen umfasst die Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht die Pflicht, jedweden Vermögensnachteil des Beamten auszugleichen. Allenfalls unzumutbare Belastungen des Beamten könnten den Wesenskern der Fürsorgepflicht berühren. Solche unzumutbaren Belastungen des Klägers sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ersichtlich. Der Vermögensnachteil des Klägers betrug per Saldo ab September 1991 etwas mehr als 100 DM pro Monat. Eine solche Einbuße ist nach den besoldungsrechtlichen Verhältnissen des Klägers nicht geeignet, den Wesenskern der Fürsorgepflicht in Frage zu stellen.

Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht aus einem anderen Grunde im Ergebnis als zutreffend dar. Den Ausgleich von Vermögensdispositionen, die durch rechtswidriges behördliches Verhalten veranlasst worden sind und ihren Zweck verfehlt haben, kann der Kläger nicht unabhängig von einem schuldhaften Verhalten des Beklagten verlangen.

Als Grundlage für das mit der Klage verfolgte Begehren kommt ein verschuldensunabhängiger Folgenbeseitigungsanspruch (vgl. Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 34.88 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 199 S. 28) nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch ist auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustandes gerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestanden hat (vgl. Urteile vom 19. Juli 1984 - BVerwG 3 C 81.82 - BVerwGE 69, 366 <370 f.>, vom 6. September 1988 - BVerwG 4 C 26.88 - BVerwGE 80, 178 <179>, vom 23. Mai 1989 - BVerwG 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <95>, vom 26. August 1993 - BVerwG 4 C 24.91 - BVerwGE 94, 100 <119> und vom 21. September 2000 - BVerwG 2 C 5.99 - <S. 35 f. UA> zur Veröffentlichung vorgesehen). Zu einem darüber hinausgehenden Erfolg kann er nicht führen (vgl. Beschluss vom 5. Februar 1998 - BVerwG 2 B 56.97 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 25 S. 2 m.w.N.). Er ermöglicht deshalb keinen Ausgleich für Schäden, die durch rechtswidriges Verwaltungshandeln verursacht worden sind (vgl. Urteile vom 12. Juni 1979 - BVerwG 2 C 19.75 - Buchholz 237.5 § 92 HessBG Nr. 5 S. 5 m.w.N., vom 15. November 1984 - BVerwG 2 C 56.81 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 145 S. 47 f. und vom 21. September 2000 <a.a.O.>).

Die vom Kläger geltend gemachten Vermögensnachteile sind durch Dispositionen privatrechtlicher Art entstanden. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes könnte nur darin bestehen, dass der Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung und die darauf beruhenden Prämienzahlungen rückgängig gemacht werden. Diese dem Privatrecht zugeordnete Rechtsbeziehung entzieht sich dem Einfluss des Dienstherrn. Ihm ist es nicht möglich, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Im Übrigen erfasst der Folgenbeseitigungsanspruch die rechtswidrigen Folgen einer Amtshandlung, auf die sie nicht unmittelbar gerichtet war, jedenfalls dann nicht, wenn die weiteren Folgen erst durch ein auf der eigenen Entschließung des Betroffenen beruhendes Verhalten verursacht worden sind (vgl. Urteil vom 19. Juli 1984, a.a.O., S. 373). Dem Kläger stand es rechtlich frei, sich nach der Entscheidung des Beklagten über die Kindergeldgewährung zu höheren Beiträgen zu versichern, um Risiken der ungewissen Rechtslage auszuschließen, oder es in der Erwartung, dass sich sein Rechtsstandpunkt durchsetzen werde, bei dem bisherigen Versicherungstarif zu belassen.

Der Kläger kann den Anspruch auf Übernahme von Kosten der privaten Krankenversicherung nur als Schadenersatzanspruch geltend machen. Ein solcher Anspruch setzt ein Verschulden des Dienstherrn voraus. Umstände, die ein solches Verschulden begründen oder ausschließen, hat das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht festgestellt.

Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger Pflichten aus dem Beamtenverhältnis verletzt. Die Vorenthaltung des Kindergeldes ab September 1991 für den im August 1964 geborenen Sohn des Klägers war rechtswidrig. Dies steht nach dem rechtskräftigen Urteil des Sozialgerichts vom 27. Oktober 1993 für das verwaltungsgerichtliche Verfahren verbindlich fest. Wird Kindergeld aufgrund eines sozialgerichtlichen Urteils gezahlt, so ist diese Entscheidung maßgeblich für den kinderbezogenen Teil des (früheren) Ortszuschlages gemäß § 40 Abs. 3 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1991, BGBl I S. 293 (vgl. Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 2 C 16.92 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 27 S. 41 f.). War das Kind nach der sozialgerichtlichen Entscheidung beim Ortszuschlag zu berücksichtigen, so war es auch gemäß § 95 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BhV in die Beihilfe einbezogen. Denn ein Kind, das im Ortszuschlag berücksichtigt wird, ist auch im Sinne der Beihilfevorschriften "berücksichtigungsfähig".

Für den Schadenersatzanspruch ist es unerheblich, dass der Beklagte mit der fehlerhaften Entscheidung über die Kindergeldberechtigung nicht seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger, sondern seine Pflicht, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld zu beachten, verletzt hat. Nicht nur die Verletzung der Fürsorgepflicht, sondern auch die Verletzung sonstiger Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis können Ansprüche auf Ersatz der dadurch verursachten Schäden begründen (vgl. Urteil vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 2 f. m.w.N.). Die daraus resultierenden Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis können im Verwaltungsrechtsstreit geltend gemacht werden (vgl. § 126 Abs. 1 BRRG, § 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

Zur Gewährung von Kindergeld an einen Beamten in den Jahren 1991 bis 1993, in denen noch das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Januar 1990 (BGBl I S. 149) mit späteren Änderungen galt, war abweichend von §§ 15, 24 BKGG a.F. der Dienstherr verpflichtet. Obgleich das Kindergeld nicht Bestandteil der Besoldung, sondern eine eigenständige Sozialleistung war (vgl. Art. I § 25 sowie Art. II § 1 Nr. 13 SGB I), diente die Zuständigkeit nach § 45 BKGG der Wahrung der unmittelbaren personalen Beziehung zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn auch im Hinblick auf die Leistung von Kindergeld. Ungeachtet der Rechtswegzuweisung nach § 27 BKGG a.F. war die fehlerfreie Anwendung des Kindergeldrechts eine originäre Verpflichtung des Dienstherrn aus dem bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

Die fehlerhafte Entscheidung des Beklagten über die Kindergeldberechtigung war kausal für einen Schaden des Klägers. Aufgrund der rechtswidrigen Vorenthaltung sah sich der Kläger nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts veranlasst, einen Versicherungsschutz in Anspruch zu nehmen, der wegen der möglicherweise ausfallenden oder geringeren Beihilfe mit höheren Beiträgen verbunden war, um für den Fall, dass sich die Entscheidung des Beklagten als rechtmäßig erweisen sollte, nicht selbst mit krankheitsbedingten Aufwendungen für sich und den Sohn belastet zu sein. Diese (Mehr-)Kosten haben sich als wirtschaftlich unnütz herausgestellt, da der kindergeldberechtigte Kläger einen ausreichenden Versicherungsschutz mit geringeren Beiträgen erlangt hätte. Zudem konnten die durch höhere Versicherungsbeiträge erkauften höheren Erstattungsleistungen des Versicherungsunternehmens nicht dem Kläger zugute kommen, weil nach § 95 Abs. 2 LBG in Verbindung mit § 15 BhV die Beihilfe zusammen mit den aus demselben Anlass gewährten Leistungen aus einer Krankenversicherung nicht die beihilfefähigen Aufwendungen übersteigen darf (so genannte 100 %-Grenze).

Dass der Kläger den Ersatz von Vermögensnachteilen begehrt, die erst aufgrund der von ihm selbständig getroffenen Dispositionen eingetreten sind, schließt den Schadenersatzanspruch nicht aus. Zwar ist der Beamte nach geltendem Recht in der Wahl seiner Krankenvorsorge frei. Er entscheidet in eigener Verantwortung darüber, in welchem Umfang, bei welchem Versicherungsunternehmen, zu welchen Versicherungsbedingungen und welcher eigenen Beitragsverpflichtung er Vorsorge treffen oder ob er anstelle einer Versicherung selbst Rücklagen für den Krankheitsfall bilden will (vgl. Urteile vom 30. November 1964 - BVerwG 8 C 268.63 - BVerwGE 20, 44 <51> und vom 26. Oktober 1967 - BVerwG 2 C 62.67 - BVerwGE 28, 174 <176>; BVerfGE 83, 89 <105>). Gleichwohl sind die zweckverfehlten Dispositionen ein Schaden, weil dem Kläger bei ungewisser Rechtslage das Risiko nicht zuzumuten war, im Falle einer etwaigen Krankenbehandlung Aufwendungen in unabsehbarer Höhe selbst tragen zu müssen. Danach ist als Schaden ausgleichsfähig die Vermögensdifferenz, die sich aus einem Vergleich der Leistungen für den umfänglicheren Krankenversicherungsschutz und einen Krankenversicherungsschutz, der den nach materiellem Recht bestehenden Beihilfeansprüchen angepasst gewesen wäre (so genannte beihilfekonforme Versicherung), ergibt.

Der Schadenersatzanspruch setzt jedoch ein Verschulden voraus. Ebenso wie die Amtshaftung (vgl. § 839 BGB) erfordert auch die Haftung wegen Leistungsstörungen in einem Schuldverhältnis regelmäßig ein Verschulden des Verpflichteten (vgl. z.B. §§ 275, 276, 286, 323 ff. BGB). Der in den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts zum Ausdruck kommende Rechtsgrundsatz gilt auch für die Haftung des Dienstherrn wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis (stRspr; z.B. Urteile vom 24. August 1961 - BVerwG 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <22> und vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <125>). Hieran ist festzuhalten. Ausschließlich dem Gesetzgeber ist es vorbehalten, eine verschuldensunabhängige Schadenersatzpflicht des Dienstherrn zu normieren (vgl. zuletzt Beschluss vom 14. August 1998 - BVerwG 2 B 34.98 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 23 S. 2). Einer richterlichen Rechtsfortbildung sind insoweit Grenzen gesetzt.

Die Frage, ob dem Beklagten im Hinblick auf die rechtswidrige Entscheidung, dem Kläger ab September 1991 kein Kindergeld für den im Jahre 1964 geborenen Sohn zu gewähren, Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. Es hat insoweit auch keinerlei Feststellungen getroffen, die dem Revisionsgericht eine eigene Würdigung ermöglichen. Um die notwendigen Tatsachenfeststellungen nachholen zu können, ist der Rechtsstreit gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 1 340 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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