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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: BVerwG 3 A 3.04
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 164
Bei Verwaltungsvereinbarungen zwischen Ländern ist dem Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG durch einen Briefwechsel genügt, wenn die Zusammengehörigkeit der beiderseitigen Erklärungen aus den Umständen zweifelsfrei ersichtlich ist. Es ist nicht darüber hinaus erforderlich, dass beide Vertragserklärungen in derselben Urkunde enthalten sind.

Zur Reichweite von § 164 GVG beim Maßregelvollzug im Jugendstrafrecht.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 A 3.04

Verkündet am 19. Mai 2005

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Dette, Liebler und Prof. Dr. Rennert

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 285 522,01 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 259 501,43 € und in Höhe von 4 % aus 26 020,58 € seit 1. September 2004 zu bezahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

I.

Der klagende Freistaat Sachsen begehrt vom beklagten Land Sachsen-Anhalt Erstattung von Kosten des Maßregelvollzugs gegenüber Mirko M.

Mit Urteil vom 24. März 2000 ordnete die Große Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Halle/Saale gegen M., der in Leipzig wohnte, gemäß §§ 63 StGB, 1, 105 JGG die Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus an. Mit Schreiben vom 11. Mai 2000 richtete der Vorsitzende der Großen Strafkammer ein entsprechendes Aufnahmeersuchen an den Kläger. Daraufhin erklärte sich das Sozialministerium des Klägers gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 29. Mai 2000 zur Aufnahme des M. bereit und bat um Übersendung einer Kostenzusage. Das Sozialministerium des Beklagten antwortete mit Schreiben vom 13. Juli 2000, dass die Kosten der Unterbringung übernommen würden. M. wurde am 23. Juni 2000 in das Sächsische Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie (SKH) Altscherbitz aufgenommen. Der Beklagte bezahlte die Unterbringungskosten bis einschließlich Januar 2001. Auf entsprechende Mahnungen des SKH Altscherbitz antwortete das Sozialministerium des Beklagten mit Schreiben vom 14. Mai 2001, dass "nach derzeitiger Situation ein Rechtsgrund für eine Zahlungsverpflichtung nicht besteht". Die bisherigen Zahlungen seien in Erwartung einer Ländervereinbarung über ein Kostenausgleichsverfahren erfolgt, die jedoch nicht zustande gekommen sei. Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (§ 164 GVG) und der Strafvollstreckungsordnung (insb. § 9 StVollstrO) finde eine Kostenerstattung beim Maßregelvollzug nicht statt. Mit weiterem Schreiben vom 17. Oktober 2003 bekräftigte das Sozialministerium des Beklagten diese Rechtsauffassung gegenüber dem Sozialministerium des Klägers; die Kostenzusage sei mit dem Schreiben vom 14. Mai 2001 zurückgenommen worden.

Der Kläger hat am 1. September 2004 Klage erhoben, mit der er beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 285 522,01 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 259 501,43 € und in Höhe von 4 % aus 26 020,58 € seit 1. September 2004 zu verurteilen.

Er macht geltend, der Beklagte habe sich vertraglich verpflichtet, die Kosten für die Unterbringung von M. zu übernehmen. Diese Vereinbarung sei nicht nichtig und auch nicht wirksam gekündigt worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Weil M. zuletzt in Leipzig gewohnt habe, sei der Kläger zum Maßregelvollzug zuständig. Das Landgericht Halle habe daher den Kläger mit Recht um Übernahme des M. ersucht. Gemäß § 164 GVG finde eine Kostenerstattung von Land zu Land nicht statt. Die Vorschrift gelte nicht nur für die Vollstreckung von Freiheitsstrafen, sondern auch für den Maßregelvollzug und erfasse nicht nur die Verwaltungskosten, sondern auch die Kosten der Maßnahme selbst. Danach habe der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Allerdings hätten Ende der 90er Jahre zwischen den Ländern Verhandlungen mit dem Ziel stattgefunden, dass im Falle des Vollzuges von Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB die Kosten von dem Land zu tragen seien, in dem das die Unterbringung anordnende Gericht seinen Sitz habe. Mit Blick auf diese Verhandlungen habe er im Falle von M. die Übernahme der Kosten zugesagt. Nachdem die Verhandlungen aber gescheitert waren, habe er die Kostenzusage mit Schreiben vom 14. Mai 2001 zurückgenommen bzw. gekündigt.

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich nicht am Verfahren.

II.

Die Klage ist begründet. Zwischen den Beteiligten wurde ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen, aus dem der Beklagte zur Bezahlung der durch die Unterbringung des M. im SKH Altscherbitz entstehenden Kosten verpflichtet ist (1.). Der Vertrag ist wirksam (2.) und wurde nicht gekündigt (3.). Die Klage ist auch der Höhe nach begründet (4.).

1. Das Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie des Klägers hat sich gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 29. Mai 2000 gegen eine "Kostenzusage" bereit erklärt, M. zum Vollzug der Maßregel in ein Krankenhaus für Psychiatrie des Landes aufzunehmen. In seiner Antwort vom 13. Juli 2000 erklärte das Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales des Beklagten, die Kosten der Unterbringung zu übernehmen. Damit haben die Beteiligten einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen (§ 54 Satz 1 VwVfG).

Hingegen scheidet aus, die Erklärung des Beklagten im Schreiben vom 13. Juli 2000 als Verwaltungsakt zu werten. Auf dem Gebiet des Justizvollzuges stehen sich die Länder im Verhältnis der Gleichordnung gegenüber. Kein Land ist dem anderen übergeordnet. Damit fehlt es an einem Rechtsverhältnis, welches dem einen Land die Befugnis vermitteln könnte, gegenüber einem anderen einseitige Regelungen durch Hoheitsakt zu erlassen.

Ebenso wenig kommt eine einseitige Verpflichtung des Beklagten in Betracht. Vielmehr haben die Beteiligten gegenseitige Rechte und Pflichten begründet: Der Kläger hat sich verpflichtet, M. in eine eigene Einrichtung aufzunehmen, und der Beklagte hat sich verpflichtet, die hieraus entstehenden Kosten zu tragen. Dass der Kläger auch ohne den Vertrag verpflichtet war, M. in die für dessen Wohnort zuständige Einrichtung aufzunehmen (§ 53 Abs. 2 Buchstabe a i.V.m. § 24 Abs. 1 der Strafvollstreckungsordnung - StVollstrO - vom 15. Februar 1956, BAnz Nr. 42, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. August 1987, zuletzt geändert durch Anordnung vom 20. Juni 1991, BAnz S. 4260, vgl. MBl LSA S. 353), ändert hieran nichts. Zwischen den Beteiligten herrschte Ungewissheit, ob diese Aufnahmepflicht ohne oder nur gegen Kostenerstattung besteht, nachdem die Ländervereinbarung über den gegenseitigen Verzicht auf Erstattung von Kosten bei der Unterbringung von Personen auf Grund strafgerichtlicher Entscheidung gemäß §§ 63 und 64 StGB vom 19. November 1964 (vgl. HessJMBl 1977, 471) zum 31. Dezember 1990 gekündigt worden war und Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung ergebnislos blieben. Dann aber war Raum für eine vertragliche Regelung, die an die objektive Rechtslage anknüpfte und deren Unklarheiten für den gegebenen Einzelfall beseitigte.

2. Der Vertrag ist wirksam.

Ein Vertragsformverbot besteht nicht. Dass der Vertrag durch die jeweils zuständigen Stellen geschlossen wurde, wird von den Beteiligten nicht bezweifelt.

Das Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG ist gewahrt. Allerdings befinden sich die beiderseitigen Erklärungen nicht auf derselben Urkunde (vgl. § 62 VwVfG i.V.m. § 126 Abs. 2 BGB). Das ist im vorliegenden Fall aber auch nicht erforderlich. Formvorschriften sind kein Selbstzweck und deshalb unter Berücksichtigung ihres Sinngehalts auszulegen und anzuwenden (Urteil vom 24. August 1994 - BVerwG 11 C 14.93 - BVerwGE 96, 326 <333>). Der Sinngehalt des § 57 VwVfG liegt in der Warn- und Beweisfunktion der Schriftform. Dem ist hier dadurch genügt, dass die beiderseitigen Verpflichtungen im Schreiben des Klägers an den Beklagten niedergelegt sind und der Beklagte in seinem Antwortschreiben zustimmend die eigene Verpflichtung bestätigt. Jedenfalls bei Verwaltungsvereinbarungen zwischen Ländern ist nicht darüber hinaus erforderlich, dass beide Vertragserklärungen - namentlich die beiden Unterschriften - in ein und derselben Urkunde enthalten sind; ein Briefwechsel genügt, wenn die Zusammengehörigkeit der beiderseitigen Erklärungen aus den Umständen zweifelsfrei ersichtlich ist.

Der Vertrag ist auch nicht nichtig. Ob eine Regelung, die durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag getroffen wird, an einem zur Nichtigkeit führenden Mangel leidet, entscheidet zum einen das allgemeine Vertragsrecht und zum anderen das jeweils einschlägige Fachrecht. Dabei ist der differenzierenden Regelung in § 59 VwVfG zu entnehmen, dass nicht jeder Rechtsverstoß, sondern nur qualifizierte Fälle der Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit führen sollen. Da die in § 59 Abs. 2 VwVfG aufgeführten Tatbestände bei koordinationsrechtlichen Verträgen ohne weiteres ausscheiden, kommt als Nichtigkeitsgrund allein ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB in Betracht (stRspr; vgl. Urteile vom 23. August 1991 - BVerwG 8 C 61.90 - BVerwGE 89, 7 <10> und vom 3. März 1995 - BVerwG 8 C 32.93 - BVerwGE 98, 58 <63>). Ein solches Verbot ist indes nicht ersichtlich.

Namentlich lässt es sich nicht § 164 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) entnehmen. Hiernach werden Kosten der Rechtshilfe von der ersuchenden Behörde nicht erstattet. Es mag dahinstehen, ob diese Vorschrift der ersuchenden Behörde schlechthin verbietet, die Kosten der Rechtshilfe gleichwohl zu erstatten oder sich hierzu zu verpflichten. Ein derartiges unbedingtes Verbot könnte allenfalls innerhalb des zweifelsfreien Anwendungsbereichs der Vorschrift angenommen werden. Soweit ihre Anwendbarkeit hingegen mit guten Gründen bezweifelt wird, kann die Befugnis der beteiligten Länder, diese Zweifel im Wege einer Vereinbarung auszuräumen, nicht bestritten werden. Von dieser Befugnis geht das Gesetz selbst aus, wenn es eine Behörde sogar in subordinationsrechtlichen Rechtsverhältnissen zum Abschluss von Vergleichsverträgen ermächtigt, die ebenfalls der Beseitigung von Ungewissheiten über die bestehende Rechtslage dienen (§ 55 VwVfG).

Wer die Kosten der Jugendmaßregelvollstreckung zu tragen hat, wenn der Jugendliche (oder Heranwachsende) in die Einrichtung eines anderen Landes eingewiesen wird, ist durchaus zweifelhaft. In der Literatur wird schon gefragt, ob überhaupt ein Fall der Rechtshilfe im Sinne der §§ 156 ff. GVG gegeben ist oder ob aus der besonderen Zuständigkeitsregelung der §§ 84, 85 JGG ein Grundsatz der bundesweiten Direktvollstreckung herzuleiten ist, welcher die Inanspruchnahme von Vollstreckungshilfe insoweit erübrigt (Pohlmann, StVollstrO, 4. Aufl. 1967, Anm. I.1.c zu § 9; Wolf in Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstrO, 7. Aufl. 1996, Rn. 4 zu § 9). Für die Anwendung von § 164 GVG wäre dann kein Raum (vgl. Urteil vom 24. April 1991 - BVerwG 7 A 7.90 - Buchholz 300 § 164 GVG Nr. 1 = NStZ 1991, 557 = RPfleger 1991, 473). Daran schließt sich die weitere Frage an, ob §§ 84, 85 JGG zusätzlich zu entnehmen ist, dass jedes Land bei der Unterbringung eines Jugendlichen, auch wenn er von dem Vollstreckungsleiter eines anderen Landes eingewiesen wurde, stets eine eigene Angelegenheit erfüllt, mit der Folge, dass eine Kostenerstattung von vornherein ausscheidet. Ob §§ 84, 85 JGG - die zunächst bloße Zuständigkeitsvorschriften enthalten - derart weit reichende Konsequenzen beizulegen sind, kann freilich keineswegs als gesichert gelten. Die Verwaltungspraxis der Länder geht offenbar davon aus, dass bei der ländergrenzenübergreifenden Vollstreckung auch im Jugendstrafrecht eine Rechts- bzw. Amtshilfelage gegeben ist. So macht § 9 Abs. 1 StVollstrO keinen Vorbehalt für das Jugendstrafrecht (vgl. § 1 Abs. 3 StVollstrO), und die bereits erwähnte Ländervereinbarung vom 19. November 1964 sah den gegenseitigen Verzicht auf Erstattung von Kosten bei der Unterbringung nach §§ 63, 64 StGB ausweislich ihrer Begründung auch für die Strafvollstreckung nach dem Jugendgerichtsgesetz vor, was überflüssig gewesen wäre, bestünde insofern ohnehin keine Erstattungspflicht.

Wird unterstellt, dass für die ländergrenzenübergreifende Maßregelvollstreckung im Jugendstrafrecht nichts anderes gilt als im Erwachsenenstrafrecht, so darf die Vollstreckungsbehörde (der Vollstreckungsleiter) die Einrichtung eines anderen Landes nicht direkt um Aufnahme des Verurteilten ersuchen, sondern muss die Vermittlung der Justizbehörden des Sitzlandes der Einrichtung in Anspruch nehmen (vgl. Urteil vom 24. April 1991 a.a.O.). Dies sagt § 9 Abs. 1 Satz 2 StVollstrO in der seit dem 1. April 2001 geltenden Fassung ausdrücklich (BAnz S. 9157, vgl. JMBl LSA S. 91) und war auch für die zuvor geltende Fassung allgemein anerkannt; die Ländervereinbarung zur Vereinfachung und Beschleunigung der Strafvollstreckung vom 8. Juni 1999 (vgl. JMBl LSA 2000 S. 4, SächsJMBl 2000 S. 28), die eine Direkteinweisung gestattet, gilt für die Maßregelvollstreckung ausdrücklich nicht (Ziff. III Abs. 2 Satz 2). Setzt die ländergrenzenübergreifende Maßregelvollstreckung mithin die Inanspruchnahme der Vollstreckungshilfe nach § 163 GVG voraus, so ist damit über die Frage der Kostenerstattung noch nicht entschieden. Zwar dürfte mit § 163 GVG auch § 164 Abs. 1 GVG dem Grunde nach anwendbar sein. Unklar ist indes, ob die "Kosten der Rechtshilfe" - über die Eigenkosten der Justizverwaltung des ersuchten Landes hinaus - auch die Kosten justizfremder Einrichtungen wie der Psychiatrischen Landeskrankenhäuser oder von Einrichtungen der Sozialhilfe umfassen (vgl. dazu Pohlmann, StVollstrO, 4. Aufl. 1967, Anm. II.2. zu § 53 StVollstrO). Die Länder der "alten" Bundesrepublik hatten am 19. November 1964 die erwähnte Vereinbarung geschlossen, die dies bejahte; die Kosten einer Unterbringung nach den §§ 63, 64 StGB sollten vom Sitzland der Einrichtung getragen, vom Lande der Vollstreckungsbehörde nicht erstattet werden. Diese Vereinbarung ist jedoch zum 31. Dezember 1990 gekündigt worden, weil die neuen Länder ihr nicht beitreten wollten; Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung hatten bislang keinen Erfolg. Auch die Ländervereinbarung vom 8. Juni 1999 betont noch einmal, dass der in ihr vorgesehene Erstattungsausschluss nicht für die Maßregelvollstreckung gilt, und zwar auch nicht, wenn damit eine Strafvollstreckung verbunden ist (Ziff. III. Abs. 2 Satz 2). Auch bei der Neufassung des § 9 Abs. 1 StVollstrO vom März 2001 wurde die Frage ausgeklammert. Die Vorschrift erklärt hinsichtlich der Anordnungen von Unterbringungen nach §§ 63, 64 oder 66 StGB nur §§ 162, 163 GVG für sinngemäß anwendbar, spart aber § 164 GVG gerade aus.

Bei alldem lässt sich nicht feststellen, dass § 164 GVG einen Verwaltungsvertrag verböte, in dem sich das Land der Vollstreckungsbehörde (Vollstreckungsleiters) zur Erstattung der Kosten verpflichtet, die infolge eines Ersuchens um Vollstreckungshilfe aus der erbetenen Aufnahme des Verurteilten in eine Maßregelvollzugseinrichtung des ersuchten Landes entstehen.

3. Der Beklagte hat den Vertrag nicht wirksam gekündigt.

In seinem Schreiben vom 14. Mai 2001 lässt sich eine derartige Kündigung nicht sehen. Das Schreiben ist schon nicht an das zuständige Ministerium des Klägers gerichtet, sondern an die Vollzugseinrichtung. Es äußert zudem lediglich die Rechtsauffassung, dass eine Zahlungsverpflichtung nicht bestehe, erklärt aber nicht die Kündigung des Vertrages oder in sonstiger Weise den Willen, sich von der eingegangenen Verpflichtung zur Kostentragung einseitig zu lösen. Das Schreiben vom 13. Juli 2000, in dem diese Verpflichtung enthalten war, wird überhaupt nicht erwähnt.

Eine Kündigung könnte frühestens in dem Schreiben vom 17. Oktober 2003 zu sehen sein, das an das zuständige Ministerium des Klägers gerichtet war und dort am 23. Oktober 2003 eingegangen ist. Die Kündigung wäre jedoch nicht wirksam. Ein Kündigungsgrund ist nicht ersichtlich. Namentlich ist nicht erkennbar, dass sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert hätten, dass dem Beklagten das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten wäre (§ 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Der Beklagte macht geltend, er sei die Kostentragungspflicht nur im Vorgriff auf eine erwartete Ländervereinbarung eingegangen, die eine derartige Erstattungspflicht vorsehen sollte, zu der es dann aber nicht gekommen sei. Damit dringt er schon deshalb nicht durch, weil diese Erwartung einseitig geblieben und nicht zur gemeinsamen Vertragsgrundlage erhoben worden ist. Namentlich enthält seine Kostenübernahmeerklärung keinen dahingehenden Vorbehalt.

4. Die Klage ist auch der Höhe nach begründet.

Der Kläger hat den Umfang der zu erstattenden Kosten im Einzelnen dargelegt, ohne dass der Beklagte insoweit widersprochen hätte.

Dem Kläger stehen aus § 291 BGB Prozesszinsen ab dem 1. September 2004 - dem Zeitpunkt der Erhebung der Klage - zu, und zwar hinsichtlich des vor dem 1. Mai 2000 fällig gewordenen Teilanspruchs (26 020,58 €) in Höhe von 4 % (§ 288 BGB a.F.) und hinsichtlich des von diesem Zeitpunkt an fälligen Teilanspruchs (259 501,43 €) in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2, § 247 BGB, Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 285 522,01 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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