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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.03.2006
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 109.05
Rechtsgebiete: VwRehaG, VermG


Vorschriften:

VwRehaG § 2 Abs. 4
VermG § 7a Abs. 2
Im Rahmen des § 2 Abs. 4 VwRehaG berechtigt eine wegen zwischenzeitlicher Verschlechterung des restituierten Grundstücks nach wie vor bestehende Ausgleichsfunktion der seinerzeit gewährten Entschädigung zur Einbehaltung des Betrages, der auf die nach den damaligen Verhältnissen berechnete Wertminderung entfällt; sie lässt die Pflicht nach § 2 Abs. 4 Satz 5 VwRehaG unberührt, den aktuellen Verkehrswert für Ersatzgrundstücke zu entrichten, an deren Eigentum festgehalten wird.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 3 B 109.05

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 27. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 3. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 26 333,52 € festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe einer ihr im Gegenzug zu einer Grundstücksrestitution auferlegten Rückzahlungsverpflichtung.

Die Grundstücksrückgabe knüpfte an die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen einer Zwangsumsiedlung an. Für das seinerzeit enteignete Anwesen der Klägerin im Grenzgebiet war ihr ein Ersatzgrundstück übereignet und hinsichtlich der verbliebenen Wertdifferenz eine Einzelschuldbuchforderung eingeräumt worden. Gleichzeitig mit der Rückgabe des enteigneten Anwesens forderte der Beklagte gemäß § 2 Abs. 4 des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes - VwRehaG - von der Klägerin die Zahlung des Verkehrswerts des Ersatzgrundstücks, welches die Klägerin behalten will, sowie die Rückzahlung eines Teils des damals gewährten Wertausgleichs. Insoweit beschränkte er sich auf einen Teilbetrag, weil die gewährte Entschädigung wegen der zwischenzeitlichen Zerstörung von Gebäuden des enteigneten Anwesens ihre Ausgleichsfunktion teilweise behalten habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

1. Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Entschädigungsleistungen für Gegenstände zurückgefordert werden dürfen, die nicht zurückübertragen worden sind. Hintergrund dieser Grundsatzrüge ist der Umstand, dass einige Flächen des enteigneten Bauernhofs der Klägerin in Niedersachsen liegen und daher nicht von der Enteignung betroffen waren, obwohl ihr Wert in die Berechnung der in der DDR gewährten Entschädigung einbezogen wurde. Die Klägerin steht daher auf dem Standpunkt, dass die für diese Flächen gewährten Leistungen nicht zurückgefordert werden dürften, weil § 2 Abs. 4 VwRehaG nur eine Überkompensation der Schädigung durch Folgeansprüche ausgleichen wolle und nicht dazu diene, das frühere Entschädigungsverfahren einer neuen rechtlichen Bewertung zu unterziehen. Demgemäß müsse ein Entschädigungsteil, der für einen mangels Enteignung nicht zurückübertragenen Vermögenswert gewährt worden sei, bei der Anwendung des § 2 Abs. 4 VwRehaG außer Betracht bleiben.

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sie dem Grunde nach bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist und ihre Beantwortung im Übrigen nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass mit den nach § 2 Abs. 4 VwRehaG zu berücksichtigenden anderen Ausgleichsleistungen, die aufgrund desselben Sachverhalts tatsächlich zugeflossen sind, die Leistungen gemeint sind, die auf dasselbe Geschehen zurückzuführen sind, welches Gegenstand der Rehabilitierung war (vgl. Urteil vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 C 24.99 - Buchholz 428.6 § 2 VwRehaG Nr. 1). Unter der gebotenen Einbeziehung der Regelung des § 7a Abs. 2 des Vermögensgesetzes - VermG - sind darunter alle vermögenswerten Vorteile zu verstehen, die der Berechtigte im Zusammenhang mit dem Vermögensverlust erlangt hat (vgl. Urteil vom 30. Juni 2005 - BVerwG 3 C 37.04 - a.a.O. Nr. 2). Demgegenüber kommt es für die Pflicht zur Berücksichtigung erhaltener Leistungen nicht darauf an, ob in ihre Berechnung nur der Wert tatsächlich enteigneter Vermögenswerte oder auch Werte von Gegenständen eingeflossen sind, die in Wahrheit nicht von dem Eigentumszugriff erfasst waren; denn auch die Einberechnung solcher Werte ändert nichts an der Tatsache, dass Grund aller gewährten Leistungen der schädigende Zugriff war, so dass sie auch insgesamt in den Vorteilsausgleich einfließen müssen. Insoweit ist auch die Vorstellung der Klägerin verfehlt, der "zuviel" gezahlte Entschädigungsbetrag sei gleichsam ohne Rechtsgrund bezahlt worden, so dass sie gegenüber dem Rückforderungsverlangen den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB erheben könne. Die Berücksichtigungspflicht nach § 2 Abs. 4 VwRehaG orientiert sich gerade nicht daran, ob und inwieweit seinerzeit ein Ausgleichs- oder Entschädigungsanspruch bestand, sondern allein daran, ob und welcher Höhe solche Leistungen dem Geschädigten tatsächlich zugeflossen sind.

2. Auch die weitere von der Klägerin sinngemäß gestellte und für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, wie die Rückzahlungsverpflichtung nach § 2 Abs. 4 VwRehaG zu berechnen sei, wenn nach Gegenständen unterschiedliche Entschädigungsleistungen erbracht worden seien - hier Ersatzgrundstücke und eine Einzelschuldbuchforderung - und die Rückgabe des enteigneten Vermögenswerts wegen seiner zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung die Ausgleichsfunktion der Entschädigung nur teilweise entfallen lässt, führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Die Klägerin wendet sich in diesem Zusammenhang dagegen, dass der Beklagte zwar eine Verschlechterung der zurückgegebenen Grundstücke anerkannt habe, welche die Ausgleichsfunktion der gewährten Entschädigung teilweise erhalte, dies aber nur der seinerzeit gewährten Wertdifferenz zuordne und nur insoweit die Rückzahlungsverpflichtung reduziere. Demgegenüber steht die Klägerin auf dem Standpunkt, die Wertminderung der restituierten Stücke müsse quotal bei allen als Entschädigung geleisteten Gegenständen berücksichtigt werden mit der Folge, dass sowohl die zurückzuzahlende Geldentschädigung als auch der von ihr für das Ersatzgrundstück zu entrichtende Verkehrswert um denselben Anteil zu reduzieren seien, um den die zurückgegebenen Grundstücke im Wert gemindert seien.

Auch diese Rüge kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen; denn der geltend gemachte Klärungsbedarf besteht nicht. Die Klägerin verfehlt die Rechtsprechung, nach der Entschädigungsleistungen behalten werden dürfen, die ihre Ausgleichsfunktion trotz der Restitution nicht einbüßen (Urteil vom 17. Mai 2000, a.a.O.), bereits in ihrem Ausgangspunkt; denn das "Behaltendürfen" bedeutet nichts anderes, als dass die seinerzeit gewährte Entschädigung nicht zurückgegeben werden muss, soweit sie nach wie vor ihre Berechtigung hat. Das heißt aber, dass Anknüpfungspunkt für die Ermittlung dessen, was behalten werden darf, ausschließlich die damaligen Wertverhältnisse von geschädigtem Vermögenswert und gewährter Entschädigungsleistung sind. In dem Umfang, in dem der geschädigte Vermögenswert unter Zugrundelegung der für die Entschädigung vorgenommenen Wertberechnung seinen seinerzeit angenommenen Wert eingebüßt hat, bleibt die Ausgleichsfunktion der Entschädigung erhalten, oder anders herum gewendet: Zurückgezahlt werden muss die gewährte Entschädigung abzüglich des Betrages, der auf die nach den damaligen Verhältnissen berechnete Wertminderung entfällt. Davon unabhängig ist die Frage der Behandlung seinerzeit übereigneter Ersatzgrundstücke. Entscheidet sich der Geschädigte - wie hier die Klägerin -, diese Grundstücke trotz der Restitution des enteigneten Vermögenswertes zu behalten, muss er nach § 2 Abs. 4 Satz 5 VwRehaG den aktuellen Verkehrswert entrichten. Diese Pflicht besteht selbst dann, wenn die Ausgleichsfunktion der seinerzeit gewährten Entschädigung nicht vollständig erloschen ist; denn das berechtigt nur dazu, einen Teil der damaligen Entschädigungssumme zu behalten - und zwar gleichgültig, in welcher Form die Entschädigung geleistet wurde -, nicht aber dazu, am aktuellen Verkehrswert von Ersatzgrundstücken zu partizipieren. Anders als die Klägerin meint, geht es nicht darum, die noch heute bestehende Ausgleichsfunktion der in der DDR gewährten Entschädigung nur bestimmten Entschädigungsgegenständen zuzuordnen, sondern darum, dass sich die Berechnung dieser Position ausschließlich an den seinerzeitigen Wertverhältnissen orientiert und nicht davon abhängig ist, welcher Art die gewährten Entschädigungsgegenstände waren und welche Wertentwicklung diese genommen haben.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs rügt, weil sich das Verwaltungsgericht nicht mit den in ihrem Schriftsatz vom 2. Mai 2005 vorgetragenen und in der mündlichen Verhandlung erläuterten Argumenten auseinander gesetzt habe, bleibt ihre Beschwerde ebenfalls erfolglos. Die Klägerin verkennt, dass das Verwaltungsgericht sich für die Berechnung der von dem Rückzahlungsbetrag vorzunehmenden Abzüge ausdrücklich auf die Ausführungen des Beklagten in seinem Änderungsbescheid vom 1. Dezember 2004 bezogen und sich diese nach § 117 Abs. 5 VwGO zu Eigen gemacht hat. Aus diesen Ausführungen ergibt sich aber, dass für die Berechnung des von der Rückzahlungsverpflichtung ausgenommenen Betrages allein die seinerzeitigen Entschädigungswerte maßgeblich sind. Damit hat das Verwaltungsgericht hinreichend deutlich gemacht, dass es den abweichenden Vorstellungen der Klägerin zu der Berechnung dieses Betrages nicht folgen will.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 3 sowie § 72 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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