Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2006
Aktenzeichen: BVerwG 3 B 63.06
Rechtsgebiete: VZOG


Vorschriften:

VZOG § 8 Abs. 4 Satz 2
Der nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG aufgrund eines bestandskräftigen Bescheids der Zuordnungsbehörde auf Auskehr des Erlöses oder Wertersatz in Anspruch Genommene kann sich jedenfalls so lange nicht auf die Berechtigung eines privaten Dritten an dem Zuordnungsobjekt berufen, wie dieser selbst ihm gegenüber keine entsprechenden Ansprüche geltend gemacht hat.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 3 B 63.06

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Prof. Dr. Rennert

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 30. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

Die Klägerin beansprucht als Zuordnungsberechtigte nach § 8 Abs. 4 Satz 2 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - von der beklagten Gemeinde die Auskehrung des Wertes von vormals in Volkseigentum stehenden Grundstücken, welche diese als im Grundbuch eingetragene Rechtsträgerin im Jahre 1991 veräußert hat. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, weil die Auskehrpflicht der Beklagten durch den Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Berlin bestandskräftig festgestellt worden sei und die Beklagte sich zudem nicht darauf berufen könne, dass die DDR seinerzeit nicht Eigentümerin geworden sei; maßgeblich sei, dass mit der Feststellung des staatlichen Erbrechts im Jahre 1965 nach der Rechtswirklichkeit der DDR unangreifbares Volkseigentum entstanden sei. Demgegenüber könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ein erbberechtigter Verwandter vorhanden sei, was jedoch wegen der bestandskräftigen Zuordnungsbescheide dahingestellt bleiben könne. Die Ansprüche des "wahren Erben" blieben nach § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG ohnehin unberührt.

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht weder im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (1.) noch rechtfertigt der Vortrag der Beklagten die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2.). Es ist auch kein Verfahrensmangel erkennbar, auf dem das angegriffene Urteil nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen kann (3.). Schließlich kann auch der in das Beschwerdeverfahren eingeführte neue Tatsachenvortrag der Beklagten nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen (4.).

1. Die Beklagte sieht eine Divergenz zwischen dem angegriffenen Urteil und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2003 - BVerwG 3 C 2.03 - (Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 15). Die Abweichung bestehe darin, dass das Verwaltungsgericht von der Unanfechtbarkeit der Bescheide des Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Berlin ausgehe, während das Bundesverwaltungsgericht in dem herangezogenen Urteil ausführe, dass die Regelungs- oder Feststellungsbefugnis der Zuordnungsbehörde sich nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen privater Rechte erstrecke.

Die gerügte Divergenz besteht nicht. Vielmehr legt das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG und in Übereinstimmung mit den Ausführungen in dem von der Beklagten herangezogenen Urteil des Senats ausdrücklich dar, dass die Ansprüche des "wahren Erben" unberührt blieben. Das bedeutet nichts anderes, als dass auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Bestandskraft der Bescheide solche privaten Rechte nicht erfasst.

2. Die Beklagte will allerdings aus dem gesetzlich angeordneten Vorbehalt zugunsten privater Rechte Dritter den weiteren Schluss ziehen, dass sie sich gegenüber dem bestandskräftig festgestellten Anspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG auf den Vorrang der privaten Berechtigung eines Dritten am Zuordnungsobjekt berufen kann. Dazu ergibt sich aus dem von ihr herangezogenen Urteil des Senats vom 12. Juni 2003 (a.a.O.) nichts. Insoweit hilft der Beklagten auch eine Umdeutung ihrer Divergenzrüge in eine Grundsatzrüge nicht weiter; denn es liegt auf der Hand und begründet daher auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass der nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG aufgrund eines bestandskräftigen Bescheides der Zuordnungsbehörde auf Auskehr des Erlöses oder Wertersatz in Anspruch Genommene sich jedenfalls so lange nicht auf die Berechtigung eines privaten Dritten an dem Zuordnungsobjekt berufen kann, wie dieser selbst ihm gegenüber keine entsprechenden Ansprüche geltend gemacht hat.

3. Ebenfalls erfolglos bleibt die Verfahrensrüge der Beklagten, mit der sie beanstandet, dass das Verwaltungsgericht keinen Beweis über das Vorhandensein von gesetzlichen Erben erhoben habe. Maßgebend für die Pflicht zur Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO ist die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung. Ausgehend davon kam es auf die von der Beklagten unter Beweis gestellte Tatsache nicht an, weil das Verwaltungsgericht das Volkseigentum der DDR als unangreifbar, den Erlösauskehranspruch der Klägerin als bestandskräftig festgestellt und die Rechte des vermeintlichen Erben als durch § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG gewahrt angesehen hat.

4. Schließlich hilft der Beklagten auch nicht der neu ins Beschwerdeverfahren eingeführte Tatsachenvortrag weiter, wonach die Zuordnungsentscheidung inzwischen hinsichtlich einiger Flurstücke (früher Flurstück 64/20) zurückgenommen worden sei. Zwar lässt das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren den Vortrag neuer Tatsachen aus Gründen der Prozessökonomie ausnahmsweise dann zu, wenn die neuen Tatsachen nicht weiter beweisbedürftig sind, ihre Verwertung einer endgültigen Streiterledigung dient und ihre Berücksichtigung schützenswerte Interessen der Beteiligten nicht berührt (Urteil vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 16.87 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64). Diese Rechtsprechung ist auf das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht übertragbar (Beschluss vom 28. Januar 2003 - BVerwG 7 B 73.02 - Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 34). Anders als im Revisionsverfahren geht es im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht (unmittelbar) um die richtige Entscheidung des Rechtsstreits, sondern darum, ob die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegen. Zu diesen gehört die (bloße) Unrichtigkeit der ergangenen Entscheidung nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG); wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück