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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 13.11.1997
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 44.96
Rechtsgebiete: GG, Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen (BO 96) § 25 Abs. 1
Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen (BO 96) § 33
Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen (BO 96) § 34
Berufsordnung der Hamburger Ärzte (B0 80) § 21 Abs. 1 Satz 1
Berufsordnung der Hamburger Ärzte (B0 80) § 26
Berufsordnung der Hamburger Ärzte (B0 80) § 27
Berufsordnung der Hamburger Ärzte (B0 80) § 28
Leitsatz:

Ein niedergelassener Kardiologe, der in größerer räumlicher Entfernung von seiner Praxis in standesrechtlich zulässiger Weise einen Herzkatheter-Meßplatz betreibt, ist berechtigt, im Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" neben Anschrift und Telefonnummer seiner Praxis auch den Herzkatheter-Meßplatz mit Anschrift und Telefonnummer anzuzeigen. Die Berufsordnung der Ärztekammer kann dieses Recht nicht ausschließen.

Urteil des 3. Senats vom 13. November 1997 - BVerwG 3 C 44.96

I. VG Hamburg vom 20.01.1995 - Az.: 2 VG 525/94 II. OVG Hamburg vom 24.05.1995 - Az.: OVG Bf VI 46/95


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 C 44.96 OVG Bf VI 46/95

Verkündet am 13. November 1997

Stoffenberger Justizsekretärin z.A. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Pagenkopf, Dr. Borgs-Maciejewski und Kimmel

für Recht erkannt:

Der Beschluß des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. Mai 1995 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Januar 1995 werden teilweise aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß der Kläger berechtigt ist, im Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" neben Adresse und Telefonnummer seiner Praxis in der H - straße , den von ihm betriebenen Herzkatheter-Meßplatz mit Adresse und Telefonnummer sowie die Telefonnummer für die Herzkatheter-Anmeldung, und zwar ohne Erwähnung des Krankenhauses, eintragen zu lassen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Die Kosten der vorinstanzlichen Verfahren tragen der Kläger zu einem Drittel und die Beklagte zu zwei Dritteln.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Berechtigung des Klägers, in das Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" Angaben zu dem von ihm betriebenen Herzkatheter-Meßplatz aufnehmen zu lassen.

Der Kläger betreibt in H eine Arztpraxis als niedergelassener Kardiologe. In größerer räumlicher Entfernung betreibt er außerdem gemeinsam mit zwei Kollegen im Rahmen einer Apparategemeinschaft auf dem Gelände des Krankenhauses ein Herz-Kreislauf-Labor mit einem Linksherzkatheter-Meßplatz. Der Kläger untersucht hier an zwei bis drei Tagen in der Woche jeweils eigene Patienten. Außerdem sind dort mehrere Krankenschwestern und eine Sekretärin tätig. Die beklagte Ärztekammer hat dem Kläger auf Anfrage mitgeteilt, daß es sich bei dem Herz-Kreislauf-Labor um einen ausgelagerten Praxisteil und nicht um eine genehmigungsbedürftige Zweigpraxis handele.

Im September 1993 informierte der Kläger die Beklagte, er beabsichtige, in das Branchentelefonbuch folgende Eintragung vornehmen zu lassen:

" Dr. med. Kardiologe alle Kassen - Voranmeldung Straße, H. Herzkatheterabteilung am Krankenhaus Straße, H. Herzkatheteranmeldung

Daraufhin antwortete die Beklagte, nach der Berufsordnung der Hamburger Ärzte dürften nur Namen, Titel, Telefonnummer, Adresse, Sprechzeiten und die von dem Arzt erworbenen Weiterbildungsbezeichnungen aufgenommen werden. Die Angabe besonderer Untersuchungsmethoden sei demgegenüber unzulässig. Man werde daher eine entsprechende Eintragung verhindern.

Am 16. Februar 1994 hat der Kläger Klage auf Feststellung erhoben, daß er berechtigt sei, im Branchentelefonbuch die oben wiedergegebene Eintragung vornehmen zu lassen. Hilfsweise hat er die Feststellung beantragt, daß er berechtigt sei, die Eintragung ohne die Angabe "am Krankenhaus" vornehmen zu lassen. Weiter hilfsweise hat er die Eintragung unter Verwendung des Wortes "Herzkatheteruntersuchung" und schließlich unter Streichung der Ortsangabe zur Entscheidung gestellt.

Zur Begründung seines Begehrens hat der Kläger sich auf das Grundrecht der Berufsfreiheit berufen. Die Berufsordnung der H Ärzte biete keine Grundlage für die Verweigerung des von ihm in Anspruch genommenen Rechts. Die Bestimmungen über Praxisschilder und Briefköpfe seien auf Eintragungen im Branchenfernsprechbuch nicht zu übertragen.

Die streitige Eintragung sei sachgerecht und notwendig, weil es immer wieder vorkomme, daß sich Patienten, die ihm zu einer Herzkatheteruntersuchung überwiesen worden seien, in seiner Praxis statt im Herz-Kreislauf-Labor einfänden. Dadurch würden sowohl die Patienten als auch seine Praxis unzumutbar belastet. Die Angehörigen der untersuchten Patienten hätten ohne die streitige Eintragung keine ausreichende Möglichkeit, sich nach deren Befinden zu erkundigen. Eine solche Möglichkeit sei dringend geboten, weil die Patienten nach einer Herzkatheteruntersuchung noch mehrere Stunden unter Beobachtung bleiben und nach einer etwa vorgenommenen Ballon-Dilatation eine ganze Nacht auf der Intensivstation des Marienkrankenhauses zubringen müßten. Anrufe der Angehörigen in der Praxis störten den dortigen Betrieb und führten zu überflüssigen Verzögerungen. Schließlich komme es häufig zu fehlgeleiteten Anrufen weiterbehandelnder Ärzte, die die Röntgenaufnahmen der Herzkatheteruntersuchung benötigten, die sich aber an die Praxis in der Straße wendeten. Die beabsichtigte Eintragung sei im übrigen nicht irreführend.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, die begehrten Eintragungen seien als berufswidrige Werbung unzulässig. Die in der Berufsordnung für Ärzte (BO) genannten Einschränkungen für Zeitungsanzeigen müßten auch für die Aufnahme in amtliche Verzeichnisse gelten.

Damit dürften in solche Verzeichnisse keine anderen Bezeichnungen aufgenommen werden, als sie § 27 BO für die Praxisschilder zulasse. Im übrigen bestehe kein ernstzunehmendes Bedürfnis für die Eintragung.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. Januar 1995 abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 24. Mai 1995 zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Sowohl dem Hauptantrag als auch den Hilfsanträgen stehe das allgemeine Werbeverbot des § 21 Abs. 1 Satz 1 BO entgegen.

Die begehrte Eintragung habe werbenden Charakter. Mit ihr stelle der Kläger das eigene Angebot und seine Vorteile heraus. Der Kläger weise auf die besondere apparative Ausstattung seiner Praxis und die damit verbundenen Diagnosemöglichkeiten hin. Diese Angaben seien dazu bestimmt, Patienten zu werben. Dem stehe nicht entgegen, daß der Kläger nach eigenen Angaben zu 99 % Patienten behandele, die ihm von anderen Ärzten überwiesen würden. Weder müsse es bei diesem Anteil bleiben, noch sei bei den überwiesenen Patienten ein Einfluß der Eintragung auszuschließen, da sie bei dem überweisenden Arzt Wünsche äußern und ihren Einfluß geltend machen könnten.

Die mit dem Hauptantrag erstrebte Eintragung sei schon deshalb berufswidrig, weil sie irreführend sei. Sie vermittle den unrichtigen Eindruck, daß der Kläger in die Organisation des Krankenhauses eingegliedert sei. Auch die den Hinweis auf das Krankenhaus vermeidenden Hilfsanträge seien unbegründet. Es könne offenbleiben, ob die Verwendung des Begriffs "Abteilung" irreführend sei, weil sie irrige Vorstellungen von Größe und Organisation des ausgelagerten Praxisteils des Klägers zu erwecken vermöge. Die in den streitigen Angaben liegende Werbung sei jedenfalls deshalb berufswidrig und nach der Berufsordnung unzulässig, weil der Kläger auch auf seinem Praxisschild keine entsprechenden Hinweise anbringen dürfte; weitergehende Hinweise seien in einem Branchenfernsprechbuch grundsätzlich nicht gestattet. Besondere Gründe, die im vorliegenden Fall eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten; lägen nicht vor.

Die auf einem Praxisschild zulässigen Angaben seien in den §§ 27, 28 B0 abschließend aufgezählt. Angaben über Behandlungsformen und Ausstattung der Praxis seien dort nicht aufgeführt.

Die Berufsordnung enthalte zwar keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber, welche Angaben in einem Branchenfernsprechbuch zulässig seien. Die Vorschriften der §§ 26, 27, 28 BO enthielten jedoch Konkretisierungen des in § 21 Abs. 1 Satz 1 BO enthaltenen allgemeinen Werbeverbots. Die Gründe, die das Verbot des Hinweises auf eine besondere apparative Ausstattung auf dem Praxisschild rechtfertigten, gälten in gleicher Weise für Anzeigen im Branchenfernsprechbuch.

Es gebe keinen Grund, vorliegend zu einer anderen Beurteilung zu kommen. Einerseits habe die Eintragung einer apparativen Sonderausstattung im Branchentelefonbuch, wie sie der Kläger wünsche, eine erhebliche Werbewirkung. Andererseits sei das Informationsbedürfnis des Klägers als gering einzustufen. Da es sich bei dem Herz-Kreislauf-Labor um einen ausgelagerten Praxisteil handele, müßten die Aufnahme der Patienten und die Erstuntersuchung in der Praxis des Klägers in der H straße und nicht in den Räumen der Apparategemeinschaft stattfinden. Es sei daher richtig, wenn sich die wegen einer Herzkatheteruntersuchung an den Kläger überwiesenen Patienten für die Aufnahme zunächst in der Praxis einfänden. Bei dieser Aufnahme könne der Kläger die Patienten darüber unterrichten, daß die Untersuchung in seinem ausgelagerten Praxisteil stattfinde. Auch der Hinweis auf das Informationsbedürfnis der Angehörigen der Patienten greife nicht. Es sei zwar richtig, daß die Angehörigen die Möglichkeit haben müßten, sich telefonisch nach dem Gesundheitszustand des Patienten zu erkundigen. Der Kläger habe es jedoch in der Hand, durch Information seiner Patienten dafür zu sorgen, daß diese ihre Angehörigen über die Telefonnummer des ausgelagerten Praxisteils informierten. Auch die Nachfragen der weiterbehandelnden Ärzte begründeten kein berechtigtes Informationsinteresse. Zum einen habe der Kläger es in der Hand, die an anderen Krankenhäusern tätigen Herzchirurgen über den Ort und die Telefonnummer der Apparategemeinschaft zu informieren. Zum anderen sei es richtig, wenn Ärzte, die diese Information (noch) nicht hätten, sich an die Praxis in der H straße wendeten, weil dies der Ort der Niederlassung des Klägers im Sinne des § 9 Abs. 1 BO sei.

Gegen dieses Urteil hat der erkennende Senat die Revision zugelassen, soweit der Kläger die Berechtigung zur Eintragung des Herzkatheter-Meßplatzes mit Adresse und Telefonnummer sowie die Telefonnummer für die Herzkatheteranmeldung ohne Erwähnung des Krankenhauses festgestellt wissen will. Zur Begründung der hierauf gerichteten Revision wiederholt der Kläger seine Auffassung, das Verhalten der Beklagten verletze sein Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Das Werbeverbot des § 21 Abs. 1 BO sei schon deshalb nicht einschlägig, weil die Eintragung im Branchentelefonbuch keine Werbung sei. Sie stelle ausschließlich eine Sachinformation dar. Selbst wenn man der Eintragung Werbecharakter beimesse, handele es sich um eine angemessene sachliche Information, an der der Kläger ebenso wie die von ihm behandelten Patienten und deren Angehörige ein erhebliches Interesse hätten. Die vom Berufungsgericht aufgezeigten Alternativen seien nicht geeignet, die erforderliche Aufklärung über die räumliche Trennung von Praxis und Herzkatheter-Meßplatz in gleicher Weise herbeizuführen.

Der ambulante Betrieb des Herz-Kreislauf-Labors durch eine Apparategemeinschaft sei gesundheitspolitisch erwünscht. Die sich daraus ergebende räumliche Trennung von der eigentlichen Praxis sei, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel ziehe, berufsrechtlich zulässig. Dann dürfe es ihm nicht verwehrt werden, seine Patienten über diese spezifische Art der Praxisausübung zu informieren.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls.

II.

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verstößt gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Recht des Klägers auf freie Berufsausübung.

1. Das mit dem Revisionsantrag verfolgte Begehren stellt keine - nach § 142 VwGO in der Revisionsinstanz unzulässige - Klageänderung dar. Zwar hat der Kläger die nunmehr vorgesehene Eintragung "Herzkatheter-Meßplatz" in den Vorinstanzen nicht zur Entscheidung gestellt. Die neue Formulierung stellt jedoch lediglich die korrekte Bezeichnung der Einrichtung dar, deren Aufnahme in die "Gelben Seiten" der Kläger von Anfang an erstrebte und die er zuvor mit dem Tätigkeitswort "Herzkatheter-Untersuchung" umschrieben hatte. Es handelt sich mithin um eine Klarstellung, mit der eine inhaltliche Änderung des Begehrens nicht verbunden ist.

2. Die Verneinung des Rechts des Klägers, seinen Herzkatheter-Meßplatz mit Anschrift und Telefonnummer sowie Telefonnummer der Anmeldung in das Branchentelefonbuch aufnehmen zu lassen, stellt einen Eingriff in das Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG dar. Zur Freiheit der Berufsausübung gehört nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Sie schließt die Außendarstellung von selbständig Berufstätigen ein, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolges gerichtet ist. Staatliche Maßnahmen, die geschäftliche oder berufliche Werbung beschränken, sind Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung (vgl. BVerfG, Beschluß vom 22. Mai 1996 - 1 BvR 744/88 v.a. - BVerfGE 94, 372, 389).

Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Diese kann auch in einer untergesetzlichen Norm bestehen, soweit diese ihrerseits auf einem mit der Verfassung vereinbarten Gesetz beruht.

Das Berufungsgericht hat die erforderliche Rechtsgrundlage in der als Satzung von der Beklagten erlassenen Berufsordnung der Hamburger Ärzte gesehen. Es ist anerkannt, daß die Außendarstellung der Ärzte insbesondere in Form von Werbung durch derartige Berufsordnungen geregelt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 - BVerfGE 71, 162, 172). Die hier interessierende Berufsordnung beruht auch auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Das Hamburgische Ärztegesetz räumt der Beklagten in § 15 Abs. 4 Satz 2 ausdrücklich das Recht ein, als Satzungsrecht eine Berufsordnung zu erlassen. Zwar wird in dieser Bestimmung der mögliche Inhalt einer derartigen Berufsordnung nicht näher bezeichnet. Werbeverbote sind jedoch ein traditioneller Bestandteil des Standesrechts, so daß auch ohne eine entsprechende Klarstellung außer Zweifel steht, daß die Berufsordnung diesen Bereich regeln darf.

3. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung die Berufsordnung der Hamburger Ärzte vom 1. Juli 1980 (BO 80) zugrunde gelegt. Ob dies tatsächlich die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts einschlägige Fassung der Berufsordnung war, mag zweifelhaft sein, weil am 12. September 1994 eine geänderte Fassung verabschiedet worden war. Die Beantwortung dieser Frage liegt aber außerhalb des Kompetenzbereichs des Bundesverwaltungsgerichts, weil die Feststellung des maßgeblichen Landesrechts nach § 137 Abs. 1 VwGO grundsätzlich Sache des Berufungsgerichts ist.

Die Bindung des Bundesverwaltungsgerichts erstreckt sich aber nicht auf die Auslegung von Landesrecht, das erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichts in Kraft getreten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - BVerwG 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768). Solches neues Recht liegt hier vor. Die Beklagte hat am 2. September 1996 eine neue "Berufsordnung der Hamburger Ärzte und Ärztinnen" (BO 96) beschlossen. Maßgeblich ist insoweit, ob das Berufungsgericht, wenn es nunmehr zu entscheiden hätte, das neue Recht zu beachten hätte. Das ist der Fall. Da der Kläger sein Recht festgestellt wissen will, in künftigen Ausgaben des Branchentelefonbuchs die streitigen Eintragungen aufnehmen zu lassen, kommt es für die Entscheidung nicht auf etwa in der Vergangenheit geltende Rechtssätze an. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kläger nach dem jetzt geltenden Recht zur Veröffentlichung der streitigen Angaben berechtigt ist.

Das Berufungsgericht hat die Grundlage für die Verweigerung der Veröffentlichungsbefugnis in dem allgemeinen Werbeverbot des § 21 Abs. 1 Satz 1 BO 80 gesehen. Danach ist dem Arzt jegliche Werbung und Anpreisung untersagt. Es hat zur Konkretisierung dieses Werbeverbots jedoch die Bestimmungen der §§ 26 und 27 BO 80 über den zulässigen Inhalt von Anzeigen in Tageszeitungen und Stadtteilzeitungen sowie über den zulässigen Inhalt von Praxisschildern herangezogen. Daraus hat es den Schluß gezogen, daß nach der Berufsordnung die Angaben im Branchentelefonbuch nicht über die auf einem Praxisschild zulässigen Angaben hinausgehen dürfen.

Von diesem Inhalt weicht die nunmehr maßgebliche Berufsordnung nicht ab. Sie enthält einerseits in § 25 Abs. 1 Satz 1 BO 96 weiterhin das Verbot jeglicher Werbung. Andererseits ist die hier interessierende Frage der Eintragung in ein Branchentelefonbuch in § 33 Abs. 4 BO 96 ausdrücklich geregelt. Danach dürfen sich Ärzte in für die Öffentlichkeit bestimmte Informationsmedien eintragen lassen, wenn diese folgenden Anforderungen gerecht werden:

a) Sie müssen allen Ärzten/Ärztinnen zu denselben Bedingungen gleichermaßen mit einem kostenfreien Grundeintrag offenstehen;

b) die Eintragungen müssen sich auf ankündigungsfähige Bezeichnungen beschränken (§ 34 BO 96);

c) in dem Verzeichnis oder seinen für die Eintragungen der Ärzte/Ärztinnen vorgesehenen Teilen müssen ausschließlich Ärzte/Ärztinnen aufgenommen werden.

In der hier in Bezug genommenen Bestimmung des § 34 BO 96 ist der zulässige Inhalt von Praxisschildern geregelt. Kern dieser Regelung ist die vom Berufungsgericht auch der Berufsordnung 1980 entnommene Bestimmung, eine erworbene Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung dürfe nur in der nach der Weiterbildungsordnung zulässigen Form und nur dann geführt werden, wenn der Arzt im entsprechenden Fachgebiet, Schwerpunkt oder Bereich tätig sei; zusätzliche Angaben über Untersuchungsmethoden oder apparative Ausstattung seien nicht zulässig.

Die nunmehr geltende Berufsordnung enthält damit dieselben Regelungen, die das Berufungsgericht der Berufsordnung 1980 entnommen hat.

4. Die Auslegung der genannten Vorschriften dahin, daß sie dem vom Kläger gewünschten Eintrag entgegenstehen, ist mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar.

a) Das Bundesverfassungsgericht hat Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung des in den Berufsordnungen für Ärzte ebenso wie für Notare enthaltenen absoluten Werbeverbots festgelegt (vgl. u.a. Beschlüsse vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 - BVerfGE 71, 162, vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - BVerfGE 85, 248 <257> und vom 24. Juli 1997 - 1 BvR 1863/96 - NJW 1997, 2510). Zwar wird das generelle Werbeverbot nicht grundsätzlich mißbilligt, weil es auf der Grundlage des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar sei. Einerseits greife ein Werbeverbot auf der untersten Stufe des Regelungsbereichs in dieses Grundrecht ein. Andererseits diene es dem Schutz der Volksgesundheit, weil es einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisieren des Arztberufs vorbeuge. Überdies solle es eine Verfälschung des ärztlichen Berufsbildes verhindern, die eintrete, wenn der Arzt Werbemethoden verwende, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich seien (vgl. Beschluß vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - a.a.O. S. 260). Es werde vermieden; daß die Bevölkerung in einem besonders sensiblen Bereich verunsichert werde und Befürchtungen aufkommen könnten, daß die Behandlung des Arztes sich mehr an wirtschaftlichen Interessen als an medizinischen Notwendigkeiten ausrichte (vgl. Beschluß vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 - a.a.O. S. 174). Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht aber darauf hingewiesen, daß dem Arzt trotz des Wortlauts der Berufsordnungen, die ihm "jegliche Werbung" untersagten, neben der auf seiner Leistung und seinem Beruf beruhenden Werbewirkung eine Reihe von Ankündigungen mit werbendem Charakter unbenommen seien. Er dürfe rechtmäßig erworbene Titel und Facharztbezeichnungen führen, seine Tätigkeit durch ein Praxisschild und durch bestimmte Presseanzeigen sowie durch Aufnahme in Adressbücher und sonstige Verzeichnisse nach außen kundtun. Auch dürfe er selbstverständlich wissenschaftliche Beiträge in Fachzeitschriften unter seinem Namen veröffentlichen sowie an aufklärenden Veröffentlichungen medizinischen Inhalts in den Medien mitwirken und eine Vortrags- und Lehrtätigkeit ausüben. Diese schon in den Berufsordnungen enthaltenen Einschränkungen des Werbeverbots ließen die Auslegung zu, daß dem Arzt nur eine berufswidrige Werbung untersagt sei (vgl. Beschluß vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 - a.a.O. S. 174). Diese Einschränkung sei auch verfassungsrechtlich geboten.

Eine Definition, was unter einer berufswidrigen Werbung zu verstehen ist, findet sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings nicht. Sie muß, wie die Herleitung dieser Einschränkung zeigt, aus dem Zusammenspiel zwischen traditionell zulässigen Darstellungsmöglichkeiten und der jeweiligen Abwägung auf der Grundlage des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewonnen werden (vgl. in diesem Zusammenhang Brangsch, NJW 1980, 1817 <1819 f.>; sowie Landesberufsgericht für Heilberufe bei dem OVG Koblenz, Urteil vom 27. April 1994 - LBGH A 12498/93 - NJW 1995, 1633). So hat das Bundesverfassungsgericht etwa ausgesprochen, durch das ärztliche Werbeverbot solle nicht lediglich eine unsachliche oder gar marktschreierische Werbung, sondern auch eine Werbung mit sachlichen Aussagen verhindert werden, die einen den Laien mehr verwirrenden als aufklärenden Umfang erreiche (Beschluß vom 19. November 1985 - 1 BvR 38/78 - BVerfGE 71, 183, 198). Außerdem hat es festgestellt, für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, müsse im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben (Beschluß vom 21. April 1993 - 1 BvR 166/89 NJW 1993, 2988 f.). In einer jüngeren Entscheidung, die die Briefbogengestaltung durch Anwaltsnotare betrifft, hat das Bundesverfassungsgericht maßgeblich auf den Unterschied zwischen werbewirksamem Verhalten und gezielter Werbung im engeren Sinne abgehoben (vgl. Beschluß vom 24. Juli 1997 - 1 BvR 1863/96 - a.a.O.).

b) Der vorliegende Rechtsstreit gibt keine Veranlassung zu klären, ob nach diesen Maßstäben das vom Berufungsgericht angenommene grundsätzliche Verbot jeden Hinweises auf die apparative Ausstattung oder auf besondere Behandlungsmethoden eines Arztes in den "Gelben Seiten" verfassungsrechtlich Bestand haben könnte. Insoweit ist einerseits nicht zu übersehen, daß die Freigabe der Möglichkeit, derartige Angaben zu machen, leicht zu einer gesundheitspolitisch unerwünschten Irritation der Bevölkerung führen kann. Solche Angaben vermitteln dem Adressaten den Eindruck, die angegebene Behandlungsmethode oder Apparateausstattung unterscheide die betreffende Arztpraxis von den Praxen der übrigen auf dem gleichen Gebiet mit gleicher Arztqualifikation tätigen Kollegen. Ob dies zutrifft, kann die Bevölkerung, an die sich die Branchentelefonbücher allgemein wenden, regelmäßig nicht beurteilen. Das könnte manchen Arzt veranlassen, jeweils seine gesamte Geräteausstattung und sein Behandlungsspektrum im Branchentelefonbuch auszubreiten, um nicht als rückständig dazustehen. Dadurch würde ein Werbewettlauf eröffnet, den die Berufsordnungen im Interesse der Volksgesundheit gerade vermeiden wollen. Andererseits kann durchaus ein berechtigtes Informationsinteresse der Bevölkerung daran bestehen, welcher Arzt spezielle, nicht von allen seinen Kollegen angebotene Behandlungen ausführt.

Wo in diesem Interessenkonflikt der Normsetzungsbefugnis der Beklagten von Verfassungs wegen eine Grenze gesetzt ist, braucht hier nicht im einzelnen entschieden zu werden. In einem Fall wie dem vorliegenden ist diese Grenze jedenfalls eindeutig überschritten. Die von der Beklagten beanstandeten Angaben des Klägers stellen keine berufswidrige Werbung dar. Sie sind keine gezielte Werbung im engeren Sinne, sondern gehören in die Kategorie des - zulässigen - werbewirksamen Verhaltens.

c) Die ärztliche Tätigkeit des Klägers weicht dadurch vom Regelfall ab, daß er seine kardiologische Praxis in standesrechtlich nicht zu beanstandender Weise an zwei verschiedenen, räumlich weit auseinanderliegenden Standorten ausübt und daß er an einem dieser beiden Standorte mit Hilfe einer aufwendigen apparativen Ausstattung nur ganz bestimmte engumgrenzte Behandlungen vornimmt. Bei der Bewertung dieses Sachverhalts ist davon auszugehen, daß Anschrift und Telefonnummer der Praxis unzweifelhaft zu den Angaben gehören, die in einem Branchentelefonbuch aufgenommen werden dürfen. Das wird in § 33 Abs. 4 BO 96 zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen. Die Vorschrift setzt es aber offenkundig stillschweigend voraus, weil es gerade der Zweck dieser Informationsmedien ist, über den Ort der Berufsausübung und die Möglichkeit telefonischer Kontaktaufnahme zu unterrichten. Dementsprechend läßt § 34 Abs. 1 BO 96 für Zeitungsanzeigen neben den für die Schilder des Arztes gestatteten Angaben auch die Angabe der Praxisanschrift zu. Die Angabe von Anschrift und Telefonnummer im Branchentelefonbuch verfolgt mithin wie die Namensnennung ein berechtigtes Informationsinteresse und stellt von ihrer Intention her keine gezielte Werbung dar.

Dasselbe Informationsbedürfnis besteht hier hinsichtlich der vom Kläger erstrebten Angaben zu dem von ihm betriebenen Herzkatheter-Meßplatz. Für die Patienten, deren Angehörige und die überweisenden Ärzte ist es, wie der Kläger zu Recht geltend macht, wichtig zu wissen, wo sich dieser Praxisteil befindet und wie sie telefonisch dazu Kontakt aufnehmen können. Dabei wäre mit der bloßen Angabe einer zweiten Anschrift und Telefonnummer niemandem gedient. Daraus ginge nämlich nicht hervor, daß der zweite Standort ausschließlich im Zusammenhang mit Herzkatheteruntersuchungen relevant ist. Die Angabe, daß sich in der A Straße - nur - der Herzkatheter-Meßplatz befindet, ist daher unverzichtbarer Bestandteil einer sachlich richtigen und vollständigen Information, die darauf zielt, Patienten, Angehörige und Arztkollegen angesichts der großen räumlichen Distanz von der allgemeinen Praxis ohne Umwege an die richtige Adresse zu weisen. Die bei Verzicht auf dieses Unterscheidungsmerkmal zu befürchtenden Störungen im betrieblichen Ablauf wären auch dem Kläger nicht zuzumuten.

Das Berufungsgericht zieht das Bedürfnis der genannten Personen, über Adresse und Telefonnummer des Herzkatheter-Meßplatzes informiert zu werden, nicht in Zweifel. Es meint jedoch, dies rechtfertige nicht die Veröffentlichung im Branchentelefonbuch, weil der Kläger in der Lage sei, das Informationsbedürfnis in ausreichendem Maße auf andere Weise zu befriedigen. Dieser rechtliche Ansatz ist in mehrfacher Hinsicht unzutreffend.

Die vom Kläger erstrebte Veröffentlichung beschränkt sich - wie dargelegt - auf Angaben, die sachlich richtig sind, die der Befriedigung eines berechtigten Informationsbedürfnisses dienen und die weder durch das verwendete Medium noch durch ihre Aufmachung einen spezifischen werblichen Charakter erhalten. Danach handelt es sich nach Inhalt und Gestaltung nicht um eine gezielte Werbung, sondern allenfalls um eine Maßnahme, die einen werblichen Nebeneffekt haben mag. Fehlt es aber am Merkmal der gezielten Werbung, so stellt sich nicht die Frage, ob derselbe Informationseffekt auch auf anderem Wege zu erreichen wäre.

Soweit das Berufungsgericht die mangelnde Erforderlichkeit der streitigen Angaben daraus herleitet, daß es sich bei dem Herzkatheter-Meßplatz nicht um eine genehmigte Zweigpraxis handele, verkennt es darüber hinaus, daß sich das Problem bei einer Zweigpraxis in gleicher Weise stellen würde. Ist, wie das Berufungsgericht angenommen hat, in den "Gelben Seiten" jeder Hinweis auf die apparative Ausstattung einer Praxis unzulässig, so gilt dies auch für eine Zweigpraxis. Die vom Kläger geschilderten Schwierigkeiten des möglichst unkomplizierten Zugangs zu der jeweils zutreffenden Praxiseinrichtung wären folglich auch hier gegeben.

Schließlich verletzt die Aussage des Berufungsgerichts, die erforderliche Information von Patienten, Angehörigen und Arztkollegen lasse sich mit gleicher Wirkung auf anderen Wegen herbeiführen, allgemeingültige Erfahrungssätze. Eine Information durch den überweisenden Arzt, an welcher Stelle der Kläger die Herzkatheteruntersuchungen durchführt, kann verlorengehen oder im entscheidenden Moment nicht auffindbar sein. Der Patient kann an der Wahrnehmung des ihm zugewiesenen Termins überraschend gehindert sein, ohne die Telefonnummer der Untersuchungsstelle zur Hand zu haben. Er mag es - aus welchen Gründen auch immer - versäumt haben, seine Angehörigen vor einer Herzkatheteruntersuchung oder gar einer Ballon-Dilatation mit der Telefonnummer des Herzkatheter-Meßplatzes zu versehen. In all diesen Fällen ist der Blick ins Branchentelefonbuch der schnellste Weg zur Klärung.

d) Die Befürchtung der Beklagten, die Zulassung der vom Kläger erstrebten Eintragung könne auf dem Weg über den Gleichheitssatz des Art. 3 GG "einen Dammbruch bewirken", ist nicht berechtigt. Auf den Gleichheitssatz kann sich nur der berufen, dessen Praxis im wesentlichen dieselben Besonderheiten aufweist, wie sie oben im Hinblick auf die Praxis des Klägers als wesentlich bezeichnet worden sind. Ein solcher Praxisinhaber bedarf aber nicht des Rückgriffs auf den Gleichheitssatz, weil ihm - wie dem Kläger - das Recht zur Veröffentlichung unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG zusteht.

Die Kostenentscheidung folgt für das Revisionsverfahren aus § 154 Abs. 1 VwGO und für die Vorinstanzen aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 14 000 DM festgesetzt. .

Ende der Entscheidung

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