Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 8.07 (1)
Rechtsgebiete: Richtlinie 64/433/EWG, Entscheidung 98/272/EG, Entscheidung 2000/764/EG, Entscheidung 2001/8/EG, Verordnung (EG) Nr. 999/2001, Verordnung (EG) Nr. 1248/2001, Verordnung (EG) Nr. 1326/2001


Vorschriften:

Richtlinie 64/433/EWG
Entscheidung 98/272/EG
Entscheidung 2000/764/EG
Entscheidung 2001/8/EG
Verordnung (EG) Nr. 999/2001
Verordnung (EG) Nr. 1248/2001
Verordnung (EG) Nr. 1326/2001
BSE-Untersuchungsverordnung
Dem Europäischen Gerichtshof wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 so auszulegen ist, dass er der Ausweitung der Untersuchungspflicht auf alle über 24 Monate alten Rinder durch die BSE-Untersuchungsverordnung entgegensteht.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 3 C 8.07

Verkündet am 25. September 2008

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert und Buchheister

beschlossen:

Tenor:

Soweit über die Revision nicht durch das Teilurteil vom heutigen Tage entschieden worden ist, wird das Verfahren ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof wird die Frage vorgelegt, ob Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 (ABl Nr. L 147 S. 1) in der Fassung der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1248/2001 der Kommission vom 22. Juni 2001 (ABl Nr. L 173 S. 12) so auszulegen ist, dass er der Ausweitung der Untersuchungspflicht für alle über 24 Monate alten Rinder, wie sie durch die BSE-Untersuchungsverordnung vom 1. Dezember 2000 (BGBl I S. 1659), geändert durch Verordnung vom 25. Januar 2001 (BGBl I S. 164), begründet wurde, entgegensteht.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über Gebühren für die amtliche Untersuchung von Rindern auf Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE).

Die Klägerin ist ein Schlacht- und Zerlegebetrieb der fleischverarbeitenden Industrie. Mit Bescheid vom 18. Oktober 2001 zog das Landratsamt Enzkreis sie zu Gebühren für die in ihrem Betrieb im Monat Juli 2001 durchgeführten BSE-Untersuchungen an Schlachtrindern in Höhe von insgesamt 116 467,96 € heran. Von den auf BSE untersuchten Rindern waren 4 980 Tiere über 30 Monate und 993 Tiere weniger als 30, aber über 24 Monate alt.

Klage und Berufung der Klägerin gegen den Gebührenbescheid sind erfolglos geblieben. Mit Teilurteil vom heutigen Tage hat der Senat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen, soweit sie die Gebühren für die BSE-Untersuchung der über 30 Monate alten Rinder betrifft. Der Senat hat entschieden, dass das Berufungsurteil insoweit nicht gegen Bundesrecht und Gemeinschaftsrecht verstößt.

Im Streit steht noch die Gebührenerhebung für die BSE-Untersuchungen der über 24, aber weniger als 30 Monate alten Rinder. Dies betrifft einen Teilbetrag von 31 401,56 €. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, dass Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 die generelle Einführung von BSE-Tests erst ab einem Alter von über 30 Monaten zulasse. Jüngere Rinder dürften nur untersucht werden, wenn sie bestimmten Risikogruppen angehörten oder Krankheitssymptome zeigten. Die nationale BSE-Untersuchungsverordnung verstoße dagegen, soweit sie eine generelle Untersuchung bereits ab einem Alter von über 24 Monaten vorschreibe. Deshalb sei die Gebührenerhebung insoweit rechtswidrig. Das Berufungsgericht hat demgegenüber angenommen, dass der nationale Verordnungsgeber die Altersgrenze für die BSE-Pflichtuntersuchung ohne Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht habe herabsetzen dürfen. Zwar sehe das Gemeinschaftsrecht eine generelle Untersuchungspflicht nur für alle mehr als 30 Monate alten Tiere vor, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet würden. Dem könne aber kein Verbot der Untersuchung jüngerer Rinder entnommen werden. Den Mitgliedstaaten werde durch Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 ausdrücklich gestattet, andere Rinder zu untersuchen, solange dies keine Störung des Marktes verursache. Da die EG-Verordnung nicht die Gebührenerhebung regele, könne eine Marktstörung nur durch die Untersuchungsverpflichtung selbst verursacht werden. Eine solche Marktstörung hat das Berufungsgericht verneint.

II

Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der im Tenor formulierten Frage ab. Der vom Berufungsgericht eingenommene Standpunkt, wonach eine Ausweitung der generellen BSE-Untersuchungspflicht auf Rinder unter 30 Monaten nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoße, solange dies nicht zu einer konkreten Marktstörung führe, wird zwar in der Rechtsprechung verbreitet geteilt, begegnet aber aus Sicht des Senats Bedenken. Danach ist das Verfahren auszusetzen und die Frage gemäß Art. 234 Abs. 3 EG dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.

1. Die nationalen Vorgaben für die BSE-Untersuchungen ergeben sich aus der BSE-Untersuchungsverordnung vom 1. Dezember 2000 (BGBl I S. 1659) und ihren nachfolgenden Änderungen. Die Absenkung der generellen Altersgrenze für die Untersuchung von Rindern auf BSE von über 30 auf über 24 Monate erfolgte durch die Erste Verordnung zur Änderung der BSE-Untersuchungsverordnung vom 25. Januar 2001 (BGBl I S. 164) mit Wirkung zum 31. Januar 2001, nachdem in Deutschland ein BSE-Fall bei einem 28 Monate alten Rind festgestellt worden war (vgl. BRDrucks 259/01 S. 3). Diese abgesenkte Altersgrenze hat der nationale Verordnungsgeber bis Juni 2006 beibehalten (Verordnung vom 20. Juni 2006, BGBl I S. 1333). Nach § 1 Abs. 1 der BSE-Untersuchungsverordnung in der für den hier in Streit stehenden Zeitraum (Juli 2001) maßgeblichen Fassung waren Rinder im Alter von über 24 Monaten im Rahmen der Fleischuntersuchung mit einem der in Anhang IV Buchstabe A der Entscheidung 98/272/EG der Kommission vom 23. April 1998 über die epidemiologische Überwachung der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien und zur Änderung der Entscheidung 94/474/EG (ABl Nr. L 122 S. 59) in der jeweils geltenden Fassung anerkannten Tests zu untersuchen.

2. Gemeinschaftsrechtlicher Anknüpfungspunkt für BSE-Untersuchungen waren zunächst die auf Schutzklauseln der Richtlinien zur Regelung der Veterinärkontrollen gestützten Entscheidungen der Kommission über ein BSE-Überwachungsprogramm. Durch Art. 4 der Entscheidung 98/272/EG der Kommission vom 23. April 1998 (ABl Nr. L 122 S. 59) wurden die Mitgliedstaaten zur Durchführung eines jährlichen BSE-Überwachungsprogramms verpflichtet. Es beschränkte sich zunächst auf die stichprobenartige Untersuchung bestimmter Risikogruppen von Rindern auf BSE. Nachdem in den Jahren 1999/2000 die Zahl der BSE-Fälle wiederum angestiegen war, verschärfte die Kommission das Überwachungsprogramm. Ab dem 1. Januar 2001 sollten alle über 30 Monate alten Rinder aus Risikogruppen und spätestens ab dem 1. Juli 2001 alle über 30 Monate alten Rinder bei normaler Schlachtung für den menschlichen Verzehr auf BSE getestet werden (Entscheidung 2000/764/EG vom 29. November 2000, ABl Nr. L 305 S. 35, geändert durch Entscheidung 2001/8/EG vom 29. Dezember 2000, ABl Nr. L 2 S. 28). Eine ausdrückliche Beschränkung weitergehender Untersuchungen durch die Mitgliedstaaten enthielten die Kommissionsentscheidungen nicht (vgl. die Anhänge zu den Entscheidungen 98/272/EG und 2000/764/EG). Vielmehr zeigen die parallelen Stützungsmaßnahmen für den Rindfleischmarkt, dass die Kommission bestimmte weitergehende freiwillige Untersuchungen im Interesse einer raschen Erholung des Rindfleischmarktes finanziell sogar gefördert hat (vgl. Erwägungsgrund 3 und Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2777/2000 der Kommission vom 18. Dezember 2000, ABl Nr. L 321 S. 47).

Zum 1. Juli 2001 trat die Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 (ABl Nr. L 147 S. 1) in der Fassung der Änderungsverordnungen (EG) Nr. 1248/2001 der Kommission vom 22. Juni 2001 (ABl Nr. L 173 S. 12) und Nr. 1326/2001 der Kommission vom 29. Juni 2001 (ABl Nr. L 177 S. 60) in Kraft, durch die für Maßnahmen zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung der BSE-Krankheit einschließlich des Überwachungssystems eine spezifische verordnungsrechtliche Grundlage geschaffen wurde. Nach Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 2.2 der Verordnung erfasst das Überwachungssystem alle mehr als 30 Monate alten Rinder, die in normaler Weise für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden. Demgegenüber sollen mehr als 24 Monate alte Rinder, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden, nur im Falle einer Notschlachtung oder bei bestimmten Krankheitssymptomen auf BSE untersucht werden (Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 2.1 der Verordnung). Zu weitergehenden Untersuchungen enthält die Verordnung in Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 folgende Regelung:

5. Überwachung anderer Tiere

Zusätzlich zu den Untersuchungen nach den Nummern 2 bis 4 können Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis beschließen, weitere Rinder auf ihrem Staatsgebiet zu untersuchen, insbesondere wenn sie aus Ländern mit einheimischer BSE stammen, potenziell kontaminiertes Futter aufgenommen haben oder von BSE-infizierten Muttertieren geboren wurden oder von diesen abstammen.

Der 7. Erwägungsgrund der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1248/2001 führt hierzu aus, dass den Mitgliedstaaten gestattet werden sollte, auf freiwilliger Basis andere Rinder zu untersuchen, insbesondere dann, wenn für diese Tiere ein erhöhtes Risiko angenommen wird, vorausgesetzt, diese Untersuchungen verursachen keine Störung des Marktes.

3. Es stellt sich somit die Frage, ob Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 einer Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht auf jüngere Rinder, wie sie durch die BSE-Untersuchungsverordnung begründet wurde, entgegensteht.

a) Die Vorinstanzen und die Verwaltungsgerichte, die sich bislang damit befasst haben, verneinen diese Frage (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 22. März 2005 - 12 A 10092/05 - juris Rn. 21; VG Arnsberg, Urteil vom 25. November 2003 - 11 K 4251/01 - juris Rn. 37; VG Stuttgart, Urteil vom 26. Juni 2003 - 4 K 3944/02 - juris Rn. 25; OVG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2002 - 4 BS 371/01 - juris Rn. 19; OVG Münster, Beschluss vom 21. Dezember 2001 - 9 B 1277/01 - juris Rn. 18). Auch der bundesdeutsche Verordnungsgeber sah ungeachtet der seit dem 1. Juli 2001 bestehenden Rechtslage auf Gemeinschaftsebene keinen Anlass, die von ihm Anfang 2001 eingeführte generelle Untersuchungspflicht für über 24 Monate alte Rinder zurückzunehmen, sondern ging davon aus, dass die Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht durch Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 gedeckt sei (vgl. BRDrucks 760/01 S. 18).

Dem liegt die Auffassung zugrunde, das Gemeinschaftsrecht billige durch die Ermöglichung zusätzlicher Untersuchungen die vorgefundenen weitergehenden Untersuchungspflichten in einzelnen Mitgliedstaaten, so auch die Absenkung der Altersgrenze auf über 24 Monate in Deutschland. Für diesen Standpunkt mag auf den ersten Blick die offene Formulierung der gemeinschaftsrechtlichen Regelung in Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung sprechen, die den Mitgliedstaaten die Begründung weitergehender Untersuchungspflichten freizustellen scheint und lediglich beispielhaft, aber nicht abschließend ("insbesondere") Fälle nennt, in denen solches in Betracht kommt. Das könnte so verstanden werden, dass die Mitgliedstaaten die gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Untersuchungen ausdehnen können, solange hierdurch nicht der Rindfleischmarkt konkret gefährdet wird. Ein ähnliches Ergebnis würde sich ergeben, wenn man eines der in Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung genannten Beispiele für weitergehende Untersuchungen beim Wort nähme. Die Verordnung nennt als Beispiel für die Untersuchung anderer Tiere unter anderem den Fall, dass die Tiere aus Ländern mit einheimischer BSE stammen. Nach der Begriffsbestimmung in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 ist ein einheimischer BSE-Fall ein Fall von BSE, der nicht nachweislich auf eine Infektion vor der Einfuhr als lebendes Tier, Embryo oder Eizelle zurückzuführen ist. Nach dieser Definition wäre Deutschland ein Land mit einheimischer BSE, weil Krankheitsfälle bei hier aufgewachsenen Rindern aufgetreten waren. Dies würde auch gelten, wenn man die Betrachtung auf die Altersgruppe der bis 30 Monate alten Rinder beschränkt, weil auch in dieser Altersgruppe seinerzeit jedenfalls ein Fall von einheimischer BSE aufgetreten war.

b) Der Senat ist demgegenüber der Ansicht, dass Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 einer Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht auf jüngere Rinder entgegensteht.

Zwar folgt dies nicht schon daraus, dass die Verordnung den Mitgliedstaaten die Untersuchung anderer Tiere nur "auf freiwilliger Basis" ermöglicht. Damit ist nicht gemeint, dass über die gemeinschaftsrechtlich geregelten Fälle hinaus keine zwangsweisen Untersuchungen durchgeführt werden dürften. Die Freiwilligkeit bezieht sich nicht auf die BSE-Untersuchung, sondern vielmehr auf den Beschluss des Mitgliedstaates, weitergehende Untersuchungspflichten einzuführen. Durch die Formulierung wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Mitgliedstaaten weitergehende Untersuchungspflichten beschließen können, aber nicht müssen.

Gegen die Zulässigkeit einer Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht spricht aber der Zweck der Regelung in Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung. Der EU-Verordnungsgeber wollte die Untersuchung weiterer Rinder ersichtlich nicht in das Belieben der Mitgliedstaaten stellen. Er hat vielmehr ein bestimmtes Überwachungssystem vorgegeben. Würde man in diesem Zusammenhang - bis an die Grenze der konkreten Marktstörung - Ausweitungen des Überwachungsprogramms durch die Mitgliedstaaten voraussetzungslos - oder über den erwähnten Beispielsfall der Rinder aus einem "Land mit einheimischer BSE" praktisch voraussetzungslos - ermöglichen, könnten im Grunde alle Rinder unabhängig von den detaillierten Bestimmungen des gemeinschaftsrechtlich installierten Überwachungssystems auf BSE untersucht werden.

Eine so weitgehende Öffnung dürfte mit der Ermöglichung der Untersuchung anderer Tiere in Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung nicht bezweckt sein. Vielmehr zeigen die weiteren in dieser Bestimmung genannten Beispielsfälle, in denen andere als die bereits durch die allgemeinen Untersuchungspflichten erfassten Tiere überwacht werden können (Rinder, die potenziell kontaminiertes Futter aufgenommen haben oder von BSE-infizierten Muttertieren geboren wurden oder von diesen abstammen), dass der EU-Verordnungsgeber nur die gezielte Untersuchung von Tieren mit einem erhöhtem Risiko im Blick hatte, das durch die allgemeinen Untersuchungspflichten nicht oder nicht hinreichend erfasst wird, also nur eine mehr oder weniger punktuelle Ergänzung des Kontrollprogramms, aber keine Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht. Besonders deutlich kommt dies in der ursprünglichen Fassung der Öffnungsklausel in der Verordnung (EG) 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Ausdruck (vgl. dort Anhang III Kapitel A Ziff. III). Danach soll durch die Untersuchung anderer Tiere nur die gezielte Kontrolle von solchen Rindern ermöglicht werden, bei denen aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein erhöhtes Risiko angenommen wird. Bezogen auf den Beispielsfall der Rinder, die aus Ländern mit einheimischer BSE stammen, lässt sich daraus folgern, dass damit nur solche Rinder gemeint sind, die aus einem BSE-belasteten Drittland eingeführt werden. Eine pauschale Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht könnte darauf nicht gestützt werden.

Gegen die Zulässigkeit einer Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht auf alle über 24, aber weniger als 30 Monate alte Rinder spricht außerdem, dass der EU-Verordnungsgeber diese Tiere als Altersgruppe bereits erfasst und die Untersuchungspflichten in bestimmter Weise geregelt hat. Die Kommission hat die Untersuchungspflicht für diese Altersgruppe durch die Änderungsverordnung gegenüber der Ausgangsverordnung des Europäischen Parlaments und des Rates verschärft, weil auch in dieser Altersgruppe vereinzelt BSE-Fälle aufgetreten waren (vgl. den 2. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1248/2001). Die weitergehende generelle Untersuchungspflicht für alle über 24 Monate alten Rinder durch die BSE-Untersuchungsverordnung stützt sich auf denselben Umstand, nämlich das vereinzelte Auftreten von BSE-Fällen in dieser Altersgruppe, und damit auf ein Risiko, das bei der Ausgestaltung der nach Altersgruppen differenzierenden Untersuchungspflichten im Gemeinschaftsrecht bereits Berücksichtigung gefunden hat. Die BSE-Untersuchungsverordnung betrifft mit der Altersgruppe der über 24 Monate alten Rinder insoweit keine "anderen Tiere" bzw. "weitere Rinder" im Sinne von Anhang III Kapitel A Abschnitt I Nr. 5 der Verordnung, sondern gerade solche Tiere, bei denen der Umfang der Untersuchungspflicht mit Blick auf ein bestimmtes Risiko gemeinschaftsrechtlich schon geregelt ist.

Schließlich spricht gegen die Zulässigkeit einer Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht auf jüngere Rinder die potenziell damit einhergehende Marktverzerrung. Das Überwachungsprogramm ist Teil des Kataloges der Schutzmaßnahmen der Gemeinschaft zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung der BSE. Die einheitliche Durchführung dieser Schutzmaßnahmen in allen Mitgliedstaaten ist dabei ein wesentlicher Aspekt (vgl. etwa den 18. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 999/2001). Das gilt auch für das BSE-Überwachungsprogramm. Seine Durchführung und die Ergebnisse haben Einfluss auf die Klassifizierung der Mitgliedstaaten nach ihrem BSE-Status (vgl. Anhang II der Verordnung), der für das Ausmaß der Verkehrsbeschränkungen für Rinder und tierische Erzeugnisse maßgeblich ist (vgl. im Einzelnen Art. 15 ff. der Verordnung). Substanzielle Abweichungen von dem gemeinschaftlichen Untersuchungsprogramm können die Marktbedingungen verändern und benachteiligen die Fleischerzeuger in einem Mitgliedstaat mit strengeren Untersuchungen. Die Bedeutung der Einheitlichkeit der Untersuchungen in den Mitgliedstaaten kommt ferner im 7. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1248/2001 zum Ausdruck, wonach die Untersuchung weiterer Rinder keine Störung des Marktes verursachen darf. Eine Ausweitung der generellen Untersuchungspflicht dürfte damit unvereinbar sein.

4. Die Frage der richtigen Auslegung von Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Kapitel A Abschnitt I der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 ist für den noch anhängigen Rechtsstreit entscheidungserheblich. Wenn eine generelle Ausweitung der BSE-Untersuchungspflicht auf jüngere Rinder nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, hätte die Revision Erfolg, soweit mit dem angefochtenen Bescheid Gebühren für die Untersuchung von über 24 Monate alten Rindern gefordert werden. Der Senat würde den Gebührenbescheid und die Urteile der Vorinstanzen insoweit aufheben. Andernfalls hätte die Revision keinen Erfolg oder würde allenfalls zu einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führen. Anderweitige Gründe für eine Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung, die der Revision zum Erfolg verhelfen könnten, bestehen nicht. Demgemäß hat der Senat mit Teilurteil vom heutigen Tage die Revision der Klägerin zurückgewiesen, soweit sie die Gebührenerhebung für die Untersuchung der über 30 Monate alten Rinder betrifft. Die dortigen Erwägungen, mit denen der Senat die Verhältnismäßigkeit der Regelung nach deutschem Recht bejaht hat, gelten in vergleichbarer Weise für die Erweiterung der Untersuchungspflicht auf über 24 Monate alte Rinder.

Ende der Entscheidung

Zurück