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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.02.1999
Aktenzeichen: BVerwG 4 A 47.96
Rechtsgebiete: FStrG


Vorschriften:

FStrG § 17 Abs. 1
Leitsätze:

Es ist zulässig und geboten, die mit einem Straßenbauvorhaben verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen und die damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Ermangelung normierter Werte prognostisch zu beurteilen.

Es ist derzeit rechtlich unbedenklich, wenn die das Straßenbauvorhaben zulassende Behörde sich bei der Abschätzung gesundheitlicher Risiken und der damit verbundenen Toleranzgrenzen unter anderem an Werten orientiert, die unterhalb der Konzentrationswerte in § 2 der 23. BImSchV vom 16. Dezember 1996 (BGBl I S. 1962) liegen und den vom Länderausschuß für Immissionsschutz (LAI) entwickelten Beurteilungsmaßstäben für kanzerogene Luftverunreinigungen für Ruß und Benzol entsprechen.

Urteil des 4. Senats vom 26. Februar 1999 - BVerwG 4 A 47.96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 4 A 47.96

Verkündet am 26. Februar 1999

Kurowski Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

1. der Gemeinde Wallwitz, vertreten durch die Bürgermeisterin, Götschetalstraße 15, 06193 Wallwitz,

2. der Gemeinde Teicha, vertreten durch den Bürgermeister, Ernst-Thälmann-Platz 11, 06193 Teicha,

3. des Herrn Uwe Graul,

4. der Frau Elisabeth Graul, Löbnitzer Straße 7, 06193 Teicha,

5. des Herrn Wolfgang Schulz, Rotes Haus 1 a, 06193 Nehlitz,

6. des Herrn Rudolf Pfeffer,

7. des Herrn Thomas Pfeffer, Dachritz 8, 06193 Wallwitz,

8. des Herrn Rudolf Thomas, Windmühlenplan 20, 06193 Sennewitz,

Kläger,

- Prozeßbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Dr. Hans Nebelsieck und Volker Nebelsieck, Westcellertorstraße 15 A, 29221 Celle -

gegen

das Regierungspräsidium Halle, Willy-Lohmann-Straße 7, 06114 Halle,

Beklagten,

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch und die Richter Prof. Dr. Dr. Berkemann, Dr. Lemmel, Halama und Dr. Rojahn

am 26. Februar 1999

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Klageverfahrens entsprechend ihrem Anteil an dem für das Klageverfahren festgesetzten Gesamtstreitwert.

Gründe:

I.

Die Kläger wenden sich gegen den vom Regierungspräsidium Halle am 30. August 1996 festgestellten Plan zum Neubau der Bundesautobahn A 14 Magdeburg - Halle/Saale zwischen den Anschlußstellen Halle - Tornau und Löbejün. Die etwa 16,5 km lange Trasse führt in einem Bogen westlich um den nördlich von Halle gelegenen Petersberg herum und soll in ihrem westlichen Bereich über ein Autobahndreieck an die geplante Bundesautobahn A 143 ("Nordumfahrung Halle") angebunden werden, die ihrerseits eine Verbindung zur ebenfalls geplanten Bundesautobahn A 38 Göttingen - Halle schaffen soll. Im Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes 1993 ist die A 14 als "vordringlicher Bedarf" ausgewiesen. Die Planungsunterlagen wurden durch die DEGES GmbH erstellt.

Die planfestgestellte Trasse durchquert das Gemeindegebiet der Klägerinnen zu 1 und 2 sowie den landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger zu 6 und 7. Für die Autobahntrasse sowie für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen u.a. Grundstücke im Eigentum der Klägerinnen zu 1 und 2 sowie landwirtschaftlich genutzte Eigentums- und Pachtflächen der Kläger zu 6 und 7 in Anspruch genommen werden, deren Hofstelle etwa 300 m von der Plantrasse entfernt liegt und vom Kläger zu 7 bewirtschaftet wird. Die Kläger zu 3 und 4 sind ebenso wie der Kläger zu 5 Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Trassennähe. Die Hofstelle, die vorgenannten Hausgrundstücke sowie Teile des Gemeindegebiets der Klägerinnen zu 1 und 2 liegen im Götschetal, das von der geplanten Autobahn in Brückenbauweise überquert werden soll. Die Brücke überspannt ein im Eigentum des Klägers zu 8 stehendes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück, auf dem ein Brückenpfeiler errichtet werden soll.

Die Kläger haben am 9. Oktober 1996 Klage erhoben und zur Begründung im wesentlichen ihre bereits im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen wiederholt und konkretisiert:

Die Klägerinnen zu 1 und 2 machen eine Verletzung ihres Eigentums und ihrer Planungshoheit geltend. Sie greifen die Trassenwahl an. Die Entscheidung für die Westumfahrung und gegen die Ostumfahrung des Petersbergs sei abwägungsfehlerhaft. Das Abwägungsmaterial für die Trassenvorauswahl sei zu ungenau und unvollständig gewesen. Die Vorteile der Variante Ost (Ostumfahrung des Petersbergs) seien nur grob untersucht und deshalb verkannt worden. Aus der Sicht der Eingriffe in Natur und Landschaft gebühre weder der West- noch der Ostvariante der Vorzug. Ein solcher "Patt-Befund" dürfe nicht die Grundlage für eine Vorabausscheidung der Osttrasse liefern. Mit dem planfestgestellten BAB-Dreieck Wallwitz werde ein "Zwangspunkt" geschaffen, obwohl es bei Erlaß des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses weder für die A 38 noch die A 143 einen fertigen Plan gegeben habe. Der Beklagte habe zwar auch die künftige Verkehrsentwicklung, insbesondere die Anbindung der A 14 an die A 38, berücksichtigen dürfen, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß die Verwirklichung dieser Verkehrskonzeption mit hinreichender Gewißheit oder doch zumindest hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Diese Voraussetzungen seien jedoch bei Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses nicht erfüllt gewesen.

Ihre Planungshoheit werde verletzt, weil das Straßenbauvorhaben zu einem Verlust geplanter Gewerbeflächen führe und ihre Entwicklungsmöglichkeiten bei der Ausweisung von Wohngebieten einschränke. Die Plantrasse schneide den Zugang zu Naherholungsgebieten (Region Petersberg) ab, beeinträchtige das Orts- und Landschaftsbild und schädige das naturnahe Ökosystem Götschetal sowie dessen Klima. Den in der Nähe der Autobahn wohnenden Personen drohten wegen der Kfz-Abgase Gesundheitsschäden. Der von der Autobahn ausgehende Lärm mindere die Lebensqualität der Anwohner sowie den Wert der anliegenden Häuser und Grundstücke. Das Bauvorhaben beanspruche hochwertige Landwirtschaftsflächen.

Die Kläger zu 3 bis 7 machen die Beeinträchtigung ihrer Gesundheit durch Lärm- und Schadstoffbelastungen geltend und wehren sich gegen die verminderte Nutzbarkeit ihrer Grundstücke und deren Wertverfall. Die Kläger zu 6 und 7 wehren sich außerdem gegen die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums für den Bau der Autobahntrasse sowie für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Der Kläger zu 7 sieht sich aufgrund der Flächeninanspruchnahme und der zerschneidungsbedingten, aber auch sonst erheblichen Wirtschaftsbeeinträchtigungen (Schadstoffeintrag, Veränderung des Kleinklimas) in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet. Der Kläger zu 8 wehrt sich gegen die Inanspruchnahme seines Grundeigentums für den Bau eines Brückenpfeilers sowie gegen die durch den Brückenbau verursachte Verschattung und die Veränderung des Kleinklimas auf seinen Landwirtschaftsflächen. Die Bewirtschaftung seines Betriebes werde durch den Brückenbau erschwert.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluß des Beklagten vom 30. August 1996 zum Bau der Bundesautobahn A 14 Magdeburg - Halle/Saale, Bauabschnitt Anschlußstelle Halle/Tornau - Löbejün, aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluß um die nach Maßgabe des Gerichts erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz vor unzumutbaren Immissionsbelastungen zu ergänzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluß.

Der Senat hat den Antrag der Kläger zu 1 und 3 - 7 auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluß vom 24. September 1997 - BVerwG 4 VR 21.96 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 134 = NVwZ-RR 1998, 297 - abgelehnt.

II.

Die Klage ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Planung betrifft ein Vorhaben, das unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG fällt. Nach § 5 Abs. 1 VerkPBG ist das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug zuständig. Sämtliche Kläger sind - mit den nachfolgenden Einschränkungen - klagebefugt.

Die Kläger zu 6, 7 und 8 haben als durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung betroffene Grundeigentümer grundsätzlich einen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn dieser nicht zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich oder nicht "gesetzmäßig" (Art. 14 Abs. 3 GG), also rechtswidrig ist. Es kommt dabei nicht darauf an, daß der rechtliche Mangel gerade auf der Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits die Belange des Eigentümers schützen sollen; sie können z.B. auch geltend machen, daß öffentliche Belange nicht oder nicht zutreffend in der Abwägung berücksichtigt worden seien (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1983 - BVerwG 4 C 80.79 - BVerwGE 67, 74).

Die klagenden Gemeinden (Klägerinnen zu 1 und 2) können eine Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen sowie als Fehler der Abwägung rügen, ihre Interessen, vor allem Nutzungsinteressen, als Eigentümerinnen von für das Bauvorhaben in Anspruch genommenen Grundstücken seien nicht oder nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden; insofern haben sie die gleiche Rechtsstellung wie andere - private - Eigentümer. Da eine Gemeinde nicht Träger des Eigentumsgrundrechts ist, kann sie sich jedoch nicht auf Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG berufen. Verfassungsrechtlich ist das Eigentum von Gemeinden nur im Rahmen der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) geschützt, also insoweit, als es Gegenstand und Grundlage kommunaler Betätigung ist. Eine Gemeinde kann eine fernstraßenrechtliche Planfeststellung im Hinblick auf deren enteignende Vorwirkung daher nicht mit der Begründung angreifen, öffentliche, sie nicht in ihrer Planungshoheit stützende Belange seien nicht oder nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <391 f.>; Urteil vom 24. November 1994 BVerwG 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143 <151 f.>, jeweils m.w.N.).

Die Kläger zu 3, 4 und 5 können ebenfalls nicht unter Berufung auf Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG geltend machen, daß die Planung dem Gemeinwohl widerspreche oder nicht gesetzmäßig sei; denn für den Bau der A 14 wird ihr Grundeigentum nicht in Anspruch genommen. Sie können den Planfeststellungsbeschluß nur mit der Begründung angreifen, daß bei der nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägungsentscheidung rechtlich geschützte eigene Belange zu kurz gekommen seien. Dagegen ist es ihnen verwehrt, einen Aufhebungsanspruch aus der Verletzung öffentlicher oder gar fremder privater Belange herzuleiten.

Die von den Klägern in diesem rechtlichen Rahmen erhobene Klage ist unbegründet.

A. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger ziehen die Planrechtfertigung für das angegriffene Vorhaben nicht in Zweifel. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß die Fortsetzung der A 14 über Halle hinaus bis Magdeburg dringlich ist. Die Auseinandersetzung wird im wesentlichen um die Wahl der planfestgestellten Trasse und ihre Auswirkungen auf die Belange der Kläger geführt. Die Alternativenprüfung des Beklagten läßt jedoch keinen durchgreifenden Rechtsverstoß erkennen.

1.1 Der in der Klageschrift erhobene Vorwurf, der Planfeststellungsbeschluß spiegele bei der Trassenwahl eine Abwägung vor, die tatsächlich gar nicht stattgefunden habe, geht fehl. Insoweit wird auf den Senatsbeschluß vom 24. September 1997 - BVerwG 4 VR 21.96 - verwiesen.

1.2 Die Kläger rügen, mit der frühzeitigen Entscheidung für die Westumfahrung und gegen die Ostumfahrung des Petersbergs sei die bedeutend konfliktträchtigere von zwei Hauptvarianten gewählt und die weit attraktivere und ernsthaft konkurrenzfähige Ostvariante von vornherein aus der Variantendiskussion verdrängt worden. Alternativvorschläge für die Westumfahrung und die Variante Ost mit ihren Untervarianten würden im Planfeststellungsbeschluß nur als Grobplanung behandelt, gleichwohl aber der Detailplanung der planfestgestellten Trasse gegenübergestellt.

Die Trassenwahl des Beklagten ist nicht abwägungsfehlerhaft. Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie zwar als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluß des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Sie ist indes nicht verpflichtet, die Variantenentscheidung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Trassenwahl und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon, wenn sich herausstellt, daß die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen. Diese bereits im Senatsbeschluß vom 24. September 1997 - BVerwG 4 VR 21.96 - genannten Grundsätze entsprechen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.>; Urteil vom 18. Juni 1997 - BVerwG 4 C 3.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131; Urteil vom 26. März 1998 - BVerwG 4 A 7.97 - LKV 1999, 26).

Die vorstehend genannten Grundsätze hat der Beklagte nicht verletzt. Er legt im Planfeststellungsbeschluß ausführlich dar, welche Überlegungen ihn bewogen haben, sich unter den näher untersuchten Westvarianten und der Ostvariante einer Umfahrung des Petersbergs für die planfestgestellte Westvariante zu entscheiden. Er führt zunächst eingehend aus, daß der projektierten Trasse trotz ihrer erheblichen Auswirkungen auf den Biotopkomplex im Götschetal unter den Westvarianten 1, 2, 7 und 8 der Vorrang gebühre, weil sie bezüglich ihrer Auswirkungen auf die trassennahen Siedlungsgebiete (Wohnfunktion) die konfliktärmste Lösung darstelle (PFB S. 33 f.). Die Ostvariante (mit und ohne Tunnel) wird ausgeschieden, weil sie unter Berücksichtigung der Belange der Raumordnung (größere Zerschneidung der Landschaft, Durchquerung eines landwirtschaftlichen Vorranggebiets, keine Bündelung mit vorhandenen Verkehrswegen - Bundesbahn, B 6), des Verkehrs (geringere Verkehrsentlastung für die Stadt Halle), der Umwelt und der Wirtschaftlichkeit (Mehrlänge von ca. 2 km) gegenüber der planfestgestellten Westvariante die weniger günstige Lösung sei (PFB S. 89 f.). Weitere Westvarianten (Variante "Becker", Kombinationsvariante "West" jeweils mit Modifikationen) werden wegen ihrer ökologischen und verkehrlichen Nachteile abgelehnt. Der Trassenwahl liegt ein Variantenvergleich aus verkehrlicher und schalltechnischer Sicht sowie eine vergleichende Gegenüberstellung der Trassenauswirkungen auf die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege (Bodenversiegelung, Beeinträchtigung der Tier- und Pflanzenwelt, des Wassers und der Luft, des Landschaftsbildes und der Erholungsfunktion sowie des Wohnens) zugrunde (PFB S. 34 - 49). Danach verursacht die Variante Ost (ohne Tunnel) die geringsten Lärmbelastungen für die umliegenden Orte. Den Vergleich der Auswirkungen auf Natur und Landschaft faßt der Beklagte dahin zusammen, daß abgesehen von der stärkeren Inanspruchnahme hochwertiger Böden durch die Ostvariante - weder der projektierten Westvariante noch der Ostvariante der Vorrang eingeräumt werden könne, da beide Varianten zu Beeinträchtigungen führten (PFB S. 90).

Danach ist die Rüge der Kläger, die Abwägungsmaterialien für die Trassenwahl seien unzureichend ermittelt, unbegründet. Die Aufbereitung des Abwägungsmaterials ist hinreichend, um eine sachgerechte Trassenentscheidung treffen zu können. Die Forderung der Kläger nach einer umfassenden Detailuntersuchung aller Trassenvarianten in schalltechnischer und lufthygienischer Hinsicht wird durch das Abwägungsgebot des § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG nicht gestützt. Dem Beklagten war es auch nicht verwehrt, die (förmliche) Umweltverträglichkeitsprüfung auf die projektierte Westvariante zu beschränken, nachdem er zuvor die anderen Trassenvarianten auch mit Rücksicht auf ihre Umweltauswirkungen als weniger geeignet aus der weiteren Betrachtung ausgeklammert hatte (vgl. auch Senatsurteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 a.a.O. S. 250 m.w.N.). Die vom Beklagten für die planfestgestellte Westvariante und gegen die Ostvariante ins Feld geführten Gründe der Raumordnung und Verkehrsbedeutung, der geringeren Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung schließen die Annahme aus, dem Beklagten habe sich die von den Klägern befürwortete Ostvariante im Vergleich mit der Plantrasse als die vorzugswürdige aufdrängen müssen. Das vom Beklagten verfolgte Ziel einer stärkeren Verkehrsentlastung der Stadt Halle ist auch geeignet, den Vorrang der planfestgestellten Trasse vor der Variante "Becker" und der Kombinationsvariante "West" (jeweils mit ihren Tunnel-Untervarianten) zu rechtfertigen (vgl. dazu PFB S. 34 - 37).

1.3 Die Einwände der Kläger gegen das für die gewählte Trasse angeführte großräumige Verkehrskonzept des Beklagten greifen nicht durch.

Mit dem Neubau des hier umstrittenen Planungsabschnitts der A 14 verfolgt der Beklagte nicht nur das Ziel, das bestehende Autobahnnetz zwischen Magdeburg und Halle zu vervollständigen und dessen Verkehrswirksamkeit im Hinblick auf die internationalen und innerstaatlichen Verkehrsströme sowie den Verkehr zwischen den beiden größten Städten des Landes Sachsen-Anhalt zu verbessern. Er plant darüber hinaus, die A 14 über die im hier umstrittenen Planungsabschnitt nach Westen abzweigende A 143 (Westumfahrung Halle) mit der Bundesstraße 80 im Westen von Halle sowie mit der geplanten A 38 (früher: A 82) Göttingen - Halle (Südharz-Autobahn) zu verbinden. Auf diese Weise soll zwischen der Anschlußstelle Halle-Neustadt (A 143/B 80) im Westen von Halle und der Anschlußstelle Halle - Peißen (A 14/B 100) im Osten von Halle eine Nordumfahrung von Halle ermöglicht werden, die den Innenstadtbereich vom Durchgangsverkehr deutlich entlastet. Außerdem soll der hier umstrittene Planungsabschnitt der A 14 in Verbindung mit der vorgesehenen A 143 für geplante und teilweise schon entstandene Gewerbegebiete parallel zur B 100, in Trotha und im Norden von Halle entlang der B 6 eine Anbindung an das überregionale Straßennetz sicherstellen, ohne daß das Stadtgebiet von Halle stärker belastet wird. Nach den Berechnungen des Beklagten drückt der West-Ost-Verkehr bei zunehmender Entfernung zwischen den Anschlußstellen Halle-Neustadt (A 143/B 80) und Halle - Peißen (A 14/B 100) tendenziell stärker in die Stadt Halle hinein. Dies bedeute, daß die planfestgestellte Trasse der A 14 zusammen mit der künftigen A 143 das Stadtgebiet von Halle am stärksten vom Durchgangsverkehr entlasten könne; denn die projektierte Westvariante sei infolge ihrer stadtnahen und bogenförmig nach Westen ausgerichteten Linienführung geeignet, über die A 143 die kürzeste Nordumfahrung von Halle zu gewährleisten (vgl. PFB S. 36 f., 90).

Wie der Senat bereits in seinem Beschluß vom 24. September 1997 ausgeführt hat, ist diese Verkehrskonzeption nachvollziehbar und einleuchtend. Entgegen der Ansicht der Kläger hinderte der Umstand, daß bei Erlaß des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses ein Planfeststellungsverfahren für die A 143 nicht eingeleitet war, den Beklagten nicht daran, den beabsichtigten Bau der A 143 als westliches Teilstück der vorgesehenen Nordumfahrung von Halle bei seiner Trassenwahl zu berücksichtigen. Die Kritik der Kläger an der Verkehrsprognose für die A 143 ändert daran nichts. In dem vom Beklagten zur Planrechtfertigung herangezogenen Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes 1993 (vgl. Anlage nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. November 1993 <BGBl I S. 1878>) ist der Neubau der A 143 (vormals A 82) als vordringlicher Bedarf ausgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung nicht nur für die sog. Planrechtfertigung verbindlich; sie erstreckt sich auch auf den Verkehrsbedarf als einen in die Abwägung einzustellenden Belang (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <390>).

Im Rahmen seines großräumigen Verkehrskonzepts ist der Beklagte davon ausgegangen, daß eine Anbindung der A 143 im westlichen Bereich der planfestgestellten Trasse der A 14 nicht an unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen scheitern werde. Diese Prognose ist nicht zu beanstanden. Die Anbindung der A 143 an die A 14 hat im Bedarfsplan 1993 als vordringlicher Bedarf ihren Niederschlag gefunden. Eine derartige Bekräftigung des Verkehrskonzepts durch den Gesetzgeber hat als planerische Vorgabe in der Vorausschau künftiger Entwicklungen ein erhebliches Gewicht (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 <286 f.> [für ein Landesentwicklungsprogramm]). Im Planfeststellungsbeschluß (S. 91) heißt es ferner, die Linienführung der A 143 stehe aufgrund der landesplanerischen Beurteilung des Regierungspräsidiums Halle vom 11. Dezember 1995 fest. Die dort gewählte Vorzugsvariante beginne am Autobahndreieck Wallwitz (A 143/A 14). In der von den Klägern mit Schriftsatz vom 6. Januar 1997 (Anlage 31) vorgelegten landesplanerischen Stellungnahme vom 15. März 1993 des Ministeriums für Raumordnung und Städtebau des Landes Sachsen-Anhalt wird ausgeführt, daß die spätere Einordnung einer "Anschlußstelle Südharzautobahn A 82 (Göttingen - Halle), welche im Bundesverkehrswegeplan 1992 und im Landesentwicklungsprogramm des Landes Sachsen-Anhalt enthalten ist, ... im Bereich östlich von Lettewitz möglich" sei. In diesem Bereich ist das Autobahndreieck Wallwitz vorgesehen.

Die Kläger machen geltend, es sei rechtsfehlerhaft, "daß zwei voneinander abhängige, notwendigerweise aufeinander zugehende, weil miteinander zu verknüpfende Planungen hinsichtlich ihrer Beziehungen nicht transparent und förmlich, sondern isoliert abgewickelt und gewissermaßen nur <hinter den Kulissen> koordiniert worden" seien. Die mit der Knotenpunktbildung Wallwitz verbundene Problematik sei planungsrechtlich unaufgearbeitet geblieben. Anders als im Rahmen einer abschnittsweise erfolgenden Feinplanung könne sich der Betroffene hier also nicht auch gegen die ihn in Form eines "Zwangspunktes" belastende Parallelplanung wenden. Eine gleichwohl erfolgende Berücksichtigung bloßer Vorplanungen verkürze daher im Ergebnis den Rechtsschutz der durch beide Planungen Betroffenen erheblich und stehe mit den Erfordernissen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht im Einklang.

Dieser Einwand geht fehl. Mehr als eine Überprüfung der prognostizierten Realisierungsfähigkeit der A 143 können die Kläger in diesem Klageverfahren nicht beanspruchen. Sie werden damit im Ergebnis so gestellt, als bildete die A 143 zwischen dem Autobahndreieck Wallwitz und der Anschlußstelle Halle-Neustadt im Rahmen der Verkehrskonzeption "Nordumfahrung Halle" einen selbständigen weiteren Streckenabschnitt, der sich an einen bereits planfestgestellten Teilabschnitt nämlich der A 14 zwischen dem Autobahndreieck Halle Peißen und dem Autobahndreieck Wallwitz - anschließt. Die Eigentümlichkeit der Abschnittsbildung besteht gerade darin, daß jeder Abschnitt rechtlich selbständig, aber zugleich darauf angelegt ist, mit weiteren Abschnitten ein übergreifendes Planungskonzept zu vervollständigen. Das bedeutet aber nicht, daß auch die übrigen (nachfolgenden) Abschnitte bereits Gegenstand eines konkreten Planungsverfahrens sein müssen, und schon gar nicht, daß diese Verfahren einen bestimmten Stand erreicht haben müssen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 14. Oktober 1996 BVerwG 4 VR 14.96 <4 A 35.96> - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 123). Ausreichend ist vielmehr die Prognose, daß der Verwirklichung der Fernstraße in den nachfolgenden Abschnitten keine von vornherein unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen (vgl. Urteil vom 28. Februar 1996 - BVerwG 4 A 27.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110).

1.4 Die Grundentscheidung des Beklagten für die planfestgestellte Trasse ist auch aus den weiteren mit der Klage vorgetragenen Gründen nicht abwägungsfehlerhaft. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 1.4 auf den Seiten 10 bis 12 des Senatsbeschlusses vom 24. September 1997 verwiesen.

1.5 Die Kläger beantragen im Schriftsatz vom 3. November 1998 die Einnahme des richterlichen Augenscheins an Ort und Stelle, weil, wie sie meinen, "bereits die schlichte Geländeoptik so eindrucksvoll für eine Präferenz der Osttrasse streitet". Diesem Beweisantrag konnte nicht stattgegeben werden. Das "tatsächliche Eingriffspotential" der Ost- und Westvarianten ist vom Beklagten ausreichend ermittelt worden. Die Entscheidung für die planfestgestellte Westtrasse ist im übrigen das Ergebnis einer Abwägung zahlreicher, sehr unterschiedlicher Faktoren. Die Geländeoptik, insbesondere das Landschaftsbild westlich des Petersberges und das Götschetal mit seiner Umgebung, und die Beeinträchtigung der Landschaft durch die planfestgestellte Trasse, vor allem die Götschetalbrücke, sind in der Abwägung berücksichtigt worden. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts war nicht erforderlich.

2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluß verletzt die Planungshoheit der Klägerinnen zu 1 und 2 nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Gemeinde mit eigenen Planungen eine Fachplanung grundsätzlich nur abwehren, wenn ihre eigene Planung hinreichend konkret und verfestigt ist. Die Planfeststellungsbehörde muß ferner auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend soweit wie möglich Rücksicht nehmen, nämlich in der Weise, daß durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden (BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <394> m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze weist der Beklagte (PFB S. 98 - 100) den Vorwurf der Klägerin zu 1 zurück, die planfestgestellte Trasse verletze sie hinsichtlich der Planung eines Gewerbegebietes nördlich von Beidersee und der Dorfentwicklungsplanungen für die Ortsteile Sylbitz und Dachritz sowie hinsichtlich der planerischen Ausweisung weiterer Wohngebiete in ihrer Planungshoheit. Die bestandskräftigen Planungen der Klägerin zu 1 seien bei der Trassenwahl berücksichtigt worden. Dies wird im Klageverfahren dahin weiter konkretisiert, daß die Klägerin zu 1 nicht über einen genehmigten Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan für das vorgesehene Gewerbegebiet verfüge und die Entwicklungsmöglichkeiten einer Gewerbeansiedlung ungeachtet der Anbindung der A 14 an die B 6 auf den westlich von der B 6 gelegenen Flächen nicht abgeschnitten würden. Ferner wird im Planfeststellungsbeschluß begründet, daß der Klägerin zu 1 ihrem Bedarf entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten für die künftige Festsetzung von Wohngebieten verblieben. Diese Darstellung der Planungssituation und ihre Konkretisierung in der Klageerwiderung vom 9. Januar 1997 lassen eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit nicht erkennen.

Entsprechendes gilt auch für die von der Klägerin zu 2 erhobenen Einwendungen. Im Planfeststellungsbeschluß (S. 100) wird dargelegt, daß die Klägerin zu 2 aufgrund eines bestehenden und zweier in Aufstellung befindlicher Bebauungspläne über Flächen für den Bau von 90 Wohneinheiten verfügen werde, die durch die planfestgestellte Trasse nicht beeinträchtigt würden. Damit werde der Bedarf der Gemeinde an für den Wohnungsbau geeigneten Flächen gedeckt. Rechtsfehler des Beklagten sind insoweit nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerinnen zu 1 und 2 geltend machen, der von der künftigen Autobahn ausgehende Lärm und der verkehrsbedingte Anstieg der Schadstoffbelastung der Luft werde die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigen, die Gefahr von Gesundheitsschäden mit sich bringen und den Wert der anliegenden Häuser und Grundstücke mindern, ist ihnen entgegenzuhalten, daß einer Gemeinde nicht deshalb "wehrfähige" Rechte zukommen, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen ein Schaden droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 4 C 36.86 - BVerwGE 84, 209 <213>; Beschluß vom 5. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 8.96 - NVwZ-RR 1997, 339). Die Klägerinnen können deshalb gegen den Planfeststellungsbeschluß nicht mit Erfolg vorbringen, die Lärm- oder Luftbelastung werde zunehmen und das Vorhaben widerspreche Belangen des Umweltschutzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <395>).

Auch die Beeinträchtigung landwirtschaftlicher oder gewerblicher (auch fremdenverkehrlicher) Betriebe durch eine Fachplanung führt als solche dann nicht zu einem gemeindlichen Abwehrrecht, wenn sich diese Beeinträchtigung in irgend einer Weise auf die "Wirtschaftsstruktur" der Gemeinde auswirkt. Die Wirtschaftsstruktur einer Gemeinde wird von vielfältigen Faktoren bestimmt und beeinflußt, die jedoch nicht sämtlich speziell dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zugeordnet sind (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 BVerwG 4 C 14.95 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 107 = DVBl 1997, 729). Unter diesem Gesichtspunkt können sich die Gemeinden gegen eine Fachplanung auf ihrem Gebiet nur wehren, wenn eine eigene hinreichend bestimmte Planung nachhaltig gestört wird oder wenn das Vorhaben wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzieht (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 BVerwGE 81, 95 <106>). Eine Verletzung konkreter Planungen liegt, wie ausgeführt, nicht vor; Entwicklungsspielräume für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben bleiben erhalten.

Die Klägerinnen sehen sich durch das Bauvorhaben, insbesondere durch die Götschetalbrücke mit den anschließenden Dammschüttungen, in der Entwicklung von Einrichtungen der Naherholung und des Fremdenverkehrs beschränkt: Verschiedene Vorhaben zur Förderung des Tourismus (Golfplatz, Aufforstungen) seien an der Autobahnplanung bereits gescheitert. Aufgrund der landwirtschaftlichen Vorbedingungen seien ihre Gemeinden für Hotel- und Sportanlagen, Reit- und Wanderwege prädestiniert. Durch den fehlenden Tourismus erwüchsen ihnen erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Auch dieses Vorbringen läßt eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit oder eines aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden Selbstgestaltungsrechts der Gemeinde nicht erkennen. Es ist zwar nicht auszuschließen, daß die Auswirkungen eines Autobahnbaus die Wirtschaftsstruktur und Leistungsfähigkeit einer durch Landwirtschaft und Fremdenverkehr geprägten Gemeinde so massiv und nachhaltig verschlechtern, daß die Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts in Betracht zu ziehen ist. Einen derartigen Eingriff in den Gemeindecharakter machen die Klägerinnen jedoch selbst nicht geltend. Sie wehren sich dagegen, daß ihnen die Entwicklung zu Orten der Naherholung und des Fremdenverkehrs durch das Bauvorhaben "verbaut wird". Die Möglichkeit einer solchen Entwicklung stellt einen abwägungsbeachtlichen Belang der Gemeinde dar, wenn sie sich nach der Eigenart von Natur und Landschaft, dem Ortsbild oder sonstigen Faktoren abzeichnet oder ernsthaft in Betracht kommt. Dem Beklagten ist insoweit jedoch kein Abwägungsfehler unterlaufen. Er hat die negativen Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter Landschaftsbild und Freizeit/Erholung im Rahmen der Trassenwahl eingehend gewürdigt. Er hat insbesondere den Verlust landschaftsbildprägender Strukturen, optischer Zerschneidungs- und Barriereeffekte durch Brücken- und Dammbauwerke sowie die zu erwartenden Immissionsbelastungen im Götschetal und den angrenzenden Wohngebieten berücksichtigt. Es wird festgestellt, daß die hohe Dammlage der Brücke zu einer erheblichen und nachhaltigen Verfremdung der Landschaft führen wird; die landschaftliche Einbindung der Bauwerke sei nur langfristig und zudem nicht vollständig möglich. Der Zugang zu den Naherholungsgebieten (westlich und östlich) am Petersberg bleibe jedoch erhalten. Bei dieser Ausgangslage stellt es keinen Abwägungsfehler zu Lasten der Klägerinnen dar, wenn der Beklagte nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der planfestgestellten Trasse trotz ihrer einschneidenden Auswirkungen auf die betroffenen Gemeindegebiete den Vorzug eingeräumt hat.

3. Die Klägerinnen zu 1 und 2 sowie die Kläger zu 6 und 7 können die (vollständige oder teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen etwaiger inhaltlicher Mängel des naturschutzrechtlichen Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzkonzepts (§ 8 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 9 BNatSchG, §§ 11, 13 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Februar 1992, GVBl S. 108) nicht beanspruchen.

3.1 An diesem Konzept bemängeln die Kläger, daß der Beklagte mit den Auflagen für Tabu-Zonen im Bereich des Teufelsgrundes und des Götschetals sowie mit den angeordneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seinen gesetzlichen Schutzauftrag einer effektiven Eingriffsminimierung nur unzureichend erfülle. Weder in der Gesamtbilanz noch im einzelnen würden die naturschutzrechtlichen Eingriffe angemessen kompensiert. Das gelte für den Ausgleich der Bodenneuversiegelung ebenso wie für die Maßnahmeflächen im Hinblick auf die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, das insbesondere durch die vorgesehenen Brückenbauwerke und die Dammschüttungen vollständig umgestaltet werde.

Diese Einwendungen übersehen, daß die von der Planfeststellung mit enteignender Vorwirkung betroffenen Grundeigentümer keinen allgemeinen Anspruch auf ein vollständiges und fehlerfreies Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzkonzept haben. Sie haben vielmehr nur einen Anspruch auf Planaufhebung, wenn und soweit ein Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung kausal für ihre Eigentumsinanspruchnahme ist. Die Kläger könnten die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses deshalb nur verlangen, wenn entweder das Konzept Fehler hätte, bei deren Vermeidung i h r e Grundstücke nicht für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Anspruch genommen werden müßten, oder wenn Fehler vorlägen, die sich gerade auf die Inanspruchnahme i h r e r Grundstücke beziehen, und das Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzkonzept und damit auch die Zulässigkeit des planfestgestellten Autobahnabschnitts mit der oder ohne die Inanspruchnahme gerade des jeweiligen Grundstücks steht oder fällt (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 S. 382 f. m.w.N.). Es ist von den Klägerinnen zu 1 und 2 und den Klägern zu 6 und 7 nicht substantiiert vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, daß eine dieser Voraussetzungen in bezug auf die betroffenen Grundstücke vorliegen könnte.

3.2 Die Kläger zu 6 und 7 greifen die Ersatzmaßnahmen E 9.4 und E 28.5 in der Götscheaue westlich der L 145 zwischen Groitsch und Sennewitz an. Die Maßnahmen betreffen vom Kläger zu 7 gepachtete Ackerflächen in einem Umfang von etwa 10 ha. Die Maßnahmen sind Bestandteil einer ökologischen Aufwertung des bisher durch großflächige Ackernutzung geprägten Talraumes der Götsche. Die Ackerflächen sollen in Grünland (mit extensiver Nutzung als Wiese oder Weide) umgewandelt werden. Zusammen mit anderen Maßnahmen dienen die Maßnahmen E 9.4 und E 28.5 als Ersatz für die Eingriffe in Natur und Landschaft durch die das Götschetal überspannende Autobahnbrücke. Die Kläger zu 6 und 7 machen geltend, diese Ersatzmaßnahmen beeinträchtigten die landwirtschaftliche Nutzung hochwertiger Böden.

Dieses Vorbringen führt nicht zu einer Aufhebung der angegriffenen Ersatzmaßnahmen. Als Pächter der betroffenen Flächen ist der Kläger zu 7 zwar klagebefugt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 1997 - BVerwG 4 A 36.96 - BVerwGE 105, 178). Die angegriffenen Maßnahmen verletzen aber weder die in § 13 Abs. 1 NatSchG LSA für Ersatzmaßnahmen gezogenen Grenzen noch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem die Anordnung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unterliegt. § 13 Abs. 1 NatSchG LSA verpflichtet den Verursacher, die durch den Eingriff zerstörten Funktionen oder Werte des Naturhaushalts oder Landschaftsbildes an anderer Stelle des von dem Eingriff betroffenen Raumes in ähnlicher Art und Weise wieder herzustellen. Im Planfeststellungsbeschluß (S. 94) sowie im Landschaftspflegerischen Begleitplan vom Januar 1996 (S. 60 ff.) werden Umfang und Zweck der angegriffenen Ersatzmaßnahmen ausführlich begründet. Danach ist der räumlich-funktionale Zusammenhang mit dem durch das Brückenbauwerk verursachten Eingriff in das Götschetal gewahrt. Die Begründung für eine möglichst trassennahe Realisierung des Ersatzkonzepts aus Gründen der ökologischen Wirksamkeit in der Götscheaue südlich von Groitsch läßt einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht erkennen. Die Kläger haben einen derartigen Verstoß auch nicht substantiiert dargetan. Ihr Argument, die Ersatzmaßnahmen könnten auch an anderer Stelle trassennah durchgeführt werden, ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahmen zu begründen.

4. Die Kläger zu 1 bis 7 machen als Abwägungsmangel geltend, der Beklagte habe die Erforderlichkeit aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen im Bereich der planfestgestellten Trasse in ihrer Bedeutung nicht hinreichend erkannt und nicht angemessen berücksichtigt. Auch dieses Vorbringen verhilft der Klage nicht zum Erfolg.

Dabei ist im Hinblick auf die Möglichkeit von Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG zu beachten, daß ein solcher Abwägungsmangel nur dann zu einem Anspruch auf (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen kann, wenn er für die Planungsentscheidung insgesamt von so großem Gewicht ist, daß dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage gestellt wird. Läßt sich eine im Planfeststellungsbeschluß nicht angeordnete oder unzureichende Schutzauflage nachholen oder nachbessern, ohne daß dadurch die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt berührt und ohne daß in dem Interessengeflecht der Planung nunmehr andere Belange nachteilig betroffen werden, so korrespondiert der objektiven Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses insoweit nicht ein subjektiver Anspruch des Betroffenen auf (teilweise) Planaufhebung, sondern (allenfalls) ein Anspruch auf Planergänzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1996 BVerwG 11 A 86.95 - DVBl 1996 S. 921 <924> m.w.N.).

Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte in Kenntnis der von den Klägern gerügten Mängel der Lärmvorsorge - deren Vorliegen unterstellt - eine andere konzeptionelle Entscheidung in der Trassenwahl getroffen hätte oder hätte treffen müssen, bestehen nicht. Der Vorwurf, der Beklagte habe den lärmbedingten Beeinträchtigungen der Naherholung, des Tourismus mit seinen Wirtschaftsaspekten, der Attraktivität der betroffenen Gemeinden wie der gesamten Region und der Wohnruhe der Anwohner auch unterhalb der maßgeblichen Zumutbarkeitsschwelle keine abwägungsrelevante Bedeutung beigemessen, trifft nicht zu, wie sich aus dem Variantenvergleich, der Darstellung der Umweltauswirkungen der Trassenwahl, der Abwägung zwischen aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen und der Zurückweisung diesbezüglicher Einwendungen im Planfeststellungsbeschluß (S. 39, 42, 52 ff., 70, 74 f., 82 ff. und 97 ff.) deutlich ergibt. Mit den von den Klägern im einzelnen gerügten Aufklärungsdefiziten und fehlerhaften Verkehrsprognosen, Kostenschätzungen und Lärmberechnungen ist nichts dafür dargetan, daß eine Planergänzung durch (weitere) Schallschutzauflagen und unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG durch einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld zur Abhilfe und zum Ausgleich nicht ausreichen würde.

5. Die Kläger zu 3 bis 7 wehren sich ferner gegen die Annahme des Beklagten, die mit dem Straßenbauvorhaben verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen der Luft führe nicht zu unzumutbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch dieses Klagevorbringen läßt Rechtsverletzungen oder Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde nicht erkennen.

Der Beklagte stützt seine Immissionsprognose auf ein im Hinblick auf die lokalklimatischen Besonderheiten des Götschetals von der DEGES eingeholtes spezielles Immissionsgutachten (Ingenieurbüro Lohmeyer, März 1994), dessen Ergebnisse er sich zu eigen macht. Für Stickstoffdioxid stellt er ab auf den Grenzwert in § 1 Abs. 6 der 22. BImSchV (BGBl I 1993, 1819) sowie auf die Grenz- und Leitwerte in den Anhängen I und II der Richtlinie 85/203/EWG des Rates über Luftqualitätsnormen für Stickstoffdioxid vom 7. März 1985 (ABl 1985 L 87/1, mit späteren Änderungen), für Benzol und Ruß auf die Konzentrationswerte nach § 2 des Entwurfs der inzwischen erlassenen 23. BImSchV vom 16. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 1962) sowie auf die Beurteilungsmaßstäbe des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI - hrsg. vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, 1992). Ergänzend werden die Vorsorge- und Grenzwerte der TA Luft 1986 sowie die MIK-Werte der VDI Richtlinie 2310 herangezogen.

Für Stickstoffdioxid wird prognostiziert, daß die angelegten Grenz- und Leitwerte im Jahresmittel und bei Kurzzeitbelastung grundsätzlich nicht überschritten werden. In einzelnen Trassennahbereichen (bis ca. 20 m) werden zwar Überschreitungen der Kurzzeitbelastungsgrenzwerte von Stickstoffdioxid vorausberechnet; mit zunehmendem Abstand von der Autobahntrasse wird jedoch ein rascher Rückgang dieser Konzentrationen erwartet. Für den Trassennahbereich werden ferner erhöhte Benzolimmissionen prognostiziert, die den LAI-Beurteilungswert jedoch nicht überschreiten sollen. Für das Götschetal südlich der A 14 werden infolge von Kaltluftströmungen leicht erhöhte Benzolimmissionen erwartet, die jedoch ebenfalls unter dem LAI-Beurteilungswert liegen. Für das übrige Untersuchungsgebiet werden über die Vorbelastung mit Benzol hinausgehende zusätzliche Risiken weitgehend ausgeschlossen. Für den Nahbereich der Trasse werden außerdem punktuell Rußbelastungen oberhalb des LAI-Beurteilungswerts erwartet. In Teicha werden erhöhte Rußimmissionen bis zu 2,2 Mikrogramm je m vorhergesehen, wobei der verkehrsbedingte Anteil in der Ortslage weniger als 0,5 Mikrogramm je m betragen soll. Der Beklagte weist schließlich darauf hin, daß die prognostizierten Benzol- und Rußimmissionen im Untersuchungsgebiet weit unter den Konzentrationswerten der 23. BImSchV liegen. Die verbleibenden Abgas- und Schadstoffbelastungen würden durch das öffentliche Interesse an der planfestgestellten Trasse und der Durchführung des Bauvorhabens überwogen (PFB S. 54 f., 71 ff., 92).

Die Kläger greifen die Datengrundlagen, die angewandten Methoden sowie die angelegten Grenz- und Leitwerte dieser Immissionsprognose unter Berufung auf eine von ihnen im Planfeststellungsverfahren vorgelegte, von Dr.-Ing. W. Kühling erstellte "Überprüfung der Luftschadstoffermittlungen" (Juni 1996) an. Sie machen geltend, das Gutachten Dr. Kühling komme in allen Punkten zu einer für sie wesentlich ungünstigeren Schadstoffprognose, und rügen, daß sich der Beklagte mit diesem Gutachten nicht auseinandergesetzt habe. Im Klageverfahren haben die Kläger eine erweiterte Fassung des Gutachtens vorgelegt (W. Kühling/S. Lachmann/B. Rösel, Hallesches Jahrbuch Geowissenschaften, Bd. 20, 1998, S. 1 - 29).

Die auf das Gutachten Dr. Kühling gestützten Einwände der Kläger greifen nicht durch. Ob die Planfeststellungsbehörde ein ihr vorgelegtes Gutachten als bloßen "Interessenten"-Vortrag ohne weitere Folgen für das Abwägungsergbnis zur Kenntnis nimmt oder sich als eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage zu eigen macht, ist eine Frage der inhaltlichen Bewertung der gutachtlichen Stellungnahme. Die Behörde kann es mit einem einzigen Gutachten bewenden lassen. Sie ist nicht in jedem Fall und unter allen Umständen verpflichtet, im Rahmen ihrer Abwägung ein von Beteiligtenseite vorgelegtes zweites Gutachten zu verwerten. Die Notwendigkeit, einen gutachtlich bereits aufgehellten Sachverhalt weiter zu erforschen, muß sich der Behörde grundsätzlich nur dann aufdrängen, wenn das vorhandene Gutachten unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist (vgl. Senatsbeschluß vom 23. Februar 1994 - BVerwG 4 B 35.94 - Buchhholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 97 m.w.N.). Diese Notwendigkeit bestand nach Ansicht des erkennenden Senats hier nicht. Die im Gutachten Dr. Kühling geäußerte Kritik ist nicht geeignet, Verfahren und Ergebnis der Immissionsprognose des Beklagten ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Auch der Senat sieht insoweit keinen Anlaß zu weiterer Sachverhaltsaufklärung. Im einzelnen ist hierzu auszuführen:

Die Rüge, im Ansatz der Verkehrsdaten des Beklagten (einschließlich LKW-Anteil) befänden sich Widersprüche, berücksichtigt nicht hinreichend, daß die Verkehrsdichte der A 14 südöstlich der geplanten Anschlußstelle Halle-Nord (46 800 Kfz/24 h) nach Einschätzung des Beklagten deutlich geringer sein wird als die Verkehrsdichte (56 300 Kfz/24 h) auf dem Teilabschnitt der A 14 nördlich von dieser Anschlußstelle. Die LKW-Anteile basieren im übrigen auf Daten der Verkehrsuntersuchung A 14 (Haas Consult, 1993), die von den Klägern nicht substantiiert angegriffen wird. Die Kritik an der Wahl des nördlich vom Götschetal gelegenen Ortes Kleinmerbitz als "maßgebende Örtlichkeit" für die auf den gesamten Planungsabschnitt der A 14 bezogene Schadstoffprognose trifft das Gutachten Lohmeyer 1994 nicht, da es allein die Schadstoffbelastung der Luft im lokalklimatisch besonders sensiblen Bereich des Götschetals zwischen Teicha und Dachritz untersucht. Der Einwand gegen den Prognosehorizont des Jahres 2010 für die Lärmberechnung ist unbegründet; der Senat hat diesen Prognosezeitpunkt für ein Straßenbauvorhaben, das wie die A 14 - im Bedarfsplan 1993 für die Bundesfernstraßen als "vordringlicher Bedarf" dargestellt ist, in früheren Entscheidungen bereits gebilligt (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 m.w.N.).

Das Gutachten Dr. Kühling rügt ferner das vom Ingenieurbüro Lohmeyer 1994 verwendete Modell zur Schadstoffausbreitung: Das angewandte Programmsystem PROKAS, ein Gauß-Modell, sei für die freie Ausbreitung an Straßenachsen ohne oder mit nur geringer Randbebauung entwickelt worden und daher nicht geeignet, der besonderen Situation im Götschetal, einem topographisch stärker gegliederten Gelände, Rechnung zu tragen. Dieser Einwand berücksichtigt nicht, daß das Ingenieurbüro Lohmeyer das verwendete Programmsystem durch Berechnungen zur Ausbreitung der Kfz-Abgase im Kaltluftabfluß (Lagrange-Ausbreitungsmodell) sowie durch Daten zu den örtlichen Windverhältnissen (aus Gutachten des Deutschen Wetterdienstes), durch Angaben des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt zur örtlich großräumigen Luftschadstoffvorbelastung sowie durch eine Modellierung der meteorologischen Bedingungen anhand "des Kaltluftmodells KALM" unter Berücksichtigung des mit einer Häufigkeit von 10 v.H. pro Jahr auftretenden Kaltluftabflusses im Götschetal ergänzt hat (vgl. PFB S. 54 f.). Das Ingenieurbüro Lohmeyer hat somit den topographischen Besonderheiten des Götschetals durch ein der Situation angepaßtes Modell zur Berechnung der Schadstoffausbreitung Rechnung getragen.

Entgegen der Ansicht der Kläger ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluß auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Kläger durch das planfestgestellte Vorhaben unzumutbaren gesundheitsgefährdenden Schadstoffbelastungen ausgesetzt würden. Der Beklagte hat seiner Abwägungsentscheidung zugunsten der Plantrasse auch nicht unzutreffende Grenz- oder Leitwerte zugrunde gelegt.

Die Kläger rügen, daß der Beklagte für Stickstoffdioxid die Immissionsgrenzwerte der TA Luft 1986 herangezogen habe. Die damit verbundenen Einwände berücksichtigen nicht, daß der Beklagte diese Grenzwerte lediglich ergänzend herangezogen hat. Sie werden nach der Immissionsprognose Lohmeyer 1994 weit unterschritten. Im Planfeststellungsbeschluß wird maßgeblich darauf abgestellt, daß selbst die Leitwerte für Stickstoffdioxid in der EG-Richtlinie 85/203/EWG (Anhang II) deutlich unterschritten seien (PFB S. 71 f.). Dabei handelt es sich um Vorsorgewerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit.

Die Kläger kritisieren ferner, daß der Beklagte bei der Beurteilung der Benzol- und Rußbelastungen der Luft die in der 23. BImSchV ab dem 1. Juli 1998 vorgesehenen Konzentrationswerte herangezogen hat. Diese Kritik ist unberechtigt. Es ist zulässig und geboten, die mit einem Straßenbauvorhaben verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen und die damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Ermangelung normierter Werte prognostisch zu beurteilen. Normativ festgesetzte Grenz- oder Orientierungswerte für Benzol und Ruß (Dieselruß), die für den Straßenbau gelten, bestehen nicht, weil derzeit keine wissenschaftlich vertretbare Schwellendosis angegeben werden kann, bei deren Unterschreiten Gesundheitsrisiken ausgeschlossen sind. Hierauf weist der Beklagte ausdrücklich hin (PFB S. 73 f.). In dieser Situation ist es unbedenklich, daß der Beklagte die Konzentrationswerte für Ruß und Benzol, die § 2 der 23. BImSchV ab 1. Juli 1998 festlegt, als "Orientierungswerte" für die Einschätzung verkehrsbedingter Luftverunreinigungen heranzieht. Den Klägern ist zwar einzuräumen, daß die 23. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Konzentrationswerte für bestimmte Straßen oder bestimmte Gebiete festlegt, in denen besonders hohe, vom Verkehr verursachte Immissionen zu erwarten sind, bei deren Überschreiten verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu prüfen sind. Diese Zielsetzung schließt es jedoch nicht generell aus, die Konzentrationswerte für Ruß und Benzol, die auf einer nach Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit getroffenen Risikoabwägung des Verordnungsgebers beruhen, als erste (grobe) Orientierungswerte für die Einschätzung des Risikopotentials eines Straßenbauvorhabens mitheranzuziehen. Die Konzentrationswerte werden nach der Immissionsprognose des Beklagten im Streitfall deutlich unterschritten.

Ebenso unbedenklich ist es, daß der Beklagte seine Immissionsprognose auch auf die LAI-Beurteilungsmaßstäbe für Benzol und Ruß gestützt hat. Diese Beurteilungshinweise enthalten Zielvorgaben für eine vorsorgeorientierte, am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Absenkung des kanzerogenen Risikos durch Luftverunreinigungen in Ballungsgebieten. Sie beruhen auf einer die Verkehrsbedürfnisse einschließenden Risikoabwägung (bei der Wahl eines Gesamtrisikos von 1 : 2500) mit dem Ziel, Maßstäbe für ein akzeptables (tolerierbares) Risiko für die betroffene Bevölkerung zu entwickeln. Aufgrund dieser Zielsetzung und mangels normativ bestimmter (und bestimmbarer) Schwellenwerte ist es weder rechtswidrig noch abwägungsfehlerhaft, die LAI-Maßstäbe für Benzol und Ruß auch als Anhaltspunkte bei der Einschätzung hinnehmbarer Gesundheitsrisiken für Wohngebiete in der Nähe stark befahrener Autobahnen heranzuziehen.

Soweit die Kläger Erhebungen und Berechnungen zu weiteren Schadstoffen (u.a. Schwefeldioxid, Blei und Schwebstaub) vermissen, ist nicht dargetan und ersichtlich, daß diesen Schadstoffen - auch mit Rücksicht auf die zukünftige Entwicklung der Kraftfahrzeug-Emissionen - für die hier umstrittene Immissionsprognose ein den vorgenannten Luftverunreinigungen vergleichbarer Stellenwert zukommen könnte. Dabei darf auch (insbesondere hinsichtlich der geplanten Götschetalbrücke und der benachbarten Siedlungsgebiete) in Betracht gezogen werden, daß die Straßenverkehrsbehörden den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe von § 40 Abs. 2 BImSchG beschränken können.

6. Der Kläger zu 7 hat seinen Einwand, er werde "aufgrund der Flächeninanspruchnahme und zerschneidungsbedingten, aber auch sonst erheblichen Wirtschaftsbeeinträchtigungen (Schadstoffeintrag, Veränderung des Kleinklimas) in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet", im Anhörungsverfahren nicht vorgetragen und in der Klageschrift nicht substantiiert. Der Sache nach hat der Beklagte diesen Einwand - eine Existenzgefährdung als wahr unterstellend unter Hinweis auf die mit dem Bauvorhaben verfolgten Ziele, insbesondere die Entlastung der Stadt Halle und der umliegenden Gemeinden vom überregionalen Verkehr und die damit verbundene Verbesserung der Lebensqualität, zurückgewiesen (PFB S. 95). Der Beklagte hat keinen Zweifel daran gelassen, daß er angesichts dieser Ziele nicht bereit ist, von der Planung abzurücken - und sei dies auch um den Preis einer Existenzvernichtung einzelner, gegebenenfalls zu enteignender landwirtschaftlicher Betriebe. Eine Verletzung des Abwägungsgebots oder - im Hinblick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. § 19 Abs. 2 FStrG) - der Gemeinwohlanforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG kann darin nicht gesehen werden. Mangels entsprechender Einwendungen hatte der Beklagte in diesem Verfahren auch keinen Anlaß, auf die Situation des vom Kläger zu 7 bewirtschafteten Betriebes und die ihn betreffenden planbedingten Nachteile näher einzugehen.

Im übrigen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Betrieb des Klägers zu 7 durch den Bau der planfestgestellten Trasse in seiner Existenz gefährdet sein könnte. Das im Ortstermin vom 16. Dezember 1997 vorgelegte Luftbild läßt zwar erkennen, daß die Plantrasse die von ihm bewirtschafteten Gebiete diagonal durchschneidet. Angesichts des sichtbaren Umfangs der von ihm bewirtschafteten Flächen fällt der Landverbrauch durch die Trasse jedoch nicht übermäßig ins Gewicht. Die Bewirtschaftung der Flächen südlich der Autobahn mag zwar erschwert werden. Die Zuwegung zu diesen Flächen wird jedoch nicht abgeschnitten. Die DEGES hat in ihrer Stellungnahme vom 26. Februar 1996 auf Einwendungen des Klägers zu 6 ausgeführt, die Gemeindeverbindungsstraße Beidersee - Wallwitz werde mit einem Querschnitt von 6 m Fahrbahn und 2 m Geh-/Radweg über die Autobahntrasse geführt. Sylbitz werde an diese Straße durch den Ausbau des vorhandenen Gemeindeweges (Hauptwirtschaftsweg) angeschlossen. Das Flurstück 143/79, Flur 3 der Gemarkung Wallwitz, könne über den Wartungsweg des geplanten Regenrückhaltebeckens erreicht werden; ein Überfahrtsrecht werde eingeräumt. Die Kläger zu 6 und 7 sind dieser Stellungnahme weder im Anhörungs- noch im Klageverfahren substantiiert entgegengetreten.

7. Der Kläger zu 8 ist mit seinem Einwand, durch die Errichtung eines Brückenpfeilers für die Götschetalbrücke werde sein landwirtschaftlich genutztes Eigentum zu Unrecht in Anspruch genommen, gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Das Klagevorbringen betrifft das Flurstück 510/147, Flur 1 der Gemarkung Nehlitz. Im Einwendungsschreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 13. März 1995 wird vorgetragen, daß der Kläger zu 8 sich gegen die Zerschneidung seines Flurstücks 510/41, Flur 1 der Gemarkung Sennewitz, durch die Autobahntrasse wehre; dem Vorbringen des Beklagten, der Kläger zu 8 sei mit seinem Klagevorbringen ausgeschlossen, hat der Kläger zu 8 nicht widersprochen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Bewirtschaftungserschwernisse (Flurstück 510/41) liegt ein Abwägungsfehler des Beklagten nicht vor. Der (unsubstantiierte) Einwand des Klägers zu 8 wird mit Rücksicht auf die Notwendigkeit des Vorhabens und die getroffene Trassenwahl zurückgewiesen (PFB S. 87, 94 f.).

B. Die Klage ist auch mit dem Hilfsantrag unbegründet.

Für eine Verpflichtung des Beklagten zur ergänzenden Anordnung von Vorkehrungen zum Schutz gegen die von den Klägern befürchteten verkehrsbedingten Luftverunreinigungen ist nach der nicht zu beanstandenden Luftschadstoffprognose des Beklagten kein Raum.

Der hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag ist vor dem Hintergrund des Klagevorbringens (Kritik der aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen) im Schriftsatz vom 27. Januar 1997 (Gerichtsakten Bl. 154 - 163) im übrigen dahin auszulegen, daß die Kläger zu 3 bis 7 über die im Planfeststellungsbeschluß festgesetzten und angeordneten Schutzmaßnahmen hinaus w e i t e r e Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes begehren. Ein derartiger Anspruch steht den Klägern auf der Grundlage von §§ 41, 42 BImSchG i.V.m. § 2 der 16. BImSchV (BGBl I 1990, 1036) nicht zu.

Im Planfeststellungsbeschluß (S. 82 - 84) wird nachvollziehbar und einleuchtend dargelegt, daß eine Verstärkung der entlang der Plantrasse vorgesehenen aktiven Schallschutzmaßnahmen (u.a. 1 m hohe Spritzschutzwand auf der Südseite der Götschetalbrücke, 3 m hohe Lärmschutzwand an der Nordseite der Trasse) eine Verringerung des Lärmpegels um lediglich bis etwa 2 dB(A) für das von den Klägern bewohnte Gebiet mit sich bringen und angesichts der dadurch entstehenden Mehrkosten außer Verhältnis zum Schutzzweck stehen würde. Die Berechnung der Mehrkosten wird von den Klägern zwar angegriffen. Sie beziffern den Mehraufwand für eine 2 m hohe Lärmschutzwand auf der Südseite der Talbrücke und die Kosten für eine Erhöhung der Lärmschutzwand auf der Nordseite um 1 m im Ergebnis deutlich niedriger als der Beklagte. Auch die von den Klägern angeführten Mehrkosten sind jedoch im Verhältnis zur prognostizierten Lärmminderung so hoch, daß sie die Entscheidung des Beklagten, zugunsten der Kläger passive Schutzmaßnahmen zu ergreifen, nicht als rechtswidrig erscheinen lassen.

Den Anspruch der Kläger auf passive Schallschutzmaßnahmen nach § 42 BImSchG i.V.m. der 24. BImSchV (BGBl I 1997, 172) hat der Beklagte erfüllt.

Entgegen den Angaben des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 1997 sah der Planfeststellungsbeschluß für die Kläger zu 3 und 4 allerdings keine passiven Schallschutzmaßnahmen vor. Eine schalltechnische Nachberechnung für das Wohnhaus dieser Kläger hat ergeben, daß der Nachtgrenzwert für Wohngebiete auf der Nordost- und Nordwestseite des Hauses um 2 dB(A) überschritten wird. Der Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 7. Juli 1998 eine entsprechende Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses verbindlich zugesagt. Nachträgliche Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses und ihre Zusicherung sind grundsätzlich zulässig. Sie sind im anhängigen Gerichtsverfahren zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <256> m.w.N.). Einem Anspruch auf förmliche Ergänzung des Beschlusses fehlt daher insoweit jetzt das Rechtsschutzbedürfnis.

Nach den schalltechnischen Untersuchungen steht dem Kläger zu 5 für drei Seiten seines Wohnhauses nördlich der Plantrasse ein Anspruch auf passive Schallschutzmaßnahmen zu (Unterlage 11.2.2.b, S. 8).

Der Kläger zu 7 hat für sein Wohnhaus auf der Hofstelle nach den planfestgestellten Berechnungen keinen Anspruch auf passiven Lärmschutz. Entgegen dem Klagevorbringen liegt darin kein Berechnungsfehler. Das Wohngebäude der Hofstelle ist lärmgeschützt, weil es sich in einem vierseitig geschlossenen Innenhof befindet; es ist von Wirtschaftsgebäuden umgeben und liegt etwa 384 m von der Trasse entfernt. Eine Lärmnachberechnung hat ergeben, daß die Grenzwerte hinsichtlich einer weiteren Wohnung in einem Wirtschaftsgebäude auf der Hofstelle nicht überschritten werden.

C. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Klageverfahren auf 410 000 DM festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Streitwert setzt sich aus folgenden Teilstreitwerten zusammen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO):

Klägerin zu 1 100 000 DM

Klägerin zu 2 100 000 DM

Kläger zu 3 und 4 jeweils 20 000 DM

Kläger zu 5 40 000 DM

Kläger zu 6 und 7 jeweils 60 000 DM

Kläger zu 8 10 000 DM.

Das ergibt einen Gesamtstreitwert von 410 000 DM.

Ende der Entscheidung

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