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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.05.2001
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 32.01
Rechtsgebiete: FStrAbG


Vorschriften:

FStrAbG § 3
Mit dem Gebot in § 3 Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG), einzelne Verbesserungsmaßnahmen auf die Maßnahmen abzustimmen, die aufgrund des Bedarfsplans ausgeführt werden, soll vermieden werden, dass Verbesserungsmaßnahmen ohne Berücksichtigung eines in absehbarer Zeit geplanten vollen Ausbaus durchgeführt werden.

Dieses gesetzgeberische Ziel kann je nach den besonderen Umständen des Einzelfalls auch dann beachtet worden sein, wenn eine Fahrbahnverbreiterung sowie die Schaffung eines kreuzungsfreien Anschlusses auf einer vorhandenen innerörtlich verlaufenden Trasse planfestgestellt werden, obwohl bei späterer Verwirklichung des Bedarfsplans eine Umfahrung dieser Ortschaft zu erwarten ist.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch und die Richter Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. Februar 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

1. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 <91 f.>; stRspr).

1.1 Die Beschwerde hält in erster Linie sinngemäß die Frage für klärungsbedürftig, ob es sich noch um eine "einzelne Verbesserungsmaßnahme" gemäß § 3 Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) handelt, "wenn das geplante Vorhaben einen gesetzlich bestimmten Bedarf in Frage stellt".

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts betrifft die umstrittene Planfeststellung den kreuzungs- und anliegerfreien Ausbau der Bundesstraße B 51 innerhalb einer Ortschaft, wobei im Steigungsbereich eine dritte Fahrspur vorgesehen ist. Die Maßnahme soll der Verbesserung des Verkehrsflusses und der Beseitigung eines Unfallschwerpunktes dienen. Im Bedarfsplan ist ein zweistreifiger Ausbau der Bundesstraße als weiterer Bedarf bejaht; Planfeststellungsbehörde und Oberverwaltungsgericht nehmen an, dass dieser Ausbau eine Umgehung der hier betroffenen Ortslage mitumfassen würde. Im Planfeststellungsbeschluss wird davon ausgegangen, dass nach einer Verwirklichung dieses (weiteren) Ausbaus der Ausbauzustand des (jetzt) planfestgestellten Streckenabschnitts im Verhältnis zur dann noch vorhandenen Verkehrsbedeutung nicht mehr angemessen wäre. Dennoch sei die Planfeststellung wegen der Dringlichkeit und Bedeutung der Maßnahme für Verkehrssicherheit und Verkehrsfluss sowie im Hinblick darauf geboten, dass mit einer Verwirklichung des im Bedarfsplan ausgewiesenen Straßenausbaus erst nach dem Jahre 2012 gerechnet werden könne. Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, diese Vorgehensweise sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es handele sich um eine Verbesserungsmaßnahme, die auf § 3 FStrAbG gestützt werden könne. Dem stehe auch nicht entgegen, dass durch die Planfeststellung möglicherweise die Verwirklichung der in den Bedarfsplan aufgenommenen weiträumigen Ausbaumaßnahme der B 51 in Frage gestellt werde. Solange dieses Vorhaben im Bedarfsplan enthalten sei, stehe ein entsprechender Bedarf fest. Ob und welche Konsequenzen der Gesetzgeber bei der Anpassung gem. § 4 FStrAbG aus der planfestgestellten Maßnahme und ihren Auswirkungen auf das Verkehrsgeschehen ableiten werde, sei seinem gesetzgeberischen Ermessen überlassen.

Die Klägerin meint, es sei bereits jetzt absehbar, dass nach Verwirklichung der jetzt planfestgestellten Maßnahme der im Bedarfsplan noch enthaltene Ausbau der B 51 bei der nächsten Anpassung gem. § 4 Satz 2 FStrAbG herausgenommen werde. Eine derartige Feststellung hat das Oberverwaltungsgericht aber nicht getroffen, so dass sie auch der rechtlichen Beurteilung im Revisionsverfahren nicht zugrunde zu legen wäre. Ohnehin beruht diese Anpassungsentscheidung auf zahlreichen Überlegungen regionaler wie überregionaler Natur, so dass es den Gerichten - wenn sie denn überhaupt dazu befugt wären - in derartigen Fällen ohnehin häufig nicht möglich wäre, hierzu eine verlässliche Prognose anzustellen. Hiervon ist ersichtlich auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, wenn es ausführt, Überlegungen zur Ausübung des gesetzgeberischen Ermessens seien im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht angebracht.

Vor dem Hintergrund dieser tatsächlichen Feststellungen legt die Beschwerde keine Frage dar, die der grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte.

§ 2 FStrAbG sieht vor, dass der Bau und Ausbau der Bundesfernstraßen nach Stufen erfolgt, die im Bedarfsplan bezeichnet sind, und nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel. Nach § 3 FStrAbG bleiben einzelne Verbesserungsmaßnahmen unberührt; sie sind auf die Maßnahmen abzustimmen, die aufgrund des Bedarfsplans ausgeführt werden sollen. In der Begründung der Bundesregierung (BTDrucks VI/1180 S. 4) zum Entwurf eines Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 (BGBl I 1971 S. 873; der Gesetzeswortlaut ist seitdem unverändert geblieben) wird hierzu ausgeführt:

Auch an Bundesfernstraßen, deren Ausbau in dem Bedarfsplan nicht oder erst in einer späteren Dringlichkeitsstufe vorgesehen ist, können einzelne Verbesserungsmaßnahmen, d.h. Maßnahmen von geringer örtlicher Ausdehnung wie Kurvenbegradigungen, Änderungen oder Beseitigungen von Bahnübergängen, Fahrbahnverbreiterungen und kleine Ortsumgehungen, notwendig werden. Solche Maßnahmen sind nicht Gegenstand des Bedarfsplanes. Die Bindung des Ausbaus an den Bedarfsplan steht diesen Maßnahmen daher nicht entgegen. Es soll aber vermieden werden, dass sie ohne Berücksichtigung eines in absehbarer Zeit geplanten vollen Ausbaus durchgeführt werden.

Diese gesetzgeberische Zielsetzung und die hierzu genannten Beispielsfälle (die die Beschwerde nur unvollständig wiedergibt) sind einleuchtend und können zur Auslegung von § 3 FStrAbG unbedenklich herangezogen werden.

Das gesetzgeberische Ziel einer Berücksichtigung des geplanten vollen Ausbaus nach dem Bedarfsplan kann je nach den besonderen Umständen des Einzelfalls auch dann beachtet worden sein, wenn - wie vorliegend - eine Fahrbahnverbreiterung sowie die Schaffung eines kreuzungsfreien Anschlusses auf einer vorhandenen innerörtlich verlaufenden Trasse planfestgestellt werden, während bei Verwirklichung des Bedarfsplans eine Umfahrung dieser Ortschaft zu erwarten ist. In einer derartigen Situation bedarf es allerdings einer besonders eingehenden Überprüfung und Bewertung, ob auf die Verbesserungsmaßnahme nicht im Hinblick auf die weiträumige Planung im Bedarfsplan zu verzichten ist. Andererseits kann auch eine Entscheidung zugunsten einer derartigen Maßnahme rechtmäßig sein, wenn sie dem Ziel dient, den Verkehrsfluss zu verbessern und einen Unfallschwerpunkt zu beseitigen, und wenn mit der Verwirklichung des großräumigen Ausbaus erst nach längerer Zeit zu rechnen ist (hier nicht vor dem Jahre 2012). Insoweit wird es wie bei jeder anderen Überprüfung der Planrechtfertigung und einer konkreten Abwägungsentscheidung jeweils auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankommen. Demgegenüber zeigt die Beschwerde nicht auf, welche weiteren Rechtsfragen von grundsätzlicher, also über den Einzelfall hinausgehender, Bedeutung in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnten.

1.2 Auch die von der Beschwerde sinngemäß gestellte Frage, ob eine Straße, insbesondere eine Bundesfernstraße, den Zusammenhang eines Jagdbezirks unterbricht (vgl. § 5 Abs. 2 BJagdG), rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Denn die Beschwerde legt nicht einmal dar, dass das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung überhaupt einen derartigen Rechtsgrundsatz zugrunde gelegt hat. Das Gericht führt aus, der Grundbesitz der Klägerin erfülle das Erfordernis einer zusammenhängenden Grundfläche von mehr als 75 ha (§ 7 Abs. 1 BJagdG) schon hinsichtlich des Merkmals des Zusammenhängens nicht. Die Beschwerde meint, das Gericht sei offenbar davon ausgegangen, (lediglich) die bestehende Bundesstraße unterbreche den Zusammenhang. Damit wird die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage jedoch nicht dargelegt. Das beklagte Land hatte in seinem Schriftsatz vom 10.7.2000 ausgeführt, nach Auskunft der unteren Jagdbehörde bestehe wegen Fehlens einer zusammenhängenden (Hervorhebung im Original) Grundfläche von mindestens 75 ha kein Eigenjagdbezirk. Dem hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.12.2000 (S. 14) zwar widersprochen; auf die streitige Frage, warum entgegen der Auffassung der zuständigen Fachbehörde ein Zusammenhang zu bejahen sei, ist sie jedoch nicht weiter eingegangen. Im Übrigen verläuft die hier auszubauende Bundesstraße in einer Ortschaft. Somit spricht alles dafür, dass das Oberverwaltungsgericht sich für sein Ergebnis auf die Stellungnahme der fachlich zuständigen Jagdbehörde gestützt hat und die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlicher Klärung bedürftig gehaltene Rechtsfrage für seine Entscheidung keine Bedeutung hatte. Mit dem Inhalt dieser Stellungnahme setzt sich die Beschwerde gar nicht auseinander. Daher genügt sie dem Darlegungsgebot nicht.

Aus denselben Gründen scheidet auch die hierzu geltend gemachte Divergenz als Grund für eine Zulassung der Revision aus.

2. Soweit die Beschwerde in mehreren Punkten einen Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung rügt, bleibt sie ebenfalls ohne Erfolg. Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Zu den von der Beschwerde behaupteten Aufklärungsmängeln hätte dementsprechend substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin hätte dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223>). Lediglich schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen den letztgenannten Anforderungen nicht (vgl. Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Im Übrigen ist hinsichtlich der von der Klägerin in Frage gestellten Unfallgefahr ein derartiger Antrag in dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Schriftsatz nicht einmal gestellt worden. Hinsichtlich der geltend gemachten Zweifel an der Dringlichkeit des Straßenbaus sowie der Frage, ob es sich um eine Verbesserungsmaßnahme im oben genannten Sinn handelt, hat das Oberverwaltungsgericht rechtliche Würdigungen vorgenommen; der Umstand, dass die Klägerin diese nicht zu teilen vermag, zeigt keinen Aufklärungsmangel auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.



Ende der Entscheidung

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