Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.10.1999
Aktenzeichen: BVerwG 4 C 1.99
Rechtsgebiete: BauGB 1960, BNatSchG


Vorschriften:

BauGB 1960 § 5 Abs. 6
BauGB 1960 § 6 Abs. 2
BNatSchG § 13
BNatSchG § 15
Leitsatz:

Eine sonstige Rechtsvorschrift im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB ist auch eine Verordnung über die Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes.

Die Genehmigung eines Flächennutzungsplans ist zu versagen, soweit der Inhalt seiner Darstellungen (hier: von Wohnbauflächen) einer Verordnung über die Festsetzung eines Landschaftsschutzgebietes widerspricht. Nicht erheblich ist, ob der Gemeinde eine Änderung der Landschaftsschutzverordnung "verbindlich" in Aussicht gestellt wurde.

Urteil des 4. Senats vom 21. Oktober 1999 - BVerwG 4 C 1.99 -

I. VG Köln vom 28.02.1996 - Az.: VG 8 (13) K 4908/93 - II. OVG Münster vom 11.01.1999 - Az.: OVG 7 A 2377/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 4 C 1.99 OVG 7 A 2377/96

Verkündet am 21. Oktober 1999

Kurowski Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gaentzsch, die Richter Prof. Dr. Dr. Berkemann und Dr. Lemmel, die Richterin Heeren und den Richter Halama

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Januar 1999 hinsichtlich der Teilfläche Nr. 2 (Holzem) der 8. Änderung des Flächennutzungsplans der Klägerin aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. Februar 1996 wird insoweit zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

II. Von den Kosten des erstinstanzlichen und des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 3/5, die Beklagte 2/5.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen. Sie begehrt von der beklagten Bezirksregierung Köln die Genehmigung der achten Änderung ihres Flächennutzungsplans.

Die Änderungen des Flächennutzungsplans betreffen mehrere Teilflächen. Sie sehen im wesentlichen eine Darstellung zum Zwecke der Wohnbebauung vor. Die Teilflächen liegen im Geltungsbereich der ordnungsbehördlichen Verordnung über die Landschaftsschutzgebiete im Rhein-Sieg-Kreis vom 4. Juli 1986 (Sonderbeilage zum Amtsblatt Nr. 28 für den Regierungsbezirk Köln vom 14. Juli 1986). Die Verordnung weist die Flächen als Landschaftsschutzgebiete aus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung ist im geschützten Gebiet u.a. die Errichtung von baulichen Anlagen verboten. § 5 der Verordnung sieht die Möglichkeit der Befreiung vor.

Nachdem die Klägerin die erforderliche landesplanerische Abstimmung nachgeholt hatte, legte sie 1991 die Änderung des Flächennutzungsplans der Beklagten vor und bat um Genehmigung nach § 6 Abs. 1 BauGB. Diese wurde ihr versagt. Zur Begründung gab die Beklagte unter anderem an, daß die vorgesehenen Darstellungen mit den Vorgaben des Landschaftsschutzes nicht vereinbar seien. Wenn auch im Stadium des Flächennutzungsplans noch keine Aufhebung des Landschaftsschutzes nötig sei, müsse doch erkennbar sein, daß eine spätere Aufhebung durch die höhere Landschaftsbehörde in Aussicht gestellt werde. Eine entsprechende Stellungnahme liege nicht vor. Im übrigen werde die Änderung teilweise nicht den Zielen der Raumordnung und Landesplanung gerecht.

Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg. Vielmehr bekräftigte die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ihre Auffassung, daß eine Genehmigung im Hinblick auf den Landschaftsschutz nicht möglich sei. Nach einer Rundverfügung des Regierungspräsidenten Köln vom 8. Dezember 1980 müsse die für die Aufhebung des Landschaftsschutzes zuständige Behörde die Aufhebung zusagen, wenn und soweit der Landschaftsschutz den Festsetzungen eines aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplans entgegenstehe.

Mit Urteil vom 28. Februar 1996 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der dagegen eingelegten Berufung gab das Berufungsgericht mit Urteil vom 11. Januar 1999 für die im Revisionsverfahren noch umstrittene Teilfläche Nr. 2 statt (UPR 1999, 359 <L>). Dazu stützte sich das Berufungsgericht im wesentlichen auf folgende Erwägungen:

Die Änderungen des Flächennutzungsplans stünden nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB in Widerspruch zur Landschaftsschutzverordnung. Zwar sei diese Verordnung eine sonstige Rechtsvorschrift im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB. Ein Widerspruch wäre jedoch nur anzunehmen, wenn der Flächennutzungsplan als Rechtsfolge etwas gestatten würde, was die als Rechtsnorm ausgestaltete Landschaftsschutzverordnung ihrerseits untersage. Das treffe für die Darstellung eines Flächennutzungsplans - anders als bei Festsetzungen eines Bebauungsplans - nicht zu. Der Flächennutzungsplan habe keinen förmlichen Normcharakter. Er enthalte keine verbindlichen Regelungen, sondern sei nur ein vorbereitender Plan. Demgemäß schaffe die Gemeinde mit einem Flächennutzungsplan kein bindendes Baurecht. Vielmehr bringe die Gemeinde durch den Flächennutzungsplan nur zum Ausdruck, wie sie die von ihr beabsichtigte städtebauliche Entwicklung künftig verbindlich festlegen wolle. Anderes ergebe sich weder aus § 7 BauGB noch aus § 35 BauGB. Auch ein Widerspruch zum Landschaftsplan sei nicht gegeben. Nach den Regelungen des Landschaftsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen stehe der Landschaftsplan in der Planungshierarchie unterhalb des Flächennutzungsplans und auf derselben Stufe wie der Bebauungsplan. Hierzu verweist das Berufungsgericht des näheren auf § 16 Abs. 2 des angeführten Landesgesetzes. Die Genehmigung der Darstellung von Flächen im Flächennutzungsplan für Bereiche, die von einer Landschaftsschutzverordnung erfaßt werden, dürfe auch nicht davon abhängig gemacht werden, daß die höhere Landschaftsbehörde die Aufhebung des Landschaftsschutzes zusage. Die Gemeinde sei allerdings - unabhängig von der förmlichen Unterschutzstellung - im Rahmen planerischer Abwägung gehalten, die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes zu berücksichtigen. Demgemäß bedürfe es für die einzelnen Teilflächen hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der beschlossenen Änderung des Flächennutzungsplans jeweils der Einzelprüfung. Diese falle hier zugunsten der Genehmigungsfähigkeit der umstrittenen Teilfläche aus.

Die Beklagte hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie hat die Revision auf die Teilfläche Nr. 2 <Holzem> begrenzt. Sie meint, die Ablehnung der beantragten Genehmigung sei gemäß § 6 Abs. 2 BauGB gerechtfertigt. Bei der Landschaftsschutzverordnung handele es sich um eine "sonstige Rechtsvorschrift" im Sinne der genannten Bestimmung. Die Darstellung im Flächennutzungsplan sei mit dem vorhandenen Landschaftsschutz unvereinbar. Der klagenden Gemeinde sei auch eine Aufgabe des Schutzes nicht in Aussicht gestellt worden.

Die Klägerin verteidigt demgegenüber das Berufungsurteil. Nach ihrer Ansicht fehlt es für den Flächennutzungsplan gegenüber dem landesrechtlichen Landschaftsschutz an einer Vorrangregelung.

Der Oberbundesanwalt, der sich beteiligt, trägt in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vor, daß sich die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit des Flächennutzungsplans ausschließlich danach richte, ob das Gebot der gerechten Abwägung verletzt sei.

II.

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht. Die Sache ist entscheidungsreif. Einer Zurückverweisung der Sache bedarf es im Hinblick auf die nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Demgemäß ist hinsichtlich der im Revisionsverfahren nur noch zu beurteilenden Teilfläche das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

1. Die zulässige Verpflichtungsklage der Klägerin ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch das Versagen der beantragten Genehmigung nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte hat zu Recht die Genehmigung der Änderung des Flächennutzungsplans hinsichtlich der im Revisionsverfahren noch zu beurteilenden Teilfläche abgelehnt. Der Genehmigung steht eine sonstige Rechtsvorschrift im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB entgegen. Die vorgesehene Teilfläche befindet sich im Gebiet eines rechtsförmlich festgesetzten Landschaftsschutzgebietes. Deren nach Landesrecht festgelegte Verbindlichkeit stellt eine sonstige Rechtsvorschrift dar. Zu ihr steht die beabsichtigte Darstellung des Flächennutzungsplans in Widerspruch.

a) Das Berufungsgericht stellt fest, daß die ordnungsbehördliche Verordnung über die Landschaftsschutzgebiete im Rhein-Sieg-Kreis vom 4. Juli 1986 (Sonderbeilage zum Amtsblatt Nr. 28 für den Regierungsbezirk Köln vom 14. Juli 1986) eine nach § 42 a Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft (Landschaftsgesetz - LG) in der seinerzeitigen Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 1980 (GV. NW S. 734) erlassene Rechtsvorschrift ist.

An diese Auffassung ist das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gebunden. Eine "sonstige Rechtsvorschrift" im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB liegt demgemäß vor. Ob bei einer nach Landesrecht vorgesehenen Schutzregelung die Außenverbindlichkeit nach den Vorschriften der Landschaftsplanung - auch in Übereinstimmung mit Bundesrecht - wieder entfallen kann und welche Bedeutung im übrigen der verbindlichen Landschaftsplanung beizumessen ist, ist hier nicht zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Verbindlichkeit der ordnungsbehördlichen Verordnung im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den zur Genehmigung gestellten Flächennutzungsplan entfallen war. Vielmehr geht seine Entscheidungsbegründung gerade davon aus, daß dies nicht der Fall war.

b) Die genannte ordnungsbehördliche Verordnung weist die Fläche formell als Landschaftsschutzgebiet aus. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung ist im geschützten Gebiet die Errichtung von baulichen Anlagen ausdrücklich verboten. Demgegenüber ist Inhalt der vorgesehenen Darstellung des Flächennutzungsplans eine Wohnfläche. Die Bodennutzungen sowohl nach dem vorhandenen förmlichen Landschaftsschutzrecht als auch nach den Darstellungen des Flächennutzungsplans sind miteinander inhaltlich unverträglich. Darin liegt ein inhaltlicher Widerspruch im Sinne des § 6 Abs. 2 BauGB. Das Berufungsgericht sieht dies nicht anders.

c) Der Flächennutzungsplan muß im Zeitpunkt seiner Beschlußfassung auch inhaltlich rechtmäßig sein. Er darf insbesondere nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Das Berufungsgericht meint dazu, eine inhaltlich gegebene Unvereinbarkeit von förmlichem Landschaftsschutz einerseits und Darstellungen des Flächennutzungsplans andererseits aktualisiere sich erst bei dem aus dem Flächennutzungsplan gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan. Erst dann ändere sich die Rechtslage. Diese Auffassung ist zwar zutreffend. Sie wird jedoch der Aufgabe des Flächennutzungsplans und damit korrespondierend dem Verständnis des § 6 Abs. 2 BauGB nicht gerecht. § 6 Abs. 2 BauGB setzt keine Normenkollision in dem Sinne voraus, daß sich ein Normadressat zwei miteinander unverträglichen Verhaltensanforderungen gegenübersieht.

§ 6 Abs. 2 BauGB wendet sich an die Genehmigungsbehörde. Die Vorschrift normiert abschließend die Voraussetzungen, nach denen die beantragte Genehmigung versagt werden darf. Sie will - dies ist der entscheidende Regelungsgehalt - die Genehmigungsfähigkeit auf eine Rechtsprüfung beschränken. In seinen beiden ersten Alternativen betrifft § 6 Abs. 2 BauGB weitgehend rechtliche Selbstverständlichkeiten. Danach muß der Flächennutzungsplan in dem vorgesehenen Verfahren ordnungsgemäß zustande gekommen sein. Er darf auch als ein nur vorbereitender Bauleitplan inhaltlich nicht den Vorschriften des Baugesetzbuchs widersprechen. Demgemäß beziehen sich die Bestimmungen über die Planerhaltung nach §§ 214 ff. BauGB zumeist auch auf den Flächennutzungsplan. Neben den "internen" Normen, welche das Baugesetzbuch selbst enthält und die den Inhalt des Flächennutzungsplans inhaltlich und abwägend bestimmen sollen, bestehen "externe" Normen, welche ebenfalls den Gehalt des Flächennutzungsplans steuern können und sollen. Auch dies ist an sich selbstverständlich. § 6 Abs. 2 BauGB macht das mit dem Hinweis auf "sonstige Rechtsvorschriften" unbezweifelbar. Zu derartigen Vorschriften gehören etwa immissionsschutzrechtliche Vorgaben, aber ebenfalls - was unumstritten ist - Regelungen des Natur- und Landschaftsschutzes. Auch diese hat die planende Gemeinde bereits bei den zu treffenden Darstellungen ihres Flächennutzungsplans zu beachten. Das liegt für den Bereich der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB ohnedies auf der Hand. Für den Natur- und Landschaftsschutz hat der Gesetzgeber dies im Zusammenhang mit zu prüfenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in § 1 a Abs. 3 in Verb. mit § 200 a BauGB auch für den Flächennutzungsplan nunmehr ausdrücklich hervorgehoben.

In welcher Weise "sonstige Rechtsvorschriften" als dritte Alternative der Rechtsprüfung bereits bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans verbindlich und widerspruchsfrei zu beachten sind, ist auf der Grundlage der Aufgabe zu beurteilen, die der Plan gemäß § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu erfüllen hat. Als vorbereitender Bauleitplan stellt der Flächennutzungsplan gemäß § 5 Abs. 1 BauGB vor allem ein gesamträumliches Entwicklungskonzept dar (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 57.84 - BVerwGE 77, 300 <304>). Die Art der Bodennutzung ist nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Die in § 5 Abs. 1 BauGB selbst enthaltene Programmierungsfunktion soll durch das Entwickungsgebot im Sinne einer Determinierung den Inhalt der Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungsplans steuern (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Damit unterscheidet sich der Flächennutzungsplan deutlich von anderen Planungsformen, etwa von dem Wirtschaftsplan nach § 2 des früheren Wohnsiedlungsgesetzes oder von einer Entwicklungsplanung, einer Rahmenplanung oder einer sonstigen Planung im Sinne des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 10 BauGB. Vor allem bestätigt das Gesetz in § 8 Abs. 3 und 4 BauGB mittelbar die innere Abhängigkeit zwischen (vorbereitendem) Flächennutzungsplan und (verbindlichem) Bebauungsplan, indem nur unter näheren Voraussetzungen die Gemeinde ein Parallelverfahren durchführen (§ 8 Abs. 3 BauGB) oder sich für einen vorzeitigen Bebauungsplan (§ 8 Abs. 4 BauGB) entscheiden darf. Welches Gewicht das Gesetz im übrigen der Bedeutung des im Flächennutzungsplan festgelegten gesamträumlichen Entwicklungskonzepts beimißt, ergibt sich aus weiteren Bestimmungen. Der Flächennutzungsplan wird gemäß §§ 2 ff. BauGB demselben öffentlichen Entscheidungsverfahren unterworfen wie der gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtsverbindliche Bebauungsplan. Die Rechtsgültigkeit des Flächennutzungsplans unterliegt gemäß § 6 Abs. 1 BauGB dem Genehmigungsvorbehalt der höheren Verwaltungsbehörde. Die nach außen gerichtete Wirksamkeit des Flächennutzungsplans setzt die ortsübliche Bekanntmachung seiner Genehmigung voraus. Jedermann soll in den Flächennutzungsplan Einsicht nehmen können, um sich über den Stand der von der Gemeinde beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung unterrichten zu können. § 7 BauGB weist dem Flächennutzungsplan ferner gegenüber der Fachplanung anderer Träger öffentlicher Belange eine Koordinierungsfunktion zu. Schließlich ergeben sowohl § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB als auch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BauGB, daß das Gesetz den Darstellungen eines Flächennutzungsplans auch inhaltlich eine gesteigerte Qualifizierung öffentlicher Belange zuerkennt. Die damit insgesamt zugewiesenen Aufgaben des Flächennutzungsplans zur Programmierung und Koordinierung städtebaulicher Entwicklung und Ordnung und zur Qualifizierung öffentlicher Belange in sonst nicht qualifiziert beplanten Bereichen zeichnen so ein Gesamtbild der gestuften Bauleitplanung, das dem Flächennutzungsplan die maßgebende Leitfunktion in der städtebaulichen Entwicklung zuweist. Daran hat sich das Verständnis des § 6 Abs. 2 BauGB auszurichten. Diesem Verständnis und vor allem dem gesetzgeberisch gewollten Junktim der zweistufigen Bauleitplanung entspricht es, wenn bereits im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Flächennutzungsplan alle rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, um das gewollte gesamträumliche Entwicklungskonzept ohne weiteres in den abgeleiteten verbindlichen Bebauungsplänen umsetzen zu können. Damit wird das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB von grundlegenden Fragestellungen entlastet, die auf der Ebene des Flächennutzungsplans entscheidungsbedürftig sind. Eine kommunale Planung, die sich in ihrer Umsetzung vor rechtliche Hindernisse gestellt sieht und daher nur unter Vorbehalt der von der Gemeinde nicht selbst zu bewirkenden Änderung der objektiven Rechtslage möglich ist, stellt einen Widerspruch in sich dar. Sie verfehlt ihren gestaltenden Auftrag (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1997 - BVerwG 4 C 10.96 - DVBl 1997, 838; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996 - BVerwG 4 A 27.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 = NVwZ 1996, 1011 jeweils zum Fachplanungsrecht). Daß ein derartiger Flächennutzungsplan seine Aufgabe verfehlt, jedermann verläßliche Auskunft über den verbindlichen Stand der städtebaulichen Entwicklungsplanung zu geben, tritt hinzu. Es ist gerade ein Gebot der Rechtsklarheit, daß sich der Bürger darauf verlassen muß, daß die Gemeinde in den Flächennutzungsplan keine Darstellung aufnimmt, die nach dem derzeitigen Rechtszustand aus Rechtsgründen möglicherweise nicht verwirklicht werden kann.

Diese Auslegung des § 6 Abs. 2 BauGB wahrt die wohlverstandenen Interessen der Gemeinde im Sinne effektiver Planungshoheit. Die Beachtung sonstiger Rechtsvorschriften im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Flächennutzungsplan hindert die Gemeinde nicht, sich für die Verwirklichung ihrer entwicklungspolitischen Absichten um eine Änderung derartiger Rechtsvorschriften vielfältig zu bemühen. Gelingt ihr dies, dann steht ihr die städtebaurechtliche Möglichkeit zur Verfügung, im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB sowohl die Änderung des Flächennutzungsplans als auch die Aufstellung des Bebauungsplans gleichzeitig vorzunehmen. Demgegenüber ist ein gewichtiges Interesse der Gemeinde, bereits zuvor einen Flächennutzungsplan zu beschließen, der in inhaltlichem Widerspruch zu Rechtsvorschriften steht, nicht erkennbar.

Für den hier zu beurteilenden Konflikt zwischen vorbereitender Bauleitplanung und Natur- und Landschaftsschutz bestätigt die Gesetzesentwicklung die Maßgeblichkeit des förmlichen Natur- und Landschaftsschutzes. Ursprünglich hatte der Bundesgesetzgeber das Rangverhältnis zwischen Bauleitplanung und Natur- und Landschaftsschutz anders geordnet. § 5 Abs. 6 Satz 1 BauGB 1960 bestimmte, daß - soweit dies für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde erforderlich sei und nicht überwiegende Belange des Natur- und Landschaftsschutzes entgegenstünden - für Flächen, die dem Landschaftsschutz unterlägen, Nutzungsregelungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 BBauG 1960 getroffen werden könnten. Das geschah im Rahmen der Abwägung gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 BBauG 1960. Mit dem Inkrafttreten eines Bebauungsplans sollten in seinem Geltungsbereich Regelungen, die dem Landschaftsschutz dienen, insoweit gemäß § 5 Abs. 6 Satz 2 BBauG 1960 außer Kraft treten, als sie der Durchführung des Bebauungsplans entgegengestanden hätten. Die gemeindliche Bauleitplanung sollte danach in der Lage sein, auch einen förmlichen Natur- und Landschaftsschutz zugunsten der kommunalen Bauleitplanung zurückzudrängen. Voraussetzung war allerdings eine entsprechende abwägende Entscheidung bereits auf der Stufe des Flächennutzungsplans. Durch das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG 1960 wurde diese Entscheidung dann inhaltlich auf die Ebene des rechtsverbindlichen Bebauungsplans gleichsam transferiert. Mitte der 70er Jahre entschied sich der Bundesgesetzgeber für eine andere politische Bewertung der Naturschutzbelange. Im Zusammenhang mit der Bundesgesetzgebung zum Naturschutz, die mit dem Bundesnaturschutzgesetz vom 20. Dezember 1976 (BGBl I S. 3574) verwirklicht wurde, strich das Änderungsgesetz zum Bundesbaugesetz vom 18. August 1976 (BGBl I S. 221) § 5 Abs. 6 BBauG 1960 ersatzlos. Damit entfiel gleichzeitig der dort bislang enthaltene Vorrang der Bauleitplanung gegenüber dem Natur- und Landschaftsschutz. Das war gewollt. Die Gesetzesmaterialien zu den beiden genannten Gesetzen weisen dies näher aus. Vor allem der Bundesrat war sich dessen bewußt, als er zur Begründung der ersatzlosen Streichung des § 5 Abs. 6 BBauG 1960 ausführte, daß der Vorrang der Bauleitplanung vor Landschaftsschutzbestimmungen die Belange des Naturschutzes vernachlässige. Es könne verlangt werden, daß Landschaftsschutzverordnungen aufgehoben würden, bevor entgegenstehende Bauleitpläne aufgestellt würden (vgl. BRDrucks 300/1/74 S. 24). Die Entscheidung über den Vorrang wollte man nicht mehr den Gemeinden im Rahmen der Bauleitplanung überlassen. Man meinte damit die Bauleitplanung in ihrer Gesamtheit, also nicht nur die verbindliche Bauleitplanung des Bebauungsplans. § 5 Abs. 6 Satz 1 BBauG 1960 richtete sich an die Flächennutzungsplanung, § 5 Abs. 6 Satz 2 BBauG 1960 an die Bebauungsplanung.

Ob die Gemeinde eine begründete Erwartung über den künftigen Wegfall des derzeit gegebenen rechtlichen Hindernisses hat, ist nicht entscheidend. Demgemäß ist es insoweit unerheblich, ob die zuständige Behörde der Gemeinde eine Änderung der Landschaftsschutzverordnung "verbindlich" in Aussicht gestellt hat. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Erörterung, welche rechtliche Verbindlichkeit einer derartigen Zusage für die Entscheidung der Gemeinde beizumessen wäre.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte übrigens in ihrer Eigenschaft als höhere Landschaftsbehörde noch im Berufungsverfahren stets erklärt, daß sie nicht bereit sei, die Schutzausweisung zurückzunehmen. Diese Erklärung - die nicht nur Parteivorbringen ist - ist Gegenstand tatrichterlicher Feststellung und daher im Revisionsverfahren zugrunde zu legen (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Die Klägerin hat gegen diese tatrichterliche Feststellung keine Gegenrüge erhoben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 VwGO. Die Kostenregelung ist gegenüber der verkündeten Kostenentscheidung hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen und des Berufungsverfahrens in entsprechender Anwendung des § 120 Abs. 1 VwGO von Amts wegen ergänzt worden. Das verkündete Urteil hat diesen Kostenpunkt nicht bedacht. Eine Ergänzung von Amts wegen war im Zeitpunkt vor Zustellung des Urteils (vgl. § 120 Abs. 2 VwGO) zulässig. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich, da nicht über einen Antrag zu entscheiden war.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück