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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: BVerwG 4 C 15.01
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 6 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 6
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
1. Eröffnet eine Gemeinde im Wege der Bauleitplanung auf Flächen, die im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung einem naturschutzrechtlichen Bauverbot unterliegen, die Möglichkeit einer baulichen Nutzung, so scheitert die Planung weder an § 1 Abs. 3 BauGB noch an § 6 Abs. 2 BauGB, wenn eine Befreiung von dem Bauverbot in Betracht kommt.

2. Der Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ermöglicht es der Gemeinde, die in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben (hier: Windkraftanlage) durch Darstellung im Flächennutzungsplan auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Er erlaubt es ihr aber nicht, das gesamte Gemeindegebiet für diese Vorhaben zu sperren.

3. Der Gemeinde ist es verwehrt, durch die Darstellung von Flächen, die für die vorgesehene Nutzung objektiv ungeeignet sind oder sich in einer Alibifunktion erschöpfen, Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB (hier: Windkraftanlagen) unter dem Deckmantel der Steuerung in Wahrheit zu verhindern.

4. Die Gemeinde muss nicht sämtliche Flächen, die sich für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB (hier: Windkraftanlagen) eignen, gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in ihrem Flächennutzungsplan darstellen. Bei der Gebietsauswahl und dem Gebietszuschnitt braucht sie die durch § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB geschützten Interessen (hier: Windenergienutzung) in der Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen nicht vorrangig zu fördern. Sie darf diese Interessen nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen zurückstellen, wenn hinreichend gewichtige städtebauliche Gründe dies rechtfertigen.

5. Außerhalb der Konzentrationsflächen können Abweichungen von der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur zugelassen werden, wenn sie die planerische Konzeption der Gemeinde nicht in Frage stellen.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 4 C 15.01

Verkündet am 17. Dezember 2002

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Lemmel, Halama, Gatz und Dr. Jannasch

am 17. Dezember 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. November 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 19/20, der Beklagte und die Beigeladene jeweils 1/40 der Gerichtskosten.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten in voller Höhe und von den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen 9/10.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen von den außergerichtlichen Kosten des Klägers jeweils 1/10.

Die übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.

Gründe:

I.

Der Kläger beantragte im November 1996 einen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 67 m, einem Rotordurchmesser von 66 m und einer Leistung von 1,5 MW an einem zum Teil von Wald umgebenen Grünlandstandort rund 750 m westlich des Stadtgebiets der beigeladenen Gemeinde. Kurz zuvor hatte der Rat der Beigeladenen zur Steuerung der ab 1. Januar 1997 gesetzlich privilegierten Windenergieanlagen ein Flächennutzungsplanänderungsverfahren eingeleitet mit dem Ziel, geeignetes Gelände für diese Anlagen auszuweisen. Östlich des Stadtgebiets im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung "Homert" vom 4. Dezember 1984, durch die weite Teile des Gemeindegebiets der Beigeladenen erfasst werden, wurden fünf Flächen auf ihre Eignung hin untersucht. Vier dieser Flächen erwiesen sich als problematisch, weil die Untere Naturschutzbehörde erklärte, eine Befreiung von dem naturschutzrechtlichen Bauverbot nicht in Aussicht stellen zu können, bzw. weil das Staatliche Umweltamt Hagen aus Gründen des Immissionsschutzes Einwände erhob. Der Rat der Beigeladenen fasste in seiner Sitzung vom 7. Oktober 1998 einen neuen Aufstellungsbeschluss, der sich nur mehr auf die Fläche erstreckte, gegen die im Rahmen der Anhörung keine Bedenken angemeldet worden waren. Er beschloss die Offenlegung des Änderungsentwurfs und machte dies in der Westfälischen Rundschau und dem Südländer Volksfreund vom 30. November 1998 bekannt. Mit Beschluss vom 12. April 1999 wies er die von ihm ausgewählte rund 80 ha große Fläche als "Vorrangzone für Windkraftanlagen" aus. Die Genehmigung dieser 9. Änderung des Flächennutzungsplanes wurde am 17. September 1999 bekannt gemacht.

Der Kläger bat den Beklagten unter Hinweis auf den Abschluss des Änderungsverfahrens, seine Bauvoranfrage weiter zu bearbeiten.

Er hat am 4. Mai 1999 Untätigkeitsklage erhoben, die in der ersten Instanz erfolglos geblieben ist. Mit Urteil vom 30. November 2001 hat das Berufungsgericht auf einen Hilfsantrag festgestellt, dass der Beklagte vor dem 17. September 1999 verpflichtet gewesen sei, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Vor dem In-Kraft-Treten der Flächennutzungsplanänderung am 17. September 1999 hätte die Bauvoranfrage des Klägers positiv beschieden werden müssen. Seit diesem Zeitpunkt dagegen stehe der Erteilung eines Bauvorbescheides für die beabsichtigte Errichtung einer Windkraftanlage die Ausweisung an anderer Stelle durch Darstellungen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen entgegen. Die Beschränkung auf eine einzige Vorrangzone sei unbedenklich. Der Gesetzgeber verlange nicht die Ausweisung mehrerer Konzentrationszonen, um die Ausschlusswirkung für die übrigen Bereiche zu erreichen. Das Konzept der Beigeladenen weise nicht die Merkmale einer unzulässigen Negativplanung auf. Der Gesetzgeber erkenne der Nutzung der Windenergie im Rahmen der Abwägung keinen Gewichtungsvorrang zu. Er eröffne vielmehr die Möglichkeit, die Zulassung von Windkraftanlagen aus städtebaulichen Gründen restriktiv zu steuern. Die Beigeladene habe von der ihr insoweit eingeräumten planerischen Gestaltungsfreiheit fehlerfreien Gebrauch gemacht. Sie habe tragfähige Gründe dafür genannt, weshalb sie die Ausschlusswirkungen ihrer Planung auf alle Flächen außerhalb der ausgewiesenen Konzentrationszone erstreckt habe. Insoweit habe sie nicht den Nachweis zu erbringen brauchen, dass das übrige Gemeindegebiet für die Errichtung von Windenergieanlagen ungeeignet sei. Eine parzellenscharfe Prüfung habe sich demgemäß erübrigt. Die Beigeladene habe aus Gründen des Immissionsschutzes und der künftigen Siedlungsentwicklung eine Reihe von Tabu-Flächen aus der weiteren Betrachtung aussondern dürfen. Auch unter dem Blickwinkel des Naturschutzes und der Landschaftspflege einschließlich der Erholungsfunktion der Landschaft hätten bestimmte Landschaftsteile, zu denen auch der Standort für das vom Kläger beabsichtigte Vorhaben gehöre, bei der Eignungsprüfung außer Betracht bleiben können. Die als Vorrangzone dargestellte Fläche eigne sich für den ihr zugedachten Zweck. Sie sei windhöffig genug und erfülle auch die sonstigen Voraussetzungen, um Windenergieanlagen wirtschaftlich betreiben zu können. Die Untere Landschaftsbehörde habe ihre Bedenken zurückgestellt, weil dieses Areal im Gegensatz zu den anderen untersuchten Flächen weniger exponiert sei und mit kürzeren Leitungen an das Stromnetz angebunden werden könne. Der Kläger könne keine besonderen Umstände ins Feld führen, die eine Ausnahme von der regelhaften Ausschlusswirkung rechtfertigten.

Alle Beteiligten haben Revision eingelegt. Der Beklagte und die Beigeladene haben ihr Rechtsmittel zurückgenommen.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Revision vor: Der Änderungsentwurf sei nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden. Die Bekanntmachung habe die erforderliche Anstoßfunktion verfehlt. Die Beigeladene habe sich im Übrigen untauglicher Darstellungsmittel bedient. Die Planung biete keine Aussicht auf Verwirklichung. Das Gelände sei für Windkraftanlagen ungeeignet. Das Winddargebot sei unzureichend. Die Netzanschlusskosten seien so hoch, dass sich Windenergieanlagen an diesem Standort nicht rechneten. Im Übrigen erweise sich das Bauverbot der Landschaftsschutzverordnung als unüberwindbares rechtliches Hindernis. Das Berufungsgericht sei den Anforderungen des Abwägungsgebots nicht gerecht geworden. Es habe verkannt, dass die Förderpflicht zu Gunsten der Windenergienutzung im Rahmen der Abwägung als Gewichtungsvorgabe durchschlage. Stattdessen habe es einer restriktiven Steuerung das Wort geredet und den Weg dafür frei gemacht, die mit der Windenergienutzung verfolgten umweltpolitischen Ziele beliebig wegzuwägen. Die Planung der Beigeladenen lasse eine Verhinderungsstrategie erkennen. Die Flächenauswahl sei anhand global und pauschalierend festgelegter Kriterien vorgenommen worden. Als Folge hiervon sei eine Reihe geeigneter Standorte von vornherein ausgeblendet worden. Darüber hinaus seien unter Berufung auf städtebauliche, immissionsschutzrechtliche und naturschutzrechtliche Gesichtspunkte ohne nähere Prüfung Tabu-Zonen festgelegt worden. Selbst wenn von der Gültigkeit der Konzentrationszonendarstellung auszugehen wäre, hätte der beantragte Bauvorbescheid erteilt werden müssen. Die gesetzliche Regelvermutung greife in seinem Fall nicht ein. Schon die Tatsache, dass die Windkraftanlage, die er zu errichten beabsichtige, bis zur Flächennutzungsplanänderung auch nach Ansicht des Berufungsgerichts genehmigungsfähig gewesen sei, lasse sich als Beleg für eine besondere Konstellation werten, die eine Ausnahme rechtfertige.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. November 2001 zu verpflichten, einen Bauvorbescheid für den von ihm beabsichtigten Bau einer Windenergieanlage zu erteilen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er führt aus: Es begegne nicht von vornherein rechtlichen Bedenken, wenn eine Gemeinde nur eine einzige Vorrangzone für Windkraftanlagen ausweise. Hierin sei regelmäßig weder eine unzulässige Negativplanung noch ein Abwägungsmangel zu sehen. Die Gemeinde treffe keine Pflicht, die Nutzung der Windenergie im Rahmen der Abwägungsentscheidung besonders zu fördern. Der Gesetzgeber habe die Einführung der Privilegierung bewusst mit einem Planvorbehalt verbunden, der es ermögliche, die Errichtung von Windkraftanlagen restriktiv zu steuern. Diese Konzeption schließe es aus, einen Anspruch darauf zuzuerkennen, dass alle für die Windkraftnutzung geeigneten oder die in wirtschaftlicher Hinsicht bestgeeigneten Flächen als Vorrangzone ausgewiesen würden. Voraussetzung für die Ausschlusswirkung sei lediglich ein in sich schlüssiges, hinreichend städtebaulich motiviertes Planungskonzept für das gesamte Gemeindegebiet. Dabei könne sich die Gemeinde grundsätzlich an globalen oder pauschalierenden Kriterien orientieren.

II.

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger wird nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass der Beklagte es unterlassen hat, seine Bauvoranfrage positiv zu bescheiden. Die Windkraftanlage, die er zu errichten beabsichtigt, ist an dem vorgesehenen Standort unzulässig. Ihr stehen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegen, da hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen ist in der seit dem 17. September 1999 maßgeblichen Fassung gültig. Der Standort, an dem der Kläger sein Vorhaben verwirklichen möchte, liegt außerhalb der Zone, in der die Errichtung von Windkraftanlagen konzentriert werden soll. Umstände, die eine Ausnahme von der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB begründen und deshalb eine Zulassung der streitigen Anlage an diesem Standort ermöglichen könnten, liegen nicht vor.

1. Der Flächennutzungsplanänderung haftet kein formeller Mangel an.

Der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BauGB liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit dem Erläuterungsbericht oder der Begründung auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen mit dem Hinweis darauf, dass Anregungen während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können. Nach der Rechtsprechung des Senats soll der an der Bauleitplanung interessierte Bürger auf der Grundlage dieser Regelung die Möglichkeit erhalten, durch Anregungen und Bedenken auf den Planungsgang Einfluss zu nehmen. Damit die Bekanntmachung diese Anstoßfunktion erfüllen kann, müssen die Angaben in einem hinreichenden Umfang Aufschluss über das Planungsvorhaben geben. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn der Bürger in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 22.80 - BVerwGE 69, 344; Beschluss vom 28. Januar 1997 - BVerwG 4 NB 39.96 - Buchholz 406.11 § 3 BauGB Nr. 6).

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts genügte die Offenlegungsbekanntmachung vom 30. November 1998 den gesetzlichen Anforderungen. Zwar ging aus ihr nicht unmittelbar hervor, dass die geplante Ausweisung nicht nur für die auf dem beigefügten Kartenausschnitt kenntlich gemachte Fläche, sondern auch für das übrige Gemeindegebiet rechtliche Wirkungen sollte erzeugen können. Es fehlte, anders als bei der ersten Bekanntmachung vom 27. Dezember 1996, der Hinweis, dass es das "Ziel des Änderungsverfahrens ist ..., geeignete Standorte bzw. Flächen für Windkraftanlagen darzustellen". Im Textteil war nur von einer "Vorrangzone für Windkraftanlagen" die Rede. Diese Grobcharakterisierung genügte jedoch als erster Anstoß. Wer sich genauere Kenntnis davon verschaffen wollte, was sich im Einzelnen hinter dem Begriff der "Vorrangzone" verbarg, dessen Aufmerksamkeit wurde durch den Hinweis auf Ort und Dauer der Auslegung auf die Planungsunterlagen gelenkt, die insoweit nähere Auskunft gaben. Die Bekanntmachung konnte und musste eine solche Detailinformation nicht vorwegnehmen.

2. Auch materiellrechtlich begegnet die Ausweisung der Beigeladenen keinen Bedenken.

2.1. Der Flächennutzungsplan ist in der vom Kläger bekämpften geänderten Fassung erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Der Gesetzgeber richtet mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall auf, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweist, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteile vom 12. August 1999 - BVerwG 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246 und vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 110 = DVBl 2002, 1469; Beschlüsse vom 24. Oktober 1990 - BVerwG 4 NB 29.90 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 23, vom 25. August 1997 - BVerwG 4 NB 12.97 - Buchholz 406.11 § 6 BauGB Nr. 7 und vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27). § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, für diesen Zweck schlechthin ungeeignet ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanz sind indes keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich das von der Beigeladenen ausgewiesene Gebiet aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung nicht eignet.

2.1.1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts reicht es unter dem Blickwinkel des § 1 Abs. 3 BauGB aus, dass die Windver-hältnisse einen Anlagenbetrieb zulassen und die Netzanbindungskosten jedenfalls bei einer Verteilung auf mehrere Betreiber tragbar erscheinen. Dies lässt sich rechtlich nicht beanstanden. Die Fläche, die der Errichtung von Windkraftanlagen vorbehalten ist, muss nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind. Das Berufungsgericht hat der eigens beim Deutschen Wetterdienst in Auftrag gegebenen Wetterkarte entnommen, dass in der ausgewiesenen Vorrangzone ausreichende Windgeschwindigkeiten zu erwarten sind. Seine Annahme, dass auch die hohen Netzanschlusskosten kein unüberwindbares tatsächliches Hindernis darstellen, wird dadurch erhärtet, dass nach den übereinstimmenden Mitteilungen des Beklagten und der Beigeladenen für die Errichtung einer Mehrzahl von Windenergieanlagen inzwischen das Zulassungsverfahren eingeleitet worden ist. Der Kläger lässt es in diesem Punkt damit bewenden, die tatsächlichen Annahmen und die Wertungen des Berufungsgerichts anzuzweifeln. Einen Rechtsfehler zeigt er nicht auf.

2.1.2. Auch für ein unüberwindbares rechtliches Hindernis bieten die Feststellungen des Berufungsgerichts keine greifbaren Anhaltspunkte.

Allerdings liegt die von der Beigeladenen ausgewiesene "Vorrangzone für Windkraftanlagen" im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung "Homert", die es untersagt, in dem Landschaftsschutzgebiet bauliche Anlagen jeder Art zu errichten. Ein solches Bauverbot kann nach § 1 Abs. 3 BauGB der Verwirklichung eines Bauleitplans auf unübersehbare Zeit als Hindernis im Wege stehen, wenn es sich als unüberwindbar erweist. Daran fehlt es, wenn der Gesetzgeber davon absieht, einer von ihm getroffenen Verbotsregelung absolute Geltung beizulegen. Schafft er zwar einen Verbotstatbestand, eröffnet aber gleichzeitig eine Abweichungsmöglichkeit, so schränkt er die Verbotswirkungen insoweit selbst von vornherein ein. Sind die Voraussetzungen, an die er den Ausnahmevorbehalt knüpft, objektiv erfüllt, so kann von einem unüberwindbaren rechtlichen Hindernis im Sinne der zu § 1 Abs. 3 BauGB ergangenen Senatsrechtsprechung keine Rede sein. Von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. § 62 BNatSchG ist hierfür ein Beleg. Auch das nordrhein-westfälische Naturschutzrecht lässt unter den in § 69 LG genannten Voraussetzungen eine Befreiung von den in einer Schutzverordnung enthaltenen Verboten ausdrücklich zu. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf die Gemeinde dies im Rahmen der Prognose, die sie bei der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung anzustellen hat, berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 - BVerwG 4 NB 12.97 - a.a.O.). Hierbei bildet die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde ein gewichtiges Indiz.

Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen erkennen, dass sich die Beigeladene bei ihrer Beschlussfassung in einer solchen Situation befand. Die Erklärungen der zuständigen Naturschutzbehörde ließen auf die Bereitschaft schließen, die Bedenken, die bei den übrigen, in die Eignungsuntersuchung einbezogenen Flächen gegen eine Befreiung erhoben wurden, bei dem als "Vorrangzone für Windkraftanlagen" ausgewiesenen Gebiet zurückzustellen. Diesem Umstand durfte die Beigeladene ausschlaggebende Bedeutung beimessen, zumal keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Voraussetzungen, von denen der Gesetzgeber die Gewährung einer Befreiung abhängig macht, hier nicht erfüllt sind. Auch das Vorbringen des Klägers bietet in dieser Richtung keinen Anlass zu Zweifeln.

Kommt nach diesen Grundsätzen eine Befreiung von einem landschaftsschutzrechtlichen Bauverbot in Betracht, besteht auch kein inhaltlicher Widerspruch zwischen der Landschaftsschutzverordnung und den Darstellungen des Flächennutzungsplans im Sinne von § 6 Abs. 2 BauGB. Ein derartiger Widerspruch mit den sich aus § 6 Abs. 2 BauGB ergebenden Rechtsfolgen bestünde nur dann, wenn sich die widerstreitenden Inhalte nur durch eine Aufhebung des landschaftsschutzrechtlichen Verbots beseitigen ließen. So verhielt es sich in dem Fall, der dem Urteil des erkennenden Senats vom 21. Oktober 1999 - BVerwG 4 C 1.99 - (BVerwGE 109, 371) zugrunde lag. Dort sollte die Änderung des Flächennutzungsplans für eine im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung liegende Teilfläche die Schaffung von Wohnbebauung ermöglichen - eine Fallgestaltung, bei der eine Befreiung von dem landschaftsschutzrechtlichen Bauverbot von vornherein ausschied.

2.2. Die Abwägungsentscheidung der Beigeladenen lässt sich anhand der Feststellungen der Vorinstanz rechtlich ebenfalls nicht beanstanden.

2.2.1. Der Kläger wertet die Regelungen, die der Gesetzgeber im Baugesetzbuch und in anderen rechtlichen Zusammenhängen zu Gunsten der Windenergie getroffen hat, als normative Gewichtungsvorgabe, der der Planungsträger im Sinne einer Förderung der Windenergienutzung bestmöglich Rechnung zu tragen habe. Er stellt hierbei darauf ab, dass Anlagen, die der Nutzung der Windenergie dienen, nicht nur in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB (bis zum 1. Januar 1998: § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB) privilegiert, sondern auch anderweitig erkennbar begünstigt werden (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG sowie die §§ 3 und 7 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien vom 29. März 2000, BGBl I S. 305). Diesem rechtlichen Ansatz ist nicht zu folgen.

Allein im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genießen privilegierte Vorhaben in dem Spannungsverhältnis mit den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft aufgezählten öffentlichen Belangen eine besondere Vorzugsstellung. Unzulässig ist ein privilegiertes Vorhaben, das den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, nur, wenn ihm der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB bezeichnete öffentliche Belang im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB "entgegensteht". Ob diese Sperre greift, ist nach der Rechtsprechung des Senats im Wege einer nachvollziehenden Abwägung zu ermitteln, in die das gesteigerte Durchsetzungsvermögen des privaten Interesses mit dem erheblichen Gewicht einzustellen ist, das ihm nach der in der Privilegierung zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung gebührt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Januar 1984 - BVerwG 4 C 43.81 - BVerwGE 68, 311 und vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17).

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB liegt demgegenüber ein anderes Modell zugrunde. Der Gesetzgeber versteht diese Vorschrift als ein die Privilegierung flankierendes Instrument, durch das die Gemeinde in die Lage versetzt wird, die bauliche Entwicklung im Außenbereich planerisch zu steuern. Es trifft zwar zu, dass es das erklärte Ziel des Gesetzgebers ist, den Ausbau der Windenergienutzung "aus klimaschutz-, energie- und umweltpolitischen Gründen" zu fördern und "den Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung zu steigern" (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978). Der Kläger übersieht jedoch, dass die Novelle vom 30. Juli 1996 (BGBl I S. 1189) nicht ausschließlich dazu diente, die Rolle der Windenergienutzung zu stärken. Der Gesetzgeber schuf bei dieser Gelegenheit auch § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB (jetzt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), der nicht allein Windkraftanlagen, sondern auch andere Privilegierungstatbestände, wie etwa die ortsgebundene gewerbliche Nutzung, in seinen Regelungsbereich einbezog. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der seit 1. Januar 1998 maßgeblichen Fassung erstreckt sich auf nahezu alle privilegierten Vorhaben. Ausgenommen sind lediglich solche, die im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen.

Diese Systematik verbietet es, § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB einseitig unter dem Aspekt der Förderung der Windenergienutzung zu betrachten. Für die Vorhaben, deren Privilegierung sich aus Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 ergibt, müssen vielmehr dieselben Grundsätze gelten. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hat Kompromisscharakter. Der Gesetzgeber bringt durch die Privilegierung einerseits zum Ausdruck, dass es sich um Nutzungen handelt, die dem Außenbereich adäquat sind. Er verschließt sich andererseits aber nicht der Einsicht, dass er sich vielfach mit Massenphänomenen konfrontiert sieht, die ohne Planung nicht zu bewältigen sind. Dies gilt nicht nur für die Windenergienutzung, bei der sich allein anhand der Kriterien des § 35 Abs. 1 BauGB eine "Verspargelung" der Landschaft nicht verhindern ließe, sondern z.B. auch für den Abbau von Bodenschätzen, der in manchen Gegenden eine "Verkraterung" der Landschaft zur Folge haben würde, sowie für die Massentierhaltung, die mit ihren Großstallungen mancherorts den Außenbereich beherrscht. Die Missstände, die weithin drohen, haben den Gesetzgeber veranlasst, die Privilegierung in den Fällen des § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB unter einen "Planvorbehalt" zu stellen. Die von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erfassten Vorhaben sind nicht nur dann unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen, sondern auch dann, wenn für sie durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Die gesetzgeberische Privilegierungsentscheidung kommt zwar weiterhin, aber nur mehr nach Maßgabe der gemeindlichen Planungsvorstellungen zum Tragen. Durch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erhalten bestimmte Darstellungen des Flächennutzungsplans über die in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 getroffene Regelung hinaus bauplanerische Bedeutung. Die Gemeinde bekommt ein Instrument an die Hand, das es ihr ermöglicht, durch eine Kanalisierung der in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB aufgeführten Vorhaben, die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet in geordnete Bahnen zu lenken. Dieses gesetzgeberische Modell trägt sowohl dem gebotenen Außenbereichsschutz als auch der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Planungshoheit Rechnung. Es entspricht damit der Grundkonzeption des § 1 BauGB, wonach es zu den Aufgaben der Gemeinde gehört, nach Maßgabe ihrer städtebaulichen Vorstellungen die bauliche und die sonstige Nutzung der Grundstücke im Gemeindegebiet vorzubereiten und zu leiten (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - BVerwGE 81, 95 und vom 14. April 2000 - BVerwG 4 C 5.99 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 342).

2.2.2.1. Bedient sich die Gemeinde der ihr in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufgezeigten Planungsmöglichkeiten, so kommt dies einer planerischen Kontingentierung gleich. Wie aus der Entstehungsgeschichte der Norm erhellt (vgl. den Ausschussbericht vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978 S. 7), orientiert sich der Gesetzgeber mit dem in dieser Vorschrift verankerten Darstellungsprivileg an der Rechtsprechung des Senats zu Konzentrationsflächen für den Kiesabbau (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 57.84 - BVerwGE 77, 300). Danach ist eine Gemeinde befugt, im Flächennutzungsplan Abgrabungsflächen mit dem Ziel darzustellen, den Abbau am ausgewiesenen Standort zu konzentrieren und im übrigen Außenbereich zu unterbinden. In § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB greift der Gesetzgeber das Konzept, eine positive Ausweisung an einer bestimmten Stelle mit einer Ausschlusswirkung für den übrigen Planungsraum zu kombinieren, ausdrücklich auf (vgl. den Ausschussbericht vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978 S. 7). Die negative und die positive Komponente der Darstellung bedingen einander. Das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur dann rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bietet ihr die Möglichkeit, Windenergieanlagen ebenso wie die in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB genannten sonstigen Vorhaben auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Dagegen lässt er es nicht zu, das gesamte Gemeindegebiet mit dem Instrument des Flächennutzungsplans zu sperren. Ein solcher genereller Ausschluss mag der Regionalplanung oder der Regelung durch gemeinsame Flächennutzungspläne benachbarter Gemeinden auf der Grundlage des § 204 Abs. 1 BauGB vorbehalten sein.

Der Gemeinde ist es daher verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Windkraftanlagen in Wahrheit zu verhindern. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windenergienutzung in substantieller Weise Raum schaffen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bietet keine Handhabe dafür, die Zulassung von Windkraftanlagen in der Weise restriktiv zu steuern, dass die Gemeinde sich einseitig von dem Ziel leiten lässt, die Entfaltungsmöglichkeiten dieser Nutzungsart auf das rechtlich unabdingbare Minimum zu beschränken. Der Gesetzgeber gestattet es, das durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschützte Nutzungsinteresse in der Konkurrenz mit anderen Abwägungsbelangen ggf. zurückzustellen. Ein solches "Wegwägen" ist indes rechtfertigungsbedürftig. Ist die Planung nicht durch Abwägungsoffenheit gekennzeichnet, sondern in einer bestimmten Richtung vorgeprägt, so sind Abwägungsdefizite vorprogrammiert. Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, eine einzige Konzentrationszone auszuweisen, so ist dies, für sich genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Die ausgewiesene Fläche ist nicht nur in Relation zu setzen zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen. Dazu gehören nicht zuletzt die besiedelten Bereiche, zusammenhängende Waldflächen sowie Flächen, die aufgrund der topographischen Verhältnisse im Windschatten liegen. Eignet sich nur ein geringer Teil des Gemeindegebiets für eine Windenergienutzung, so lässt sich eine im Vergleich zur Gesamtgröße kleine Konzentrationszone schon aus diesem Grunde nicht als Indikator für eine missbilligenswerte Verhinderungstendenz werten.

Umgekehrt ist die Gemeinde nicht verpflichtet, von dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch zu machen, wenn geeignete Flächen vorhanden sind. Die Zulässigkeit von Windkraftanlangen würde sich in diesem Fall allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB richten. Die Gemeinde wäre dann darauf beschränkt, im Rahmen des § 36 BauGB geltend zu machen, dass einem bestimmten Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BauGB entgegenstehen. Ist hingegen im gesamten Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu finden, darf die Gemeinde keine Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan vorsehen, weil mit der Darstellung von für die Windenergienutzung ungeeigneten Flächen der Gesetzeszweck des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verfehlt würde. Auch in diesem Fall bleibt es beim allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB.

2.2.2.2. Das Berufungsurteil bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger bekämpfte Änderung des Flächennutzungs-plans zu Lasten der Windenergienutzung die Merkmale einer verschleierten Verhinderungsplanung aufweist.

Die "restriktive Steuerung" der die Vorinstanz das Wort redet, lässt sich nicht als Beleg für das Gegenteil anführen. Die Formulierung, die im Berufungsurteil mehrfach wiederholt wird, ist freilich geeignet, Missverständnisse hervorzurufen. Das Berufungsgericht verwendet die Formel von der "restriktiven Steuerung" indes nur, um in pointierter Form der vom Kläger ebenso pointiert vertretenen Auffassung entgegenzutreten, dem Gesichtspunkt der Förderung der Windenergienutzung müsse auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bestmöglich Rechnung getragen werden. Stattdessen stellt es klar, dass es der Gemeinde nicht verwehrt ist, den Stellenwert der Windenergienutzung in der Konkurrenz mit anderen Belangen als einen Abwägungsposten zu behandeln, der, je nach dem welches Gewicht ihm in der konkreten Planungssituation zukommt, nach den zum Abwägungsgebot entwickelten allgemeinen Grundsätzen überwindbar ist. Die vom Berufungsgericht mitgeteilten Tatsachen geben nichts für die Annahme her, dass die Beigeladene gezielt darauf hingearbeitet hat, die Windenergienutzung nach Möglichkeit von ihrem Gemeindegebiet fernzuhalten. Der Kläger stellt selbst nicht in Abrede, dass den Entfaltungsmöglichkeiten dieser Nutzungsart schon deshalb enge Grenzen gesetzt sind, weil der überwiegende Teil der Gemarkung als Folge der Einbeziehung in den Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung "Homert" dem planerischen Zugriff der Beigeladenen weitgehend entzogen und einer baulichen Nutzung auch sonst nicht ohne weiteres zugänglich ist. Die im Berufungsurteil geschilderte Entstehungsgeschichte der von ihm bekämpften Ausweisung belegt im Übrigen, dass die Beigeladene nicht von vornherein das Ziel vor Augen hatte, die Zulassung von Windkraftanlagen in einem kritikwürdigen Sinne restriktiv zu steuern. Die Beschränkung auf eine einzige Konzentrationszone war nicht von Anfang an geplant, sondern das Ergebnis der von Seiten verschiedener Fachbehörden gegen andere Standorte erhobenen Einwände. Diesen nicht ausgeräumten Bedenken Rechnung getragen zu haben, braucht die Beigeladene sich nicht als Fehlgewichtung zu Lasten der Windenergienutzung entgegenhalten zu lassen.

2.2.3.1. Auch der Umstand, dass es nach der Darstellung des Klägers im Gemeindegebiet der Beigeladenen weitere Flächen gibt, die sich von ihren Standortbedingungen her im Vergleich mit der ausgewiesenen Konzentrationszone für die Errichtung von Windkraftanlagen ebenso gut oder noch besser eignen, deutet nicht schon als solcher auf eine beanstandenswerte restriktive Tendenz hin. Macht die Gemeinde von der Möglichkeit des Planungsvorbehalts Gebrauch, so ist sie nicht gehalten, die Wertungen, die sich in den Privilegierungstatbeständen des § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB widerspiegeln, schlicht nachzuvollziehen. Die Feststellung, dass sich diese oder jene Fläche für Zwecke der Windenergienutzung eignet, ist ein Gesichtspunkt, der bei der planerischen Abwägung gebührend zu berücksichtigen ist, bei der Standortwahl aber nicht zwangsläufig den Ausschlag geben muss. Eine andere Beurteilung ist allenfalls dann geboten, wenn die Größe der Konzentrationsfläche durch verbindliche Bedarfsprognosen oder sonstige rechtliche Vorgaben, etwa der Landesplanung, mitbestimmt wird, an denen sich die gemeindliche Planung auszurichten hat. Ansonsten hat sich die Gemeinde an den allgemeinen Anforderungen zu orientieren, die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben. Dem Belang der Förderung der Windenergienutzung muss sie nur insoweit den Vorrang einräumen, als ihm keine gegenläufigen Belange gegenüberstehen, die sie als gewichtiger einstufen darf. In diesem Zusammenhang ist die Eignungsfrage nur einer der für die Abwägungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte. Auch Standorte, die im Vergleich mit der Wahllösung besser geeignet erscheinen, dürfen unberücksichtigt bleiben, wenn das Gewicht der entgegenstehenden Belange das an dieser Stelle rechtfertigt.

2.2.3.2. Das Berufungsgericht bescheinigt der Beigeladenen, eine sachgerechte Auswahl getroffen zu haben. Es stellt fest, dass keine rechtliche Verpflichtung bestand, für die Windenergienutzung über das ausgewiesene Areal hinaus weitere Flächen zu sichern. Nach seiner Ansicht durften die Standorte, die der Kläger für vorzugswürdig hält, nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen ausgeschlossen werden, weil sie in den östlichen Gemeindegebietsteilen nicht mit den Erfordernissen des Landschaftsschutzes und in dem Bereich westlich des Siedlungsschwerpunktes der Beigeladenen nicht mit den Erholungsbedürfnissen der Bevölkerung in Einklang zu bringen sind. Der Kläger begnügt sich damit, dieser Würdigung zu widersprechen. Einen Rechtsfehler zeigt er nicht auf.

2.2.4.1. Der Kläger hält der Beigeladenen vor, nicht hinreichend dargelegt zu haben, welche Gründe es rechtfertigen, nur eine rund 80 ha große Fläche der Windenergienutzung vorzubehalten und das übrige Gemeindegebiet für diese Art von Nutzung zu sperren. Auch dieser Argumentation ist das Berufungsgericht zu Recht nicht gefolgt.

Richtig ist, dass die Darstellung einer Konzentrationszone die ihr zugedachte Negativwirkung in Anlehnung an das Senatsurteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 57.84 - (a.a.O.) nur dann besitzt, wenn ihr ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt (vgl. den Ausschussbericht vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978 S. 7). Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windkraftanlagen freizuhalten. Das folgt schon daraus, dass es die Aufgabe des Flächenutzungsplans ist, ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet zu erarbeiten. Die Ausweisung an bestimmter Stelle muss Hand in Hand mit der Prüfung gehen, ob und inwieweit die übrigen Gemeindegebietsteile als Standort ausscheiden. Die öffentlichen Belange, die für die negative Wirkung der planerischen Darstellung ins Feld geführt werden, sind mit dem Anliegen, der Windenergienutzung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird (vgl. den Ausschussbericht vom 19. Juni 1996, BTDrucks 13/4978 S. 6), nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 BauGB abzuwägen. Ebenso wie die positive Aussage müssen sie sich aus den konkreten örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen.

Aus dem Regelungszusammenhang, in den § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hineingestellt ist, ergibt sich, dass nicht beliebige Gründe einen Ausschluss rechtfertigen. Die mit der positiven Standortzuweisung verbundene Ausschlusswirkung muss durch städtebauliche Gründe legitimiert sein. Die Gemeinde darf nicht im Gewande der Bauleitplanung eine Windkraftpolitik betreiben, die den Wertungen des Baugesetzbuches zuwiderläuft und darauf abzielt, die Windenergienutzung aus anderweitigen Erwägungen zu reglementieren oder gar gänzlich zu unterbinden. Auskunft darüber, welche Gesichtspunkte aus städtebaulicher Sicht einen Ausschluss rechtfertigen, gibt § 1 Abs. 5 BauGB. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB bietet weitere Anhaltspunkte dafür, welche Belange bei der Ausführung von Vorhaben im Außenbereich städtebaulich relevant sind. Denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ändert nichts an der Außenbereichsqualität des überplanten Bereichs. Im Ausschussbericht vom 19. Juni 1996 werden als Belange, die der Windenergienutzung vorgehen können, beispielhaft der Fremdenverkehr, der Naturschutz und der Landschaftsschutz genannt (vgl. BTDrucks 13/4978 S. 6). Windenergieanlagen werfen auch immissionsschutzrechtliche Probleme auf. Je nach der konkreten Situation können die verschiedensten sonstigen Schutzgüter, wie etwa der Schutz von Rohstoffvorkommen und militärischen Einrichtungen oder anderen technischen Systemen, Einschränkungen gebieten. "Welchen Belangen der Vorrang gebührt, kann" nach der Aussage des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 19. Juni 1996 (BTDrucks 13/4978 S. 6) "nicht pauschal ..., sondern nur im Einzelfall und vor Ort abgewogen und entschieden werden".

Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen revisibles Recht die 9. Änderung des Flächennutzungsplans als abwägungsfehlerfrei angesehen.

2.2.4.2.1. Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass die Beigeladene bei ihren planerischen Überlegungen bestimmte Gemeindegebietsteile als so genannte "Tabu-Zonen" von vornherein außer Betracht lassen durfte. Er räumt ein, dass geschlossene Siedlungsgebiete und Waldbereiche als Vorrangfläche für die Windenergienutzung schlechthin ungeeignet sind. Er verwahrt sich auch nicht dagegen, dass zwischen bestimmten schützenswerten Bereichen und Flächen, auf denen eine Mehrzahl von Windkraftanlagen errichtet werden darf, Abstände einzuhalten sind. Rechtliche Vorgaben ergeben sich insoweit nicht zuletzt aus dem Immissionsschutzrecht. Bereits bei der Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung muss sichergestellt werden, dass durch die dort zulässigen Windkraftanlagen keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 1999 - BVerwG 4 CN 4.98 - a.a.O.).

Von dieser Erwägung hat sich auch die Beigeladene bei ihrer Standortsuche leiten lassen. Bei der Bezeichnung der Flächen, die nach ihrer Konzeption aus Gründen des Immissionsschutzes von Windenergieanlagen freizuhalten sind, hat sie sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nur vom Ansatz her an den Richtwerten der TA Lärm ausgerichtet. Sie hat nicht für jeden Bereich gesondert Messungen durchgeführt oder Berechnungen angestellt und nach Maßgabe der jeweiligen Ergebnisse die Abstände ermittelt. Vielmehr hat sie sich in Anlehnung an den nordrhein-westfälischen Windenergie-Erlass in der Fassung des Jahres 1996 für eine Betrachtungsweise entschieden, die den maßgeblichen Parametern, wie etwa der Windrichtung und -geschwindigkeit, der Leistungsfähigkeit der Anlage oder der Tonhaltigkeit der Rotorgeräusche, anhand von Erfahrungswerten in mehr oder weniger pauschaler Weise Rechnung trägt. Sie hat im Hinblick auf die unterschiedliche Schutzwürdigkeit zwischen Einzelgebäuden und Gehöften sowie Wohnbebauung innerhalb und außerhalb des Ortszusammenhangs differenziert und je nach der Himmelsrichtung Abstände festgelegt, die zwischen 300 m und 750 m schwanken.

Der Kläger hält diese Vorgehensweise unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg (vgl. Urteil vom 21. Juli 1999, NVwZ 1999, 1358) für beanstandenswert. Nach seiner Ansicht darf sich eine Gemeinde, die von dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch macht, nicht nach Belieben von der Systematik der TA Lärm lösen. Diese Sichtweise hat sich das Berufungsgericht zu Recht nicht zu Eigen gemacht.

Richtig an der Argumentation des Klägers ist zwar, dass den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen, denen an sich erst auf der Stufe der Anlagenzulassung Rechnung zu tragen ist, schon auf der Ebene der Bauleitplanung mittelbar rechtliche Bedeutung zukommt. Das bedeutet aber nicht, dass die planerischen Aussagen unbesehen an der TA Lärm zu messen sind. Der Kläger missversteht das Zusammenspiel von Städtebaurecht und Immissionsschutzrecht bei der Aufstellung von Bauleitplänen. Über Grenzwertregelungen, durch die die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des Schutzstandards des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImschG zu Gunsten der Nachbarschaft auch mit Wirkung für das Städtebaurecht konkretisiert wird, darf die Gemeinde sich nicht sehenden Auges hinwegsetzen. Ist vorhersehbar, dass sich im Falle der Umsetzung der planerischen Regelungen die immissionsschutzrechtlich maßgeblichen Grenzwerte nicht werden einhalten lassen, so ist der Bauleitplan nichtig. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die Gemeinde umgekehrt im Interesse von Bauinteressenten von ihren planerischen Befugnissen keinen anderen Gebrauch machen darf, als Nutzungen bis an die Grenze dessen zu ermöglichen, was anhand der Maßstäbe des Immissionsschutzrechts gerade noch zulässig ist, ohne als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImschG qualifiziert werden zu können. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, ist es ihr vielmehr bereits im Vorfeld der Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen gestattet, durch ihre Bauleitplanung eigenständig gebietsbezogen das Maß des Hinnehmbaren zu steuern (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 52.87 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 36 und vom 28. Februar 2002 - BVerwG 4 CN 5.01 - Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 25; Beschluss vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 NB 1.88 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 33). Abwägungsfehlerhaft ist eine solche am Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImschG orientierte Planung im Rahmen des Darstellungsprivilegs des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erst dann, wenn sie auch unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums, den der Gesetzgeber der Gemeinde zubilligt, städtebaulich nicht mehr begründbar ist.

Davon kann hier nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Rede sein. Das Tabu-Flächen-Konzept der Beigeladenen hat keinen prohibitiven Charakter. Es ist nicht darauf angelegt, aus Gründen, die dem Städtebaurecht fremd sind, Windkraftanlagen von möglichst weiten Teilen des Gemeindegebiets von vornherein fernzuhalten. Nach der Darstellung des Berufungsgerichts ist das Abstandsflächenkonzept mit dem Staatlichen Umweltamt Hagen abgestimmt worden. Diese Vorgehensweise lässt die Annahme, die Beigeladene habe sich von übertriebenen Vorsorgeerwägungen leiten lassen, von vornherein als fernliegende Möglichkeit erscheinen.

Zur Kritik bietet die Abwägungsentscheidung entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb Anlass, weil die Beigeladene bei der Abgrenzung der Tabu-Zonen in die Betrachtung nicht bloß die Bereiche einbezogen hat, die als Wohnbaufläche dargestellt sind, sondern auch die Flächen, die für Wohngebietserweiterungen vorgesehen sind. Überplant die Gemeinde Teile ihres Gemeindegebiets, so darf sie dabei so vorgehen, dass sie sich etwaige von ihr ins Auge gefasste Entwicklungsmöglichkeiten in der Nachbarschaft nicht von vornherein abschneidet. Wie der Senat im Urteil vom 28. Februar 2002 - BVerwG 4 CN 5.01 - (a.a.O.) dargelegt hat, kann das zulässigerweise verfolgbare Ziel, einen vorhandenen Ortsteil fortzuentwickeln (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 BauGB), es rechtfertigen, sich bei der Planung nicht am überkommenen, sondern an dem Baubestand auszurichten, der sich für die Zukunft abzeichnet. Eine Grenze ist einer derartigen Zukunftsprojektion durch das Verbot des "Etikettenschwindels" gezogen. Veränderungen der baulichen Struktur, die nicht ernsthaft beabsichtigt, sondern nur vorgeschoben sind, dürfen nicht als entgegenstehende Belange dafür herhalten, die Abwägungsmaßstäbe zu verschieben. Gemessen an diesen Grundsätzen begegnet die 9. Änderung des Flächennutzungsplans auch in diesem Punkt keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Angaben des Berufungsgerichts handelt es sich bei den vom Kläger beanstandeten "Wohngebietserweiterungsflächen" um Bereiche, deren Entwicklung hin zu einer Wohnbebauung insofern vorgezeichnet ist, als für sie bereits eine Überarbeitung des Gebietsentwicklungsplans beantragt ist. Von einer überzogenen Vorratsplanung kann bei dieser Sachlage keine Rede sein.

2.2.4.2.2. Die Entscheidung der Beigeladenen, die mit der 9. Änderung des Flächennutzungsplans bezweckte Ausschlusswirkung aus Gründen des Natur- und des Landschaftsschutzes einschließlich der Erholungsfunktion der Landschaft auf den gesamten Bereich westlich der Ortslage N. zu erstrecken, lässt sich rechtlich ebenfalls nicht beanstanden.

Der Kläger bestreitet nicht, dass gerade diese Belange bei der Schaffung des Planvorbehalts in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine entscheidende Rolle gespielt haben. Der Bereich westlich der Ortslage N. steht nach den Angaben des Berufungsgerichts zwar nicht unter förmlichem Landschaftsschutz, er zählt jedoch zu den bevorzugtesten Naherholungsgebieten der Beigeladenen. Wie im Berufungsurteil dargelegt wird, scheiden weite Teile dieses Landschaftsraumes als Standort für Windkraftanlagen schon deshalb aus, weil sie zusammenhängend bewaldet sind. Eingestreut sind zwar einzelne Freiflächen, zu denen auch das Areal gehört, auf dem der Kläger die Windenergieanlage errichten möchte, die den Gegenstand seiner Bauvoranfrage bildet. Gerade dieser Bereich weist aber nach den Feststellungen der Vorinstanz aufgrund der natürlichen Gegebenheiten und der Ausstattung mit Freizeiteinrichtungen ein hohes Maß an Erholungseignung auf. Vor dem Hintergrund dieser vom Kläger nicht in Abrede gestellten tatsächlichen Verhältnisse ist die Entscheidung der Beigeladenen, diesen Teil des Gemeindegebiets von Windkraftanlagen freizuhalten, nicht das Ergebnis einer "restriktiven Steuerung", sondern Ausdruck einer ohne weiteres zulässigen Gewichtung innerhalb der Schranken, die bei Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch das Abwägungsgebot aufgerichtet werden.

3. Zu Recht hat sich das Berufungsgericht nicht der Auffassung des Klägers angeschlossen, dass der Beklagte den beantragten Bauvorbescheid unabhängig von der Gültigkeit der 9. Änderung des Flächennutzungsplans jedenfalls deshalb hätte erteilen müssen, weil die Regelvermutung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im konkreten Fall nicht greife.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB richtet kein absolutes Zulassungshindernis auf. Die Ausschlusswirkung tritt "in der Regel" ein. In Ausnahmefällen kommt eine Zulassung auch im sonstigen Außenbereich in Betracht. Mit diesem Regelungsmechanismus lehnt sich der Gesetzgeber an die Senatsrechtsprechung zu Konzentrationsflächen für den Kiesabbau an. Unter Hinweis darauf, dass die negative Seite der Ausweisung wegen ihres typischerweise globaleren Charakters im Allgemeinen geringere Durchsetzungskraft besitzt als die positive Standortdarstellung, hebt der Senat insoweit im Urteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 57.84 - (a.a.O.) hervor, dass die besonderen Umstände des Einzelfalls in diesen Gemeindegebietsteilen eher eine Chance haben sich zu behaupten. Die "Regel"-Formulierung ermöglicht die Feindifferenzierung, für die das Abwägungsmodell auf der Stufe der Flächennutzungsplanung naturgemäß keinen Raum lässt. Sie verlangt, dass unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten das private Interesse an der Errichtung einer Windkraftanlage den öffentlichen Belangen der Nutzungskonzentration an anderer Stelle gegenübergestellt wird. Dies läuft, in ähnlicher Weise wie bei § 35 Abs. 1 BauGB, auf eine nachvollziehende Abwägung hinaus, freilich unter umgekehrten Vorzeichen. Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal "entgegenstehen" die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zu Gunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf nicht im Zulassungsverfahren konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, sie steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird. Das mit der Ausweisung an anderer Stelle verfolgte Steuerungsziel darf nicht unterlaufen werden.

Was die vom planerisch erfassten Regelfall abweichende Sonderkonstellation ausmacht, lässt sich nicht in eine allgemeine Formel kleiden. Die Atypik kann sich daraus ergeben, dass die Windkraftanlage wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion z.B. als einem anderen privilegierten Vorhaben zugeordnete Nebenanlage besondere Merkmale aufweist, die sie aus dem Kreis der Anlagen herausheben, deren Zulassung der Planungsträger hat steuern wollen. Auch Bestandsschutzgesichtspunkte können von Bedeutung sein. Ist in der Nähe des vorgesehen Standorts bereits eine zulässigerweise errichtete Windenergieanlage vorhanden, so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls zum Vorteil des Antragstellers ausschlagen. Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum bezogenen Beurteilung des Planungsträgers abzuweichen. Ist aufgrund topographischer oder sonstiger Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so widerspricht es der Zielrichtung des Planvorbehalts nicht, das Vorhaben zuzulassen.

Das Berufungsgericht hat weder in sachlicher noch in räumlicher Hinsicht Umstände festgestellt, die entgegen der Regelaussage des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB geeignet sind, dem Kläger den Weg zur Erteilung des von ihm beantragten Bauvorbescheids zu ebnen. Nach seiner Darstellung erfüllt der vorgesehene Standort die Kriterien, die nach dem Plankonzept der Beigeladenen eine Nutzung der Windenergie außerhalb der Vorrangzone ausschließen. Der Kläger stellt selbst nicht in Abrede, dass der fragliche Bereich der Naherholung dient. Er bestreitet auch nicht, dass zwischen der Windenergienutzung und der Befriedigung von Erholungsbedürfnissen ein gewisses Spannungsverhältnis besteht. Wenn er gleichwohl meint, eine positive Entscheidung beanspruchen zu können, dann beruht dies auf seiner Annahme, dass jedenfalls im Rahmen der Einzelfallbetrachtung großzügige Korrekturmöglichkeiten zu Gunsten der Zulassung von Windkraftanlagen geboten seien. Mit dieser Sichtweise unterlegt er § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB indes einen Regelungsgehalt, der dieser Vorschrift nach der Konzeption des Gesetzgebers nicht zukommt. Durch das Darstellungsprivileg soll die Zulassung von Vorhaben außerhalb der hierfür vorgesehenen Flächen auf Fälle beschränkt bleiben, die gemessen an den Zielvorstellungen der Gemeinde Ausnahmecharakter haben. Der Kläger zeigt keine Gesichtspunkte auf, die den Schluss rechtfertigen, dass die Windenergieanlage, die er zu errichten beabsichtigt, trotz einer Nabenhöhe von 67 m und einem Rotordurchmesser von 66 m keinen Anlass zu der Befürchtung bietet, der Erholungsfunktion des Gebiets abträglich zu sein.

4. Das Verständnis des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, das dem Berufungsurteil zugrunde liegt, hält einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des Art. 14 GG stand.

Soweit die Gemeinde von dem Darstellungsprivileg Gebrauch macht, dient der Flächennutzungsplan nicht mehr nur der Steuerung nachfolgender Planungen. Er erlangt über die mittelbaren Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB hinaus unmittelbare Außenwirkungen. Insoweit weist er, ähnlich wie § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - a.a.O.), die Merkmale einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG auf, die den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu wahren sowie dem Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu genügen hat. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hält sich innerhalb der Schranken, die durch das Verfassungsrecht gezogen werden. Aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG lässt sich nicht das Recht herleiten, alle nur irgend erdenklichen Nutzungsmöglichkeiten auszuschöpfen, zu denen ein Grundstück Gelegenheit bietet. Die Baufreiheit als das Recht, ein Grundstück baulich oder in sonstiger Weise zu nutzen, wird zwar vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfasst, sie ist aber nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69 u.a. - BVerfGE 35, 263 <276>; BVerwG, Urteil vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228). Der Gesetzgeber hat in den §§ 30, 34 und 35 BauGB ein differenziertes System geschaffen. Für § 35 BauGB ist der Leitgedanke der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs charakteristisch, der einer Bebaubarkeit enge Grenzen setzt. Dieser Vorbehalt gilt nicht nur für sonstige Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB, sondern gleichermaßen für privilegierte Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1991 - BVerwG 4 C 11.89 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 273). Das äußert sich darin, dass auch diese Vorhaben trotz der ihnen vom Gesetzgeber bescheinigten grundsätzlichen Außenbereichsadäquanz nicht an jedem beliebigen Standort zulässig sind. Sie dürfen nach § 35 Abs. 1 BauGB nur dort zugelassen werden, wo ihnen als das Ergebnis einer Bilanzierung öffentliche Belange nicht entgegenstehen.

Bei § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hält der Gesetzgeber an der Privilegierung fest, gibt der Gemeinde aber ein Mittel an die Hand, das es ihr ermöglicht, die Ausführung der in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB bezeichneten Bauvorhaben im Interesse einer geordneten Entwicklung zu kanalisieren und an bestimmten Stellen im Plangebiet zu konzentrieren. Die damit verbundenen Beschränkungen sind vom geregelten Sachbereich her geboten, um einem "Wildwuchs" vorzubeugen. Sie gehen nicht weiter, als der Schutzzweck reicht, dem sie dienen. Auch beim Modell des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hängt die Zulassungsfähigkeit von dem Gewicht der Interessen und Belange ab, die einander gegenüberstehen. Im Vergleich mit § 35 Abs. 1 BauGB verschiebt sich nur die Perspektive. Welches Interesse überwiegt, ist nicht allein standortbezogen, sondern in erster Linie gemeindegebietsbezogen zu beurteilen. Bei dieser Sichtweise können öffentliche Belange einen höheren Stellenwert als im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB erlangen. Das läuft indes nicht auf eine Aufhebung der Privilegierung hinaus. Auch bei Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB müssen die öffentlichen Belange, aus denen die Ausschlusswirkung hergeleitet wird, so gewichtig sein, dass sie - objektiv nachvollziehbar - geeignet sind, die gesetzgeberische Wertung, die in den Privilegierungstatbeständen zum Ausdruck kommen, zu überwinden. Unzumutbaren Belastungen beugt der Gesetzgeber dadurch vor, dass in Ausnahmefällen der Planvorbehalt nicht greift.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsverfahren ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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