Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 20.07
Rechtsgebiete: EntschG


Vorschriften:

EntschG § 3 Abs. 1
EntschG § 3 Abs. 2
EntschG § 7
Für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Entschädigung für Grundvermögen und land- und forstwirtschaftliches Vermögen nach § 3 EntschG ist hinsichtlich der Bestimmung der Nutzungsart des Grundvermögens auch dann auf den Zeitpunkt des Eigentumsverlustes durch Veräußerung abzustellen, wenn das Grundstück zuvor in staatliche Verwaltung genommen worden war und sich während dieser Zeit die Nutzungsart geändert hat.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 5 C 20.07

Verkündet am 10. April 2008

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2008 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Franke, Dr. Brunn, Prof. Dr. Berlit und Prof. Dr. Kraft

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 4. April 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, für die Klägerin für den hälftigen Erbteil an dem in der Gemarkung M. gelegenen Grundstück Flur 2, Flurstück 293/1 eine weitere Entschädigung in Höhe von 6 133,50 € sowie Zinsen hierauf in Höhe von 0,5 vom Hundert seit dem 1. Januar 2004 festzusetzen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt eine höhere Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz für das in M. gelegene Flurstück 293/1, weil für die Berechnung der Entschädigung als Schädigungszeitpunkt nicht - wie von dem Beklagten vertreten - auf den Zeitpunkt abzustellen sei, zu dem das seinerzeit noch landwirtschaftlich genutzte Grundstück in staatliche Verwaltung genommen worden sei, sondern auf den Zeitpunkt des Verkaufs des Grundstücks, in dem es sich um Bau(erwartungs)land gehandelt habe.

Das Flurstück 293 sowie weitere Flurstücke wurden von dem Rechtsvorgänger der Klägerin, Herrn L. G., landwirtschaftlich genutzt. Herr L. G. verstarb 1944 und wurde von Frau A. G., Herrn F. G. und Frau M. H. G. beerbt. Frau M. H. G. wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts W. vom 23. Februar 1948 von der Klägerin allein beerbt. Die 1948 verstorbene Frau A. G. wurde von Herrn F. G. und der Klägerin gemeinschaftlich beerbt. Die Klägerin verließ 1953 die ehemalige DDR.

Im März 1960 wurde der Rat der Stadt M. mit Wirkung vom 12. September 1958 auf der Grundlage der Anordnung Nr. 2 vom 20. August 1958 als staatlicher Verwalter des hälftigen Erbanteils der Klägerin an dem Flurstück 293 und weiteren Flurstücken eingesetzt. Im Jahre 1965 veräußerten Herr F. G. und die Klägerin, vertreten durch den staatlichen Verwalter, eine Teilfläche des ehemaligen Flurstücks 293 mit einer Fläche von 52 m2 an den Rat der Stadt M. in Volkseigentum. Das ehemalige Flurstück 293 wurde als Flurstück 293/1 mit einer Fläche von 2 325 m2 fortgeführt.

Nach einem Auszug aus dem Liegenschaftsbuch des Liegenschaftsdienstes des Rates des Bezirkes G. vom Mai 1970 war hinsichtlich des Flurstücks 293/1 mit einer Fläche von 2 325 m2 sowie weiteren Flurstücken als Nutzungsart Baugelände festgestellt. Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Juni 1971 veräußerten Herr F. G. sowie der staatliche Verwalter für die Klägerin das Grundstück Flur 2, Flurstück 293/1 mit einer Fläche von 2 325 m2 an das Eigentum des Volkes, Rechtsträger Rat der Stadt M. Die Übernahme des Grundstücks in Eigentum des Volkes erfolgte zum 1. Februar 1970. Als Nutzungsart des Flurstücks wurde "Acker, Grünland" angegeben. Die Erschienenen erklärten ferner, dass das Grundstück vom Eigentum des Volkes zur Errichtung von 64 Wohnungseinheiten benötigt werde. Das Flurstück wurde in der Folgezeit bebaut.

Mit Bescheid des Kreisausschusses des L.-D.-Kreises vom 12. Mai 1977 wurde im Lastenausgleichsverfahren für die landwirtschaftlich genutzten Flächen von 1,18 ha und ein unbebautes Grundstück (Bauland) mit einer Fläche von 3 325 m2 ein Schaden festgestellt. Für das unbebaute Grundstück Flurstück 293/1 wurde ein Ersatzeinheitswert von 1 700 Mark festgesetzt.

Mit Bescheid des Landkreises G. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - vom 5. November 1997 wurde die Rückübertragung u.a. des Flurstücks 293 abgelehnt und hinsichtlich des Verlustes u.a. des Flurstücks 293/1 der Klägerin ein Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des Entschädigungsgesetzes zugesprochen; Art und Höhe der Entschädigung würden in einem gesonderten Verfahren festgesetzt. In der Begründung ist ausgeführt, dass das Flurstück 293/1 bereits mit Wirkung zum 1. Februar 1970 von der Stadt M. zum Bau von 64 Wohneinheiten benötigt worden sei. Das gesamte Flurstück 293/1 sei mit anderen Teilflächen zum Flurstück 293/2 als Baugelände vereinigt worden. Da bereits mit dem Erbteilskaufvertrag eine Überführung in Volkseigentum erfolgt sei, sei für das Flurstück 293/1 ab dem 7. September 1970 ein Schädigungstatbestand nach § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG gegeben.

Das Staatliche Amt zur Regelung offener Vermögensfragen G. setzte mit Bescheid vom 9. Februar 2005 u.a. die Entschädigung für den hälftigen Erbanteil hinsichtlich des in M. gelegenen Flurstücks 293/1 sowie näher genannter Forderungen unter Verrechnung des Rückforderungsbescheides des Ausgleichsamtes W. auf Null DM/€ fest. Mit dem hiergegen fristgerecht erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, das Flurstück 293/1 sei als unbebautes Grundvermögen zu berechnen und zu entschädigen; es sei seit jedenfalls dem Jahre 1965 als Bauerwartungsland ausgewiesen gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2006 stellte der Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Widerspruchs fest, dass der Klägerin hinsichtlich des hälftigen Erbanteils an dem Grundstück in M., Flurstück 293/1 und für die an den Staatshaushalt der ehemaligen DDR abgeführten Kaufpreisanteile aus dem Verkauf des Grundstücks in M., Flurstück 314 und aus dem Verkauf einer Teilfläche von 52 m2 aus dem Grundstück in M., Flurstück 293 sowie für das Konto 943768 ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1 000 DM (511,29 €) zustehe (Ziffer 1) und erkannte einen Zinsanspruch in Höhe von 33,23 € zu (Ziffer 2). In Bezug auf die Entschädigung für das Flurstück 293/1 wurde die Zurückweisung des Widerspruchs damit begründet, dass dieses Grundvermögen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 EntschG als land- und forstwirtschaftliches Vermögen einzuordnen sei, weil zum maßgeblichen Schädigungszeitpunkt am 1. Januar 1959 keine andere Nutzung bestanden habe. Schädigende Maßnahme sei hier die Anordnung der staatlichen Verwaltung zu diesem Zeitpunkt und nicht etwa die spätere Veräußerung des Erbanteils durch den staatlichen Verwalter bzw. die Grundstücksveräußerung gewesen. Der im Lastenausgleichsverfahren festgestellte und hier zugrunde gelegte Ersatzeinheitswert in Höhe von 1 470 RM könne daher im Rahmen der Berechnung der Entschädigung nicht mit dem Faktor 20 für Grundvermögen, sondern nur mit dem Faktor 3 für landwirtschaftliches Vermögen multipliziert werden.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin - nach Rücknahme eines weitergehenden Begehrens - nur noch eine höhere Entschädigung für das in M. gelegene Flurstück 293/1, weil dieses entschädigungsrechtlich nicht als land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück, sondern als Bauland zu bewerten sei, sowie eine Anpassung ihres Zinsanspruches. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, die Entschädigung für das Flurstück 293/1 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen und die Zinsen entsprechend anzupassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Entschädigung sei hinsichtlich des in der Gemarkung M. gelegenen Grundstücks Flur 2, Flurstück 293/1 zugrunde zu legen, dass nicht landwirtschaftliches Vermögen, sondern ein unbebautes Grundstück geschädigt worden sei. Nach dem systematischen Zusammenhang zwischen Vermögensgesetz und Entschädigungsgesetz sei nicht auf die Inverwaltungnahme des Grundstücks zum 1. Januar 1959, sondern auf den Verkauf des Erbanteils der Klägerin an dem Grundstück durch den staatlichen Verwalter im Jahre 1970 abzustellen. Wegen der Akzessorietät des Entschädigungsrechts nach dem Vermögensgesetz sei für die Berechnung der Entschädigung auf die zuvor nach den Bestimmungen des Vermögensgesetzes festgestellte, im Vermögensgesetz definierte Schädigungsmaßnahme abzustellen, welche als Rechtsfolge eine Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz auslöse. Zwar behandele der Gesetzgeber im Vermögensgesetz nicht nur die Sachverhalte als Schädigungsmaßnahme, bei denen die Betroffenen ihr Vermögen insgesamt verloren hatten, sondern - bei einer staatlichen Verwaltung - auch schon die Einwirkungsmöglichkeit auf ihr Vermögen. Die staatliche Verwaltung führte jedoch noch nicht zu einer Entziehung einer Eigentumsposition, eine Wiedergutmachung erfolge nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VermG in erster Linie durch die Aufhebung der staatlichen Verwaltung, zu der nur bei gröblicher Pflichtverletzung des staatlichen Verwalters ein Schadenersatzanspruch des Berechtigten nach staatshaftungsrechtlichen Grundsätzen hinzutrete (§ 13 VermG). Da nach der Gesetzessystematik nur ein Vermögensverlust einen Entschädigungsanspruch auslöse, sei in Fällen, in denen eine Schädigung mit der Anordnung einer staatlichen Verwaltung begonnen und sich in einer weiteren Schädigungsmaßnahme fortgesetzt habe, die erst zu einem gänzlichen Vermögensverlust geführt hat, nur auf den Eintritt dieser letzteren Schädigungsmaßnahme abzustellen. Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Fällen einer schrittweisen Schädigung die Verwaltung als chronologisch erste Schädigungsmaßnahme den geschädigten Vermögensgegenstand bestimmen; auch dann richteten sich Rückgabe und Berechtigung nach dem Zeitpunkt des nachfolgenden Schädigungstatbestandes. Da der zuletzt festgestellte Einheitswert noch von einer landwirtschaftlichen Nutzung ausgegangen sei, könne er ebenso wenig herangezogen werden wie der im Lastenausgleichsverfahren angenommene Ersatzeinheitswert. Dessen Berechnung sei nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 1 EntschG den dort genannten Behörden übertragen und könne daher nicht vom Gericht vorgenommen werden.

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 3 Abs. 1 EntschG, weil das Verwaltungsgericht für die Bestimmung der für den Vervielfältiger maßgeblichen Nutzungsart auf den Zeitpunkt der Inverwaltungnahme hätte abstellen müssen, und macht geltend, dass jedenfalls an den im Lastenausgleichsverfahren festgestellten Ersatzeinheitswert hätte angeknüpft werden können; der Beklagte erstrebt die Abweisung der Klage, soweit die Klägerin die Klage nicht zurückgenommen hat.

Die Klägerin verteidigt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die für den Vervielfältiger nach § 3 Abs. 1 EntschG maßgebliche Nutzungsart eines Grundstücks nach dem Zeitpunkt der Schädigung durch Entziehung richte, und tritt der Auffassung des Beklagten bei, dass der im Lastenausgleichsverfahren festgestellte Ersatzeinheitswert taugliche Berechnungsgrundlage sei.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt die Rechtsauffassung der Revision, dass für die Bildung der Bemessungsgrundlage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG auf den Zeitpunkt der Inverwaltungnahme abzustellen sei.

II

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit dem Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) entschieden, dass im vorliegenden Fall für die Bemessung der Entschädigung nach § 3 Abs. 1 EntschG auf den Zeitpunkt des Eigentumsentzuges - und nicht bereits auf den Zeitpunkt der Anordnung der staatlichen Verwaltung als ersten Schritt einer gestreckten, stufenweisen Entziehung - abzustellen ist, so dass für die Bemessung der Entschädigung als Nutzungsart von einem unbebauten Grundstück auszugehen ist (1.). Da zwischen den Beteiligten außer Streit steht, dass der im Lastenausgleichsverfahren festgestellte Ersatzeinheitswert auf Bau(erwartungs)land bezogen ist, kann der Senat das angefochtene Urteil mit der klarstellenden Maßgabe bestätigen, dass der Beklagte zur Gewährung einer weiteren Entschädigung in bestimmter Höhe verpflichtet ist (2.).

1. In dem Revisionsverfahren steht zwischen den Beteiligten für die Bemessung der Entschädigung allein im Streit, ob der nach § 3 Abs. 2 EntschG berücksichtigungsfähige Ersatzeinheitswert zur Ermittlung der nach § 7 EntschG maßgeblichen Bemessungsgrundlage mit dem Faktor 3 zu vervielfältigen ist, weil das Grundstück bei der Inverwaltungnahme im Jahre 1960 noch i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EntschG landwirtschaftlich genutzt worden ist, oder ob der Faktor 20 anzusetzen ist, weil bei der endgültigen Eigentumsentziehung im Jahre 1970 das Grundstück bereits Bau(erwartungs)land war und es sich damit i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EntschG um ein unbebautes Grundstück gehandelt hat. Entschädigungsrechtlich maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG entscheidenden Nutzungsart des Grundstücks, der hier nicht schon bindend durch den Entschädigungsgrundlagenbescheid festgelegt ist (1.1), ist der Zeitpunkt der Eigentumsentziehung. Dies folgt aus dem Konnex von Schädigung und Entschädigung (1.2) sowie dem Umstand, dass im Entschädigungsrecht die Anordnung der staatlichen Verwaltung regelmäßig nicht als zur Entschädigung führende Eigentumsbeeinträchtigung gesehen wird (1.3). Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Restitution bzw. Entschädigung von Unternehmen ergeben sich keine Gründe für eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts bei der Singular(ent)schädigung (1.4). Sie folgt auch nicht aus dem Abzug von Lastenausgleichsleistungen (1.5), verfassungsrechtlichen Erwägungen (1.6) oder einer etwa gefestigten Verwaltungspraxis (1.7).

1.1 Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der für die Berechnung der Bemessungsgrundlage maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG maßgeblichen Nutzungsart nicht schon durch den bestandskräftigen Entschädigungsgrundlagenbescheid vom 5. November 1997 bindend festgelegt. Die formelle Bindung der zuständigen Behörde an die im vermögensrechtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen der Vermögensbehörden zu der für die Entschädigungsberechtigung maßgeblichen Schädigung (s. Beschluss vom 27. Juni 2006 - BVerwG 3 B 183.05 - Buchholz 428.42 § 1 NS-VEntschG Nr. 2) erstreckt sich nicht auf die im vorliegenden Verfahren zu beantwortende Frage, ob es bei einer Schädigung durch Eigentumsentzug im Falle einer vorangehenden staatlichen Verwaltung zu einer Vorverlagerung des für die Bestimmung der entschädigungsrechtlich relevanten Nutzungsart maßgeblichen Zeitpunkts kommt. Diese Frage beantwortet sich allein nach Entschädigungsrecht und stellt sich im vermögensrechtlichen Verfahren nicht; insoweit eröffnet das Vermögensrecht der für die vermögensrechtliche Entscheidung zuständigen Behörde weder eine Prüf- noch eine Entscheidungskompetenz und ermächtigt sie nicht zu einer die Beteiligten bindenden Festlegung.

1.2 Aus dem systematischen Zusammenhang von vermögensrechtlicher Schädigung und hierauf bezogener Entschädigung folgt, dass hinsichtlich der Bestimmung der Nutzungsart des Grundvermögens auch dann auf den Zeitpunkt des Eigentumsverlustes durch Veräußerung abzustellen ist, wenn das Grundstück zuvor in staatliche Verwaltung genommen worden war und sich während dieser Zeit die Nutzungsart geändert hat.

1.2.1 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EntschG ist für die Berechnung der Bemessungsgrundlage bei der Entschädigung von Grundstücken der "vor der Schädigung" zuletzt festgestellte Einheitswert mit einem bestimmten Vervielfältiger zu multiplizieren, für den nach der Nutzungsart ("... bei ... Flächen"; "... bei ... Grundstücken ...") differenziert wird. Dabei wird allerdings nicht ausdrücklich festgelegt, dass auch bei einer vorangegangen Inverwaltungnahme für die Nutzungsart auf den Zeitpunkt der Schädigung durch Entziehung abzustellen ist; ein zeitlicher Bezug zur Schädigung wird nur für den maßgeblichen Einheitswert (bzw. die nach § 3 Abs. 2, 3 EntschG heranzuziehenden oder zu bildenden Ersatzwerte) hergestellt. Bereits der enge systematische Zusammenhang von Vermögens- und Entschädigungsrecht führt indes zu der Auslegung, dass maßgeblich für die Bestimmung der Nutzungsart, nach welcher der Vervielfältiger sich richtet, der Zeitpunkt der Schädigung ist, die erst den geltend gemachten Entschädigungsanspruch auslöst. Das ist hier die Eigentumsentziehung, da kein Fall des § 11 Abs. 1 Satz 2 VermG vorliegt. § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EntschG, nach dem in Fällen, in denen nur Teilflächen zu entschädigen sind, der Vervielfältiger sich "nach der Nutzungsart des Gesamtgrundstücks zum Zeitpunkt der Schädigung" richtet, bestätigt dies, denn es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum für die Entschädigung eines Gesamtgrundstücks ein anderer Zeitpunkt maßgeblich sein sollte. Für die Anknüpfung an die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt "der Schädigung" spricht weiterhin, dass nach § 3 Abs. 3 Satz 1 EntschG Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks zwischen einem Bewertungszeitpunkt und "der Schädigung", die zu Wertveränderungen um mehr als ein Fünftel führten, zu berücksichtigen sind.

Für jede "Schädigung" ist indes - auch bei einer sog. "gestreckten Schädigung" - ein bestimmter Zeit"punkt" festzulegen und nicht auf einen Schädigungszeitraum abzustellen; dies gilt auch dann, wenn mehr als eine Schädigung in Betracht kommt. Der für die Entschädigung selbst maßgebliche Zeitpunkt, der auch für die Nutzungsart heranzuziehen ist, ist dann der Zeitpunkt derjenigen Schädigung, welche der Entschädigung zugrunde liegt, für die nach § 3 EntschG die Bemessungsgrundlage zu bestimmen ist. Allein diese Betrachtung entspricht dem engen systematischen Zusammenhang zwischen der vermögensrechtlichen Schädigung und der Entschädigung. Hieran ändert nichts, dass sich - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - bei abweichendem Geschehensverlauf auch aus einer bloßen Inverwaltungnahme und Wahl der Entschädigung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 VermG) ein Entschädigungsanspruch hätte ergeben können. Insoweit gilt für das Entschädigungsgesetz nichts anderes als für das NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz (s. dazu Beschluss vom 27. Juni 2006 a.a.O.).

1.2.2 Keine andere Beurteilung rechtfertigt das im Ansatz zutreffende Vorbringen des Beklagten, dass nach § 2 Abs. 4 VermG eine "Schädigung" i.S.d. Vermögensgesetzes auch die in § 1 Abs. 4 VermG genannten Maßnahmen bilden, hier also die staatliche Treuhandverwaltung über Vermögenswerte von Bürgern, die das Gebiet der DDR ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderliche Genehmigung verlassen haben (§ 1 Abs. 4 Buchst. a VermG). Hieraus lassen sich nicht die von dem Beklagten bezeichneten Rechtsfolgen herleiten. Denn diese Schädigung berechtigt nach § 1 ff. EntschG nicht zur Entschädigung. In den Fällen des § 1 Abs. 4 VermG erfolgt die "Wiedergutmachung" vielmehr regelmäßig durch Aufhebung der staatlichen Verwaltung (§§ 11 ff. VermG). Ein Entschädigungsanspruch besteht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG nur und erst dann, wenn der Berechtigte Entschädigung gewählt hat (§ 11 Abs. 1 Satz 2 VermG). Dies ist hier nicht der Fall. Wegen des nachfolgenden Eigentumsverlustes konnte nicht nach § 11 VermG Entschädigung gewählt werden. Dann besteht weder Anlass noch Raum, für die Bemessungsgrundlage der hier zu gewährenden Entschädigung an den Zeitpunkt einer (anderen) Schädigung anzuknüpfen, für die Entschädigung gerade nicht gewährt werden kann. Indem das Vermögensgesetz in den von § 1 Abs. 4 VermG erfassten Fällen die Aufhebung der staatlichen Verwaltung vorsieht und damit zusammenhängende Ansprüche der Eigentümer und Berechtigten regelt, bekräftigt es, dass es für diese Fälle - zu denen auch die Anordnung der vorläufigen Verwaltung gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 gehört - davon ausgeht, dass die staatliche Verwaltung gerade nicht zu einer Entziehung der Eigentumsposition geführt hat (s.a. Beschluss vom 1. März 1999 - BVerwG 7 B 23.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 1) und auch sonst eine "Schädigung" durch die staatliche Verwaltung als solche kraft Gesetzes keinen Entschädigungsanspruch auslöst. Der Schadenersatz für Pflichtverletzungen durch den staatlichen Verwalter ist zwar aus dem Entschädigungsfonds zu zahlen, ist aber allein in § 13 VermG geregelt und kein Entschädigungs-, sondern der Sache nach ein staatshaftungsrechtlicher Anspruch und geht nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 7 EntschG ein. Es besteht auch kein Anspruch auf Herausgabe der während der staatlichen Treuhandverwaltung gezogenen und an den Staatshaushalt der DDR abgeführten Erträgnisse des verwalteten Vermögenswertes (vgl. Urteil vom 24. Februar 1994 - BVerwG 7 C 22.93 - BVerwGE 95, 167); allein wegen der Anordnung und Durchführung staatlicher Verwaltung ist selbst dann keine Entschädigung zu gewähren, wenn diese nicht mehr aufgehoben werden kann, weil sie durch eine nachfolgende, nicht als Schädigung i.S.d. § 1 VermG zu qualifizierende Enteignung überholt worden ist (vgl. Beschluss vom 1. März 1999 - BVerwG 7 B 23.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 1).

1.2.3 Der für die Schädigung nach § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG vorausgesetzte systematische Zusammenhang der Überführung in Volkseigentum oder des Verkaufs durch einen Verwalter mit einer vorangehenden staatlichen Verwaltung spricht nicht für Vorverlagerung des für die Bestimmung der Nutzungsart maßgeblichen Zeitpunkts. Die Schädigung nach § 1 Abs. 1 Buchst. c 1. Alt. VermG setzt zwar einen staatlichen Verwalter voraus, und es ist auch tatsächlich in einer Vielzahl von Fällen nach der Inverwaltungnahme (i.S.d. § 1 Abs. 4 VermG) zu einer Veräußerung oder sonst einem Eigentumsverlust gekommen. Dieser tatsächliche Zusammenhang verschmilzt indes die in § 1 VermG getrennt geregelten, systematisch unterschiedenen Schädigungstatbestände rechtlich auch dann nicht zu einer Einheit, wenn verschiedene Schädigungstatbestände zeitlich aufeinander folgen. Für die Entschädigung, die an eine Schädigung nach § 1 Abs. 1 VermG anknüpft, ist es nach Grund und Höhe unerheblich, ob der Schädigung eine staatliche Verwaltung vorausgegangen ist.

1.3 Die Anordnung staatlicher Verwaltung ist auch der Sache nach keine Schädigung durch (endgültige) Entziehung des Vermögenswertes oder eine dem Eigentumsverlust gleichzustellende Schädigung auf andere Weise. Die staatliche Verwaltung kann zwar eine Schädigung bewirken, bedeutet aber gerade noch keine Entziehung (vgl. - zum Begriff der "Entziehung" in § 7 EntschG - Beschluss vom 7. Mai 2007 - BVerwG 5 B 92.07 - unter Hinweis auf Beschluss vom 6. März 2000 - BVerwG 8 B 4.00 - Buchholz 428 § 1 Abs. 4 VermG Nr. 4). Auch sonst ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die staatliche Verwaltung eines Vermögensgegenstandes für sich allein keine (endgültige) Entziehung des Vermögenswertes bzw. eine Schädigung "auf sonstige Weise" bewirkt (s. etwa Urteile vom 2. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 46.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 5, vom 13. Dezember 2005 - BVerwG 8 C 13.04 - Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 45 und vom 22. Februar 2007 - BVerwG 5 C 4.06 - BVerwGE 128, 147), und zwar auch dann nicht, wenn der staatlichen Verwaltung eine Entziehung der Eigentumsposition nachfolgt (Beschluss vom 6. März 2000 a.a.O.).

1.4 Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ergeben sich aus der von ihm herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Restitution bzw. Entschädigung von Unternehmen keine Gründe, bei der Grundstücksentschädigung nach § 3 Abs. 1 EntschG für die Bestimmung der maßgeblichen Nutzungsart den Schädigungszeitpunkt auf den der Inverwaltungnahme vorzuverlagern. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18. Januar 1996 (- BVerwG 7 C 45.94 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 17) darauf abgestellt hat, dass auch die der Stilllegung und Veräußerung vorangehende staatliche Verwaltung nach § 2 Abs. 4 VermG als eine "Schädigung" zu bewerten sei, und ausgeführt hat, dass sich die zugrundeliegende Schädigung des Unternehmens schrittweise, nämlich zunächst in Form der Anordnung der staatlichen Verwaltung und sodann in Form der Veräußerung des Betriebsvermögens durch den staatlichen Verwalter (§ 1 Abs. 1 Buchst. c VermG) vollzogen habe, sind diese Erwägungen auf die Festlegung des Schädigungsgegenstandes bei der Unternehmensschädigung bezogen. Sie sind auf die Grundstücks(ent)schädigung schon deswegen nicht zu übertragen, weil ein Unternehmen als Sachgesamtheit regelmäßig verschiedene einzelne Vermögensgegenstände (z.B. Grundstücke, Waren, Inventar) umfasst.

Gegen die Rechtsauffassung des Beklagten spricht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2003 (- BVerwG 7 C 12.02 - BVerwGE 118, 79), nach dem die Veräußerung einzelner Gegenstände des Unternehmensvermögens durch den staatlichen Verwalter nicht dem Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG unterfällt. Diese aus dem wirtschaftlichen Zweck eines Unternehmens hergeleitete einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG, welche die Veräußerungen einzelner Gegenstände des Unternehmensvermögens aus dem Schädigungstatbestand ausklammert, wird bei staatlicher Verwaltung eines Unternehmens auch dann als geboten erachtet, wenn § 12 VermG nicht unmittelbar Anwendung findet. Wenn nach dieser Entscheidung der prinzipiellen Gleichbehandlung der Rückführung staatlich verwalteter Unternehmen und der Rückübertragung enteigneter Unternehmen durch eine entsprechende Anwendung des § 12 Satz 2 VermG in der Weise Rechnung zu tragen ist, dass anstelle des Zeitpunkts der Enteignung der Zeitpunkt der Inverwaltungnahme gilt, mithin für die Ausgleichsregelung als Vergleichszeitpunkt i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 und 4 VermG bereits die Inverwaltungnahme als maßgebend anzusehen und insoweit die staatliche Verwaltung der Entziehung des Unternehmens gleichzustellen sei, ist dies bezogen auf die Restitutionsberechtigung und lässt schon keine unmittelbaren Rückschlüsse auf den für die Berechnung der Unternehmensentschädigung maßgeblichen Zeitpunkt zu. Erst recht scheidet eine Übertragung auf die Bemessung der Grundstücksentschädigung nach § 3 EntschG aus, bei der der Gegenstand der Schädigung feststeht.

1.5 Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Bestimmung der nach § 3 EntschG maßgeblichen Nutzungsart nicht aus dem in § 8 EntschG angeordneten Abzug einer Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz "für zu entschädigende Vermögenswerte" von der Bemessungsgrundlage.

Für die sog. Zonenschäden (§ 15a LAG) nach dem Lastenausgleichsgesetz reichte allerdings bereits eine Wegnahme als Schadensursache aus (§ 3 Abs. 1 BFG), die nach § 4 Abs. 1 BFG bereits in einer Verwaltung liegen konnte. Die in § 8 EntschG angeordnete Anrechnung gewährten Lastenausgleichs ändert nichts daran, dass die "Schädigungsvorgänge", die zu einem Ersatz-, Ausgleichs- oder Entschädigungsanspruch führen, im Vermögensgesetz einerseits, im Lastenausgleichs- bzw. Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz andererseits bereits im Ansatz nicht gleich umschrieben sind und sich die Legaldefinition des § 4 BFG allein auf den im Vergleich zum Eigentumsentzug weiteren Begriff der "Wegnahme" erstreckt. Der Abzug gewährten Lastenausgleichs ist bezogen auf den zu entschädigenden Vermögenswert; er setzt nicht voraus, dass Lastenausgleichsrecht und Vermögens- und Entschädigungsrecht so aufeinander bezogen und abgestimmt sind, dass Schädigungsvorgang, Entschädigungsgrund und -umfang identisch sind. Dass nach Lastenausgleichsrecht bereits in der Einsetzung eines staatlichen oder staatlich beauftragten Verwalters (Treuhänders) eine Wegnahme liegen konnte (Umkehrschluss aus § 4 Abs. 1 BFG), erlaubt dann - ungeachtet des in § 8 EntschG angeordneten Abzugs von Lastenausgleich von der Bemessungsgrundlage - bereits im Ansatz keine systematischen Rückschlüsse auf die Auslegung des vermögens- bzw. entschädigungsrechtlichen Schädigungsbegriffs (und damit der Bestimmung des Schädigungszeitpunkts). Gegen eine Regelungsgleichheit bei den Entschädigungsfolgen spricht vielmehr; dass in Vermögens- und Lastenausgleichsrecht bereits die Schädigungstatbestände unterschiedlich gefasst sind.

1.6 Von Verfassungs wegen ist eine Vorverlegung (jedenfalls) des für die Nutzungsartbestimmung maßgeblichen Zeitpunkts auf den der Anordnung staatlicher Verwaltung nicht geboten, um eine Gleichbehandlung der Fälle, in denen der Vermögenswert unmittelbar durch die Entziehung der Eigentumsposition geschädigt wurde, mit denjenigen zu erreichen, in denen der Vermögenswert später erst nach vorausgehender staatlicher Verwaltung einer weiteren entziehenden Maßnahme unterlag. Ob eine solche Regelung angesichts des Veränderungsrisikos sachgerechter und rechtspolitisch vorzugswürdig wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden.

Es ist - wie dargelegt - sachgerecht, bei einer Entschädigung, die an den (endgültigen) Eigentumsentzug als schädigende Maßnahme anknüpft, auch für die Entschädigungsbemessung einschließlich der Bestimmung des Zeitpunkts zur Bestimmung der entschädigungsrechtlich relevanten Nutzungsart auf den Zeitpunkt des Eigentumsentzuges abzustellen. Demgegenüber greift auch der Einwand des Beklagten nicht durch, dass bei einer der Eigentumsentziehung vorangehenden staatlichen Verwaltung durch wertverändernde Maßnahmen des staatlichen Verwalters, auf die der vermögensrechtlich Berechtigte wegen der Verwaltung keinen Einfluss hatte, sich die Nutzung bzw. der Wert des Vermögensgegenstandes ändern könne, und zwar sowohl zu Gunsten des Berechtigten (wertverbessernde Maßnahmen; höherwertigere Grundstücksnutzung) als auch - nach der Erörterung in der Revisionsverhandlung in der Praxis wohl häufiger - zu dessen Lasten ("Herunterwirtschaften" durch den Verwalter, s. dazu etwa Grabarse, IFLA-Informationsdienst 2006, 13 ff., Hartkopf, VIZ 1997, 505 <507 f.> und Kuhlmey/Weustenfeld, OV spezial 1997, 82 <83 ff.>). Zwischen der Fallgruppe der Eigentumsentziehungen, denen eine staatliche Verwaltung vorangegangen war, und den Fällen, in denen dies nicht der Fall gewesen ist, bestehen bei der dem Gesetzgeber im Bereich des Entschädigungsrechts zuzubilligenden Befugnis zu pauschalierenden, typisierenden Regelungen (vgl. Urteil vom 27. Juli 2006 - BVerwG 5 C 2.06 - Buchholz 428.42 § 2 NS-VEntschG Nr. 2) keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass er, um eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Entschädigungsberechtigten zu vermeiden, für die Wertbemessung oder jedenfalls für die Bestimmung der entschädigungsrechtlich maßgeblichen Nutzungsart stets auf den Zeitpunkt der Inverwaltungnahme hätte abstellen müssen.

Der Gesetzgeber hat im Entschädigungsrecht keine Regelungen getroffen, nach denen Wertveränderungen im Vorfeld des Eigentumsentzuges für die Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt bleiben (für das Enteignungsrecht s. etwa § 95 Abs. 2 BauGB). Damit hat er das von dem Beklagten beschriebene Risiko, dass es im Rahmen der staatlichen Verwaltung zu wertmindernden Veränderungen ("Herunterwirtschaften", Entmietung, Gebäudeabriss etc.) kommen kann, die von dem Eigentümer nicht mehr beeinflusst werden konnten, den Entschädigungsberechtigten zugeordnet. Aus § 13 VermG folgt dabei der Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber für die staatliche Verwaltung - jedenfalls von Grundstücken - davon ausgegangen ist, dass es nicht - jedenfalls nicht typischerweise - zu einer gezielten "Schädigungsverwaltung" unter Verletzung der Grundsätze ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung gekommen ist, die erst Anlass für eine generelle Vorverlagerung des Wertbemessungszeitpunkts hätte bieten können. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber hierbei den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum verletzt und damit von vorangehenden Inverwaltungnahmen betroffene Geschädigte im Verhältnis zu denjenigen Eigentümern gleichheitswidrig schlechter gestellt hätte, die ihr Eigentum bis unmittelbar vor der Entziehung selbst haben bewirtschaften und verwalten können. Selbst wenn der Umstand, dass im Rahmen der Bemessung der Grundstücksentschädigung Veränderungen bei den "wertbildenden Umständen", die durch Handlungen des Verwalters/Treuhänders bis zur Eigentumsentziehung bewirkt wurden und zu einer Wertminderung des Grundvermögens oder höheren Abzügen geführt haben, nicht gesondert zu entschädigen sind, eine anderweitig nicht gerechtfertigte, gleichheitswidrige Schlechterstellung im Vergleich zu solchen Geschädigten bewirkte, die ihr Eigentum ohne vorangegangene Verwaltung verloren hatten, spräche dies nicht zwingend für eine Vorverlagerung des Schädigungs- bzw. Bewertungszeitpunkts; zu erwägen wäre dann - was hier offen gelassen werden kann - eine (entsprechende) Anwendung des § 13 VermG.

1.7 Der Senat verkennt nicht, dass in der Verwaltungspraxis aufgrund des Erlasses des Bundesamtes für die Regelung offener Vermögensfragen 1997 zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Grundvermögen gemäß § 3 EntschG vom 5. Februar 1997 (Anlage IV.44 zur Gemeinsamen Arbeitshilfe des Bundesministeriums der Finanzen, des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen und der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum Entschädigungsgesetz <EntschG> und Ausgleichsleistungsgesetz, 2. Aufl.) in Fällen, in denen dem Eigentumsentzug eine Verwaltung vorangeht, für die Bemessungsgrundlage auf die Grundstücks"qualität" im Zeitpunkt der Inverwaltungnahme abzustellen war. Durch diesen Erlass sollte den Interessen der Entschädigungsberechtigten Rechnung getragen werden, wenn es infolge der staatlichen Verwaltung bis zum Eigentumsentzug zu einer deutlichen Wertminderung gekommen war. Die Gerichte sind indes an diesen (norminterpretierenden) Erlass, der eine zwar mögliche, aber im Ergebnis nicht zutreffende Auslegung des § 3 Abs. 1 EntschG zugrunde legt, ebenso wenig gebunden wie an die hieran anknüpfende Verwaltungspraxis.

2. Der Senat konnte die von dem Beklagten zu gewährende weitere Entschädigung auf der Grundlage der §§ 3, 7 EntschG selbst berechnen und den Beklagten entsprechend klarstellend verpflichten, weil das Entschädigungsbegehren der Klägerin durch die Revision des Beklagten in vollem Umfange Gegenstand des Revisionsverfahren geworden ist. Zwischen den Beteiligten steht auch außer Streit, dass der im Lastenausgleichsverfahren gebildete Ersatzeinheitswert nicht deswegen unbeachtlich ist, weil zwischen dem Bewertungszeitpunkt und der Schädigung Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks eingetreten wären, deren Berücksichtigung zu einer Wertabweichung um mehr als ein Fünftel führte, und dass daher dieser Wert für die Entschädigungsberechnung nach § 3 Abs. 2 EntschG heranzuziehen ist. Die weiteren Schritte zur Berechnung der festzusetzenden Entschädigung ergeben sich aus den §§ 3 und 7 EntschG; insoweit sind der Senat und die Beteiligten, wie in der Revisionsverhandlung erörtert, übereinstimmend zu dem in der Urteilsformel bezeichneten Berechnungsergebnis gelangt.

Die Festsetzung des Zinsanspruchs folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 5 EntschG und berücksichtigt, dass der Beklagte zur Festsetzung einer weiteren Entschädigung, aber nicht zur Zahlung eines bestimmten Betrages verurteilt worden ist. Der Zinsfestsetzungsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 5 EntschG bezieht sich dabei nur auf solche Entschädigungsansprüche, die in bestimmter Höhe bereits festgesetzt sind. Wird die Behörde erstmals in einem gerichtlichen Verfahren zur Festsetzung einer (weiteren) Entschädigung verpflichtet, so endet der Zinsanspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 5 EntschG erst in dem Kalendermonat vor der Bekanntgabe des Bescheides, durch den in Umsetzung dieser Entscheidung diese weitere Entschädigung festgesetzt wird.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die getroffene Maßgabe hat keine kostenrechtlichen Folgen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 6 133,50 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück