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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2000
Aktenzeichen: BVerwG 7 B 116.00
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 139 Abs. 2
VwGO § 139 Abs. 3 Satz 1
Leitsatz:

Seit In-Kraft-Treten der Vorschriften des Vierten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung - 4. VwGOÄndG - vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2809) wirkt die aufgrund einer Beschwerde erfolgte Zulassung der Revision nur noch zugunsten des Beschwerdeführers.

Beschluss des 7. Senats vom 3. November 2000 - BVerwG 7 B 116.00 -

I. VG Leipzig vom 24.02.2000 - Az.: VG 2 K 1127/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 7 B 116.00 VG 2 K 1127/96

In der Verwaltungsstreitsache

Beigeladene:

1. ...,

2. Frau Dr. Katrin Dölle, Billwerder Billdeich 134, 22113 Hamburg,

3. ...,

- Prozessbevollmächtigter zu 2: Rechtsanwalt Felix-W. Bohnhorst, Große Elbestraße 16, 22767 Hamburg -

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 3. November 2000 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und Neumann

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 3 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 24. Februar 2000 werden zurückgewiesen.

Die Beigeladenen zu 1 und 3 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 620 000 DM festgesetzt.

Gründe:

1. Die Klägerin wendet sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Beklagten, mit dem das Eigentum an zwei Hausgründstücken an die Beigeladene zu 1 zurückübertragen wurde. Ihre Klage hatte Erfolg; das Verwaltungsgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass dem seinerzeitigen Verzicht auf die Grundstücke keine unlauteren Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 des Vermögensgesetzes - VermG - zugrunde lagen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben die Beigeladenen zu 1 bis 3 Beschwerde eingelegt. Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 2 hin hat das Verwaltungsgericht die Revision zugelassen, weil diese Beteiligte versehentlich nicht zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen worden sei und daher ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem das Urteil nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen könne; da die Zulassung der Revision zugunsten aller Beteiligten wirke, erübrige sich eine Entscheidung über die Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 3.

Auf einen Hinweis des Senats, dass seit In-Kraft-Treten der Vorschriften des 4. Änderungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung - 4. VwGO-ÄndG - vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2809) zweifelhaft sei, ob die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde eines Verfahrensbeteiligten die Revision auch für die übrigen Verfahrensbeteiligten eröffne, hat das Verwaltungsgericht seinen Beschluss vom 6. Juni 2000 dahin ergänzt, dass den Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 3 nicht abgeholfen werde.

Diese Beschwerden, über die ungeachtet dessen, dass auf den Rechtsbehelf der Beigeladenen zu 2 inzwischen die Revision zugelassen worden ist, noch entschieden werden muss, bleiben erfolglos.

1. Die aufgrund der Beschwerde der Beigeladenen zu 2 erfolgte Zulassung der Revision durch das Verwaltungsgericht wirkt nicht zugunsten der übrigen Verfahrensbeteiligten. Von einer solchen, alle Verfahrensbeteiligten erfassenden Wirkung der Zulassung ist das Bundesverwaltungsgericht bis zum In-Kraft-Treten des Vierten Änderungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung ausgegangen (vgl. dazu Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, S. 101, Rn. 233 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1967 - BVerwG 5 B 68.67 - S. 3). Mit In-Kraft-Treten der genannten Gesetzesnovelle hat sich jedoch die Rechtslage geändert. Seither schreibt § 139 Abs. 2 VwGO vor, dass bei erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt wird, ohne dass es der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf. Weiterhin bestimmt § 139 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO, dass in diesem Fall die Begründungsfrist für die Revision einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision beträgt. Diese Vorschriften setzen voraus, dass die Revisionszulassung nur den erfolgreichen Beschwerdeführer begünstigt. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber Regelungen über die Einlegung der Revision durch die übrigen Verfahrensbeteiligten treffen müssen (so zu Recht Bader, in: Bader, VwGO, § 132 Rn. 6). Die Auffassung, insoweit bestehe eine Gesetzeslücke, die in entsprechender Anwendung des § 139 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 VwGO mit der Folge geschlossen werden müsse, dass den anderen Beteiligten eine einheitliche Revisionseinlegungs- und -begründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses zustehe (Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Rn. 84 zu § 133), ist mit der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsmittelklarheit nicht vereinbar. Der Gesetzgeber muss selbst regeln, welche der in § 139 VwGO genannten Fristen ein Rechtsmittelführer zu beachten hat und darf die Antwort auf diese Frage nicht der Rechtsprechung überlassen. Diese im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Anforderung an die Bestimmtheit des Rechtsmittelrechts zwingt zu dem Schluss, dass eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde nur noch zugunsten des jeweiligen Beschwerdeführers selbst wirkt. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesetzgeber bei seiner Änderungsregelung diese konsequent nicht bedacht haben sollte.

2. Die Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 3 gegen die Nichtzulassung der Revision sind nicht begründet. Der Verfahrensfehler, der zum Erfolg der Beschwerde der Beigeladenen zu 2 ge-führt hat, betraf nur sie und begründet kein Rügerecht der übrigen Beschwerdeführer, deren Beteiligungsrechte gewahrt wurden.

Soweit die Beschwerdeführer sich sinngemäß auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO berufen, indem sie geltend machen, dass die Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung erforderlich sei, wenden sie sich in der Art einer Berufung gegen die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts, ohne eine konkrete Frage des revisiblen Rechts zu nennen, deren Klärung die Zulassung der Revision nach dieser Vorschrift rechtfertigen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 sowie § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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