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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.12.2001
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 11.01
Rechtsgebiete: VermG, HypAblV, BGB


Vorschriften:

VermG § 18 Abs. 1
VermG § 18 Abs. 3
HypAblV § 3 Abs. 3
BGB § 1132 Abs. 1
Wenn nur eines von mehreren früher mit einem dinglichen Recht belasteten Grundstücken zurückübertragen wird, ist der Ablösebetrag für das untergegangene dingliche Recht gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 der Hypothekenablöseverordnung regelmäßig nach den Verkehrswerten der Grundstücke zu kürzen.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 7 C 11.01

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 6. Dezember 2001 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel und Neumann

beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 29. Februar 2000 ist wirkungslos.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 1 926,32 DM festgesetzt.

Gründe:

Nachdem der Kläger und die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und die Unwirksamkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts festzustellen (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Über die Kosten ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.

Der Billigkeit entspricht es, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens trägt, weil sie den Kläger durch die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Änderung ihres Bescheides klaglos gestellt hat und ohne die Erledigung der Hauptsache voraussichtlich unterlegen wäre.

Nach dem zugrunde zu legenden Sachstand verstieß die Festsetzung eines Ablösebetrages gegen § 3 Abs. 3 Satz 1 der Hypothekenablöseverordnung - HypAblV - vom 10. Juni 1994 (BGBl I S. 1253). Nach dieser Vorschrift sind die Einzelbeträge - bei nur einem dinglichen Recht: der Ablösebetrag - angemessen zu kürzen, wenn die vollständige Berücksichtigung der Restforderung als Ablösebetrag unbillig erscheint. Die Forderung, deren Höhe sich noch auf 3 603,40 DM beläuft, war durch eine Gesamthypothek gesichert. Mit der Gesamthypothek waren das 827 m² große Gartengrundstück (Flurstück Nr. 192 p), das zurückübertragen wurde, und das benachbarte, mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück (Flurstück Nr. 422, Größe: 720 m²) belastet; die Rückübertragung dieses Grundstücks wurde rechtskräftig abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 HypAblV als unbillig angesehen, dass die vollständige Restforderung in Höhe von 3 603,40 DM allein bei dem zurückübertragenen Gartengrundstück berücksichtigt wird. Seine Auffassung, dass die Kürzung des Ablösebetrages auf 1 926,32 DM nach dem Flächenanteil des zurückübertragenen Grundstücks an der Gesamtfläche der früher belasteten Grundstücke mit § 3 Abs. 3 Satz 1 HypAblV vereinbar sei, ist aber nicht zutreffend.

1. Der Ablösebetrag (vgl. § 18 Abs. 1 und 3 VermG) ist, wenn nicht alle früher mit der Gesamthypothek belasteten Grundstücke zurückübertragen werden, gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 HypAblV regelmäßig nach dem Verkehrswert der Grundstücke zu kürzen. Maßgeblich ist, welchen Anteil der Verkehrswert des zurückübertragenen Grundstücks an dem gesamten Verkehrswert der ursprünglich belasteten Grundstücke hat. Dass auf den Verkehrswert und nicht allein auf die Grundstücksflächen abzustellen ist, folgt aus dem mit der früheren Gesamthypothek verfolgten (Sicherungs-)Zweck; der Ablösebetrag tritt an die Stelle der untergegangenen Hypothek (Urteil vom 16. Juli 1998 - BVerwG 7 C 29.97 - BVerwGE 107, 150 <152>). Das Sicherungsinteresse des (früheren) Hypothekengläubigers war darauf gerichtet, dass er seine Forderung gegebenenfalls aus den Grundstücken befriedigen konnte. Hierfür ist der Wert der Grundstücke maßgebend; die Fläche ist neben anderen Umständen nur ein Maßstab für die Bestimmung der Werte der Grundstücke.

Soweit allerdings keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die betroffenen Grundstücke sich durch andere Umstände - z.B. durch die Bebauung nur eines Grundstücks, die Lage oder die baurechtliche Nutzungsmöglichkeit - in ihrem Wert deutlich unterscheiden, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Kürzung nach dem Verhältnis der Grundstücksflächen erfolgt. Bei in etwa gleichartigen Grundstücken bietet der Flächenmaßstab einen hinreichenden Anhalt für eine angemessene Kürzung des Ablösebetrages, ohne dass es der Einholung eines unter Umständen aufwendigen Sachverständigengutachtens zum Wert der Grundstücke bedarf.

2. Nach diesen Maßstäben war die von der Widerspruchsbehörde vorgenommene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Kürzung des Ablösebetrages nach dem Flächenmaßstab nicht im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 HypAblV angemessen. Es liegen konkrete Anhaltspunkte für eine deutliche Wertdifferenz vor. Das Flurstück Nr. 422, dessen Rückübertragung rechtskräftig abgelehnt wurde, ist mit einem Einfamilienhaus bebaut und verfügt über einen direkten Zugang zu der Straße, während es sich bei dem zurückübertragenen Grundstück (Flurstück Nr. 192 p) um Gartengelände handelt, das nur über das Flurstück Nr. 422 zu erreichen ist.

Die danach vorzunehmende Kürzung des Ablösebetrages nach dem Verkehrswert der betroffenen Grundstücke führt hier dazu, dass die Festsetzung eines Ablösebetrages im Zusammenhang mit der Rückübertragung des Flurstücks Nr. 192 p nicht mit § 3 Abs. 3 Satz 1 HypAblV vereinbar war. Eine solche völlige Freistellung von dem Ablösebetrag, die § 3 Abs. 3 Satz 1 HypAblV nicht ausschließt, kommt allerdings bei einer Gesamthypothek nur ausnahmsweise in Betracht. Denn die Besonderheit der Gesamthypothek besteht darin, dass jedes Grundstück für die gesamte Forderung haftet, wobei der Gläubiger die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen kann (§ 1132 Abs. 1 BGB). Ein solcher Ausnahmefall ist dann anzunehmen, wenn mit Blick auf die Höhe der Forderung bei wirtschaftlicher Betrachtung allein das wertvollere Grundstück als Sicherungsobjekt in Betracht kommt; es muss ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Werten der Grundstücke bestehen, so dass der Haftung des zurückübertragenen Grundstücks keine praktische Bedeutung zugekommen wäre. Dies ist hier der Fall. Der Kläger und die Beklagte sind in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Gartengrundstück lediglich etwa ein Zehntel des Verkehrswertes des bebauten Grundstücks (Flurstück Nr. 422) hat. Diese Wertdifferenz spricht mit Blick auf die Höhe der gesamten Restforderung von lediglich 3 603,40 DM dafür, dass ein Hypothekengläubiger die Befriedigung dieser Forderung allein durch Vollstreckungsmaßnahmen in das wertvollere, weil bebaute Grundstück gesucht hätte.

Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen folgt aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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