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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.05.2001
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 19.00
Rechtsgebiete: VermG, InVorG


Vorschriften:

VermG § 6 Abs. 6 a Satz 4
InVorG § 16 Abs. 1 Satz 1
Der auszukehrende Erlös im Sinne des § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG a.F. (jetzt: Satz 3) umfasst nur den tatsächlich gezahlten Kaufpreis. Vom Erwerber übernommene Investitionsverpflichtungen oder Arbeitsplatzgarantien sind ebenso wenig wie eine vom Veräußerer bewirkte Entschuldung des veräußerten Unternehmens als Bestandteil des Erlöses dem Kaufpreis hinzuzurechnen.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 7 C 19.00 VG 5 A 645/97

Verkündet am 17. Mai 2001

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2001 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, Kley, Golze und Neumann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 10. November 1999 werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 1 tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen. Die Beigeladenen zu 3 bis 7 tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen einen vermögensrechtlichen Bescheid, durch den der Beklagte zugunsten der Beigeladenen die Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung eines Unternehmens angeordnet hat.

Die Beigeladenen sind die Rechtsnachfolger der früheren Gesellschafter der Maschinenfabrik L. KG. Das Unternehmen wurde in den fünfziger Jahren in Volkseigentum überführt und in den VEB Maschinenbau N. umgewandelt. Dieser wurde später in VEB S., Gerätewerk N., umbenannt und in ein Kombinat eingegliedert. Der VEB S. wurde 1990 aus dem Kombinat herausgelöst und auf der Grundlage der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (GBl I S. 107) in die S. GmbH umgewandelt. Den (einzigen) Geschäftsanteil hielt die Klägerin.

Durch notariellen Vertrag vom 17. September 1990 veräußerte die Klägerin ihren Geschäftsanteil an die W. AG Fahrzeugtechnik. Der Kaufpreis betrug nach § 2 des Vertrages 1 500 000 DM. In § 3 des Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien, den Grund und Boden später nachzubewerten; eine sich dabei ergebende Differenz sollte ausgeglichen werden. Nach § 4 des Vertrages gingen die Vertragsparteien von einer Belastung des veräußerten Unternehmens mit Altkrediten in Höhe von 18 817 027,82 DM aus. Ein Erlass oder eine Minderung dieser Altkredite infolge einer späteren Änderung der Rechtslage sollte nicht der Käuferin zugute kommen; diese war demgemäß gehalten, der Klägerin den entsprechenden Betrag zu zahlen. Die Käuferin verpflichtete sich in § 7 des Vertrages, der S. GmbH für Investitionsmaßnahmen ein Kapital von 27 500 000 DM zur Verfügung zu stellen und von der seinerzeitigen Belegschaft 316 Mitarbeiter weiterzubeschäftigen.

Mit Wirkung vom 1. September 1991 entschuldete die Klägerin das veräußerte, inzwischen in W. S. GmbH umbenannte Unternehmen von Altkrediten in Höhe von 5 Millionen DM. In einem hierzu geschlossenen Ergänzungsvertrag vom 1. Oktober 1991 vereinbarten die Klägerin und die Erwerberin, die W. AG Fahrzeugtechnik, abweichend von § 4 des Kaufvertrages solle die Teilentschuldung den Kaufpreis nicht erhöhen. Die W. S. GmbH verpflichtete sich in dem Ergänzungsvertrag, mindestens 40 Millionen DM zu investieren und mindestens 400 Dauerarbeitsplätze zu schaffen sowie "Ausgleichsabgaben" zu leisten, wenn die Investitionen hinter dem genannten Gesamtbetrag zurückblieben oder die Arbeitsplatzgarantie nicht eingehalten würde. Die Erwerberin, die W. AG Fahrzeugtechnik, garantierte die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen der W. S. GmbH.

Nach Vorlage von zwei Gutachten zum Verkehrswert der Grundstücke, die einerseits die nunmehr als W. Thermosysteme GmbH firmierende frühere W. S. GmbH, andererseits die Klägerin in Auftrag gegeben hatten, ermittelte die Klägerin einen Minderwert des Grund und Bodens gegenüber den Annahmen im Kaufvertrag in Höhe von 1 357 345,69 DM. In diesem Umfang zahlte sie 1994 den Kaufpreis zurück.

Die Beigeladenen hatten im Jahre 1990 die Rückübertragung des Unternehmens beantragt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 24. März 1997 ab. Er verpflichtete die Klägerin, aus der Veräußerung ihres Geschäftsanteils als Erlös den Betrag von insgesamt 13 281 054,31 DM an die Beigeladenen auszukehren. Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die Maschinenfabrik L. KG sei durch unlautere Machenschaften in Volkseigentum überführt worden. Eine Rückübertragung sei jedoch infolge der Veräußerung des Unternehmens durch die Klägerin ausgeschlossen. Die Beigeladenen hätten deshalb einen Anspruch auf Erlösauskehr. Zum Erlös zähle nicht nur der nominelle Kaufpreis, der nach der Rückzahlung von über 1,3 Millionen DM nur noch 142 654,31 DM betrage. Zum Erlös gehörten vielmehr auch die Zuschläge, die sich aus der Investitionszusage, der Arbeitsplatzgarantie und der Teilentschuldung ergäben. Diese Positionen hätten die Funktion eines Kaufpreisersatzes. Die Investitionszusage sei mit 5 400 000 DM, die Arbeitsplatzgarantie mit 2 738 400 DM und die Teilentschuldung mit 5 000 000 DM zu bewerten.

Die Klägerin hat Klage erhoben, mit der sie zuletzt nur noch beantragt hat, den Bescheid des Beklagten insoweit aufzuheben, als ein Anspruch auf Erlösauskehr festgestellt wird, der den Betrag von 142 654,31 DM übersteigt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte beantragt, vier namentlich benannte Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob bei der Bemessung des Kaufpreises in dem notariellen Kaufvertrag vom 17. September 1990 die Investitionsverpflichtung mit einem Kaufpreisanteil von 5,5 Millionen DM und die Arbeitsplatzgarantie mit einem Kaufpreisanteil von 2,8 Millionen DM berücksichtigt worden seien und der notarielle Kaufvertrag ohne die Investitions- und Arbeitsplatzgarantie mit einem um diese Beträge höheren Kaufpreis abgeschlossen worden wäre. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, die unter Beweis gestellten Tatsachen seien nicht entscheidungserheblich und könnten deshalb als wahr unterstellt werden.

Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil den Bescheid des Beklagten insoweit aufgehoben, als dort ein Anspruch auf Erlösauskehr festgestellt wird, der den Betrag von 142 645,31 DM übersteigt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die Investitionszusage und die Arbeitsplatzgarantie hätten nur dann erlöserhöhend berücksichtigt werden dürfen, wenn sich insoweit aus dem Vertrag selbst und unmittelbar ein finanziell messbarer Gegenwert ergeben und im Kaufpreis niedergeschlagen hätte. Weder dem ursprünglichen Kaufvertrag noch dem Ergänzungsvertrag ließen sich solche konkreten Auswirkungen auf den Kaufpreis entnehmen. Dass die Zusagen bei der Kaufpreisbildung berücksichtigt worden seien, sei unerheblich. Die Teilentschuldung hätte sich nur dann erlöserhöhend ausgewirkt, wenn eine solche Entschuldung auch im Falle der Rückübertragung gegenüber den Beigeladenen hätte vorgenommen werden müssen. Hierfür sei aber eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich.

Gegen dieses Urteil richten sich die vom Senat zugelassenen Revisionen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1, mit denen sie ihre Anträge auf Klagabweisung weiterverfolgen.

Der Beklagte macht geltend: Der Begriff des Erlöses im Sinne von § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG könne neben dem Kaufpreis auch den wirtschaftlichen Gegenwert von Arbeitsplatzgarantien und Investitionszusagen umfassen. Diese hätten der Klägerin einen messbaren finanziellen Vorteil gebracht, sie nämlich von den wirtschaftlichen Risiken einer Fortführung des Unternehmens befreit. Entsprechendes gelte für die von der Klägerin vorgenommene Teilentschuldung.

Der Beigeladene zu 1 macht geltend: Als Erlös im Sinne von § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG seien neben dem nominellen Kaufpreis sämtliche Zusagen des Erwerbers zu berücksichtigen, wenn sich aus dem Kaufvertrag, den Verkaufsunterlagen oder den Verkaufsverhandlungen ergebe, dass diese Zusagen den Kaufpreis gemindert hätten. Dies treffe hier zu. Die Vertragsparteien seien von Altkrediten in Höhe von 18 817 027,82 DM ausgegangen. Für deren Tilgung habe die Erwerberin in der Ergänzungsvereinbarung eine Garantie übernommen. Diese Tilgungsgarantie sei als Erlös zu berücksichtigen. Zumindest gelte dies für die tatsächliche Entschuldung um 5 Millionen DM. Das Verwaltungsgericht hätte zudem die nachträgliche Minderung des Kaufpreises aufgrund der Nachbewertung des Grundbesitzes nicht berücksichtigen dürfen. Diese Nachbewertung habe offenkundig nicht den inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben des Kaufvertrages entsprochen. Das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensmängeln. Das Verwaltungsgericht habe die zur Nachbewertung des Grundbesitzes und zur Herkunft der Altschulden erforderlichen Ermittlungen unterlassen, den Überzeugungsgrundsatz verletzt und in nicht vorschriftsmäßiger Besetzung entschieden, weil die nach dem Geschäftsplan heranzuziehenden ehrenamtlichen Richter nicht mitgewirkt hätten.

Die Klägerin tritt den Revisionen entgegen, verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Die Entschuldung habe den Erlös nicht erhöht. Es handele sich nicht um eine Leistung des Erwerbers an den Verfügungsberechtigten, sondern um eine Leistung des Verfügungsberechtigten an den Erwerber. Unerheblich sei, ob der Berechtigte ebenfalls einen Anspruch auf derartige Leistungen gehabt hätte. Die Aufrechterhaltung der Altkredite sei nicht erlöserhöhend zu berücksichtigen. Die Erwerberin habe in der Ergänzungsvereinbarung keine Tilgungsgarantie für die Altkredite übernommen. Der Kaufpreis habe sich nach § 4 des Kaufvertrages nur erhöhen sollen, wenn die Altkredite aufgrund gesetzlicher Bestimmung allgemein erlassen oder gemindert worden wären. Hier hätten sie fortbestanden. Die Möglichkeit einer freiwilligen Entschuldung ändere daran nichts. Abgesehen davon wäre ein erhöhter Kaufpreis nicht eine Gegenleistung für die Verschaffung des Unternehmens, sondern für die Schuldbefreiung.

Die Beigeladenen zu 3 bis 7 haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

II.

Die Revisionen sind unbegründet.

1. Die Verfahrensrüge des Beigeladenen zu 1, das Verwaltungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 138 Nr. 1 VwGO), ist nicht schlüssig dargelegt. Aus ihr ergibt sich nicht, dass zu der in Rede stehenden Sitzung andere als die mitwirkenden ehrenamtlichen Richter hätten herangezogen werden müssen. Der Beigeladene legt nur dar, dass die ehrenamtlichen Richter in der Reihenfolge der für die Kammer aufgestellten Liste, beginnend mit dem ersten der dort aufgeführten Richter, zu den Sitzungen heranzuziehen seien. Der erstbenannte Richter habe an der Sitzung nicht mitgewirkt. Ein Besetzungsfehler ergibt sich daraus schon deshalb nicht, weil bei der dargelegten Regelung der erstbenannte Richter keineswegs zwingend mitzuwirken hat.

2. In der Sache ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der an die Beigeladenen auszukehrende Erlös nur den tatsächlich gezahlten Kaufpreis umfasst. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind weder die Investitionsverpflichtung noch die Arbeitsplatzgarantie, noch die Teilentschuldung als Bestandteil des Erlöses dem Kaufpreis hinzuzurechnen.

Nach § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG a.F. (jetzt sachlich unverändert Satz 3, vgl. Art. 1 Nr. 1 des Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 15. September 2000, BGBl I S. 1382) können die Berechtigten vom Verfügungsberechtigten die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des ihrem Anteil entsprechenden Erlöses aus der Veräußerung verlangen, wenn dem Verfügungsberechtigten die Rückgabe des Unternehmens nicht möglich ist, weil er es veräußert hat.

Der Begriff des Erlöses im Sinne von § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG a.F. setzt zweierlei voraus. Zum einen muss es sich um eine Geldleistung handeln. Zum anderen muss diese Geldleistung den Charakter einer Gegenleistung für den veräußerten Vermögenswert haben. Was als Gegenleistung für die Hingabe des veräußerten Vermögenswertes gelten soll, muss sich aus den vertraglichen Absprachen der Vertragsparteien ergeben. Sie bestimmen, welche Leistungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen sollen, was also die Gegenleistung für die geschuldete Übertragung des Vermögenswerts sein soll.

Dies folgt aus der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG. Danach umfasst der Erlös alle auf den von dem Berechtigten zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag. Diese Definition des Erlöses gilt auch für § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG a.F. Beide Vorschriften verfolgen dasselbe Ziel. Dem Berechtigten sollen im Falle einer Unmöglichkeit der Rückgabe des Vermögenswerts als Surrogat die Leistungen zukommen, die der Verfügungsberechtigte für die Veräußerung des Vermögenswerts erhalten hat. Beide Vorschriften erfassen namentlich die Fälle einer Veräußerung ehemals volkseigenen restitutionsbelasteten Vermögens mit dem Ziel der Privatisierung oder Reprivatisierung.

Übernimmt der Erwerber neben der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises weitere Verpflichtungen, sind diese nicht mit ihrem in Geld ausgedrückten Gegenwert dem Erlös hinzuzurechnen. Der gegenteiligen Betrachtung liegt die Vorstellung zugrunde, Kaufpreis und damit Erlös sei stets der Wert des veräußerten Unternehmens, von dem die Vertragsparteien zur Ermittlung des Kaufpreises sonstige Verpflichtungen des Erwerbers mit deren Wert abgezogen hätten. Für die Feststellung des Erlöses ist diese Vorstellung nicht maßgeblich. Ihr steht die Systematik des Gesetzes entgegen. § 6 Abs. 6 a VermG unterscheidet zwischen der Herausgabe des Erlöses (Satz 4 a.F.) und der Zahlung des Verkehrswertes (Satz 5 a.F.). Die Berechtigten können die Zahlung des Verkehrswertes verlangen, den das Unternehmen im Zeitpunkt der Veräußerung hatte, wenn ein Erlös nicht erzielt worden ist oder ein erzielter Erlös den Verkehrswert unterschreitet. Zwar soll der Berechtigte durch die Ausgleichsansprüche nach § 6 Abs. 6 a VermG wirtschaftlich so gestellt werden, als würde ihm der Vermögenswert (das Unternehmen) zurückübertragen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. Juli 1999 - V ZR 129/98 - NJW 2000, 437). Dies wird jedoch dadurch sichergestellt, dass er anstelle des erzielten Erlöses gegebenenfalls den Verkehrswert des Vermögensgegenstandes beanspruchen kann. Für den Anspruch auf Auskehr des Erlöses ist der tatsächlich erzielte Erlös maßgebend, nicht aber ein Betrag, der als Wert des Unternehmens erzielbar gewesen wäre und möglicherweise der Kaufpreisbildung zugrunde gelegen hat.

Dies wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber den ordentlichen Gerichten die Zuständigkeit für die weitergehenden Ansprüche auf Zahlung des Verkehrswertes mit der Begründung zugewiesen hat, die Vermögensämter wären mit der Feststellung des Verkehrswertes überfordert (BTDrucks 12/2480, S. 75, Begründung des Entwurfs eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes). Der Gesetzgeber ist dabei augenscheinlich davon ausgegangen, die Vermögensämter könnten die Entscheidung über den auszukehrenden Erlös ohne erhebliche Mehrbelastung miterledigen, weil die Feststellung seiner Höhe regelmäßig keine Schwierigkeiten bereitet. Dem entspricht eine Auslegung des Begriffs "Erlös", die nur darauf abstellt, welche Geldleistung dem Veräußerer nach dem Vertrag zufließen soll, sonstige Verpflichtungen aber, die erst eine Bewertung in Geld erforderlich machen, ausschließt. Daraus folgt:

a) Investitionszusagen und Arbeitsplatzgarantien sind keine Geldleistungen, welche die Klägerin für den Verkauf des Unternehmens erhalten hat. Derartige Zusagen mögen die Bildung des Kaufpreises beeinflusst haben. Die Klägerin mag darauf verzichtet haben, einen höheren Kaufpreis auszuhandeln, weil ihr die Erreichung anderer im Interesse der Allgemeinheit liegender Ziele wichtiger war als die Erzielung eines wirtschaftlich möglichst optimalen Ergebnisses. Sie gewährte damit aber der Sache nach nur eine Art Subvention, mit der sie die Fortführung des Unternehmens unterstützte. Darin liegt geradezu das Gegenteil eines erzielten Erlöses.

Hält der Erwerber seine im Kaufvertrag übernommenen Zusagen ein, erzielt die Klägerin keine über den vereinbarten Kaufpreis hinausgehende Geldleistung. Kommt der Erwerber seinen zusätzlich vereinbarten Hauptleistungspflichten nicht nach, kann dies zur Auflösung und Rückabwicklung des Vertrages führen. Auch in diesem Fall fließt der Klägerin keine Geldleistung zu. Mögliche Schadensersatzansprüche sind keine Geldleistungen, die nach dem Vertrag auf den veräußerten Vermögenswert entfallen. Anders verhielte es sich nur dann, wenn die Vertragsparteien die Nachzahlung eines erhöhten Kaufpreises für den Fall vereinbart haben, dass Investitionszusagen und Arbeitsplatzgarantien nicht eingehalten werden. Erst und nur durch eine solche Nachzahlung erzielte die Klägerin für die Veräußerung des Unternehmens einen Erlös, den sie an den Berechtigten auskehren könnte. Eine derartige Vereinbarung haben die Vertragsparteien nicht getroffen. Vielmehr haben sie sich in der Ergänzungsvereinbarung vom 1. Oktober 1991 auf eine selbständige Ausgleichsabgabe - nach Art einer Vertragsstrafe - für den Fall verständigt, dass die gegebenen Investitons- und Arbeitsplatzgarantien nicht eingehalten werden.

Die Klägerin hat danach auch dann keine höhere Geldleistung als Erlös aus dem Vertrag erzielt, wenn die Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsverhandlungen Investitionszusagen und Arbeitsplatzgarantien übereinstimmend in Geld bewertet und zur Grundlage ihrer Kaufpreisbildung gemacht haben sollten. Deshalb kommt es aus Rechtsgründen auch nicht auf die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unter Beweis gestellten Tatsachen an. Der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge ist daher nicht weiter nachzugehen.

b) Kein Bestandteil des auszukehrenden Erlöses ist ferner der Betrag von 5 Millionen DM, um den die Klägerin das veräußerte Unternehmen nachträglich von Altkrediten entschuldet hat. Diese Entschuldung stellt keine Gegenleistung für die Übertragung des Unternehmens dar, wie es der Begriff des Erlöses voraussetzt. Mit der Entschuldung hat die Klägerin vielmehr nach der Übertragung des Unternehmens eine zusätzliche Sonderleistung nach Art einer Subvention erbracht, welche von ihrem gesetzlichen Privatisierungsauftrag bestimmt oder mitbestimmt worden ist. Es verhält sich also letztlich nicht anders, als hätte der Veräußerer aus seinem Vermögen dem Erwerber nachträglich Geld zur Verfügung gestellt, damit dieser das erworbene Unternehmen entschulden kann.

Eine Kaufpreisersatzfunktion hat die in Rede stehende Entschuldung hier auch nicht deshalb, weil die Vertragsparteien in § 4 des ursprünglichen Kaufvertrages eine entsprechende Zahlung des Erwerbers für den Fall vereinbart hatten, dass die Altkredite infolge einer späteren Änderung der Rechtslage gemindert oder erlassen werden sollten. Diese Regelung erfasst schon nach ihrem Wortlaut nicht eine Entschuldung, die "ohne Änderung der Rechtslage" freiwillig und subventionshalber durch die Klägerin nachträglich übernommen worden ist. Dementsprechend haben die Vertragsparteien mit ihrer Vereinbarung, dass die Teilentschuldung des Unternehmens durch die Klägerin den Kaufpreis nicht erhöhen solle, die Regelung im ursprünglichen Vertrag nicht geändert, sondern nur einen klarstellenden Hinweis gemacht.

Unerheblich ist schließlich, ob die Klägerin im Falle einer Rückübertragung des Unternehmens an die Beigeladenen das Unternehmen ebenfalls entschuldet hätte. Dies folgt schon daraus, dass der auszukehrende Erlös als Surrogat an die Stelle des an sich zurückzuübertragenden Unternehmens tritt, dessen Rückübertragung durch die Veräußerung unmöglich geworden ist. Der Berechtigte kann deshalb nicht die Auskehr sonstiger finanzieller Leistungen verlangen, die er außerhalb des Vermögensgesetzes im Falle der Rückübertragung des Vermögenswertes neben diesem zusätzlich erhalten hätte. Ein Ausgleich wird nur insoweit geleistet, als originär dem Berechtigten zustehende Ansprüche durch die Veräußerung untergehen.

c) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1 ist der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 1 500 000 DM ebenfalls nicht als Erlös auszukehren. Die nachträgliche Ermäßigung des Kaufpreises als Folge der Neubewertung des Grundbesitzes ist vielmehr erlösmindernd zu berücksichtigen.

Vereinbaren die Vertragsparteien bestimmte Bestandteile des veräußerten Unternehmens - hier den Grund und Boden - später mit Auswirkung auf den Kaufpreis nachzubewerten, ist der darauf entfallende Wert nur vorläufig angesetzt und der Kaufpreis nicht endgültig festgelegt. Verkäufer und Käufer haben sich noch nicht auf einen endgültigen Kaufpreis geeinigt, dieser soll vielmehr erst nachträglich bestimmt werden.

Gegen diesen Ansatz wendet der Beigeladene zu 1 sich letztlich nicht. Er will lediglich gerichtlich überprüft wissen, ob die Nachbewertung selbst und die auf ihrer Grundlage vorgenommene Neufestsetzung des Kaufpreises den Vorgaben des Vertrages entsprochen haben.

Der Berechtigte hat indes keinen Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Bestimmung des Erlöses durch die Vertragsparteien. Er profitiert zwar von einer ihm günstigen Vertragsgestaltung und kann etwa einen Kaufpreis beanspruchen, der den Verkehrswert des Vermögensgegenstandes überschreitet. Er hat jedoch kein Recht darauf, dass der Verfügungsberechtigte den Vermögensgegenstand möglichst vorteilhaft verwertet. So muss er sich daher nachteilige Änderungen des Erlöses anrechnen lassen, auf die der Verfügungsberechtigte sich eingelassen hat. Er ist dadurch geschützt, dass er in jedem Fall die Zahlung des Verkehrswertes verlangen kann (§ 6 Abs. 6 a Satz 5 VermG a.F.).

Das gilt nicht nur für die Vereinbarung von Nachbewertungsklauseln überhaupt, sondern auch für deren Anwendung im Einzelfall. Soweit solche Klauseln Auslegungsspielräume zulassen, unterliegt deren Ausfüllung zunächst der authentischen Interpretation der Vertragsparteien. Deren übereinstimmende Praxis bei der Anwendung des Vertrages bestimmt in erster Linie dessen Auslegung. Das gilt hier etwa für den Zeitpunkt, auf den die nachträgliche Bewertung sich beziehen sollte, und die damit zusammenhängende Frage, welche allgemeinen Wertsteigerungen in die Nachbewertung einzubeziehen waren. Im Übrigen ist es Sache der Vertragsparteien, hier der Klägerin, zu beurteilen, ob beispielsweise ein Rechtsstreit über die Kaufpreisreduzierung nach Grund und Höhe Aussicht auf Erfolg bietet. Beurteilt die Klägerin, etwa in Verkennung von Mängeln eingeholter Gutachten, den Wert des Grundbesitzes fehlerhaft und lässt sie sich deshalb auf eine Kaufpreisreduzierung ein, ist der Berechtigte ebenso auf den ergänzenden Anspruch auf den Verkehrswert angewiesen wie in den Fällen, in denen die Klägerin von vornherein in Verkennung des wahren Substanzwertes eines Unternehmens einen, gemessen am Verkehrswert, zu niedrigen Kaufpreis vereinbart.

d) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1 kann der vom Beklagten angenommene Erlös in Höhe von insgesamt 13 281 054,31 DM im Ergebnis nicht auf Leistungen der Erwerberin gestützt werden, die der Beklagte in seinem Bescheid nicht berücksichtigt hat.

Der Beigeladene zu 1 will insoweit zu Unrecht den vollen Betrag der Altkredite als Bestandteil des Erlöses berücksichtigt wissen. Die Altkredite mögen, soweit sie von den Vertragsparteien als bestehend angenommen worden sind, bei der Bildung des Kaufpreises berücksichtigt worden sein. Eine Geldleistung als Erlös ist der Klägerin in diesem Umfang indessen nicht zugeflossen. Sie war nicht Schuldnerin der Altkredite. Dies war vielmehr das veräußerte Unternehmen selbst. Durch die Veräußerung des Unternehmens ist die Klägerin mithin nicht von einer eigenen Verbindlichkeit befreit worden. Fehl geht die Annahme des Beigeladenen zu 1, der Klägerin sei in Höhe der Altkredite ein Erlös deshalb zugeflossen, weil sie alleinige Anteilseignerin der Gläubigerin dieser Kredite, der Deutschen Kreditbank AG, gewesen sei. Diese "wirtschaftliche Betrachtung" des Beigeladenen zu 1 lässt in unzulässiger Weise außer Betracht, dass die Gläubigerin eine eigene Rechtsperson, nicht aber nur einen anderen "Haushaltstopf" der Klägerin darstellt und an sie fließende Tilgungen nicht als Gegenleistung für die Überlassung des Unternehmens angesehen werden können, sondern einen anderen von einer Veräußerung des Unternehmens unabhängigen Rechtsgrund hatten.

e) Keinen Bestandteil des Erlöses stellen schließlich jene 1 246 851 DM dar, welche die Klägerin von der Deutschen Kreditbank AG erhalten hat, wie der Beigeladene zu 1 in der Revisionsbegründung (erstmals) vorgetragen hat. Nach dem vom Beigeladenen zu 1 hierzu vorgelegten Schreiben handelt es sich bei diesem Betrag offensichtlich um Zinsen, welche die Klägerin auf die Altkredite für einen Zeitraum (noch) geleistet hatte, in dem das Unternehmen mit allen Aktiva und Passiva bereits auf die Erwerberin übergegangen war, und den die Deutsche Kreditbank AG der Klägerin deshalb als Überzahlung erstattet hat. Bei dieser Zahlung handelt es sich mithin weder um einen tatsächlichen noch um einen verdeckten Kaufpreis.

Die erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Soweit mit ihnen die Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts, die Verletzung rechtlichen Gehörs und des Überzeugungsgrundsatzes geltend gemacht wird, betreffen die Rügen nur Umstände, auf die es nach den vorstehenden Ausführungen nicht ankommt. Insoweit erweist sich das Urteil des Verwaltungsgerichts zumindest im Ergebnis als zutreffend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.



Ende der Entscheidung

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