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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.08.1998
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 115.98
Rechtsgebiete: LGebG BW


Vorschriften:

LGebG BW § 1 Abs. 1
LGebG BW § 2 i.V.m. Nr. 6.11 des Gebührenverzeichnisses
Leitsatz:

Ist die vorgeschriebene Überwachung und Besichtigung von Apotheken (§ 64 AMG) auf gesetzlicher Grundlage in einem Gebührenverzeichnis eindeutig als kostenpflichtiger Tatbestand ausgewiesen, so ist die Heranziehung des Apothekenbetreibers als Gebührenschuldner mit Blick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und das Erfordernis individueller Zurechenbarkeit der Amtshandlung keinen Bedenken ausgesetzt (Abgrenzung zu Urteil vom 24. August 1990 - BVerwG 8 C 73.88 - BVerwGE 85, 300).

Beschluß des 8. Senats vom 21. August 1998 - BVerwG 8 B 115.98 -

I. VG Sigmaringen vom 12.12.1996 - Az.: VG 6 K 19/96 - II. VGH Mannheim vom 02.04.1998 - Az.: VGH 2 S 1148/97 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 115.98 VGH 2 S 1148/97

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. August 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und Krauß

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. April 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 150 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die Revision kann weder wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden.

1. Eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, daß das angefochtene Urteil einen abstrakten entscheidungstragenden Rechtssatz aufstellt, der im Widerspruch zu einem in Anwendung derselben Rechtsvorschrift ergangenen ebensolchen Rechtssatz in der angegebenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht (stRspr, vgl. Beschluß vom 21. Juli 1988 - BVerwG 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 108 RuStAG Nr. 32 S. 4 <5>). Ob die Beschwerde diesem Erfordernis im vorliegenden Fall Genüge getan hat, erscheint zumindest zweifelhaft. Sie sieht die vermeintliche Divergenz allein darin, daß der Verwaltungsgerichtshof - anders als das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung - für die gebotene nähere Bestimmung der Zurechenbarkeit der kostenpflichtigen Maßnahme fachgesetzliche Überwachungsregelungen als solche habe ausreichen lassen. Die Beschwerde geht jedoch nicht darauf ein, daß sich die angeblich divergierenden Entscheidungen im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 LGebG mit unterschiedlichen Fachgesetzen befassen und daß das Berufungsurteil einen widersprüchlichen abstrakten Rechtssatz jedenfalls nicht ausdrücklich formuliert, also möglicherweise nur eine unrichtige Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorliegt. Diesen Bedenken braucht aber nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn auch bei unterstellter Divergenz könnte die Revision nach der im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 144 Abs. 4 VwGO (stRspr, vgl. etwa Beschluß vom 22. August 1996 - BVerwG 8 B 100.96 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 62 S. 5 m.w.N.) nicht zugelassen werden, da sich die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist.

Die angefochtenen Gebührenbescheide finden nämlich eine den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügende Rechtsgrundlage in § 2 LGebG i.V.m. Nr. 6.11 des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenverordnung vom 28. Juni 1993 (GBl BW S. 381) i.d.F. vom 15. November 1994 (GBl BW S. 622). Da der Verwaltungsgerichtshof die Anwendbarkeit dieser landesrechtlichen Vorschrift offengelassen hat, ist ihre Heranziehung im Revisions- und Beschwerdeverfahren möglich. Danach steht ohne weiteres fest, daß die in Nr. 6.11 des auf der Grundlage des § 2 LGebG als Verordnung erlassenen Gebührenverzeichnisses erwähnte "Besichtigung und Überwachung einer Apotheke nach § 64 Arzneimittelgesetz" eine Amtshandlung ist, für die gemäß § 1 Abs. 1 LGebG "Verwaltungsgebühren nach diesem Gesetz" erhoben werden dürfen. Die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. August 1990 - BVerwG 8 C 73.88 - (BVerwGE 85, 300 ff.) ausschließlich behandelte Problematik des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots stellt sich unter diesen Umständen im vorliegenden Fall nicht. Anders als in diesem von der Beschwerde zitierten und von den Vorinstanzen unterschiedlich interpretierten Urteil vom 24. August 1990 (a.a.O.) ist der vorliegende Sachverhalt nämlich durch die Existenz eines auf gesetzlicher Grundlage eindeutig umschriebenen Gebührentatbestandes gekennzeichnet. Die seinerzeitige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hatte hingegen die Frage zu beurteilen, ob ohne speziellen gesetzlichen Gebührentatbestand allein auf der Grundlage der - zunächst nur die Schuldnerfrage regelnden - Vorschrift des § 1 Abs. 1 LGebG Gebühren für Überwachungsmaßnahmen erhoben werden können. Daß angesichts der eindeutigen Anordnung einer Gebührenpflicht für die Besichtigung und Überwachung einer Apotheke nach § 64 AMG deren Betreiber gemäß § 4 Nr. 1 LGebG als Schuldner der Verwaltungsgebühr heranzuziehen ist, kann mangels Alternative nicht ernstlich zweifelhaft sein; die gebotene individuelle zurechenbarkeit der Verwaltungsgebühr ergibt sich in diesem Falle aus dem gesetzlichen Gebührentatbestand selbst.

2. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Die aufgeworfene Frage,

ob allein eine fachgesetzlich vorgesehene Überwachungsmaßnahme, die nicht zu einer Beanstandung des überwachten Betriebs führt, die "zurechenbare Verursachung" zur Erfüllung eines allgemeinen und unbestimmten Gebührentatbestandes ausreichen kann,

stellt sich im Hinblick auf den einschlägigen, eindeutigen und auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Gebührentatbestand gemäß § 2 LGebG i.V.m. Nr. 6.11 des Gebührenverzeichnisses aus den oben dargelegten Gründen nicht. Die Beschwerde übersieht im übrigen mit ihrer Rüge, die streitige Gebühr werde unter Änderung der bisherigen Praxis erst seit 1995 erhoben, daß dieser Gebührentatbestand erst mit der am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Verordnung des Sozialministeriums zur Änderung der Gebührenverordnung vom 15. November 1994 (GBl BW S. 622) geschaffen worden ist, also insoweit eine - entscheidungserhebliche - Änderung der Rechtslage eingetreten ist.

Die weitere Frage,

ob allgemeine Überwachungsmaßnahmen ... der konkreten Betriebsbetätigung dienen und deshalb nicht "überwiegend im öffentlichen Interesse" vorgenommen werden,

bezieht sich auf die Regelung der sachlichen Gebührenfreiheit in § 5 Abs. 1 Nr. 7 LGebG (vgl. BU S. 11) und bezeichnet damit keine Frage des Bundesrechts, die in dem beabsichtigten Revisionsverfahren geklärt werden könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.

Ende der Entscheidung

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