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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.11.1998
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 173.98
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, AbfG, GemHVO


Vorschriften:

KrW-/AbfG § 16 Abs. 1 Satz 1
AbfG § 3 Abs. 2 Satz 2
GemHVO (S.-H.) § 29
Leitsatz:

Die durch § 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG bzw. § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ermöglichte Beauftragung privater Dritter mit der Erfüllung von Entsorgungspflichten darf nicht über das kommunale Gebührenrecht faktisch gänzlich ausgeschlossen werden.

Beschluß des 8. Senats vom 23. November 1998 - BVerwG 8 B 173.98 -

I. VG Schleswig vom 09.06.1997 - Az.: VG 4 A 132/97 - II. OVG Schleswig vom 24.06.1998 - Az.: OVG 2 L 113/97 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 173.98 OVG 2 L 113/97

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 23. November 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und Krauß

beschlossen:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 24. Juni 1998 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 512,04 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

1. Soweit die Beschwerde im Hinblick auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu den seiner Ansicht nach nicht gebührenfähigen weil nicht im Sinne von § 6 Abs. 2 KAG "erforderlichen" - Mehrkosten (Gewinn, Umsatzsteuer), die allein auf der Beauftragung der AWS-GmbH mit der Erfüllung bestimmter Entsorgungsaufgaben des Beklagten beruhen, Bedenken äußert und Klärungsbedarf geltend macht, übersieht sie, daß die von ihr unter Ziff. I aufgeworfenen Fragen schon deshalb nicht grundsätzlich bedeutsam sind, weil das Oberverwaltungsgericht insoweit keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern die angedeuteten Zweifel letztlich offengelassen hat (BU S. 15 unten). Die allgemein gehaltene Frage,

ob die einem Träger der öffentlichen Abfallentsorgung durch § 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG bzw. § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG eingeräumte Freiheit, sich zur Erfüllung der Entsorgungsaufgabe u.a. auch einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft mit Mehrheitsbeteiligung zu bedienen, vom Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG umfaßt ist, ist überdies ohne weiteres zu bejahen; sie wird auch vom Oberverwaltungsgericht erkennbar nicht in Zweifel gezogen (vgl. BU S. 10 f.). Aus dem gleichen Grund ist auch nicht klärungsbedürftig,

ob Art. 28 Abs. 2 GG gebietet, die Vorschriften des Landesabgabenrechts so auszulegen, daß die Organisationswahlfreiheit nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß allein wegen der mit der Beauftragung von Privaten zunächst zwangsläufig verbundenen Mehrkosten (Steuer, Gewinn) deren Gebührenfähigkeit verneint wird.

Ein in diesem Sinne genereller Ausschluß der Ansatzfähigkeit von Kosten privater Dritter im Rahmen der Gebühren- oder Beitragskalkulation liegt dem Berufungsurteil nicht zugrunde. Er wäre auch mit § 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG bzw. § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ersichtlich nicht vereinbar. Die damit durch Bundesrecht in das Ermessen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gestellte Beauftragung privater Dritter darf nicht über das Gebührenrecht faktisch gänzlich ausgeschlossen werden. Eine solche (rechtswidrige) Auffassung vertritt aber auch das Oberverwaltungsgericht nicht. Vielmehr hält es Mehrkosten nur dann mangels Erforderlichkeit für nicht gebührenfähige Kalkulationsposten, wenn diese nicht "an anderer Stelle" durch den privaten Dritten "erwirtschaftet", also zumindest neutralisiert werden (BU S. 13).

2. Grundsätzliche Bedeutung wird der Rechtssache auch nicht durch die unter Ziff. II formulierten Fragen vermittelt. In dem beabsichtigten Revisionsverfahren wäre mit Blick auf das dort allein maßgebliche Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) nicht klärungsfähig,

ob unter den gegebenen Umständen entgegen der Bewertung durch das Oberverwaltungsgericht ein Ausnahmefall vorliegt, der unter Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung nach § 3 Nr. 4 a VOL/A zu einer freihändigen Vergabe des Auftrags berechtigte.

Das Bundesverwaltungsgericht könnte diese Frage schon deshalb nicht entscheiden, weil das Oberverwaltungsgericht die tragenden Ausführungen seines Urteils insoweit auf § 57 KrO i.V.m. § 29 GemHVO also irrevisibles Landesrecht - gestützt hat. Danach muß der Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. In Auslegung dieser Vorschrift hat das Berufungsgericht ergänzend ausgeführt, daß derartige Ausnahmegründe "enumerativ in § 3 Nr. 4 VOL/A aufgezählt" seien und die Voraussetzungen des dortigen Buchstaben a nicht vorlägen. Die Beschwerde verkennt, daß die damit in Bezug genommene Verdingungsordnung für Leistungen ausgenommen Baulei-stungen - (VOL), Teil A Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A) auch in ihrer Neufassung vom 12. Mai 1997 (BAnz Nr. 163 a) als solche keine revisible Rechtsnorm darstellt, sondern wie schon die Art ihrer Veröffentlichung zeigt - allenfalls den Charakter von Verwaltungsvorschriften besitzt (Daub/Eberstein, VOL/B, 4. Aufl., Einführung Rn. 10). Soweit durch die Vergabeverordnung vom 22. Februar 1994 (BGBl I, 321) in der Fassung vom 29. September 1997 (BGBl I, 2384) VgV - und die dortige ausdrückliche Bezugnahme auf bestimmte Regelungen der VOL/A eine andere rechtliche Beurteilung geboten sein sollte (vgl. Daub/Eberstein, a.a.O., Rn. 10 a ff.), ist dies im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb unerheblich, weil die Beschwerde zur Vergabeverordnung keine Fragen aufwirft und insbesondere nicht dartut, daß die dort für die Pflicht zur Anwendung der VOL/A genannten Auftragswerte oder sonstigen Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben waren (vgl. §§ 1 bis 4 VgV).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den § 13 Abs. 2, § 14 GKG.

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