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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 206.00
Rechtsgebiete: VermG, BGB


Vorschriften:

VermG § 2 a Abs. 1
VermG § 30 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 2039
Leitsatz:

Kommt eine Rückübertragung des Vermögenswertes nur an eine Erbengemeinschaft in Betracht (§ 2 a Abs. 1 Satz 1 VermG), sodass für die Einhaltung der Anmeldefrist (§ 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG) der Antrag durch einen der Miterben genügt, scheitert die nachträgliche Konkretisierung, dass die Leistung an die Erbengemeinschaft gehen soll, nicht am Fristablauf.

Beschluss des 8. Senats vom 30. November 2000 - BVerwG 8 B 206.00 -

I. VG Weimar vom 04.07.2000 - Az.: VG 4 K 1624/96.We -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 206.00 VG 4 K 1624/96.We

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 30. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und Postier

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 4. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Beklagte beruft sich allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine solche Bedeutung kommt der Rechtssache zu, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das ist hier nicht der Fall.

Der Beklagte hält die Frage für klärungsbedürftig,

ob die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche durch ein Mitglied einer Erbengemeinschaft auch dann als fristwahrend für alle anderen Miterben anzusehen ist, wenn bis zum Ablauf der Anmeldefrist nicht erkennbar geworden ist, dass überhaupt weitere Miterben als Berechtigte in Betracht kommen.

Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich im bejahenden Sinne bereits auf der Grundlage des Vermögensgesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

War eine Erbengemeinschaft durch eine Maßnahme nach § 1 VermG geschädigt worden, ist der entzogene Vermögenswert nach § 2 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 VermG ihr zurückzuübertragen. Sie ist mithin kraft Gesetzes Berechtigte (Urteil vom 27. Februar 1997 - BVerwG 7 C 22.96 - Buchholz 428 § 2 a VermG Nr. 3 S. 2 <3>). Als solche ist sie allerdings nicht in der Lage, den Anspruch auf Rückübertragung mittels Antrags geltend zu machen. Sie ist keine juristische Person und hat keinen gesetzlichen Vertreter. Den Antrag haben ihre Mitglieder, die gesamthänderisch verbundenen Erben, entweder gemeinsam oder wenigstens durch einen von ihnen zu stellen, die insofern ebenfalls Berechtigte sind (Beschluss vom 10. März 1997 - BVerwG 7 B 39.97 - Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 3 S. 9). Der einzelne Miterbe darf den Anspruch nach § 2039 BGB im eigenen Namen geltend machen und die Leistung an alle Miterben verlangen. Die fristwahrende Anmeldung von Rückübertragungsansprüchen durch einen der Miterben kommt den anderen Erben zugute, auch wenn sie einen gleichen Antrag nicht oder verspätet gestellt haben. Dies gilt auch, wenn der handelnde Miterbe bis zum Schluss der Frist von § 30 a Abs. 1 VermG eine Leistung an die Erbengemeinschaft nicht ausdrücklich verlangt hat.

Zur Wirksamkeit einer Anmeldung hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Restitutionsantrag die Person des Berechtigten hinreichend konkret bezeichnen und durch eine hinter dem Rückgabeantrag stehende Willenserklärung des Berechtigten gedeckt sein muss; diese Voraussetzung der Klarheit über die Person des Berechtigten wird ergänzt durch das Erfordernis, den Vermögensgegenstand, auf den das Restitutionsbegehren zielt, so genau zu bezeichnen, dass zumindest im Wege der Auslegung ermittelt werden kann, was der Antragsteller erfasst wissen will (vgl. zuletzt Urteil vom 5. Oktober 2000 - BVerwG 7 C 8.00 - zur Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.). Bezogen auf die vorliegende Fragestellung bedeutet dies, dass der Anspruch als solcher durch einen Berechtigten gestellt sein muss[!Duden1], selbst wenn dieser von einer Alleinberechtigung ausgegangen sein sollte. Denn eine Rückübertragung an die Erbengemeinschaft würde auch an ihn erfolgen, weil der Vermögenswert in den Nachlass fiele mit der Folge, dass er - nunmehr als Nachlassgegenstand - jedem Miterben ganz, jedoch beschränkt durch die Rechte der anderen gehörte (vgl. etwa Dütz im Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Band 9 3. Aufl. 1997 § 2032 Rn. 11 m.w.N.). Aus Sicht der Fristbestimmung von § 30 a VermG läge damit eine Anmeldung vor, die eine Rückübertragung in das Eigentum des Anmelders in jedem Falle zum Gegenstand hätte, sei es in sein Allein- oder gesamthänderisch gebundenes Eigentum.

Es genügt, ist aber für den Erfolg des Antrags auch notwendig, dass der antragstellende Miterbe bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das erstinstanzliche Urteil ergeht, klarstellt, dass die Leistung an die Erbengemeinschaft gehen soll. In dieser Konkretisierung liegt keine weitere Anmeldung, welche die Anmeldefrist von § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG unterbinden will (Urteil vom 24. Juni 1999 - BVerwG 7 C 20.98 - BVerwGE 109, 169 <172> = Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 10 S. 11 <14>). Denn der eingeklagte Anspruch - von einem anderen ein Tun zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB) - bleibt als solcher unverändert. Die Frage nach dem Leistungsempfänger betrifft die Durchsetzbarkeit des Anspruchs. Dessen Einschränkung ist gegebenenfalls im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen.

Der Senat hat ähnlich in Fällen von Bruchteilseigentum entschieden, in denen der Miteigentümer innerhalb der Anmeldefrist (§ 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG) - ohne von den anderen Miteigentümern bevollmächtigt zu sein - die Rückübertragung des gesamten Vermögenswertes an sich beantragt hatte (Beschluss vom 16. Oktober 2000 - BVerwG 8 B 208.00 - zur Veröffentlichung in Buchholz unter 428 § 2 VermG vorgesehen). Auch dort scheitert eine nachträgliche Konkretisierung nicht am Fristablauf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 13, 14 GKG.

Ende der Entscheidung

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