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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.10.2000
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 208.00
Rechtsgebiete: VermG, BGB


Vorschriften:

VermG § 30 Abs. 1 Satz 1
VermG § 30 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 741
BGB § 1011
Leitsätze:

Wurde eine im Bruchteilseigentum stehende Sache von einer Maßnahme gemäß § 1 VermG betroffen, ist jeder Bruchteilseigentümer hinsichtlich seines Anteils Berechtigter, ohne dass zwischen den Berechtigten eine Gemeinschaft nach Bruchteilen besteht.

Meldet ein ehemaliger Bruchteilseigentümer einen Anspruch auf Rückgabe des gesamten Vermögenswerts an sich oder an alle Miteigentümer an, gilt sein Antrag nicht zugleich als Anmeldung von Rückgabeansprüchen der übrigen Miteigentümer.

Beschluss des 8. Senats vom 16. Oktober 2000 - BVerwG 8 B 208.00 -

I. VG Magdeburg vom 04.07.2000 - Az.: VG 5 A 691/99 MD -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 208.00 VG 5 A 691/99 MD

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 16. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Golze

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 4. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 75 500 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

An dem streitgegenständlichen Grundstück waren zwei Schwestern Miteigentümerinnen zu je ein halb. Durch schädigende Maßnahmen im Sinne des § 1 VermG wurde zunächst der Anteil einer Miteigentümerin und dann der Anteil der anderen Miteigentümerin entzogen. 1990 beantragten die Rechtsnachfolger der einen Miteigentümerin im eigenen Namen die Rückgabe des gesamten Grundstücks an sich. Die Rechtsnachfolgerin der anderen Miteigentümerin meldete erst 1993 einen Rückgabeanspruch bezüglich des Grundstücks an. Die Beklagte übertrug an die Rechtsnachfolger der einen Miteigentümerin einen hälftigen Miteigentumsanteil zurück. Im Klageverfahren begehren die Rechtsnachfolger beider ehemaliger Miteigentümerinnen die Rückübertragung des anderen hälftigen Miteigentumsanteils. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das verwaltungsgerichtliche Urteil beruht auch nicht auf einer Abweichung von der in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält die Fragen für klärungsbedürftig,

ob bei einer Bruchteilsgemeinschaft einem Restitutionsantrag eines Bruchteilseigentümers oder dessen Rechtsnachfolgers im eigenen Namen innerhalb der Anmeldefrist hinsichtlich des gesamten zu restituierenden Vermögensgegenstandes, also bezogen auf alle Bruchteile Wirksamkeit zukommt, wenn spätestens im Klageverfahren die Rückgabe an alle Bruchteilseigentümer verlangt wird, und

ob § 1011 BGB entsprechend auf die Anmeldung von Rückübertragungsansprüchen anzuwenden ist, mit der Frage, dass ein ehemaliger Miteigentümer oder dessen Rechtsnachfolger den Anspruch auf Rückübertragung bezogen auf die gesamte Sache, also alle Bruchteile, wirksam anmelden kann, soweit er spätestens im Klageverfahren auch die Rückgabe an alle Bruchteilseigentümer verlangt.

Diese Fragen lassen sich ohne weiteres verneinen, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf:

Wurde eine im Miteigentum nach Bruchteilen stehende Sache durch eine oder mehrere schädigende Maßnahmen im Sinne des § 1 VermG entzogen, wurde mit dem Verlust des Eigentums auch die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§ 741 BGB) der bisherigen Miteigentümer aufgehoben. Anders als bei Unternehmen (vgl. § 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG) und bei Erbengemeinschaften (vgl. § 2 a Abs. 4 VermG) enthält das Vermögensgesetz keine Bestimmung, aus der sich ein Fortbestehen dieser Gemeinschaft nach Bruchteilen ergeben könnte. Die für die Gemeinschaft nach Bruchteilen im Allgemeinen und für das Miteigentum nach Bruchteilen im Besonderen geltenden Vorschriften des BGB (§§ 741 ff. und §§ 1008 ff.) sind daher insoweit nicht anwendbar.

Es besteht auch kein einheitlicher Anspruch auf Rückübertragung des gesamten Vermögenswerts, der den früheren Eigentümern gemeinschaftlich zusteht, und damit keine Gemeinschaft nach Bruchteilen (§ 741 BGB) an einem Rückübertragungsanspruch. Vielmehr hat jeder frühere Miteigentümer einen Anspruch auf Rückübertragung seines Miteigentumsanteils. Jeder frühere Miteigentümer ist Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, weil sein Miteigentumsanteil von einer Maßnahme gemäß § 1 VermG betroffen wurde. Soweit die Rückübertragung nicht ausgeschlossen ist, kann jeder frühere Miteigentümer die Rückübertragung seines Anteils verlangen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VermG).

Beantragt ein Miteigentümer innerhalb der Anmeldefrist (§ 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG) - ohne von den anderen Miteigentümern bevollmächtigt zu sein - die Rückübertragung des gesamten Vermögenswerts an sich, hat er damit seinen Anspruch auf Rückübertragung eines Miteigentumsanteils angemeldet. Dieser Antrag ist allerdings teilweise unbegründet, weil er nur einen Anspruch auf Rückübertragung eines Miteigentumsanteils hat. Den Anspruch anderer früherer Miteigentümer hat er damit nicht angemeldet. Denn die Anmeldung erfolgte im eigenen Namen. Außerdem kann die Anmeldung eines Restitutionsanspruchs durch einen vollmachtlosen Vertreter nach Ablauf der Ausschlussfrist (§ 30 a VermG) nicht rückwirkend genehmigt werden (vgl. Urteil vom 24. Juni 1999 - BVerwG 7 C 20.98 - Buchholz 428 § 30 a VermG Nr. 10 S. 11). Haben in einem solchen Fall andere frühere Miteigentümer ihren Rückübertragungsanspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 30 a VermG angemeldet, ist eine Rückübertragung von deren Miteigentumsanteilen somit nicht möglich.

2. Das angefochtene Urteil weicht nicht ab von dem in der Beschwerde zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23. Januar 1997 - BVerwG 7 C 19.96 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 15 S. 8). Die in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssätze beziehen sich auf einen einheitlichen Restitutionsanspruch, der - aufgrund einer Abtretung von Teilen dieses Anspruchs - mehreren Berechtigten gemeinschaftlich zusteht und an dem folglich eine Gemeinschaft nach Bruchteilen besteht. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dagegen beziehen sich auf eine aufgehobene frühere Miteigentumsgemeinschaft nach Bruchteilen an einem Grundstück und auf zwei selbständige Restitutionsansprüche auf Rückübertragung von je einem hälftigen Miteigentumsanteil.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13 und 14 GKG.

Ende der Entscheidung

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