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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.03.1999
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 225.98
Rechtsgebiete: VermG, VwVfG, VwGO


Vorschriften:

VermG § 38 Abs. 2
VwVfG § 80 Abs. 2
VwGO § 162 Abs. 2 Satz 2
Leitsatz:

Auch nach § 38 Abs. 2 Satz 2 VermG ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren in der Regel nicht notwendig. Sie ist jedoch dann notwendig, wenn es dem Widerspruchsführer nach seinen persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten ist, das Widerspruchsverfahren selbst zu führen.

Beschluß des 8. Senats vom 15. März 1999 - BVerwG 8 B 225.98 -

I. VG Berlin vom 13.08.1998 - Az.: VG 22 A 135.97 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 225.98 VG 22 A 135.97

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Golze

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. August 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 282 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Nachdem ihr Widerspruch in einem vermögensrechtlichen Verfahren erfolgreich gewesen war, begehrte die Klägerin, eine in der Immobilienbranche tätige Gesellschaft, die Erstattung der Kosten, die ihr durch die Zuziehung eines Rechtsanwalts als Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren entstanden sind. Das zuständige Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen entschied in einem gesonderten Bescheid, daß die Widerspruchsführerin die Kosten ihrer Vertretung trägt und daß die Zuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war. Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem verwaltungsrechtlichen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegt ein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde hält sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage, unter welchen Voraussetzungen gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 VermG die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren notwendig ist, insbesondere dann, wenn Widerspruchsführerin eine in der Immobilienbranche tätige Gesellschaft ist. Diese Frage läßt sich jedoch ohne weiteres auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der hierzu vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne daß es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Danach gilt folgendes: Der Gesetzgeber hat mit § 38 Abs. 2 VermG eine Regelung schaffen wollen, wie sie vergleichbaren Vorschriften entspricht, deren Bedeutungsgehalt seit langem geklärt ist (vgl. Beschluß vom 22. August 1996 BVerwG 7 B 244.96 Buchholz 428 § 38 VermG Nr. 1 S. 1). Diese Vorschriften sind § 80 VwVfG und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 VermG sind die Kosten der Vertretung im Widerspruchsverfahren dem Widerspruchsführer zu erstatten, soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und der Widerspruch begründet war. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. In diesem Rahmen sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war (§ 80 Abs. 2 VwVfG). Entgegen der Auffassung der Beschwerde ergibt sich daraus, daß auch nach § 80 VwVfG Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten erstattungsfähig sind, wenn dessen Zuziehung gerade zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Die zu § 80 VwVfG ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann daher ohne weiteres für die Beantwortung der vorliegenden Frage herangezogen werden. Danach ist im Widerspruchsverfahren eine Vertretung des Widerspruchsführers durch Rechtsanwälte oder sonstige Bevollmächtigte in der Regel nicht erforderlich (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 26. Januar 1996 BVerwG 8 C 15.95 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 36 S. 2 <3>). Im Einzelfall ist jedoch dann die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig, wenn sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten folglich dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten ist, das Vorverfahren selbst zu führen (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996, a.a.O.).

Daß es in einem auf Rückübertragung eines Grundstücks nach dem Vermögensrecht gerichteten Verfahren einer in der Immobilienbranche tätigen Gesellschaft eher zuzumuten ist, das Widerspruchsverfahren selbst zu führen als einem rechtsunkundigen Bürger, liegt auf der Hand. Dies gilt erst recht, wenn es sich wie hier um eine Gesellschaft handelt, die sich den Rückübertragungsanspruch eines Dritten hat abtreten lassen.

2. Soweit die Beschwerde geltend macht, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, genügt sie nicht dem Darlegungsgebot (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Auch wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle einen Verfahrensfehler bei der Würdigung des Sachverhalts durch das Tatsachengericht rügen, genügt sie nicht dem Darlegungsgebot. Die Beweiswürdigung des Tatrichters ist gemäß § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemeinverbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze überprüfbar, zu denen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze gehören (vgl. Beschluß vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199). Daß im vorliegenden Fall ein derartiger Beweiswürdigungsgrundsatz verletzt ist, wird von der Beschwerde jedoch weder ausdrücklich noch sinngemäß dargelegt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.

Ende der Entscheidung

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