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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 14.03
Rechtsgebiete: VermG, BGB


Vorschriften:

VermG § 20 Abs. 4
VermG § 20 Abs. 6
VermG § 20 a
BGB § 472
Die Regelung über das Vorkaufsrecht nach § 20 a Satz 1 VermG erfasst nicht nur den Ausschluss der Rückübereignung wegen redlichen Erwerbs nach § 4 Abs. 2 VermG, sondern auch andere Fälle, in denen die Rückübertragung des Grundstücks wegen des Erwerbs des Eigentums oder eines dinglichen Nutzungsrechts durch Dritte ausgeschlossen ist.

Der Fall des ersten Verkaufs im Sinne des § 20 Abs. 6 Satz 2 VermG kann erst eintreten, nachdem das Vorkaufsrecht durch Eintragung im Grundbuch entstanden ist.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 14.03

Verkündet am 30. Juni 2004

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und Golze, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 19. Februar 2003, der Bescheid des Staatlichen Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen Gera vom 12. März 2001 sowie der Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 10. August 2001 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Erbengemeinschaft nach Werner G. ein Vorkaufsrecht an dem Grundstück in E., Am Stadtpark 34, einzuräumen.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Einräumung eines dinglichen Vorkaufsrechts an dem Grundstück Am Stadtpark 34 in E.

Eigentümer des Grundstücks war ursprünglich R. G. Nach dessen Tod 1975 wurde die Erbschaft von der testamentarisch als Alleinerbin eingesetzten Ehefrau, B. G., deren Sohn, W. G., dessen Ehefrau, L. G., deren Töchtern, B. B. geborene G. und R. N., sowie deren Sohn, A. N., ausgeschlagen. Nachdem ein weiterer als Erbe berufener Angehöriger das Erbe ausgeschlagen hatte und weitere Erbberechtigte nicht vorhanden waren, wurde das Grundstück in Volkseigentum überführt.

W. G., der nach dem Tod seiner Mutter deren Alleinerbe war, verstarb am 30. November 1987 und wurde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts von der Klägerin zu 4/6 und von L. G. und A. N. zu je 1/6 beerbt.

Mit Schreiben vom 24. September 1990 beantragten B. B., L. G. und A. N. die Rückübertragung des Grundstücks. Die Klägerin meldete unter dem 13. Oktober 1990 vermögensrechtliche Ansprüche an. Mit Bescheid vom 13. September 1991 lehnte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag der Klägerin ab und übertrug mit Bescheid vom selben Tag das Eigentum an dem Grundstück an B. B., L. G. und A. N. Auf den Widerspruch der Klägerin hob das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen unter dem 27. August 1992 die Bescheide vom 13. September 1991 auf und verwies die Sachen zur erneuten Entscheidung an das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zurück. Dieses lehnte mit Bescheiden vom 3. November 1992 alle Rückübertragungsanträge ab im Wesentlichen mit der Begründung, eine Überschuldung des Grundstücks nach § 1 Abs. 2 VermG habe nicht vorgelegen. Die dagegen eingelegten Widersprüche blieben erfolglos. Auf die jeweils erhobenen Klagen schlossen die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2002 einen Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete festzustellen, dass "die Erben nach R. G.", u.a. die Klägerin und L. G., Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes seien. Den daraufhin unter dem 28. Februar 2003 erlassenen Bescheid zugunsten der Klägerin, L. G. und R. N. hat A. N. angefochten. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Bereits am 11. März 1992 waren L. G., B. B. und A. N. "in Erbengemeinschaft" auf Ersuchen des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks in das Grundbuch eingetragen worden. Durch notariellen Kaufvertrag vom 14. April 1992 veräußerten sie das Grundstück an die Beigeladene zu 1. Nachdem die Stadt E. mit Bescheid vom 27. Juli 1992 die Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt hatte, wurde die Beigeladene zu 1 am 13. November 1992 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Sie veräußerte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 27. April 2001 an den Beigeladenen zu 2, der am 10. September 2001 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2000 beantragte die Klägerin beim Staatlichen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen die Einräumung eines Vorkaufsrechts nach § 20 a VermG an dem Grundstück. Mit Bescheid vom 12. März 2001 - vor Abschluss des Vergleichs vom 13. November 2002 - lehnte das Amt den Antrag ab, weil die Klägerin nicht Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG sei. Den Widerspruch wies das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2001 zurück.

Mit der am 13. September 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie Berechtigte hinsichtlich des Grundstücks sei, und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatlichen Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 12. März 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 10. August 2001 zu verpflichten, ihr ein Vorkaufsrecht an dem in E. belegenen Hausgrundstück Am Stadtpark 34 einzuräumen,

hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Staatlichen Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 12. März 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 10. August 2001 zu verpflichten, der Erbengemeinschaft nach R. G. ein Vorkaufsrecht an dem im Hauptantrag näher bezeichneten Grundstück einzuräumen.

Der Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

Mit Urteil vom 19. Februar 2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Hauptantrag sei unbegründet, weil die Klägerin nicht für sich im eigenen Namen die Einräumung eines Vorkaufsrechts beanspruchen könne, sondern allenfalls gesamthänderisch als eine von mehreren Miterben nach R. G. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet, weil die Klägerin auch keinen Anspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts zugunsten der Erbengemeinschaft habe. Es könne offen bleiben, ob sie aufgrund einer Schädigungsmaßnahme im Sinne von § 1 Abs. 2 VermG Berechtigte sei. Der Anspruch aus § 20 a Satz 1 VermG scheitere jedenfalls deshalb, weil diese Regelung nur den Ausschluss der Rückübertragung wegen redlichen Erwerbs nach § 4 Abs. 2 VermG erfasse und nicht den Fall, dass die Rückübertragung wegen einer wirksam erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung ausgeschlossen sei.

Gegen das der Klägerin am 20. März 2003 zugestellte Urteil wendet sie sich mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen und am 28. März 2003 eingegangenen Revision. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 19. Februar 2003 sowie der Bescheid des Staatlichen Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen Gera vom 12. März 2001 in Form des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 10. August 2001 werden aufgehoben,

2. der beklagte Freistaat wird verpflichtet, der Klägerin ein Vorkaufsrecht an dem in E. belegenen Hausgrundstück Am Stadtpark 34 einzuräumen, hilfsweise, der Erbengemeinschaft auf Ableben von R. G. dieses Vorkaufsrecht einzuräumen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist teilweise begründet. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Regelung über das Vorkaufsrecht nach § 20 a Satz 1 VermG nur den Ausschluss der Rückübertragung wegen redlichen Erwerbs nach § 4 Abs. 2 VermG erfasse und nicht sonstige Fälle, in denen Dritte an dem Grundstück Eigentum oder ein dingliches Nutzungsrecht erworben haben, verletzt Bundesrecht (1.). Die Klägerin kann zwar nicht in eigenem Namen die Einräumung eines Vorkaufsrechts verlangen; ihr steht aber ein Anspruch auf Einräumung des Vorkaufsrechts zugunsten der Erbengemeinschaft zu (2.).

1. Die einschränkende Auslegung des Verwaltungsgerichts, dass ein Vorkaufsrecht nur eingeräumt werden könne, wenn ein Grundstück nicht zurückübertragen werden kann, weil Dritte aufgrund redlichen Erwerbs gemäß § 4 Abs. 2 VermG ein Eigentumsrecht oder dingliches Nutzungsrecht an ihm erworben haben, findet im Wortlaut des § 20 a VermG keine Anhaltspunkte und steht im Widerspruch zur Zielsetzung und Regelungssystematik der Vorschrift. Dass die Begriffe "Eigentums- oder dingliche Nutzungsrechte" auch in § 4 Abs. 2 VermG verwandt werden, zwingt nicht zu der Annahme, dass § 20 a VermG auf diese Fälle reduziert sein soll. Die Vorschrift verweist gerade nicht auf "Eigentums- oder dingliche Nutzungsrechte im Sinne von § 4 Abs. 2 VermG". Nach dem Wortlaut besteht daher kein Grund für die Annahme, dass andere Fälle des Ausschlusses der Rückübertragung, wie z.B. wegen des Eigentumserwerbs Dritter aufgrund einer Grundstücksverkehrsgenehmigung, nicht umfasst sein sollten.

Auch eine teleologische Auslegung zwingt nicht zu der eingeschränkten Interpretation. Das in § 20 a VermG geregelte Vorkaufsrecht dient dazu, dem Berechtigten nach dem Vermögensgesetz einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass er sein ehemaliges Grundstück aufgrund von Bestimmungen, die eine Rückübertragung ausschließen, nicht zurückerhält, und trägt damit seinem Affektionsinteresse an dem Grundstück Rechnung. Für den Fall, dass der derzeitige Eigentümer kein Interesse mehr an dem Grundstück hat und es weiter verkauft, soll der Berechtigte die Möglichkeit erhalten, das Grundstück zurückzuerwerben (vgl. Plesse, in: Fieberg/Reichenbach/ Messerschmidt/Neuhaus, VermG, § 20 a Rn. 2). Ausgehend von dieser Zielsetzung besteht das Bedürfnis an einem Interessenausgleich nicht nur in den Fällen des Restitutionsausschlusses bei redlichem Erwerb nach § 4 Abs. 2 VermG, sondern gleichermaßen auch in anderen Fällen, in denen der Rückübertragungsanspruch wegen eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Eigentums- oder Nutzungsrechten durch Dritte entfallen ist.

Auch die Regelungssystematik spricht gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts: Ein redlicher Erwerb im Sinne von § 4 Abs. 2 VermG war nur bis zum Beitritt der neuen Bundesländer möglich. § 20 a VermG geht aber davon aus, dass auch nach diesem Zeitpunkt Dritte Eigentum an einem Restitutionsgrundstück erworben haben können. Denn gemäß § 20 a Satz 2 VermG ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn das Grundstück nach den Vorschriften des Investitionsvorranggesetzes erworben worden ist, das es - zumindest mit dieser Bezeichnung - erst seit 1992 gibt. Zudem ist daraus, dass für den Eigentumserwerb nach diesem Gesetz eine Regelung über die Nichtanwendung getroffen wurde, zu schließen, dass, wenn diese ausdrückliche Ausnahme nicht vorliegt, keine weitere gegeben sein soll und das Vorkaufsrecht - auch zu einem späteren Zeitpunkt - eingeräumt werden kann.

Dies wird durch die Erläuterungen der Bundesregierung zu § 20 Abs. 2 VermG a.F. bestätigt, der vor Einfügung des § 20 a VermG durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Dezember 1993 (BGBl I S. 2182) die entsprechende Regelung enthielt. Darin wird der redliche Erwerb gemäß § 4 Abs. 2 und 3 VermG nur als Beispiel für den Ausschluss eines Rückübertragungsanspruchs bezeichnet. Weiteres dort aufgeführtes Beispiel ist die Veräußerung nach Ablauf der Anmeldefrist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG. Entscheidend ist nach diesen Materialien nur, "dass der Berechtigte sein früheres Grundstück nicht zurückerhält und an diesem zwischenzeitlich Eigentums- oder dingliche Nutzungsrechte begründet worden sind" (vgl. BTDrucks 11/7831, S. 12).

Auch die Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass bei Erwerb eines Grundstücks auf der Grundlage einer bestandskräftigen Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung ein Vorkaufsrecht nicht entstehe, weil die "vermögensrechtliche Lastenfreiheit" nicht aufgeweicht werden dürfe, greift nicht durch. Das Genehmigungserfordernis nach der Grundstücksverkehrsordnung dient der Sicherung angemeldeter Restitutionsansprüche (vgl. Beschluss vom 29. Oktober 1997 - BVerwG 7 B 336.97 - Buchholz 428.5 § 6 GVO Nr. 1). Denn das Vermögensgesetz verpflichtet den Verfügungsberechtigten nur schuldrechtlich, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte zu unterlassen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 VermG). Durch eine pflichtwidrige Veräußerung des Eigentums an einem restitutionsbelasteten Vermögenswert kann der Verfügungsberechtigte den Restitutionsanspruch des Berechtigten zum Erlöschen bringen. Mit der Genehmigungspflicht nach den §§ 1, 2 GVO wird die vermögensrechtliche Verfügungssperre abgesichert. Zwar enthält die Grundstücksverkehrsordnung auch Schutzbestimmungen zugunsten des Rechtsverkehrs. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, die GVO-Vorschriften seien Investitionsschutzvorschriften und müssten deshalb zum Schutz des Rechtsverkehrs vermögensrechtliche Lastenfreiheit garantieren. Diese wird - was § 20 a Abs. 1 Satz 2 VermG berücksichtigt - durch das Investitionsvorrangverfahren gesichert. Für die Frage, ob bei Erwerb eines Grundstücks auf der Grundlage einer wirksamen Grundstücksverkehrsgenehmigung ein dingliches Vorkaufsrecht entstehen kann, gibt die Grundstücksverkehrsordnung nichts her.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zwar hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass, wie mit dem Hauptantrag begehrt, ihr ein Vorkaufsrecht an dem streitgegenständlichen Grundstück eingeräumt wird (a). Die Revision ist aber hinsichtlich des Hilfsantrags begründet, weil ihr ein Anspruch darauf zusteht, dass der Erbengemeinschaft nach W. G. dieses Vorkaufsrecht eingeräumt wird (b).

a) Die Klägerin ist nicht in eigener Person Berechtigte im Sinne des § 20 a Satz 1 VermG. Ausweislich des vorgelegten Erbscheins ist sie Miterbin nach W. G. Nur die Erbengemeinschaft nach W. G. kann Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG sein, denn sie ist Rechtsnachfolgerin des W. G., der nach dem Tod seines Vaters, des ursprünglichen Grundstückseigentümers, und der Erbausschlagung seiner zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen und von ihm beerbten Mutter das Erbe ausgeschlagen hatte.

Nach § 20 Abs. 4 Satz 1 VermG, der gemäß § 20 a Satz 5 VermG sinngemäß anzuwenden ist, steht das Vorkaufsrecht mehreren Anspruchsberechtigten gemeinschaftlich zu. Diese Regelung ist auf die Erbengemeinschaft nach W. G. anzuwenden (vgl. auch § 2039 Satz 1 BGB), was einen Anspruch der Klägerin auf Einräumung des Vorkaufsrechts an sie allein ausschließt. Das Vorkaufsrecht ist auch nicht gemäß § 472 Satz 2 BGB auf ihre Person reduziert, weil die anderen Miterben nicht fristgemäß einen Antrag auf Einräumung des Rechts gestellt haben. § 472 BGB regelt nur die Ausübung eines bereits entstandenen Vorkaufsrechts bei mehreren Berechtigten und nicht die - hier zu klärende - vorgelagerte Frage, in wessen Person das Vorkaufsrecht entsteht.

Dass ein Schädigungstatbestand im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG vorgelegen hat, ergibt sich aus dem Bescheid des Beklagten vom 28. Februar 2003, der den vor dem Verwaltungsgericht zwischen den Nachkommen des W. G. und der Klägerin einerseits und dem Beklagten andererseits geschlossenen Vergleich vom 13. November 2002 umsetzt. Dass der Bescheid vom 28. Februar 2003 vom Sohn der Miterbin R. N. angefochten wurde, steht der Annahme des Schädigungstatbestandes nicht entgegen. Denn die Klage bezieht sich nur auf die Frage der Erbenstellung des A. N., greift aber nicht die Feststellung der Schädigung an.

b) Der Erbengemeinschaft nach W. G. steht das begehrte Vorkaufsrecht zu. Die Klägerin hat mit dem am 25. Juli 2000 beim Beklagten eingegangenen Schreiben einen Antrag auf Einräumung des Vorkaufsrechts gestellt. Dieser Antrag war nach § 30 a Abs. 4 Satz 1 VermG fristgemäß, weil bis dahin über die Rückübertragung des Grundstücks nicht bestandskräftig entschieden war. Der Antrag wirkt gemäß § 20 a Satz 5 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 2 VermG für die Erbengemeinschaft. Der Anspruch der Erbengemeinschaft auf Rückübertragung des Grundstücks ist ausgeschlossen, weil die Beigeladene zu 1 als Dritte an dem Grundstück Eigentum erworben hat.

Der Anwendungsbereich des § 20 a VermG ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der B. B., L. G. und A. N. als vermeintlicher Erbengemeinschaft nach W. G. das Grundstück zurückübertragen wurde. Abgesehen davon, dass dieser Bescheid keine Bestandskraft erlangt hat und wieder aufgehoben worden ist, könnte von einer das Vorkaufsrecht ausschließenden Rückübertragung nur ausgegangen werden, wenn die - als solche nicht rechtsfähige - Erbengemeinschaft aus den tatsächlichen Miterben bestanden hätte. Dies war aber nicht der Fall.

Das Vorkaufsrecht ist nicht dadurch untergegangen, dass die Beigeladene zu 1 das Grundstück zwischenzeitlich an den Beigeladenen zu 2 weiterveräußert hat. Zwar gilt das Vorkaufsrecht gemäß § 20 a Satz 5 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 2 VermG nur für den Fall des ersten Verkaufs. Damit ist aber mit Blick auf § 1097 BGB lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es nur einmal, nämlich anlässlich des ersten Verkaufs, ausgeübt werden kann (BTDrucks 12/6228, S. 104). Damit diese Möglichkeit besteht, muss das Vorkaufsrecht bereits entstanden sein. Dies setzt gemäß § 20 a Satz 5 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 1 VermG voraus, dass der Bescheid, mit dem dem Antrag auf Einräumung des Vorkaufsrechts stattgegeben wurde, unanfechtbar geworden und die Eintragung im Grundbuch erfolgt ist. Vor diesem Zeitpunkt liegende Verkäufe berühren das Vorkaufsrecht nicht, weil es sonst in der Hand des Eigentümers läge, durch einen (gegebenenfalls Schein-)Verkauf, auf den der Vorkaufsberechtigte keinen Einfluss hat, das Recht zum Untergang zu bringen. § 20 Abs. 6 Satz 3 VermG steht dieser Auslegung nicht entgegen, weil ihm nur klarstellende Funktion dahingehend zukommt, dass der Abschluss eines Kaufvertrages vor Eintragung des Vorkaufsrechts im Grundbuch noch keinen Fall des § 20 Abs. 6 Satz 2 VermG darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 94 588,99 € festgesetzt (§§ 13, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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