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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 15.03
Rechtsgebiete: VermG, AnmVO


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 6
VermG § 2 Abs. 1 Satz 3
VermG § 30 Abs. 1 Satz 1
VermG § 30 a Abs. 1 Satz 1
AnmVO § 4 Abs. 1 Satz 1
Sog. Globalanmeldungen vermögensrechtlicher Ansprüche durch die Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. erfüllen die Anforderungen der § 30 Abs. 1 Satz 1, § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG, sofern sie auf bestimmte Akten und Unterlagen verweisen, aus denen sich der beanspruchte Vermögenswert und das Eigentum eines Juden ergeben.

Aus den rechtzeitig vor Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist eingereichten Unterlagen, die einem Rückübertragungsantrag beigefügt sind, muss in individualisierbarer Weise hervorgehen, um welchen Vermögensgegenstand es sich handelt. Das setzt voraus, dass die Bezeichnung der Akten oder die hierzu in der Anlage zur Anmeldung wiedergegebene Erläuterung sowohl einen Hinweis darauf ergibt, dass Gegenstand der Akten ein Entziehungstatbestand hinsichtlich eines Grundstücks eines jüdischen Eigentümers ist, als auch, dass der angemeldete Vermögenswert in dem örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen belegen sein kann.

Um festzustellen, ob der Eigentümer Jude war, ist ein einfacher Abgleich der Unterlagen, aus denen sich Hinweise auf die Eigentumsverhältnisse ergeben, mit jüdischen Adressbüchern oder listenmäßigen Verzeichnissen zulässig.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 15.03

Verkündet am 24. November 2004

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und Golze, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier am 24. November 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Dezember 2002 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückübertragung von 7 insgesamt 5 065 m2 großen Grundstücken in P., T.straße 18 bis 20 an die Beigeladene und begehrt stattdessen die Rückübertragung dieser Grundstücke an sich selbst bzw. die Feststellung ihrer Berechtigung.

Eigentümer des damals noch ungeteilten Grundstücks T.straße 18 bis 20 war seit 1920 der jüdische Kaufmann Dr. S. Die streitbefangenen Grundstücke (ehemals verzeichnet im Grundbuch von Potsdam in Band 44 Bl. 1858) sind nach der erfolgten Teilung nunmehr wie folgt im Grundbuch von Potsdam eingetragen:

- A. d. H., Flur 23, Flurstück 954 (früher: T.straße 18, Flur 5, Parzelle 3034/341) - im Folgenden Grundstück A

- T.straße 18, Flur 23, Flurstück 952 (früher: T.straße 18, Flur 5, Parzelle 3035/339) - im Folgenden Grundstück B

- T.straße 19, Flur 23, Flurstück 956/1 (früher: T.straße 19, Flur 5, Parzelle 3036/339) - im Folgenden Grundstück C

- T.straße 19, Flur 23, Flurstück 956/2 (früher: T.straße 19, Flur 5, Parzelle 3036/339) - im Folgenden Grundstück D

- T.straße 20, Flur 23, Flurstück 955 (früher: W. a. d. K., Flur 5, Parzelle 3037/341) - im Folgenden Grundstück E

- T.straße 20, Flur 23, Flurstück 957 (früher: A. a. d. K., Flur 5, Parzelle 3039/339) - im Folgenden Grundstück F

- T.straße 20, Flur 23, Flurstück 958 (früher: W. a. d. K., Flur 5, Parzelle 3038/341) - im Folgenden Grundstück G.

1935 ist für das noch ungeteilte Grundstück insgesamt ein Einheitswert von 74 600 RM ermittelt worden. Mit notariellem Kaufvertrag vom 2. Dezember 1935 verkaufte Dr. S. unter gleichzeitiger Erklärung der Auflassung das Anwesen zu einem Gesamtkaufpreis von 80 000 RM an Heinrich M.-L., der am 23. Januar 1936 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Die Klägerin ist dessen Tochter und beerbte ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 27. Oktober 1961 zusammen mit ihrem Bruder ihren Vater. Mit notariellem Vertrag vom 25. Oktober 1989 übertrug der Bruder seinen Erbanteil schenkungsweise auf die Klägerin.

Gegen Dr. S. wurde unter dem 23. Mai 1933 ein Arrestbefehl des Finanzamts P. erlassen. Vorausgegangen war die Einleitung einer Untersuchung wegen Steuerhinterziehung, nachdem ermittelt worden war, dass Herr Dr. S. im Februar 1931 ca. 143 000 RM in Schweizerische Franken transferiert hatte und der Verdacht der Nichtangabe dieser Gelder in der Steuererklärung 1931 aufgetaucht war. Aufgrund des Arrestbefehls wurde wegen des auf rund 121 570 RM geschätzten Anspruchs des Steuerfiskus der dingliche Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Dr. S. und seiner Ehefrau angeordnet. Ein zunächst gestellter Antrag, zu Gunsten des Reichsfiskus eine Sicherungshypothek in Höhe von 40 000 RM auf das noch ungeteilte Grundstück T.straße 18/20 in P. einzutragen, wurde unter dem 29. Mai 1933 zurückgenommen, da Dr. S. Sicherheit geleistet hatte und der Arrestbefehl wieder aufgehoben worden war.

Nach den Modalitäten des notariellen Kaufvertrages vom 2. Dezember 1935 zahlte der Vater der Klägerin an Dr. S. sofort 32 000 RM sowie später 8 000 RM gegen den Nachweis der Wertzuwachssteuer. Der Rest des Kaufpreises von 40 000 RM wurde dem Vater der Klägerin unverzinslich gestundet. Die Zahlung sollte Zug um Zug gegen Übergabe des Grundstücks unter Erteilung der löschungsfähigen Quittung einer Teilgrundschuld von 40 000 RM und nach Aushändigung der Grundschuldbriefe erfolgen. Die Übergabe sollte laut Kaufvertrag spätestens zum 10. Dezember 1935 stattfinden mit Ausnahme des Wohnhaus-Grundstücks T.straße 18, das bis zum 1. April 1936 dem Verkäufer überlassen blieb. Das Grundstück war zum Zeitpunkt des Verkaufs mit einer zu Gunsten von Dr. S. am 3. Juni 1926 eingetragenen Grundschuld in Höhe von 80 000 RM belastet, von denen 20 000 RM seit dem 16. Februar 1931 an eine Frankfurter Versicherungsgesellschaft abgetreten waren.

Am 10. Dezember 1936 verließ Dr. S. mit seiner Familie wegen der politischen Verhältnisse Deutschland. Ende 1936 oder Anfang 1937 zahlte Dr. S. die Reichsfluchtsteuer in Höhe von 24 968 RM, wobei ein Vermögen von ca. 99 000 RM zugrunde gelegt worden war.

Im Januar 1952 stellte er einen Antrag nach dem Entschädigungsgesetz, in dem er u.a. ausführte, dass er bereits am 20. April 1950 aufgrund der Alliierten Rückerstattungsgesetze Anträge auf Rückerstattung von 11 400 RM Gesellschaftsanteile sowie verschiedener in Berlin gelegener Grundstücke gestellt habe.

Im Entschädigungsverfahren erklärte Dr. S. am 4. April 1957 an Eides statt: "Im Frühjahr 1936 sah ich, Dr. S., mich infolge der politischen Verhältnisse gezwungen, mein Einfamilienhaus zu verkaufen. Infolge der mich als Volljude immer härter treffenden Verfolgungsmaßnahmen entschloss ich mich am 10.12.1936 mit meiner oben genannten Ehefrau und meinen beiden damals minderjährigen Töchtern ... nach USA ... auszuwandern".

Auch der Vater der Klägerin war Verfolgungsmaßnahmen seitens des nationalsozialistischen Staates ausgesetzt. Am 14. Dezember 1936 wurde er von der Gestapo verhaftet. Durch Urteil vom 30. Juni 1939 wurde er wegen Konkursvergehens, Betruges und Untreue zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Strafverbüßung wurde der Vater der Klägerin erneut von der Gestapo verhaftet und in das KZ Sachsenhausen gebracht, wo er bis zum 5. Mai 1945 verblieb. Das Strafurteil vom 30. Juni 1939 wurde mit Beschluss vom 5. Oktober 1947 aufgehoben, da der Vater der Klägerin "im Wesentlichen aus politischen Gründen ungerechter Weise verurteilt worden" sei. Denn in Wirklichkeit habe eine Überschuldung der von ihm damals geführten GmbH nicht vorgelegen, sondern sei nur konstruiert worden, um ihn als politisch missliebige Person zu verfolgen. 1947 ist der Vater der Klägerin von der Landesregierung Brandenburg als Opfer des Faschismus und 1953 vom Rat des Bezirks P. als "Verfolgter des Nazi-Regimes" anerkannt worden.

Im Rahmen des am 14. Juli 1937 gegen den Vater der Klägerin eröffneten Konkursverfahrens über sein persönliches Vermögen wurden von den jeweiligen Konkursverwaltern aus dem persönlichen Eigentum des Vaters der Klägerin die streitbefangenen Grundstücke verkauft.

Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 26. September 1990 als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters vermögensrechtliche Ansprüche an den Grundstücken "T.straße 18 bis 20" an.

Am 23. Dezember 1992 beantragte die Beigeladene bei dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Potsdam-Stadt (Eingang dort am 28. Dezember 1992) die Rückübertragung "aller feststellbaren Vermögenswerte" im Rahmen einer sog. Globalanmeldung. Das als "ANM-1" (künftig: Anmeldung 1) bezeichnete Schreiben hatte folgenden Wortlaut:

"die Conference on Jewish Material Claims against Germany Inc. ist Rechtsnachfolger gemäß § 2 Abs. 1 VermG für jüdisches Vermögen. Aufgrund dieser uns Kraft Gesetz verliehenen Eigenschaft beantragen wir hiermit:

1. die Rückgabe und

2. hilfsweise die Entschädigung, wenn die Rückgabe nicht möglich oder aber gesetzlich ausgeschlossen ist, der feststellbaren Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG, für die die Ausschlussfrist zum 31.12.1992 gilt, sofern diese nicht bereits bis zum 31.12.1992 von der Claims Conference anderweitig angemeldet worden sind und hinsichtlich derer ein Vermögensverlust nach § 1 Abs. 6 VermG eingetreten ist, sofern die Claims Conference nach § 2 Abs. 1 VermG Berechtigte ist.

Von dieser Anmeldung sind umfasst: alle feststellbaren Vermögenswerte, die sich aus den Claims Conference zur Zeit noch nicht zugänglichen Akten und Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc. ergeben".

Der Anmeldung war die Erklärung der Beigeladenen beigefügt, dass sie, solange die Vermögenswerte nicht präzisiert seien, allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG unwiderruflich zustimme und auf Schadensersatzansprüche gegen den Verfügungsberechtigten verzichte.

Die Beigeladene ergänzte mit Schreiben vom 4. März 1994 die Anmeldung vom 23. Dezember 1992 dahin, dass die Anmeldung das Grundvermögen in P., T.straße, Grundbuch von P., Band 44 (59), Bl. 1858 (2143), Flur 5, Flurstücke 3038/341, 3039/339, der ehemaligen Eigentümer "S.; M.-L., Ludwig; Heinrich" betreffe. Als Quelle ist das Grundbuchamt angegeben.

In einem an das Bundesministerium der Justiz in Bonn gerichteten Schreiben vom 21. Dezember 1992 (Eingang dort am 31. Dezember 1992) nahm die Beigeladene weitere sog. Globalanmeldungen vor. Der Text dieses Schreibens weicht vom Inhalt des beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Potsdam-Stadt eingegangenen Schreibens vom 23. Dezember 1992 insoweit ab, als die von der Anmeldung erfassten Vermögenswerte nunmehr wie folgt beschrieben wurden:

"Grundvermögen, Unternehmen, dingliche Rechte und alle anderen Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG, die durch Dritte beansprucht werden, und bei denen sich im Laufe der Bearbeitung der vermögensrechtlichen Ansprüche herausstellt, dass es sich um einen Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG handelt und die Claims Conference nach § 2 Abs. 1 VermG Rechtsnachfolger der ursprünglichen jüdischen Berechtigten ist, d.h.

- wenn nichtberechtigte Nacherwerber Ansprüche gestellt haben,

- wenn nur Miterben Ansprüche stellen hinsichtlich des unbeanspruchten Erbteils,

- wenn Ansprüche vermeintlicher Rechtsnachfolger von den jüdischen Berechtigten mangels Nachweises der Rechtsnachfolge zurückgewiesen werden". (Anmeldung 2)

In einem weiteren Gobalanmeldungsschreiben vom 22. Dezember 1992 (beim Bundesministerium der Justiz am 31. Dezember 1992 eingegangen), werden die zuvor geschilderten Vermögenswerte in der Weise beschrieben:

Anmeldung 3:

"1. Vermögenswerte, sofern diese aus den nachfolgend aufgezählten Archiven, deren Bestände und Akten (siehe Anlage) feststellbar sind.

2. feststellbare Vermögenswerte von Juden, deren Namen in den Akten des Reichssippenamtes im Bundesarchiv, Abteilung Potsdam geführt sind, weiterhin Vermögenswerte von Juden, deren Namen sich aus nachfolgend aufgeführten weiteren Quellen (siehe Anlage) ergeben bzw. die in noch vorhandenen Unterlagen der Einwohnermeldeämter als Personen jüdischen Glaubens und Herkunft oder in vorhandenen Adressbüchern aufgeführt worden sind.

3. Vermögenswerte, die aufgrund folgender diskriminierender Sondervorschriften des NS-Staates und so erkennbar Juden entzogen worden sind oder deren Verlust im Zusammenhang mit diesen Verordnungen steht: ... (im Einzelnen aufgeführt)

4. Vermögenswerte, die aufgrund von Entziehungen seitens des deutschen Staates konfisziert und dem Vermögen des Deutschen Reiches, der NSDAP und anderen Organisationen im Sinne des § 1 Bundesrückerstattungsgesetz einverleibt worden sind, insbesondere Beschlagnahmungen aufgrund der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz (Beteiligungen und Wertpapiere) in der Gesamthöhe von 186 000 000 Reichsmark, Beschlagnahmen aufgrund der 11. Verordnung (ohne Beteiligungen und Wertpapiere) 592 000 000 Reichsmark, diskriminierende Sondersteuern in der Höhe von 900 000 000 Reichsmark, Reichsfluchtsteuer und 1 127 000 000 Reichsmark Vermögensteuern."

Der Anmeldung 3 war eine 77-seitige Anlage mit zahlreichen Angaben aus überregionalen Archivbeständen aus Deutschland, Israel und der ehemaligen Sowjetunion, aus regionalen deutschen Archivbeständen und überregionalen Quellen beigefügt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Auf der Grundlage eines Investitionsvorrangbescheides vom 10. Mai 1994 wurde das Grundstück B mit notariellem Kaufvertrag vom 8. August 1994 zu einem Kaufpreis von 630 000 DM an die Klägerin veräußert. Diese wurde am 27. Februar 1995 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Mit Bescheid vom 7. Juni 1996 übertrug das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen der Landeshauptstadt Potsdam das Eigentum an den Grundstücken F und G an die Beigeladene zurück. Mit Bescheiden vom 10. Juni 1996 übertrug es das Eigentum an dem Grundstück A ebenfalls an die Beigeladene und erkannte bezüglich des Grundstücks B deren Berechtigung nach dem Vermögensgesetz und einen Anspruch auf Erlösauskehr an. Mit Bescheiden vom 1. Juli 1996 anerkannte das genannte Amt in Bezug auf das Grundstück C einen Anspruch der Beigeladenen auf Entschädigung nach Maßgabe des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes und übertrug das Eigentum an den Grundstücken D und E an die Beigeladene zurück. Die Anträge der Klägerin wurden in den genannten Bescheiden jeweils abgelehnt.

Die diesbezüglichen Widersprüche der Klägerin blieben erfolglos. Zur Begründung führte die Widerspruchsbehörde im Wesentlichen aus, die Klägerin sei nicht Berechtigte, da die von dem Erstgeschädigten abgeleiteten Ansprüche der Beigeladenen vorrangig seien.

Die unter dem 9. März 1998 erhobenen fünf Klagen hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2002 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückübertragung der streitbefangenen Grundstücke zu. Da Dr. S. als erster von einer Maßnahme nach § 1 Abs. 6 VermG betroffen gewesen sei, gehe der Anspruch der Beigeladenen als dessen Rechtsnachfolgerin einem Anspruch der Klägerin vor. Einem vermögensrechtlichen Anspruch der Beigeladenen stehe nicht die Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 VermG entgegen. Zwar habe innerhalb der Anmeldefrist lediglich eine Globalanmeldung vorgelegen. Es sei aber eine zulässige Konkretisierung hinsichtlich der Person des Geschädigten und des betroffenen Vermögenswertes im März 1994 erfolgt. Es sei dabei die besondere Berechtigtenstellung der Beigeladenen zu würdigen. Mit der Begründung der Rechtsnachfolge von Nachfolgeorganisationen bzw. der Beigeladenen habe der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass aufgrund der Verfolgung und Vernichtung von Juden im Nationalsozialismus in einer Vielzahl von Fällen die Geschädigten oder deren Rechtsnachfolger keine vermögensrechtlichen Ansprüche geltend machen könnten. Deshalb könnten bei Anmeldungen der Beigeladenen nicht die gleichen Maßstäbe wie bei Anträgen unmittelbar Geschädigter oder deren Rechtsnachfolger gelten. Auch der Zweck der Ausschlussfrist widerstreite nicht der Berücksichtigung der besonderen Berechtigtenstellung der Beigeladenen. Denn durch die Erklärung der Beigeladenen, dass sie unwiderruflich ihre Zustimmung zu allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG erteilt habe, solange die Vermögenswerte nicht präzisiert seien, und den Verzicht auf etwaige Schadensersatzansprüche gegenüber den Verfügungsberechtigten sei eine Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs durch noch nicht konkretisierte Anträge der JCC nicht zu befürchten.

Der Verkauf der Grundstücke durch Dr. S. an den Vater der Klägerin stelle sich als eine Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG dar. Dabei könne dahinstehen, ob der Vater der Klägerin einen angemessenen Kaufpreis bezahlt habe. Auch habe die Kammer hinsichtlich der freien Verfügbarkeit des Kaufpreises keine ernstlichen Zweifel. Der Klägerin sei aber der Beweis, dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre oder der Erwerber in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg den Schutz der Vermögensinteressen des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers wahrgenommen habe, nicht gelungen. Insbesondere sei die Behauptung der Klägerin, dass Herr Dr. S. kein verwertbares Vermögen außer dem streitgegenständlichen Grundstück und daher unabhängig von der Herrschaft des Nationalsozialismus keine Alternative zum Verkauf gehabt habe, nicht bewiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die durch Beschluss des Senats zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts, vertieft und ergänzt ihr bisheriges Vorbringen und geht davon aus, dass die Globalanmeldungen der Beigeladenen nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 30 a Abs. 1 VermG entsprächen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Dezember 2002 und unter Aufhebung der die Grundstücke T.straße 18 bis 20 in P. betreffenden Bescheide des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 7. Juni 1996, 10. Juni 1996 und 1. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des VI. Widerspruchsausschusses beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen vom 23. Januar 1998 zu verpflichten festzustellen, dass die Klägerin Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes bezüglich des Grundstücks P.-H., Flur 23, Flurstück 952 ist, sowie die Beklagte zu verpflichten, die Grundstücke Flur 23, Flurstücke 954, 955, 956/1, 956/2, 957, 958 an die Klägerin zurück zu übertragen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen und halten ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht die Revision für unbegründet.

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht. Es beruht auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung der § 30 Abs. 1 Satz 1, § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG. Das Verwaltungsgericht hat die Voraussetzungen einer wirksamen Anmeldung verkannt. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen für eine Entscheidung in der Sache selbst ist die Rechtssache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Die entscheidungstragende Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene habe eine wirksame Anmeldung aufgrund der beim Rechtsvorgänger der Beklagten eingegangenen Globalanmeldung vom 23. Dezember 1992 (Anmeldung 1) vorgenommen, entspricht nicht der Rechtslage. Das Verwaltungsgericht hat § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG fehlerhaft angewandt, indem es festgestellt hat, dass dem vermögensrechtlichen Anspruch der Beigeladenen nicht eine Versäumung der Anmeldefrist des § 30 a Abs. 1 VermG entgegensteht. Es habe zwar innerhalb der Anmeldefrist lediglich eine an das Vermögensamt gerichtete Globalanmeldung vorgelegen, aus der nur habe entnommen werden können, dass "für alle feststellbaren Vermögenswerte, die sich aus den der Claims Conference zur Zeit noch nicht zugänglichen Akten und Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc. ergeben", Ansprüche geltend gemacht werden. Die erst im März 1994 erfolgte nachträgliche Konkretisierung hinsichtlich der Person des Geschädigten und des betroffenen Vermögenswertes sei aber "im Hinblick auf die der JCC vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 VermG in den Fällen des § 1 Abs. 6 VermG zugewiesenen besonderen Berechtigtenstellung" unschädlich.

Dieser Rechtssatz verstößt gegen Bundesrecht. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 VermG sind Ansprüche nach dem Vermögensgesetz mittels Antrag geltend zu machen. Hierfür bestimmt § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG eine materielle Ausschlussfrist. Danach können Rückübertragungsansprüche nach den §§ 3 und 6 VermG sowie Entschädigungsansprüche nach § 6 Abs. 7 und § 8 VermG nach dem 31. Dezember 1992, für bewegliche Sachen nach dem 30. Juni 1993, nicht mehr angemeldet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Restitutionsantrag als Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung den Vermögensgegenstand, auf den das Restitutionsbegehren zielt, so genau bezeichnen muss, dass zumindest im Wege der Auslegung ermittelt werden kann, was der Antragsteller beansprucht. Der Restitutionsantrag muss danach in Bezug auf den oder die begehrten Vermögensgegenstände zumindest individualisierbar sein (Urteil vom 5. Oktober 2000 - BVerwG 7 C 8.00 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 21 m.w.N.; Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - BVerwGE 119, 145 <150> = Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 30).

Die Rechtsprechung folgert dies aus dem Zweck der Ausschlussfrist, im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und damit auch im gesamtstaatlichen Interesse sobald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang Vermögenswerte aufgrund von Rückübertragungsansprüchen in ihrer Verkehrsfähigkeit beeinträchtigt sind (Urteil vom 24. Juni 1999 - BVerwG 7 C 20.98 - BVerwGE 109, 169 <172>). Die mit der Anmeldung eines Rückübertragungsanspruchs verbundene Verfügungssperre nach § 3 Abs. 3 VermG kann nämlich den Rechtsverkehr beeinträchtigen und Investitionshemmnisse auslösen. Deshalb besteht ein öffentliches Interesse daran, dem Verfügungsberechtigten sobald wie möglich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob der in seinem Eigentum stehende Vermögensgegenstand mit einem Restitutionsanspruch belastet ist.

Dieses Interesse wird nicht durch die Erklärung der Beigeladenen in den Anmeldungen beseitigt, dass sie unwiderruflich ihre Zustimmung zu allen Verfügungen im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG erteile und auf Schadensersatzansprüche verzichte, sofern im Zeitpunkt der Verfügung noch keine Präzisierung des Vermögensgegenstandes vorgenommen worden sei. Denn aus dieser Erklärung geht hervor, dass die Beigeladene zumindest den Anspruch auf den Veräußerungserlös gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG erhebt, für dessen Auszahlung der Verfügungsberechtigte dann aber Vorsorge treffen müsste. Zudem lässt diese Erklärung das Risiko des Verfügungsberechtigten unberührt, dass Investitionen auf dem eigenen Grundstück, die über den Rahmen des § 3 Abs. 3 VermG hinausgehen, verloren sein können (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.).

Mit dem Urteil des 7. Senats vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - (a.a.O.) ist ferner davon auszugehen, dass der Restitutionsantrag auch bei Anmeldung der Beigeladenen in Bezug auf den begehrten Vermögenswert zumindest individualisierbar sein muss; denn weder aus § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG noch aus § 1 Abs. 6 VermG lässt sich eine Ausnahme begründen. Ein genereller Verzicht auf Angaben zum Restitutionsobjekt bei Anmeldung durch die Beigeladene verfehlt gerade das gesetzgeberische Ziel des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG in einem wesentlichen Punkt und würde die Grenzen einer Auslegung - auch einer nur entsprechenden Anwendung des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG - überschreiten (vgl. hierzu Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.). Ein solcher Verzicht würde nämlich in der Sache die materielle Ausschlussfrist für Anmeldungen durch die Beigeladene obsolet machen und dazu führen, dass die Einführung einer Schlussfrist für einen erheblichen Bereich von Anmeldungen leer liefe. Einer solchen Auslegung stünde zudem entgegen, dass der Gesetzgeber die Besonderheiten, insbesondere die Nachweisschwierigkeiten bei der Verfolgung von Ansprüchen nach § 1 Abs. 6 VermG an verschiedenen Stellen des VermG berücksichtigt hat (z.B. in § 1 Abs. 6 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 4 ff., § 31 Abs. 1 c VermG), hiervon aber bewusst die Ausschlussfrist für die Anmeldung unbeweglichen Vermögens ausgenommen hat (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 151). Der 7. Senat hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass aus § 4 Abs. 1 Satz 1 AnmVO nichts Gegenteiliges folgt. Zwar war in dieser Norm geregelt, dass Angaben zu Art, Umfang und Ort der Belegenheit der Vermögenswerte nur erforderlich waren, soweit diese bekannt waren. Mit der Einführung der materiellen Ausschlussfrist in § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG hat der Gesetzgeber jedoch von diesem weiten Rahmen Abstand genommen und gerade die Bestimmbarkeit des Restitutionsobjekts verlangt (Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 152).

Die Individualisierbarkeit des begehrten Vermögensgegenstandes und damit eine fristwahrende Anmeldung setzt nicht voraus, dass bereits aufgrund der Angaben in dem Antrag festgestellt werden kann, welcher Vermögenswert Gegenstand der Anmeldung ist. Allerdings muss die Anmeldung, um fristwahrend zu sein, Angaben enthalten, die zu dem bestimmten oder den bestimmten Vermögensgegenständen hinführen und damit deren späteren Austausch oder die Möglichkeit einer späteren Substantiierung durch einen beliebigen Vermögenswert ausschließen. Dies folgt aus dem Zweck der Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG, dass neben den bis zum Fristablauf angemeldeten keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden dürfen, da jede zusätzliche Anmeldung dazu beitragen kann, die Klärung der vermögensrechtlichen Situation zu verzögern (Urteil vom 28. März 1996 - BVerwG 7 C 28.95 - BVerwGE 101, 39 <43>; Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.).

Allerdings folgt aus § 31 Abs. 1 b VermG, dass eine wirksame Anmeldung im Sinne des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG auch vorliegen kann, wenn sich aufgrund der Angaben in dem Antrag der Vermögensgegenstand noch nicht feststellen lässt. Nach § 31 Abs. 1 b VermG hat die Behörde den Antragsteller aufzufordern, innerhalb einer bestimmten Frist nähere Angaben zu machen, wenn sich nicht feststellen lässt, welcher Vermögenswert Gegenstand des Antrags ist. Allerdings setzt § 31 Abs. 1 b VermG eine wirksame Anmeldung im Sinne des § 30 a Abs. 1 VermG voraus.

Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabes erfüllt die vom Verwaltungsgericht für zulässig gehaltene Anmeldung nicht die Anforderungen an einen fristwahrenden Antrag im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG. Denn die Anmeldung führt in keiner Weise zu den streitbefangenen Vermögenswerten hin. Es fehlt vielmehr jede Eingrenzung der beanspruchten Vermögensgegenstände. Die pauschale Bezugnahme auf nicht näher bezeichnete, der "Claims Conference zur Zeit noch nicht zugänglichen Akten und Unterlagen von Behörden, Archiven, Institutionen, Unternehmen etc." stellt eine Blankoanmeldung dar, die der Beigeladenen eine spätere Substantiierung durch jeden beliebigen Vermögenswert ermöglichen würde (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 153).

Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die rechtzeitige Anmeldung der Grundstücke könnte sich zwar aus gerichtsbekannten anderweitigen Globalanmeldungen ergeben, die das Verwaltungsgericht bisher nicht in den Blick genommen hat. Dafür kommt zunächst die gegenüber dem Bundesministerium der Justiz ausgesprochene Globalanmeldung vom 21. Dezember 1992 (Anmeldung 2) in Betracht, die auch an die zuständigen Vermögensämter übermittelt worden ist. Mit dem Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - (a.a.O.) ist aber davon auszugehen, dass diese gegenüber dem Bundesministerium der Justiz ausgesprochene Globalanmeldung nicht fristwahrend war. Sie stellt eine Umgehung der Anmeldevoraussetzungen dar. Diese Anmeldung ist nämlich ohne jeden Anhaltspunkt für eine Schädigung jüdischer Voreigentümer vorgenommen worden. Sie zielt nach dem Kenntnisstand bei der Anmeldung auf ein Zufallsergebnis, nämlich darauf, ob unter den angemeldeten Vermögenswerten solche sind, die von Schädigungsmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG betroffen waren. Eine derartige nicht zielführende Anmeldung läuft auf eine Verschiebung der gesetzlichen Ausschlussfrist hinaus. Die eigentliche Entscheidung des Antragstellers, für welches Grundstück er vermögensrechtliche Ansprüche geltend machen will, wird auf einen späteren Zeitpunkt verlagert, wenn sich nämlich "im Laufe der Bearbeitung" herausstellt, dass ein Vermögensverlust im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG in Betracht kommt. Der 7. Senat des BVerwG hat zu Recht den Gesetzesmaterialien entnommen, dass der im Entwurf eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vorgesehene Ausnahmetatbestand bezüglich der Ausschlussfrist bewusst gestrichen worden ist, um ein wirksames Greifen der Ausschlussfrist zu gewährleisten (BTDrucks 12/2944 S. 55; Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O. S. 154). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und des Vertreters des Bundesinteresses würde aber gerade die Anmeldung 2 den Gesetzeszweck in sich verkehren. Denn angesichts der oft langen Bearbeitungsdauer kann sich auch erst nach Jahren herausstellen, dass bisher unbekannte Vermögensverluste im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG aufgetreten sind.

Für den vorliegenden Fall kann ferner die gegenüber dem Bundesministerium der Justiz ausgesprochene Globalanmeldung der Beigeladenen vom 22. Dezember 1992 - Anmeldung 3 - mit den dazugehörigen Anlagen in Betracht kommen.

Einer solchen Anmeldung ist dann die Anerkennung nicht zu versagen, wenn die Anmeldung selbst und die dazugehörigen Anlagen zu bestimmten Vermögensgegenständen führen und damit die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 und § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG erfüllen (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 62.02 - a.a.O.). Der 7. Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt:

"Eine fristwahrende Anmeldung liegt vor, wenn auf bestimmte Akten und Unterlagen verwiesen worden ist, aus denen das - im Verfahren nach § 31 Abs. 1 b VermG präzisierte - Grundstück und das Eigentum eines Juden feststellbar ist. Dies kann für die Nrn. 1 und 2 der Anmeldung 3 in Betracht kommen. Dagegen sind die beanspruchten Vermögenswerte durch die Bezugnahme auf die rechtlichen Grundlagen für die Entziehung jüdischen Eigentums (Nr. 3) oder auf Grund der Angabe der durch die Vermögensverluste in der NS-Zeit entstandenen Schadenssumme (Nr. 4) nicht bestimmbar. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte ist es nicht erforderlich, dass die Anmeldung selbst die erforderlichen Angaben zur Individualisierbarkeit der Vermögenswerte enthält; vielmehr genügt es, wenn diese sich aus Akten und Unterlagen ergeben, auf die in der Anmeldung verwiesen worden ist (vgl. ORG Berlin, RzW 1959, 213 <214>). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Bezugnahme nicht zulässig ist, ergeben sich aus dem Vermögensgesetz nicht. Eine Bezugnahme auf Akten beschränkt die Anmeldung auf diejenigen Vermögenswerte, die aus den angeführten Akten feststellbar sind. Voraussetzung einer Individualisierbarkeit auf Grund der Anmeldung ist allerdings, dass auf bestimmte Akten und Unterlagen verwiesen worden ist, aus denen sich das betroffene Grundstück und das Eigentum eines Juden ergeben. Diese Anforderungen werden jedenfalls durch die Bezugnahme auf Akten erfüllt, aus denen sich die Entziehung oder der Zwangsverkauf eines konkreten jüdischen Grundstücks ergibt. Zu derartigen Fallakten gehören etwa auch Akten, die Aufschluss über (vergebliche) Wiedergutmachungsanträge jüdischer Geschädigter oder deren Rechtsnachfolger nach 1945 geben."

Diesen Ansatz des 7. Senats teilt auch der erkennende Senat. Bezogen auf die Anmeldung 3 folgt hieraus, dass die in der Anlage zur Anmeldung 3 genannten Unterlagen zu dem genannten Vermögenswert "hinführen", also "zielführend" sein müssen. Das bedeutet, dass aus den in Bezug genommenen bestimmten Akten hervorgehen muss, um welchen Vermögensgegenstand es sich handelt. Der 7. Senat hat im Einzelnen offen gelassen, unter welchen Voraussetzungen für die Nrn. 1 und 2 der Anmeldung 3 ein solches Hinführen in Betracht kommt. Um dem Gesetzeszweck des § 30 a Abs. 1 Satz 1 VermG Rechnung zu tragen und eine Umgehung der gesetzlichen Ausschlussfrist zu verhindern, ist es jedenfalls erforderlich, dass aus den Bezeichnungen der in der rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist eingereichten Anlage aufgeführten Akten oder den hierzu in der Anlage wiedergegebenen Erläuterungen sich ein Anstoß oder ein Hinweis ergeben muss, dass Inhalt der betreffenden Akten eine Entziehung oder ein Zwangsverkauf jüdischen Vermögens ist.

Um festzustellen, ob der Eigentümer Jude war, hält der Senat dabei auch einen einfachen Abgleich der Unterlagen, aus denen sich Hinweise auf die Eigentumsverhältnisse ergeben, mit jüdischen Adressbüchern für zulässig. Dieser Abgleich kann ebenfalls mit listenmäßigen Verzeichnissen, wenn sie in der Anlage zur Anmeldung 3 genau bezeichnet sind, erfolgen. Dieser Abgleich darf allerdings nur das Ziel haben festzustellen, ob der Eigentümer Jude war.

Zusätzlich muss aus der Bezeichnung der Akten in der Anlage zur Anmeldung 3 oder den hierzu in der Anlage wiedergegebenen Erläuterungen hervorgehen, dass die Akten den örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen betreffen. Denn ein Hinführen auf "bestimmte" Akten ist nur gegeben, wenn für die jeweilige Behörde als Adressat des Antrags erkennbar ist, dass sich aus den Akten von ihr potentiell zu restituierende Vermögenswerte ergeben sollen.

Eine fristwahrende Anmeldung erfordert demnach, dass die Bezeichnung der Akten oder die hierzu in der Anlage zur Anmeldung wiedergegebene Erläuterung sowohl einen Hinweis darauf gibt, dass Gegenstand der Akten ein Entziehungs- oder Schädigungstatbestand hinsichtlich eines Grundstücks eines jüdischen Eigentümers ist, als auch, dass der angemeldete Vermögenswert in dem örtlichen Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen belegen sein kann. Nicht ausreichend ist der abstrakte Verweis auf Archive oder sonstige Materialien, weil er sich nur allgemein auf Aktensammlungen und nicht auf konkrete Akten bezieht, wie z.B. die in der Anlage zur Anmeldung 3 unter "NS 1 Reichsschatzmeister" unter NS 1 bis 430 aufgeführten Unterlagen.

Ein Hinführen liegt nur dann vor, wenn eine Bezugnahme auf gegenständlich und örtlich eingegrenzte Vorgänge vorliegt, so etwa nach dem Muster auf dem 6. Blatt der Anlage zur Anmeldung 3 unter der Position

"32.065: Beschlagnahme und Verfallserklärung von Vermögenswerten nach Ausbürgerungen. Freigabe von beschlagnahmten Vermögenswerten. Zuständigkeit des Finanzamtes Berlin Moabit-West 1933-1941".

Nicht ausreichend ist hingegen die auf derselben Seite enthaltene Position 32.064:

"Verwertung von beweglichen jüdischen Vermögen in den besetzten Westgebieten ...".

Denn hier fehlt jede Verknüpfung mit der örtlichen Zuständigkeit eines Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen.

Mithin kommt es entscheidend auf die Bezugnahme auf ein bestimmtes Aktenstück an, das zu einem gegenständlich und örtlich näher umgrenzten Vermögensgegenstand hinführt. Entscheidend ist die Adressatensicht. Der Empfänger des Antrags muss erkennen können, dass der Zuständigkeitsbereich seines örtlich zuständigen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen betroffen ist.

Da bisher tatsächliche Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil, aber auch in den dem Senat vorliegenden Streitakten und Verwaltungsvorgängen fehlen, um ein derartiges Hinführen zu einem gegenständlich und örtlich konkretisierten Vermögensgegenstand anzunehmen, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Berechtigung der Beigeladenen verwehrt.

Die Sache ist daher an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Es wird im Übrigen über die Beiladung der Verfügungsberechtigten der verschiedenen Grundstücke zu entscheiden haben.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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