Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.08.2008
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 2.08
Rechtsgebiete: VermG, StrRehaG


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 7
VermG § 30 Abs. 1
VermG § 30a Abs. 1 Satz 3
StrRehaG § 3 Abs. 2
StrRehaG § 7 Abs. 1
StrRehaG § 12 Abs. 2
StrRehaG § 13 Abs. 2
1. Der Restitutionsanspruch aus §§ 1, 3 Abs. 2 StrRehaG i.V.m. § 1 Abs. 7 VermG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Antragsteller nicht das Rehabilitierungsverfahren betrieben hatte bzw. daran nicht beteiligt war.

2. Sind durch ein DDR-Strafurteil unmittelbar auch Vermögenswerte Dritter eingezogen worden, so hat nach erfolgter Aufhebung der (gesamten) vermögenseinziehenden Maßnahme im Wege der Rehabilitierung auch der Drittbetroffene oder dessen Rechtsnachfolger gemäß § 1 Abs. 7 VermG einen Anspruch auf Rückübertragung seines Vermögens.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 2.08

Verkündet am 6. August 2008

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. August 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beigeladenen gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. März 2007 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt die Feststellung der Berechtigung an einer anteiligen Erlösauskehr aus dem Verkauf der R. Getreideverarbeitung GmbH i.A. durch die beigeladene Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS).

Die R. Getreideverarbeitung GmbH i.A. ist aus der Firma Mühlenwerke H. & Co. AG R. hervorgegangen, die 1923 gegründet wurde. Aktionäre des Unternehmens waren die Firma W. & N. KG, G.-Mühlenwerke in M. (später W. & N. GmbH & Co. KG in K.), E. W. und G. und C. S. Der Kläger ist der Erbe der Frau R. N., die Mitglied der Erbengemeinschaft nach E. W. war, der am 21. April 1968 gestorben ist.

G. S. wurde mit Urteil des Kreisgerichts R. vom 15. Januar 1953 wegen Wirtschaftsverbrechens zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Mit Urteil vom 30. März 1953 wurde der angeblich zur Straftat benutzte Mühlenbetrieb eingezogen. Am 18. Mai 1953 erfolgte die Berichtigung des Grundbuchs zugunsten Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB Mühlenwerke R., hinsichtlich des Mühlenbetriebs und der dazugehörenden Grundstücke. Das Unternehmen wurde als VEB Mühlenwerke R., später als Betriebsteil des Kombinats Getreideverarbeitung R., mit mehreren Rechtsträgerwechseln weitergeführt. Nach 1990 wurde daraus die Getreide Holding GmbH D. Die Treuhandanstalt veräußerte als alleinige Gesellschafterin mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 3. Dezember 1990 die Geschäftsanteile der R. Getreideverarbeitung GmbH i.A. an Dritte.

Mit Schreiben vom 20. August 1990 und 25. Dezember 1992 meldete E. K., u.a. namens der Erben des Aktionärs E. W. vermögensrechtliche Ansprüche an der Mühlenwerke H. & Co. AG R. an, die ein Teil des Kombinats VEB Getreideverarbeitung gewesen sei. Das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen forderte mit Schreiben vom 1. März 1994 vom zwischenzeitlich bestellten Bevollmächtigten u.a. die Bescheinigung der Rehabilitierungsstelle, Vollmachten, Erbnachweise und Bilanzen an. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1995 reichten die Bevollmächtigten u.a. die von Frau R. N. im Juli 1995 erteilte Vollmacht nach.

Mit Beschluss vom 16. Februar 1999 erklärte das Landgericht D. in der Rehabilitierungssache des Betroffenen G. S. (verstorben 8. Oktober 1959) auf Antrag dessen Erbin J. G. die Urteile des Kreisgerichts R. vom 15. Januar 1953 und 30. März 1953 für rechtsstaatswidrig und hob diese auf, soweit auf Einziehung des Mühlenbetriebs der Mühlenwerke H. & Co. AG R. erkannt worden war.

Mit Bescheid vom 8. April 2003 lehnte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag auf anteilige Erlösauskehr aus dem Verkauf der Geschäftsanteile der R. Getreideverarbeitung GmbH i.A. durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom 3. Dezember 1990 ab. Soweit E. K. vermögensrechtliche Ansprüche für die Rechtsnachfolger des ehemaligen Aktionärs E. W. angemeldet habe, seien die Vollmachten der angeblichen Rechtsnachfolger erst durch die Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 9. August 2000 vollständig vorgelegt worden. Die fristwahrende Anmeldung eines Restitutionsanspruchs könne durch einen vollmachtlosen Vertreter nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht rückwirkend genehmigt werden. Die Antragsteller könnten sich auch nicht darauf berufen, dass für Ansprüche aus Enteignungen durch rechtsstaatswidrige Urteile gemäß § 1 Abs. 7 VermG die Antragsfrist nach § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG erst nach Ablauf von sechs Monaten ab Unanfechtbarkeit der Aufhebungsentscheidung ende.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. März 2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Bescheid des Sächsischen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 8. April 2003 zu ändern und festzustellen, dass der Erbengemeinschaft nach E. W. anteilige Erlösauskehr aus dem Verkauf der Geschäftsanteile der R. Getreideverarbeitung GmbH i.A. durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom 3. Dezember 1990 an den Beigeladenen zusteht, wobei sich der Anteil am Erlös nach dem Anteil des E. W. an dem Unternehmen der Firma H. & Co. AG bemisst, und den Bescheid vom 8. April 2003 aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Der angefochtene Bescheid verletze die Klägerin in ihren Rechten, als mit diesen der Erbengemeinschaft nach E. W. ein anteiliger Erlösauskehranspruch versagt werde. Die Klägerin habe diesen Anspruch der Erbengemeinschaft durch das Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 5. Dezember 1995 rechtzeitig angemeldet. Die Klägerin könne sich auf die verlängerte Frist berufen, obwohl sie das Rehabilitierungsverfahren, das zur Aufhebung der vermögensentziehenden Entscheidung geführt habe, nicht selbst betrieben habe. Weder § 30a Abs. 1 noch § 1 Abs. 7 VermG enthielten irgendeinen normativen Ansatzpunkt für die Auffassung, nur die am Rehabilitierungsverfahren Beteiligten könnten sich auf diese Regelung berufen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beigeladenen. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. § 1 Abs. 7 VermG setze voraus, dass eine Rehabilitierungsentscheidung vorliege, die zugunsten des Restitutionsantragstellers wirke. Dies sei nur der Fall, wenn der Restitutionsantragsteller zugleich Antragsteller im Rehabilitierungsverfahren gewesen sei. Diese Fallkonstellation sei vorliegend nicht gegeben.

Die Beigeladene beantragt,

unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2007 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Dresden die Klage in vollem Umfang - auch soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgab - abzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Vertreter des Beklagten stellt keinen Antrag.

II

Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt mit seiner Annahme, dass der Erbengemeinschaft nach E. W. als Berechtigte Anspruch auf anteilige Erlösauskehr aus dem Verkauf der R. Getreideverarbeitung GmbH i.A. zusteht, kein Bundesrecht. Die getroffene Feststellung, § 1 Abs. 7 VermG enthalte keinen Ansatzpunkt, dass sich nur die am Rehabilitierungsverfahren Beteiligten auf diese Regelung berufen könnten, ist nicht zu beanstanden (1). Mit Bundesrecht im Einklang steht auch die Aussage, dass die Antragsfrist des § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG nicht nur für denjenigen gilt, der das Rehabilitierungsverfahren betrieben hat (2).

1. Nach § 1 Abs. 7 VermG gilt das Vermögensgesetz entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. Der Gesetzgeber geht für den Fall, dass derartige Vermögensentziehungen auf der Grundlage von anderen Wiedergutmachungs- oder Rehabilitierungsregelungen aufgehoben werden, von der grundsätzlichen Notwendigkeit der Rückgabe des entzogenen Vermögenswertes aus und unterwirft diese Rückgabe den Vorschriften des Vermögensgesetzes (Urteil vom 19. Juli 2000 - BVerwG 8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5).

a) Dem Wortlaut des § 1 Abs.7 VermG lässt sich nicht entnehmen, dass nur derjenige Restitution nach dem Vermögensgesetz beantragen kann, der das strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren betrieben hat oder daran beteiligt war (vgl. § 11 Abs. 5 StrRehaG). Ebenso fehlt sowohl im Vermögensgesetz als auch im Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz eine ausdrückliche Regelung, die besagt, dass der Restitutionsantrag nach dem Vermögensgesetz nur Erfolg hat, wenn der Antragsteller des Rehabilitierungsverfahrens mit dem Antragsteller des Restitutionsverfahrens identisch ist. Gemäß § 3 Abs. 1 VermG sind Vermögenswerte, die den Maßnahmen i.S.d. § 1 VermG unterlagen, auf Antrag (§ 30 Abs. 1 VermG) an die Berechtigten (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 2a Abs. 1 VermG) zurück zu übertragen. Für die Unternehmensrestitution folgt dies aus § 6 Abs. 1 VermG. § 7 Abs. 1 StrRehaG zählt im einzelnen (nur) auf, wer einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung stellen kann. Das sind neben dem unmittelbar Geschädigten u.a. auch Drittgeschädigte und die Staatsanwaltschaft.

b) Entgegen der Auffassung der Revision sprechen weder die Auslegung des § 7 Abs. 1 StrRehaG unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte und der ratio der Vorschrift noch die Systematik des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes dafür, dass nur derjenige vermögensrechtliche Ansprüche geltend machen kann, der das strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren persönlich beantragt hat oder daran beteiligt war. § 7 Abs. 1 StrRehaG gibt neben dem unmittelbar Betroffenen auch demjenigen ein Antragsrecht, der ein berechtigtes Interesse an der Rehabilitierung des von der rechtsstaatswidrigen Entscheidung Betroffenen hat. Damit hat nicht nur der im Rubrum der angegriffenen Entscheidung Aufgeführte, sondern jeder unmittelbar in seinen Rechten Betroffene ein Antragsrecht. Hierdurch wird insbesondere eine Lösungsmöglichkeit für die Fälle der Einziehung von Dritteigentum in Strafurteilen geschaffen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht - Erstes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz - 1. SED-UnBerG - vom 15. November 1991, BTDrucks 12/1608 zu § 7 Nr. 3).

aa) Das bestätigt die Entstehungsgeschichte. Danach sollte in § 7 StrRehaG der Kreis der Antragsteller gegenüber der bisherigen Regelung in § 10 Abs. 1 RehaG-alt vom 6. September 1990 (GBl DDR I S. 1459) erweitert werden. Gemäß § 10 Abs. 1 RehaG-alt war nur der durch die angefochtene strafrechtliche Entscheidung oder Maßnahme unmittelbar in seinen Rechten Betroffene, nach dem Tod des Betroffenen der Ehegatte oder nahe Verwandte, antragsberechtigt. Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber auch den geschädigten Personenkreis, der nicht im Zentrum der Rehabilitierungsentscheidung steht und "nur" von der vermögenseinziehenden Maßnahme betroffen war, in das strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren einbeziehen. Er wollte vor allem ein Antragsrecht in den Fällen der Einziehung von Dritteigentum in Strafurteilen schaffen. Das Antragsrecht der Staatsanwaltschaft sollte die Lösung von besonderen Fallgestaltungen ermöglichen, bei denen sonst keine antragsbefugten Personen vorhanden sind. Darüber hinaus kann die Staatsanwaltschaft ihr Antragsrecht dann nutzen, wenn nur eine von mehreren gleichzeitig verurteilten Personen die Aufhebung der Entscheidung beantragt (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15. November 1991 a.a.O. zu § 7 Nr. 3, Nr. 5 und Nr. 6). Nach den bisher einschlägigen Vorschriften konnte eine Aufhebung des Urteils mangels Antragsrecht nicht vom ehemaligen Dritteigentümer selbst betrieben werden. Damit war ihm die Möglichkeit verwehrt, selbst einen Antrag auf Aufhebung der seinen Anteil betreffenden Vermögenseinziehung zu stellen, wenn der strafrechtlich Verurteilte keinen Antrag gestellt hatte oder auf dessen Antrag die Vermögenseinziehung nur insoweit aufgehoben worden war, als es den Anteil des Verurteilten an dem Vermögenswert betraf. Eine Rückgabe gemäß § 1 Abs. 7 VermG war mithin ausgeschlossen, wenn nicht die Staatsanwaltschaft von Amts wegen einen Kassationsantrag gestellt hat (vgl. Bruns/Schröder/Tappert in NJ 1992, 436).

Aus diesem erweiterten Antragsrecht folgt jedoch nicht zwangsläufig der Schluss, dass derjenige, der keinen Rehabilitierungsantrag gestellt hat, als materiell-rechtlich Berechtigter nach dem Vermögensgesetz ausscheidet. Anders als bei einer nur teilweisen Aufhebung der Vermögenseinziehung, nämlich nur insoweit, als es den Vermögensanteil des Rehabilitierten betraf, ist für den Dritten nicht erkennbar, dass er selbst einen Antrag stellen soll, wenn die Vermögenseinziehung auf Antrag des Verurteilten - wie hier - bereits vollständig vom Gericht aufgehoben worden war. Hinzu kommt, dass dem Dritten für einen Antrag, die Vermögenseinziehung hinsichtlich seines Anteils aufzuheben, regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte, wenn die Vermögenseinziehung bereits insgesamt aufgehoben worden war. Letztlich spricht gegen einen Ausschluss des nicht am Rehabilitierungsverfahren Beteiligten von Restitutionsansprüchen das Antragsrecht der Staatsanwaltschaft gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 StrRehaG, das nach dem Standpunkt der Revision zur Konsequenz haben müsste, dass überhaupt keine Restitutionsansprüche, auch nicht des strafrechtlich Verurteilten, bestehen, was nicht überzeugen kann. Ebenso wenig kann der Hinweis der Revision auf die Systematik des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, insbesondere auf §§ 16 ff. StrRehaG, überzeugen. Diese Vorschriften regeln Ansprüche des Betroffenen auf soziale Ausgleichsleistungen für Nachteile und eine gesundheitliche Schädigung, die ihm infolge der Freiheitsentziehung entstanden sind. Solche Ansprüche können von vornherein nur dem strafrechtlich Verurteilten zukommen und haben von diesem begrenzten Anwendungsbereich her keine systembildende Aussagekraft für Restitutionsansprüche.

bb) Der Gesetzgeber hat sich mit dem Verweis in § 3 Abs. 2 StrRehaG auf das Vermögensgesetz bewusst für ein zweistufiges Verfahren entschieden. Nach § 2 Abs. 2 und 3 RehaG-alt begründete die Rehabilitierung Ansprüche des Betroffenen nach Maßgabe dieses Gesetzes auf Rückerstattung ihm entzogener Vermögenswerte; spezielle Regelungen außerhalb des RehaG-alt waren anzuwenden. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 RehaG-alt hatte das Rehabilitierungsgericht auch über die Restitutionsansprüche zu entscheiden. Während § 2 Abs. 2 und 3 RehaG-alt durch die (Zusatz)Vereinbarung zum Einigungsvertrag modifiziert wurde und seither im Wesentlichen dem jetzigen § 3 Abs. 1 und 2 StrRehaG entsprach, blieb § 12 Abs. 1 Satz 1 RehaG-alt unverändert. Dies war ein Redaktionsversehen, denn es sollten die Rückerstattungsansprüche dem Verfahren nach dem Vermögensgesetz unterworfen werden (vgl. Landgericht Berlin NJ 1991, 183 mit Hinweis auf die Zusatzvereinbarung vom 18. September 1990 (BGBl II 1990 S. 885 <1240 f.>).

Im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren wird in erster Linie geprüft, ob und inwieweit die strafrechtliche Rehabilitierung mit der Rückgabe von Vermögenswerten verbunden ist. Im Tenor des Beschlusses erfolgt allerdings keine positive Feststellung zur Rückgabe der Vermögensgegenstände. Wird eine Vermögenseinziehung von dem dafür zuständigen Gericht aufgehoben, ergeben sich gemäß § 3 Abs. 2 StrRehaG die weiteren Rechtsfolgen aus dem Vermögensgesetz (Urteile vom 25. Februar 1999 - BVerwG 7 C 8.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 2; vom 19. Juli 2000 - BVerwG 8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5, vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 C 16.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 4). Ist von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland in einer Rehabilitierungsentscheidung die Feststellung getroffen worden, hinsichtlich welchen Vorwurfs und welcher Rechtsfolge die angegriffene Entscheidung aufgehoben wird (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 StrRehaG), ist diese Feststellung für Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte bindend. Bei der Anwendung von § 1 Abs. 7 VermG ist damit lediglich zu prüfen, was Gegenstand der Entscheidung des bundesdeutschen Gerichts ist. § 1 Abs. 7 VermG setzt voraus, dass es im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften aufgehobenen rechtsstaatswidrigen Entscheidung zu einer Vermögenseinziehung gekommen war (Beschluss vom 21. August 2001 - BVerwG 8 B 123.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 7).

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, an die der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, wurde G. S. mit Urteil des Kreisgerichts R. vom 15. Januar 1953 wegen Wirtschaftsverbrechens zu einer Zuchthausstrafe sowie zum Einzug seines Vermögens verurteilt. Mit weiterem Urteil vom 30. März 1953 wurde der Mühlenbetrieb insgesamt eingezogen. Das Landgericht D. hat auf Antrag von Frau J. G. mit Beschluss vom 16. Februar 1999 diese Urteile aufgehoben, soweit auf die Einziehung des Mühlenbetriebs der Mühlenwerke H. & Co. AG R. erkannt worden ist. Aufgrund dieses festgestellten Sachverhalts ist davon auszugehen, dass nach damaligem Recht der DDR - die Einziehung war gestützt auf § 16 WStVO - mit der Rechtskraft einer Entscheidung über die Einziehung die Rechte Dritter untergegangen sind und das Eigentum auf den Staat übergegangen ist (Urteil vom 19. Juli 2000 - BVerwG 8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 mit Hinweis auf LG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 1952 - VI QS 319/52 - NJW 1953, 435 <436> unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichtes). Der Rechtswechsel tritt unmittelbar durch die konstitutive Anordnung des Gerichts ein, auch wenn der Übergang sonst die Einhaltung von Formvorschriften verlangt. Damit ist im Rehabilitierungsverfahren abschließend entschieden, dass die strafrechtliche Verurteilung des G. S. und die vom Strafgericht vorgenommene Einziehung des Mühlenbetriebes rechtsstaatswidrig waren, letztere auch insoweit, als Anteile des E. W. am Mühlenbetrieb bestanden.

cc) Die Feststellung des Rehabilitierungsgerichts kann inhaltlich - wie vorliegender Fall zeigt - über den gestellten Antrag hinausgehen, was vor allem die gesamte Freigabe von eingezogenem Vermögen anbelangt. Im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren wird zwar die Rehabilitierung des Verurteilten und die Vermögenseinziehung mit Blick auf den Antragsteller geprüft. Erfolgt jedoch die Aufhebung der vermögenseinziehenden Maßnahme insgesamt durch das Rehabilitierungsgericht, so verbietet sich anhand der Rechtsfolgenverweisung in § 3 Abs. 2 StrRehaG nicht generell die Prüfung einer materiell-rechtlichen Berechtigung des Antragstellers im vermögensrechtlichen Verfahren. Nicht im Rehabilitierungsverfahren entschieden ist, ob und in welcher Höhe E. W. Anteile am Mühlenbetrieb hatte, also Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG war. Mit der Zweistufigkeit des Verfahrens ist es unter bestimmten Voraussetzungen vereinbar, diese Frage im Restitutionsverfahren zu klären. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, dass solche Feststellungen im Restitutionsverfahren getroffen werden können.

So hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass im nachfolgenden Restitutionsverfahren ein Rehabilitierungsbescheid keine Bindungswirkung zum Nachteil von Verfügungsberechtigten entfaltet, die am Rehabilitierungsverfahren nicht beteiligt waren. Das Bundesverwaltungsgericht hat für diesen Fall die Aussage eingeschränkt, dass mit einer Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde die Rückgabeberechtigung des Rehabilitierten dem Grunde nach feststeht, vergleichbar mit der Berechtigtenfeststellung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG. Dem Verfügungsberechtigten, der im Rehabilitierungsverfahren gehindert war vorzubringen, dass der Eigentumsverlust des Rehabilitierten nicht rechtsstaatswidrig war, muss im Restitutionsverfahren ermöglicht werden, seinen Rechtsstandpunkt vorzutragen. Das entsprechende Urteil führt dazu, dass die an sich abschließende Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde gegenstandslos ist und im Restitutionsverfahren in vollem Umfang die Berechtigung überprüft wird. Dieser Effekt ist jedoch dem Umstand geschuldet, dass dem Verfügungsberechtigten im Rehabilitierungsverfahren der gebotene Rechtsschutz vorenthalten wurde (Urteil vom 19. Mai 2005 - BVerwG 7 C 18.04 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 15).

Hinsichtlich der Feststellungswirkung eines Rehabilitierungsbescheids zur Person des Rechtsnachfolgers des unmittelbar Geschädigten einer Neubauernstelle aus der Bodenreform ist entscheidend, dass das berechtigte Interesse des Antragstellers nach § 9 Abs. 1 VwRehaG nicht voraussetzt, dass ein Rückübertragungsanspruch in der Person des Antragstellers tatsächlich gegeben ist. Nimmt die Rehabilitierungsbehörde an, der antragstellende Erbe des unmittelbar Betroffenen habe ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 9 Abs. 1 VwRehaG, weil er als dessen Rechtsnachfolger die Rückübertragung des Vermögenswertes verlangen könne, ist damit nur eine vorläufige Beurteilung ausgesprochen, aber keine abschließende Feststellung zur Person des Rechtsnachfolgers getroffen, die an der Bindungswirkung des § 12 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG teilhat. Das Vermögensamt ist nicht gehindert zu prüfen, ob der Antragsteller des Rehabilitierungsverfahrens wirklicher Erbe des Geschädigten und damit dessen Rechtsnachfolger i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG ist (Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 7 C 21.03 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 14).

Zur möglichen Rückübertragung konfiszierten Vermögens, das dem Ehegatten eines strafrechtlich Verurteilten und Rehabilitierten gehörte, vertritt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 25. September 2002 - BVerwG 8 C 41.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 11) die Ansicht, dass der Rehabilitierungsbescheid zwar hinsichtlich der Anerkennung als Geschädigter unbegründeter Verfolgung höchstpersönlich ist, der mit ihm begründete Folgeanspruch ist es aber nur dann, wenn er an den individuell Verfolgten gebunden ist. Die Rechtslage der russischen Aufhebung eines Tribunalurteils gleicht dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz. Dort steht der Folgeanspruch auf Grund der Rehabilitierung dem durch die aufgehobene Entscheidung nur mittelbar in seinen Rechten Betroffenen auch dann zu, wenn er nicht Adressat der rechtswidrigen Entscheidung gewesen war (§ 3 i.V.m. § 7 Nr. 1 StrRehaG).

Nichts anderes gilt für vorliegenden Fall. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts geschah die Einziehung des Mühlenbetriebs sach- und nicht personenbezogen. Maßnahmen auf Grund § 16 der Wirtschaftsstrafverordnung vom 23. September 1948 (Zentralverordnungsblatt 1948, S. 439) erfolgten erkennbar, um staatliches Eigentum zu begründen (Herzler/Ladner/Peifer/Schwarze/Wende, Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 1 Anm. 80 ff.). Die Eigentumslage war zum Zeitpunkt der einziehenden Maßnahme ohne Bedeutung. Eine Restitution steht damit dem jeweils materiell Berechtigten zu.

2. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers den Anspruch der Erbengemeinschaft rechtzeitig gemäß § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG angemeldet hat. Danach können in den Fällen des § 1 Abs. 7 VermG Restitutionsansprüche nach den §§ 3 und 6 VermG nach Ablauf von 6 Monaten ab Unanfechtbarkeit der Aufhebungsentscheidung nicht mehr angemeldet werden. Die Rechtsvorgängerin des Klägers hat den Anspruch nach den Feststellungen im Urteil durch das Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 5. Dezember 1995 rechtzeitig angemeldet. Dass dies zeitlich vor der Aufhebungsentscheidung des Landgerichts Dresden vom 16. Februar 1999 lag, ist unschädlich.

Der Einwand der Revision, die Aufhebungsentscheidung des Landgerichts erstrecke sich nicht auf die Rechtsvorgängerin des Klägers bzw. die Erbengemeinschaft nach E. W., weil sie das Rehabilitierungsverfahren nicht betrieben habe, sie sei daher mangels Rechtskrafterstreckung nicht unanfechtbar i.S.v. § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG und auf vorliegenden Fall nicht anwendbar, greift nicht. Auch hier gilt, dass weder der Wortlaut des Vermögensgesetzes noch die Systematik gebieten, nur die am Rehabilitierungsverfahren Beteiligten könnten sich auf die verlängerte Frist des § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG berufen.

Mit § 30a VermG hat der Gesetzgeber im Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz (in Kraft seit 22. Juli 1992) erstmals eine Ausschlussfrist für die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche eingeführt. Für die Fälle des § 1 Abs. 7 VermG wurde eine "gleitende" Ausschlussfrist in Satz 3 aufgenommen, wenn die aufzuhebende rechtsstaatswidrige Entscheidung am 30. Juni 1992 noch nicht aufgehoben war.

Die Anknüpfung der Frist des § 30a Abs. 1 Satz 3 VermG an die Unanfechtbarkeit der Rehabilitierungsentscheidung hat entgegen der Auffassung der Revision nicht die rechtliche Aussagekraft, dass sich auf diese Frist nur diejenigen berufen könnten, die zur Anfechtung der Aufhebungsentscheidung befugt gewesen wären. Für eine solche Auslegung bieten weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzesmaterialien irgendwelche Anhaltspunkte (vgl. Entwurf eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes; BTDrucks, 12/2480 S. 55; 12/2695 S. 15 und 30; 12/2944 S. 55). Hinzu kommt, dass in der Literatur zu §§ 11, 13 StrRehaG eine Beschwerdebefugnis auch des nicht am Rehabilitierungsverfahren beteiligten Dritten bejaht wird (vgl. Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG, 1993, § 11 Rn. 28; auch Herzler/Ladner/Peifer/Schwarze/Wende, Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 11 StrRehaG Rn. 13). Dass im vorliegenden Fall eine Beschwerdemöglichkeit entfiel, weil es an einer Beschwer fehlte, ändert hieran nichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 92 000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück