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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.11.2002
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 35.01
Rechtsgebiete: VermG, InVorG


Vorschriften:

VermG § 3 a a.F.
VermG § 2 Abs. 3 Satz 1 n.F.
VermG § 5 Abs. 1 d n.F.
VermG § 5 Abs. 2 n.F.
InVorG § 16 Abs. 1
Die Rückübertragung eines einer GmbH gehörenden Grundstücks wird nicht durch die investive Veräußerung der Gesellschafteranteile i.S. des § 16 Abs. 1 InVorG unmöglich.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 35.01

Verkündet am 27. November 2002

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf, Krauß, Golze und Postier

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Dessau vom 13. März 2001 sowie der Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises Wittenberg vom 21. Juli 1994 und der Widerspruchsbescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Sachsen-Anhalt vom 19. November 1997 werden insoweit aufgehoben, als den Beigeladenen ein Erlösauskehr-/Verkehrswertersatzanspruch gegenüber der Klägerin zugesprochen wird.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wehrt sich gegen eine ihr durch den Beklagten auferlegte Verpflichtung, den Erlös aus der Veräußerung von zwei Grundstücken bzw. einen Betrag in Höhe des Verkehrswertes an die Beigeladenen auszuzahlen.

Bei den streitbefangenen Grundstücken handelt es sich um die Flurstücke 35 und 36, Flur 54, Grundbuch von W. Bl. 6747. Im Grundbuch war für das 1684 m² große Flurstück 35 als Nutzungsart "Hof", und für das 256 m² große Flurstück 36 die Nutzungsart "Weg" angegeben, bei Letzterem handelt es sich bis heute unverändert um öffentliches Straßenland. Das Hofgrundstück ist seit jeher mit einem straßenseitig gelegenen Wohnhaus und im rückwärtigen Teil mit Wirtschaftsgebäuden bestanden. Beide Grundstücke standen ursprünglich im Eigentum der im Westen Deutschlands lebenden, 1993 verstorbenen Rechtsvorgängerin und Mutter der Beigeladenen (im Folgenden: Rechtsvorgängerin). In den behördlichen Bescheiden und in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil sind beide Flurstücke als ein einziges Grundstück bezeichnet worden.

Beide Grundstücke gehörten zu den so genannten "Russengrundstücken" in W., die nach 1945 die Sowjetarmee ohne förmliche Entziehung des Eigentums in Beschlag nahm. Den Eigentümern wurde Miete entrichtet. Zusätzlich erhielten die Eigentümer in den 50er Jahren eine schriftliche Zusage durch den Rat der Stadt W., dass die Grundstücke im Falle einer Rückgabe in einem ordentlichen Zustand seien. Zahlreiche dieser "Russengrundstücke" sind aufgrund eines Teiltruppenabzugs der sowjetischen Streitkräfte Anfang der 80er Jahre geräumt und in einem offensichtlich sehr schlechten Zustand zurückgelassen worden. Über die beiden streitbefangenen Grundstücke sollte mit dem VEB Dienstleistungskombinat W. (im Folgenden: VEB) ein Nutzungsvertrag abgeschlossen werden, was aber daran scheiterte, dass dies dem behördlichen Ziel, "das Guthaben des Eigentümers nicht anwachsen zu lassen und vielmehr den Stand zu reduzieren", widersprach.

Kaufverhandlungen mit dem von der Rechtsvorgängerin bevollmächtigten privaten Verwalter blieben erfolglos. Die streitbefangenen Grundstücke wurden auf Antrag und zu Gunsten des genannten VEB durch Bescheid des Rates des Kreises W. vom 20. Oktober 1981 aufgrund des § 14 Aufbaugesetzes der DDR in Anspruch genommen und am 28. Oktober 1981 ins Grundbuch als "Eigentum des Volkes" eingetragen, ebenso die Rechtsträgerschaft des genannten VEB. Nach vorausgegangener Ertragwertermittlung und Zugrundelegung eines Einheitswerts von 73 100 M wurde eine Entschädigung in Höhe von 22 900 M festgesetzt und auf ein Devisenausländerkonto bei der Staatsbank der DDR überwiesen.

Im Oktober 1990 beantragte die Rechtsvorgängerin bei der Kreisverwaltung W. unter Hinweis auf die Anmeldeverordnung vom 11. Juli 1990 "die Wiederherstellung meiner legalen Rechte am Eigentum. Dies betrifft meinen Haus- und Grundbesitz in W., Lutherstraße 2 ...". Weiterhin heißt es in dem Schreiben: "Da von den ehemaligen Gebäuden meines Besitzes große Teile abgerissen wurden und freies Gartenland mit öffentlichen Einrichtungen (VEB Dienstleistungskombinat) so überbaut ist, dass fremde Grundstücke mit betroffen sind, kommt eine Übernahme durch meine Person nicht mehr in Frage. Ich erwarte aber eine angemessene Entschädigung für meinen Besitz nach geltendem Deutschen Recht".

In der Folgezeit wandte sich der Geschäftsführer K. der Dienstleistungs- und Handelsgesellschaft mbH W. (im Folgenden: GmbH), die damals vollständig im Eigentum der Treuhandanstalt nach vorausgegangener Umwandlung des VEB stand, an die Rechtsvorgängerin, um die streitbefangenen Grundstücke zu erwerben. In ihrem Antwortschreiben vom 8. April 1991 forderte diese für ihr Grundstück eine Zahlung in Höhe von 500 000 DM zum Zwecke einvernehmlicher Regelung.

Aus einem für die GmbH gefertigten Wertgutachten vom 5. April 1991 geht hervor, dass das Flurstück 35 zu dieser Zeit gewerblich genutzt wurde, wobei im straßenseitig gelegenen Gebäude vor allem Büro-, Arbeits- und Werkstatträume eingerichtet waren, im Erdgeschoss befanden sich mehrere Läden. Ferner sollen sich ausweislich des Wertgutachtens auf dem Grundstück ein Gebäude mit Dienstleistungswerkstätten und ein Garagenkomplex befunden haben. Der Sachwert des Grundstücks wurde in dem Wertgutachten mit 550 000 DM und der Verkehrswert mit 440 000 DM angegeben.

Im Juni 1991 gab die Treuhandanstalt der Rechtsvorgängerin Gelegenheit zur Stellungnahme zur geplanten investiven Veräußerung der GmbH gemäß § 3 a Abs. 1 Satz 2 VermG a.F. In ihrem Antwortschreiben vom 1. Juli 1991 erklärte die Rechtsvorgängerin, dass sie keine Einwände gegen eine Veräußerung ihres Grundstücks in der Lutherstraße 2 habe, da sie zu keinerlei dortigen Investitionen in der Lage sei. Sie wiederholte die bereits gegenüber der GmbH geltend gemachte Restitutionsforderung von mindestens 500 000 DM und bekräftigte dies mit Schreiben vom 21. Oktober 1991, das an das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in W. gerichtet war.

Mit bestandskräftig gewordenen Investitionsbescheid vom 24. Januar 1992 ließ die Treuhandanstalt die Veräußerung der streitbefangenen Grundstücke an die Geschäftsführer der GmbH, Herrn K. und Frau H., gemäß § 3 a Abs. 1 Nr. 1 a VermG zu. Im Februar 1992 bat die Rechtvorgängerin im Hinblick auf diesen Bescheid um eine Bestätigung darüber, dass sie "als Eigentümerin des Anwesens Lutherstraße 2 einen Entschädigungsanspruch bis zur Höhe des Verkehrswertes beim Verkauf dieses Objekts habe".

Mit notariellem Vertrag vom 2. März 1992 verkaufte die Treuhandanstalt die Geschäftsanteile der GmbH an Herrn K. und Frau H. zur gesamten Hand und trat die betreffenden Anteile an diese ab. Der Gesamtkaufpreis war nach § 3 auf 50 000 DM festgesetzt. Nach § 3 Nr. 2 des Vertrages entfiel auf die zum Vermögen der verkauften Gesellschaft gehörenden Grund und Boden u.a. ein Teilbetrag in Höhe von 550 000 DM für das Betriebsgrundstück. Bei einer Veräußerung der Geschäftsanteile oder von Grund und Boden vor näher bezeichneten Fristen waren die Käufer verpflichtet, den über den genannten Grundstückswert hinausgehenden Betrag zu einem bestimmten Anteil an die Verkäuferin abzuführen (§ 5 des Vertrages). In § 9 des Vertrages sind u.a. bezüglich der streitbefangenen Grundstücke die Zustimmung der Alteigentümerin zum Verkauf und die darauf bezogene Investitionsentscheidung gemäß § 3 a VermG erwähnt, wonach eine Veräußerung zugelassen sei.

Im Januar 1993 beantragte die Treuhandanstalt beim Grundbuchamt des Amtsgerichts W. die Umschreibung u.a. der streitbefangenen Grundstücke zu Gunsten der GmbH. Als Anlage war dem Antrag ein Vermögenszuordnungsbescheid vom 7. Januar 1993 beigefügt, ausweislich dessen der VEB Rechtsträger u.a. dieser Flurstücke war, er auf der Grundlage des Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990 in die GmbH umgewandelt und diese deshalb gemäß § 11 Abs. 2 TreuhG Eigentümerin der Grundstücke sei. Am 26. März 1993 wurde die GmbH, die nunmehr als City-Moden-Vertriebsgesellschaft mbH firmierte, als Eigentümerin der streitbefangenen Flurstücke ins Grundbuch eingetragen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 22. April 1993 veräußerte die GmbH, nachdem die Genehmigungsfreiheit aufgrund der Grundstücksverkehrsordnung durch Bescheid des Landkreises W. vom 3. März 1994 festgestellt war, die streitbefangenen Grundstücke zu einem Kaufpreis von 550 000 DM an den ehemaligen Geschäftsführer Herrn K., der die Grundstücke 1997 für 1,325 Mio. DM an Dritte weiter veräußerte.

Mit Bescheid vom 21. Juli 1994 lehnte das Vermögensamt den Antrag der Rechtvorgängerin "auf Entschädigung" für die streitbefangenen Grundstücke ab und stellte u.a. fest, dass die Beigeladenen nach § 3 a VermG a.F. von der Treuhandanstalt als der Verfügungsberechtigten die Zahlung "aller Geldleistungen aus der Veräußerung" verlangen könnten. Der Widerspruch der Treuhandanstalt/BvS blieb erfolglos. In ihrem Widerspruchsbescheid vom 19. November 1997 legte die Widerspruchsbehörde den Antrag der Rechtsvorgängerin vom 8. Oktober 1990 als einen Restitutionsantrag aus, weil sich die damalige Antragstellerin über den beabsichtigten Verkauf der Grundstücke im klaren gewesen sei und hierfür eine entsprechende Geldzahlung in Höhe des Erlöses erwartet habe, was durch die spätere Zustimmung zum Verkauf der Grundstücke bekräftigt worden sei. Der Erlösauskehranspruch finde seine Rechtsgrundlage in dem weiterhin anwendbaren § 3 a Abs. 5 VermG a.F. Allein die investive Veräußerung des Grundstücks sei für die Unmöglichkeit der Rückübertragung des Grundstücks ursächlich gewesen. Ein Ausschlussgrund gemäß § 5 Abs. 1 d VermG habe nicht vorgelegen, da die streitbefangenen Grundstücke erst 1992 an die GmbH veräußert worden seien und deshalb zum Stichtag des 29. September 1990 nicht zum Aktivvermögen des Unternehmens gehört hätten.

Die am 15. Dezember 1997 erhobene Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Dessau mit Urteil vom 13. März 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, den Beigeladenen stehe ein Erlösherausgabeanspruch zu. Der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 b VermG sei einschlägig, weil auf der Grundlage der Ministerratsbeschlüsse der DDR aus den Jahren 1976/77 Entschädigungsbestimmungen zur Anwendung gekommen seien, die Westeigentümer gegenüber DDR-Bürgern einseitig benachteiligen und den Eigentumszugriff erleichtern sollten. Die an sich gebotene Rückübertragung sei aber nicht mehr möglich, weil die Treuhandanstalt als damalige Verfügungsberechtigte die Veräußerung der Grundstücke gemäß § 3 a Abs. 1 VermG a.F. zugelassen und dann auch vollzogen habe. Unerheblich sei dabei, dass mit dem Kaufvertrag vom 2. März 1992 nur die Geschäftsanteile der GmbH veräußert worden seien. Denn ein Grundstückskauf- oder Überlassungsvertrag sei nicht notwendig gewesen. Entscheidend sei vielmehr, dass die Treuhandanstalt als Verfügungsberechtigte das Eigentum an einen Dritten übertragen und die Restitution damit unmöglich gemacht habe. Daran sei nicht zu zweifeln, da die Grundbucheintragung vom 26. März 1993 "auf Ersuchen der Treuhandanstalt" erfolgt sei. Dem Erlösauskehranspruch stehe auch nicht der Restitutionsausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG entgegen, da sich wegen der im April 1993 erfolgten Weiterveräußerung an Herrn K. jedenfalls für den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 21. Juli 1994 "eine Betriebsnotwendigkeit des Grundstücks Lutherstraße 2 in W. nicht feststellen" lasse.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dessau vom 13. März 2001 sowie den Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises W. vom 21. Juli 1994 und den Widerspruchsbescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Sachsen-Anhalt vom 19. November 1997 insoweit aufzuheben, als den Beigeladenen ein Erlösauskehr-/ Verkehrswertersatzanspruch gegenüber der Klägerin zugesprochen wird.

Der Beklagte, der das angegriffene Urteil verteidigt, beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Auch die Beigeladenen verteidigen das verwaltungsgerichtliche Urteil, ohne einen Antrag zu stellen.

II.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt mit seiner Annahme Bundesrecht, die Rückübertragung der Grundstücke auf die Beigeladenen sei infolge investiver Veräußerung durch den notariellen Kaufvertrag vom 2. März 1992 bzw. die Grundbuchänderung zu Gunsten der GmbH vom 26. März 1993 als Folge des Ersuchens der Treuhandanstalt unmöglich geworden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht damit den Beigeladenen kein Anspruch auf Erlösauskehr hinsichtlich der streibefangenen Grundstücke gegenüber der Klägerin zu.

Nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung der Berechtigung der Beigeladenen in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil. Der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG ist zu Recht bejaht worden, da die Grundstücke der Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen gegen eine geringere Entschädigung enteignet wurden, als sie Bürgern in der früheren Deutschen Demokratischen Republik zustand.

Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis auch zutreffend, wenn gleich ohne nähere Darlegungen, von einer fristgerechten und ordnungsgemäßen Stellung eines Restitutionsantrages durch die Rechtsvorgängerin ausgegangen. Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass es eine solche Antragstellung zugrunde gelegt hat. Ein derartiger Antrag auf Rückübertragung ist auch Voraussetzung des hier in Rede stehenden Erlösauskehranspruchs, der vom Untergang des Rückübertragungsanspruchs durch die investive Veräußerung des Vermögenswertes ausgeht. Der Erlösauskehranspruch tritt nämlich wegen Unmöglichkeit der Rückgabe infolge investiver Veräußerung eines Grundstücks sowohl nach § 3 a Abs. 5 VermG a.F. als auch nach der hier einschlägigen Nachfolgeregelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG als Surrogat an die Stelle des ursprünglichen Rückübertragungsanspruchs des Berechtigten (vgl. Beschluss vom 16. Juli 1996 - BVerwG 7 B 75.96 - Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 3).

Ein Restitutionsbegehren hat die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen unzweideutig gegenüber den zuständigen Stellen geäußert. Die Auslegung ihres Antrages vom 8. Oktober 1990 ergibt, dass es der Rechtsvorgängerin um die Restitution der streitbefangenen Grundstücke bzw. im Falle der Unmöglichkeit der Rückgabe um die Auskehr des Erlöses bei einer etwaigen Veräußerung ging. Die verwandte Formulierung: "Wiederherstellung meiner legalen Rechte" bringt dieses Begehren klar zum Ausdruck. Die zusätzliche Verwendung des Wortes "Entschädigung" spielt demgegenüber keine Rolle. Der juristisch-technische Unterschied zwischen Rückübertragung und Entschädigung brauchte der Rechtsvorgängerin nicht geläufig zu sein, zumal diese beiden Begriffe gerade erst mit dem neuen Vermögensrecht geläufig wurden. Auch die weiteren Äußerungen der Rechtsvorgängerin und ihres Verfahrensbevollmächtigten in den an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 21. Oktober 1991 und 25. Februar 1992 ("beabsichtigten Verkauf meines Grundstücks", "als Eigentümerin des Anwesens ... einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Verkehrswertes beim Verkauf dieses Objektes habe") stützen diese Auslegung. Von einem Anspruch auf Rückübereignung des Grundstücks spricht zudem der Verfahrensbevollmächtigte in seinem Schreiben vom 9. Dezember 1992. Dass es um einen Restitutionsantrag geht, haben die Empfänger der Erklärungen auch im gemeinten Sinne verstanden, wie sich aus dem Widerspruch der Treuhandanstalt vom 15. August 1994, aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 30. November 1995 an die Treuhandanstalt und aus einem zusätzlichen Randvermerk des Sachbearbeiters vom 9. Dezember 1992 ergibt.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Rückübertragung der Grundstücke auf die Beigeladenen sei wegen investiver Veräußerung unmöglich geworden, widerspricht jedoch Bundesrecht.

Rechtsgrundlage für einen Erlösauskehranspruch konnte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts dabei nur § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG sein. Dessen Annahme, der Erlösauskehranspruch ergebe sich aus § 3 a Abs. 5 VermG a.F., da nach der Überleitungsvorschrift in Art. 14 Abs. 5 Satz 1 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes a.F. nur bei noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren neues Recht anwendbar sei, ist rechtsfehlerhaft. Es geht nämlich nicht um die Rechtmäßigkeit des Investitionsbescheides vom 24. Januar 1992, sondern nur um dessen Rechtswirkungen, ob nämlich wegen Unmöglichkeit der Rückgabe infolge der Veräußerung ein Erlösherausgabeanspruch besteht. Insoweit gilt nach der Überleitungsvorschrift des Art. 14 Abs. 5 Satz 2 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes a.F. neues Recht, mithin § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG. Aus Vereinfachungs- und Beschleunigungsgründen hat der Gesetzgeber den auf altem Recht beruhenden Bescheinigungen die Rechtswirkungen der nach neuem Recht erlassenen Bescheide verliehen (vgl. Urteil vom 18. Dezember 1992 - BVerwG 7 C 16.92 - BVerwGE 91, 334 <338>).

Die Heranziehung der falschen Rechtsgrundlage durch das Verwaltungsgericht wirkt sich jedoch auf seine Entscheidung nicht aus, da es ohnehin an einer investiven Veräußerung fehlt, die sowohl Anspruchsvoraussetzung nach neuem wie nach altem Recht ist.

Die Rückübertragung der Grundstücke auf die Beigeladenen ist nicht wegen investiver Veräußerung unmöglich geworden. Die Abtretung der Geschäftsanteile der GmbH durch den Kaufvertrag vom 2. März 1992 hat nämlich keinerlei Auswirkung auf die Rückübertragung der streitbefangenen Grundstücke. Die GmbH war Eigentümerin der Grundstücke und damit Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG. Daran hat sich durch die Abtretung der Gesellschaftsanteile nichts geändert. Die darin liegende Veräußerung des Unternehmens wirkt sich nicht auf das hier vorliegende Restitutionsbegehren hinsichtlich der beiden Grundstücke aus. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass ein veräußerungsbedingter Wegfall des Restitutionsanspruchs und dessen Ersetzung durch den Anspruch auf Erlösauskehr nur dann in Betracht kommt, wenn derselbe Vermögenswert, "über den durch Veräußerung verfügt worden ist, zugleich auch Gegenstand des Restitutionsanspruchs war; ist daher ein Unternehmen veräußert worden, muss auch der Restitutionsanspruch seinem Inhalt nach unternehmensbezogen sein, wenn er durch die Veräußerung erlöschen soll" (Beschluss vom 28. August 1995 - BVerwG 7 B 214.95 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 13; Beschluss vom 16. Juli 1996 - BVerwG 7 B 75.96 - Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 3). Einen solchen Restitutionsanspruch hinsichtlich eines Unternehmens, also der GmbH, hat die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen indes nicht angemeldet und diesen auch zu keinem Zeitpunkt besessen. Ihr Begehren war vielmehr von Anfang an nur auf die Rückübertragung der streitbefangenen Grundstücke der GmbH gerichtet.

Keine Rolle spielt dabei, dass die Treuhandanstalt durch bestandskräftig gewordenen Investitionsbescheid vom 24. Januar 1992 die investive Veräußerung der Grundstücke nach § 3 a VermG a.F. zugelassen hat. Voraussetzung für den Erlösauskehranspruch ist nämlich nach dem klaren Wortlaut der Norm, dass der tatsächliche Vollzug eingetreten ist, nämlich die investive Veräußerung selbst, die erst eine Unmöglichkeit der Rückübertragung des begehrten Vermögensgegenstandes bewirken kann (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 InVorG). Der Bescheid betrifft nur die investive Veräußerung der Grundstücke, nicht aber den hier erfolgten Verkauf und die Abtretung der Gesellschaftsanteile der GmbH. Der oben angeführte Grundsatz, dass der Vermögenswert, über den verfügt wird, identisch sein muss mit dem, dessen Rückübertragung begehrt wird, kann nicht unter dem Gesichtspunkt des investiven Vorrangs durchbrochen werden (vgl. hierzu Beschluss vom 28. August 1995 - BVerwG 7 B 214.95 -, a.a.O.).

Auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die durch den Investitionsbescheid vom 24. Januar 1992 zugelassene investive Veräußerung sei durch die spätere Eintragung der Rechtsänderung durch das Grundbuchamt "auf Ersuchen der Treuhandanstalt" vollzogen worden, ist rechtsfehlerhaft. Das Ersuchen der Treuhandanstalt vom 7. Januar 1993 ging nämlich von der Stelle für Vermögenszuordnung aus und diente lediglich zur Umsetzung des Vermögenszuordnungsbescheids vom selben Tage. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des im Übrigen bestandskräftigen Vermögenszuordnungsbescheids sind nicht ersichtlich, sodass die Zweifel der Beigeladenen, ob § 11 Abs. 2 TreuhG deshalb unanwendbar sei, weil der VEB möglicherweise ein regionales Dienstleistungsunternehmen i.S. des § 1 Abs. 5 TreuhG gewesen sei, nicht durchgreifen.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil verstößt auch insoweit gegen Bundesrecht, als es die bundesrechtswidrige Feststellung trifft, hinsichtlich des Vorliegens des allein in Betracht kommenden Ausschlussgrundes des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG, komme es neben der Regelung im § 5 Abs. 2 VermG auf den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 21. Juli 1994, also den Zeitpunkt der Entscheidung der Ausgangsbehörde über den vermögensrechtlichen Anspruch an. Die Vorinstanz verkennt insoweit, dass der Erlösauskehranspruch nach § 16 Abs. 1 InVorG eine ursächliche Verknüpfung zwischen Unmöglichkeit der Rückübertragung und investiver Veräußerung verlangt und deshalb auf den Zeitpunkt der investiven Veräußerung abzustellen ist (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 34.98 - VIZ 2000, 345, 347; Beschluss vom 5. Juni 2001 - BVerwG 8 B 64.01 - Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 6).

Besteht demzufolge kein Anspruch der Beigeladenen auf Herausgabe des Erlöses (Verkehrswertes) gegenüber der Klägerin, sind die entsprechenden Feststellungen und Folgeentscheidungen in den angegriffenen Bescheiden zu Lasten der Klägerin und das Urteil insoweit aufzuheben. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist nicht die Frage, ob den Beigeladenen ein anderweitiger Restitutionsanspruch, insbesondere ein etwaiger Erlösauskehranspruch gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG gegenüber der GmbH zusteht. Diese Frage wird der Beklagte noch gesondert zu prüfen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 281 210,53 € (entspricht 550 000 DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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