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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: BVerwG 9 C 2.07
Rechtsgebiete: GG, BHO, HGrG, RHO, GebOSt, VwKostG, StVG


Vorschriften:

GG Art. 110 Abs. 1
BHO § 26 Abs. 1
BHO § 26 Abs. 2
HGrG § 18
RHO § 15 Abs. 1
GebOSt § 5 Abs. 1
GebOSt § 5 Abs. 3
GebOSt § 5 Abs. 4
VwKostG § 8 Abs. 2
VwKostG § 8 Abs. 3
StVG § 6a
1. Das Land Rheinland-Pfalz kann für von seinem Landesbetrieb Straßen und Verkehr beantragte Amtshandlungen, die nach § 6a StVG und § 1 GebOSt gebührenpflichtig sind, gemäß § 5 Abs. 1 GebOSt persönliche Gebührenfreiheit beanspruchen. Der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 4 GebOSt greift nicht ein, weil der Landesbetrieb keine Einrichtung des Landes darstellt, die einem Bundesbetrieb im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GG gleichartig ist.

2. Bundesbetriebe im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GG sind rechtlich unselbständige abgesonderte Teile der Bundesverwaltung, deren Tätigkeit erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist. Dafür ist ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt mit einem Geschäftsbetrieb kennzeichnend, der über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgeht.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 9 C 2.07 (10 C 3.06)

Verkündet am 29. August 2007

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter entsprechender Abänderung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. Oktober 2005 und des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Februar 2005 werden die Bescheide des Beklagten vom 14. und 28. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von den Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz entfallen auf den Kläger 27/28 und auf den Beklagten 1/28.

Gründe:

I

Das klagende Land wendet sich mit der Begründung, Gebührenfreiheit beanspruchen zu können, gegen Bescheide, mit denen der Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz (Landesbetrieb) zu Verwaltungsgebühren herangezogen worden ist.

Der beklagte Landkreis erhob mit Bescheiden vom 14. und 28. Juli 2003 auf der Grundlage von § 6a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vom 26. Juni 1970 - BGBl I S. 865 - für von ihm bearbeitete Halteranfragen von dem Landesbetrieb Gebühren in Höhe von jeweils 5,10 €. Die Widersprüche gegen diese Bescheide wies der Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2004 mit der Begründung zurück, nach der Umwandlung der Straßen- und Verkehrsverwaltung in Rheinland-Pfalz in einen Landesbetrieb sei das Privileg der Gebührenfreiheit entfallen, das früher für das Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen Rheinland-Pfalz bestanden habe.

Die unter anderem gegen diese Bescheide gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 1. Februar 2005 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 10. Oktober 2005 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Landesbetrieb werde von der Gebührenfreiheit des § 5 Abs. 1 Nr. 2 GebOSt gemäß § 5 Abs. 4 GebOSt ausgeschlossen. Dort werde nämlich bestimmt, dass Gebührenfreiheit nicht für Sondervermögen und Bundesbetriebe im Sinne des Art. 110 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), für gleichartige Einrichtungen des Landes sowie für öffentlich-rechtliche Unternehmen bestehe, an denen der Bund oder ein Land beteiligt sei. Bei dem Landesbetrieb, welcher zur Wahrnehmung der bisher vom Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen Rheinland-Pfalz und den ihm nachgeordneten Landesbehörden durchgeführten Aufgaben im Bereich des Straßen- und Verkehrswesens errichtet worden sei, handele es sich um eine den genannten Sondervermögen und Bundesbetrieben gleichartige Einrichtung des Landes. Der Regelung könne nicht entnommen werden, dass der Ausschluss der Gebührenfreiheit nur solche Betriebe betreffe, die - im Gegensatz zum Landesbetrieb - an der Wettbewerbswirtschaft teilnähmen und tatsächlich mit privaten Unternehmen konkurrierten. Der Wortlaut der Vorschrift sehe eine Unterscheidung zwischen hoheitlichem Handeln und gewerblicher Tätigkeit der dort genannten Betriebe gerade nicht vor. Eine teleologische Reduktion komme unter Berücksichtigung des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht.

Mit seiner vom Senat insoweit zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Bundesrechts. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei eine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 5 Abs. 4 GebOSt zulässig und auch geboten. Bei der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr handele es sich um Sondergebührenrecht, das aufbauend auf und ergänzend zu dem Verwaltungskostengesetz (VwKostG) vom 23. Juni 1970 - BGBl I S. 821 - erlassen worden sei. Der Regelungszweck der wortgleichen Vorschrift des § 8 Abs. 3 VwKostG, die beim Erlass von § 5 Abs. 4 GebOSt vom Verordnungsgeber als Muster benutzt worden sei, bestehe ausweislich der Gesetzesbegründung darin, überwiegend wirtschaftlich ausgerichteten Einrichtungen des Bundes und der Länder eine persönliche Gebührenfreiheit zu versagen, damit keine wirtschaftliche Ungleichheit zu auf gleichem Gebiet tätigen privaten Unternehmen entsteht. Beide Normen verfolgten einen identischen Regelungszweck. Der Gesetz- und Verordnungsgeber habe seinerzeit jedoch nicht im Blick gehabt, dass die Errichtung von Bundes- und Landesbetrieben nach § 26 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) vom 19. August 1969 - BGBl I S. 1284 - und den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen auch im Bereich der Daseinsvorsorge einschließlich der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zweckmäßig sein könne. Auch in den letztgenannten Verwaltungsbereichen ermögliche ein Wirtschaften auf der Grundlage eines Wirtschaftsplanes den so organisierten Verwaltungsträgern in haushaltsrechtlicher Sicht ein effizienteres Verwaltungshandeln. Dabei sei jedoch eine wettbewerbsmäßige Beeinträchtigung der Interessen von Privaten deshalb ausgeschlossen, weil diese Bundes- und Landesbetriebe aufgrund der abschließenden gesetzlichen Aufgabenzuweisung ohnehin nicht auf dem gleichen Gebiet tätig werden dürften. Dies treffe für den hier in Rede stehenden Landesbetrieb zu, so dass er auch in der Behandlung als Gebührenschuldner der vormaligen Landesverwaltung gleichzustellen sei.

Der Kläger beantragt,

unter entsprechender Abänderung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. Oktober 2005 und des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Februar 2005 die Bescheide des Beklagten vom 14. und 28. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er macht sich die Ausführungen des angefochtenen Berufungsurteils zu eigen und verweist auf den Gesetzentwurf der Landesregierung Rheinland-Pfalz eines Landesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2007/2008, der die Einführung einer leistungs- und erfolgsabhängigen Jahresprämie für die Geschäftsführer der verschiedenen Landesbetriebe mit der Begründung vorsehe, die Anforderungen an diese Geschäftsführer unterschieden sich durch die rein betriebswirtschaftliche Orientierung von der sonstigen Behördenstruktur. Zusätzlich macht der Beklagte geltend, die Gebührenbefreiung könne vom Landesbetrieb bei Halteranfragen auch nach § 5 Abs. 3 GebOSt nicht beansprucht werden, weil es möglich sei, die Gebühr zivilrechtlich auf die Halter abzuwälzen.

II

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

Das Urteil der Vorinstanz steht mit Bundesrecht nicht in Einklang, soweit es mit der Revision angefochten worden ist. Es erweist sich auch nicht im Ergebnis als richtig. Der Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil ist stattzugeben, soweit sich die Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 14. und 28. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2004 richtet.

1. Die Vorinstanz hat § 5 Abs. 4 GebOSt fehlerhaft ausgelegt und angewandt. Diese Vorschrift besagt, dass Gebührenfreiheit nach § 5 Abs. 1 GebOSt nicht besteht für Sondervermögen und Bundesbetriebe im Sinne des Art. 110 Abs. 1 GG, für gleichartige Einrichtungen des Landes sowie für öffentlich-rechtliche Unternehmen, an denen der Bund oder ein Land beteiligt ist. Die Vorinstanz hat den Landesbetrieb als eine einem Bundesbetrieb im Sinne des Art. 110 Abs. 1 GG gleichartige Einrichtung des Landes angesehen. Dies trifft nicht zu. Vielmehr kann das Land nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 GebOSt auch insoweit persönliche Gebührenfreiheit beanspruchen.

a) Der Ausschluss der Gebührenfreiheit gemäß § 5 Abs. 4 GebOSt betrifft nach Auffassung der Vorinstanz nicht nur Betriebe, "die - im Gegensatz zu dem Landesbetrieb - an der Wettbewerbswirtschaft teilnehmen und tatsächlich mit privaten Unternehmen konkurrieren" (UA S. 7). Soweit die Vorinstanz dies aus einem - von ihr im Wortlaut wiedergegebenen - Passus einer Landtagsdrucksache (LTDrucks 7/3228 S. 25) folgert, sind die in dem angefochtenen Urteil enthaltenen Aussagen zum gleichlautenden Landesgebührenrecht nicht Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Hinsichtlich des auf Landesgebührenrecht gestützten Gebührenbescheides hat der Senat in seinem Beschluss vom 16. Februar 2006 - BVerwG 10 B 86.05 - die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zurückgewiesen. Damit ist das angefochtene Urteil insoweit rechtskräftig geworden.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz stützt der Wortlaut des § 5 Abs. 4 GebOSt nicht das Auslegungsergebnis, das von ihr zu dieser Vorschrift des Bundesrechts vertreten wird. Die Vorschrift verlangt eine Prüfung der Gleichartigkeit der in Rede stehenden Einrichtung des Landes mit den Bundesbetrieben im Sinne des Art. 110 Abs. 1 GG, setzt also zunächst eine Auslegung der genannten Verfassungsnorm voraus. Diese enthält jedoch keine Legaldefinition, sondern verwendet den Begriff des Bundesbetriebes im Halbsatz 2 von Satz 1 nur, um daran anknüpfend eine Ausnahme von dem Vollständigkeitsprinzip zuzulassen, das nach Halbsatz 1 das Budgetrecht des Parlaments schützen soll (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 31. Mai 1990 - 2 BvL 12/88 u.a. - BVerfGE 82, 159 <178 f.> und vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <388>; Urteile vom 6. Juli 2005 - 2 BvR 2335, 2391/95 - BVerfGE 113, 128 <147> und vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 - juris Rn. 74 f.). Weitere haushaltsrechtliche Regelungen für Bundesbetriebe finden sich sowohl in § 26 Abs. 1 BHO wie auch in § 18 des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) vom 19. August 1969 - BGBl I S. 1273. Allerdings fehlen dort ebenfalls Begriffsbestimmungen, die eine Antwort auf die Frage liefern, was Bundesbetriebe sind.

Soweit die staats- und haushaltsrechtliche Literatur dazu Stellung nimmt, wird zumeist auf die Definition in Nr. 1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung (VV-BHO) vom 14. März 2001 - GMBl S. 307 - zurückgegriffen (vgl. z.B. Gröpl, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 110 Rn. 98; Puhl, Budgetflucht und Haushaltsverfassung, 1996, S. 138 m.w.N. in Fn. 133; mit Blick auf landesrechtliche Belange einschränkend nur Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder, § 26 BHO Rn. 4), die wie folgt lautet:

"Bundesbetriebe sind rechtlich unselbständige abgesonderte Teile der Bundesverwaltung, deren Tätigkeit erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist."

Der Begriff der erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung ist allerdings seinerseits auslegungsbedürftig. Der erkennende Senat geht davon aus, dass für eine erwerbswirtschaftliche Ausrichtung ein Angebot von Waren und Dienstleistungen gegen Entgelt kennzeichnend ist (vgl. Gröpl, a.a.O. Rn. 98). Diese Marktteilnahme muss nicht zwingend mit einer Gewinnerzielungsabsicht einhergehen (vgl. Puhl, a.a.O. S. 143 f.). Es muss sich aber ein Geschäftsbetrieb entwickeln, der über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgeht (vgl. Hillgrube, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl. 2005, Art. 110 Rn. 47; Heintzen, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 4./5. Aufl. 2003, Rn. 18; Puhl, a.a.O. S. 145). Entscheidend ist die Außenbeziehung der aus sächlichen und personellen Mitteln gebildeten Funktionseinheit zu einem Markt. Ob dieser im Einzelfall durch eine Monopolstellung des Bundesbetriebes beschränkt ist und ein Wettbewerb mit anderen Anbietern deshalb nicht entstehen kann, ist ohne Belang (vgl. Puhl, a.a.O. S. 145). Eine erwerbswirtschaftliche Ausrichtung ist dagegen nicht schon dann anzunehmen, wenn im Zuge einer angestrebten Binnenmodernisierung der Verwaltung die Funktionseinheit lediglich betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente der Privatwirtschaft nutzen soll (z.B. das kaufmännische Rechnungswesen).

Dieses Begriffsverständnis zeichnet die Staatspraxis nach, die sich anhand der Entstehungsgeschichte des Art. 110 Abs. 1 GG bis zu den "15er-Betrieben" zurückverfolgen lässt. Für das Haushaltsrecht der Bundesrepublik galt nämlich ursprünglich § 15 der Reichshaushaltsordnung (RHO) i.d.F. des Gesetzes über die zweite Änderung der Reichshaushaltsordnung und die zehnte Änderung des Besoldungsgesetzes vom 13. Dezember 1933 - RGBl II S. 1007 - als Bundesrecht fort (vgl. Art. 124 GG) und bestimmte in seinem Absatz 1, dass bei "kaufmännisch eingerichteten Reichsbetrieben" statt der getrennten Veranschlagung der Einnahmen und Ausgaben das voraussichtliche Endergebnis in den Haushaltsplan einzustellen war, wenn die Art des Betriebes ein Wirtschaften nach Einnahme- und Ausgabeansätzen des Haushaltsplans nicht zuließ. Art. 110 Abs. 4 GG a.F. erlaubte es dementsprechend, bei "kaufmännisch eingerichteten Betrieben des Bundes" nicht die einzelnen Einnahmen und Ausgaben, sondern nur das Endergebnis in den Haushaltsplan einzustellen. Unter bewusstem Verzicht auf das Merkmal "kaufmännisch eingerichtet" wurde dann in Art. 110 Abs. 1 GG i.d.F. des 20. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 - BGBl I S. 357 - nur noch der Begriff "Bundesbetriebe" verwendet. Die Begründung des Regierungsentwurfs zu Art. 110 Abs. 1 GG n.F. (BTDrucks 5/3040 S. 44) verlautbart dazu, der Begriff "kaufmännisch eingerichtete Betriebe" habe sich als wenig geeignet erwiesen; im Übrigen entspreche die Neuregelung sachlich im Wesentlichen dem bisherigen Art. 110 Abs. 4 GG a.F. Weitergehend wird dies in der Begründung des Regierungsentwurfs zum jetzigen § 18 HGrG (BTDrucks 5/3040 S. 52) mit dem Hinweis erläutert, ein Betrieb sei dann "kaufmännisch eingerichtet", wenn er eine kaufmännische Organisation und insbesondere eine kaufmännische Buchführung habe. Bei öffentlichen Betrieben brauche diese Voraussetzung nicht notwendig vorzuliegen. Es gebe auch Betriebe, die eine weiterentwickelte Kameralistik verwendeten.

Der erkennende Senat wertet diese Entstehungsgeschichte des Begriffs "Bundesbetriebe" als eine Entscheidung des Bundesgesetzgebers, auf eine Anknüpfung an die Binnenorganisation der damit bezeichneten Funktionseinheiten zu verzichten und stattdessen auf deren historisch gewachsene Aufgaben Bezug zu nehmen. Diese können seit den Anfängen der "15er-Betriebe" darin gesehen werden, dass - ohne eine rechtliche Verselbständigung etwa als Handels- oder Kapitalgesellschaft (vgl. dazu Puhl, a.a.O. S. 138) - vom Staat ein Wirtschaftsbetrieb ins Leben gerufen wird, der einen Gegensatz zur normalen finanziellen Tätigkeit einer Behörde darstellt (vgl. Vialon, Haushaltsrecht, 2. Aufl. 1959, § 15 RHO Anm. 7). Damit rückt aber notwendig die Außenbeziehung des Betriebes ins Blickfeld. Diese lässt sich mit dem dargelegten Erfordernis der erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung am ehesten zutreffend präzisieren.

Dieses Verständnis des Begriffs "Bundesbetrieb" bietet sich darüber hinaus an, um die damit verknüpfte Ausnahme vom Vollständigkeitsprinzip des Art. 110 Abs. 1 Halbs. 1 GG hinreichend einzugrenzen. Das Vollständigkeitsprinzip einschließlich des in diesem Grundsatz aufgehobenen Grundsatzes der Wahrheit, nach dem alle zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Haushaltsplan anzuführen sind, soll dazu dienen, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Es garantiert damit die Wirksamkeit des parlamentarischen Haushaltsbewilligungsrechts als eines der wesentlichen Instrumente der Regierungskontrolle (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 - juris Rn. 75). Aus diesem Grunde wäre es verfassungsrechtlich bedenklich, den Begriff "Bundesbetriebe" in Abkehr von der bisherigen Staatspraxis auszuweiten, nur um aktuelle Tendenzen zur Binnenmodernisierung der Verwaltung zu fördern. Hierdurch könnten zusätzliche Möglichkeiten für eine "Flucht aus dem Budget" eröffnet werden (vgl. Gröpl, a.a.O. Art. 110 Rn. 97).

b) Hiervon ausgehend steht § 5 Abs. 4 GebOSt der vom Landesbetrieb beanspruchten Gebührenfreiheit nicht entgegen. Der Landesbetrieb ist nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist er somit nicht eine Einrichtung des Landes, die einem Bundesbetrieb gleichartig ist.

Die Vorinstanz ist erkennbar davon ausgegangen, dass der Landesbetrieb, soweit er mit der Wahrnehmung der bisher von dem Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen Rheinland-Pfalz und den ihm nachgeordneten Landesbehörden wahrgenommenen Aufgaben im Bereich des Straßen- und Verkehrswesens betraut worden ist (vgl. Art. 1 § 1 Abs. 1 des Landesgesetzes zur Neuorganisation der Straßen- und Verkehrsverwaltung Rheinland-Pfalz vom 18. Dezember 2001 - GVBl S. 303), ausschließlich Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt, die mit einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung im vorbezeichneten Sinne nichts zu tun haben. Nach § 49 Abs. 3 Nr. 1 des Landesstraßengesetzes (LStrG) i.d.F. des genannten Landesgesetzes zur Neuorganisation der Straßen- und Verkehrsverwaltung Rheinland-Pfalz ist der Landesbetrieb die untere Straßenbaubehörde für Straßen in der Baulast des Bundes, des Landes und der Landkreise. Als Straßenbaubehörde obliegt dem Landesbetrieb nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LStrG die Durchführung des Straßenbaues und der Unterhaltung sowie die Verwaltung der genannten öffentlichen Straßen. Die Verwaltung der Bundesfernstraßen durch das Land im Auftrag des Bundes (Art. 90 Abs. 2 GG) und die landeseigene Straßenverwaltung sind in dem Landesbetrieb organisatorisch gebündelt und werden in der Überschrift des § 48 LStrG ausdrücklich als "Aufgaben und Hoheitsverwaltung" des Landes gekennzeichnet. Für weitere Zuständigkeiten im Bereich des Personen- und Güterverkehrs, des öffentlichen Personennahverkehrs, des Luftverkehrs, der Schifffahrt und Häfen sowie des Eisenbahnwesens (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Errichtungsgesetzes und die amtliche Begründung hierzu, LTDrucks 14/357 S. 7) gilt dies ebenfalls. Trotz der Neuorganisation hat sich nichts daran geändert, dass in den Außenbeziehungen der Landesbetrieb keine Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt am Markt anbietet und damit nicht auf erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ausgerichtet ist. Auch in den genannten Bereichen findet unverändert eine typische Hoheitsverwaltung statt. Das hat in der mündlichen Verhandlung der Klägervertreter auf Befragen des Senats bestätigt, ohne dass dem seitens des Beklagten widersprochen worden wäre.

2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO).

a) Der beanspruchten Gebührenbefreiung steht keine weitere Alternative des in § 5 Abs. 4 GebOSt normierten Ausschlusstatbestandes entgegen. Der Landesbetrieb ist insbesondere nicht einem Sondervermögen des Bundes im Sinne des Art. 110 Abs. 1 GG gleichartig. Sondervermögen des Bundes, die auch in Art. 115 Abs. 2 GG angesprochen werden, sind durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes entstandene rechtlich unselbständige, mit einer besonderen Zweckbestimmung vom Bundesvermögen abgesonderte Teile desselben, die auch als Fonds bezeichnet werden (vgl. Nr. 2.1 VV-BHO zu § 26 BHO; Puhl, a.a.O. S. 127 - 137). Es mag zutreffen, dass für diese Fonds - anders als für die Bundesbetriebe - eine erwerbswirtschaftliche Betätigung nicht zu fordern ist (vgl. Gröpl, a.a.O. Art. 110 Rn. 99; Heintzen, a.a.O. Art. 110 Rn. 18). Jedenfalls erfüllt der Landesbetrieb aber die sonstigen Merkmale eines Fonds nicht. Das hat auch der Beklagte nicht geltend gemacht.

b) Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, die Gebührenbefreiung könne vom Landesbetrieb bei Halteranfragen auch nach § 5 Abs. 3 GebOSt nicht beansprucht werden, weil es möglich sei, die Gebühr zivilrechtlich auf die Halter abzuwälzen. Diese Vorschrift ist § 8 Abs. 2 VwKostG nachgebildet. In der dazu gehörenden Begründung des Regierungsentwurfs (BRDrucks 530/69 S. 13) wird ausgeführt, die Vorschrift übernehme einen bereits in § 1 Abs. 2 des preußischen Gesetzes über staatliche Verwaltungsgebühren vom 29. September 1923 - PrGS. S. 78 - enthaltenen bewährten Rechtsgrundsatz. Dieser besagte:

"Gebühren werden nicht erhoben beim Verkehre der Behörden untereinander, es sei denn, dass sie einem Dritten als Veranlasser zur Last zu legen sind."

Unbeschadet des abweichenden Wortlauts von § 8 Abs. 2 VwKostG besteht in der Praxis kein Zweifel daran, dass es nach diesem Rechtsgrundsatz - wie schon nach preußischem Recht - zum Ausschluss der Gebührenbefreiung möglich sein muss, die Gebühr unter Wahrung ihrer "Nämlichkeit" (Identität) unmittelbar und im Wesentlichen unverändert einem Dritten aufzuerlegen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 23. Oktober 1979 - II A 2373/78 - juris Rn. 9, 31; VG Neustadt, Urteil vom 13. Juli 2006 - 4 K 157/06.NW - juris Rn. 22 m.w.N. zum Schrifttum). Hiervon ausgehend sieht der erkennende Senat es nicht als gerechtfertigt an, die Vorschrift des § 5 Abs. 3 GebOSt - über ihren Wortlaut ("Dritten aufzuerlegen") hinaus - erweiternd so auszulegen, dass der Ausschluss der Gebührenbefreiung mit einer privatrechtlichen Schadenshaftung Dritter gerechtfertigt werden könnte.

3. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens auf § 154 Abs. 1 VwGO und im Übrigen auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10,20 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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