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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 08.05.2002
Aktenzeichen: BVerwG 9 C 7.01
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 37 Abs. 1
AO § 44 Abs. 1
AO § 44 Abs. 2
AO § 191 Abs. 1 Satz 1
AO § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1
Ein vor Eintritt der Festsetzungsverjährung hinsichtlich der Primärschuld ergangener Haftungsbescheid wird nicht nachträglich dadurch unwirksam oder rechtswidrig, dass hinsichtlich der Primärschuld Zahlungsverjährung oder Festsetzungsverjährung eintritt (wie BFH, Beschluss vom 11. Juli 2001 - BFH VII R 28/99 - <BFH/NV 2001, 1467 ff.>).
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 9 C 7.01

Verkündet am 8. Mai 2002

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, Kipp, Vallendar und Prof. Dr. Rubel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 5. September 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Im Oktober 1986 meldeten die Klägerin und Herr M. als Gesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Gewerbe bei der Beklagten an. Gegenstand war die Vermittlung von Selbstfahrermietfahrzeugen. Im September 1991 schlossen die Gesellschafter eine Vereinbarung, nach welcher die Klägerin aus der Gesellschaft ausschied und Herr M. die Gesellschaft als "alleiniger Gesellschafter" weiterführte. Eine Liquidation fand demzufolge nicht statt. Nach dem Vertrag sollte die Klägerin aus dem Gesellschaftsvermögen 150 000 DM erhalten. Herr M. verpflichtete sich, die Klägerin im Außenverhältnis von sämtlichen Verbindlichkeiten freizustellen. Gewerbesteuererklärungen waren zum Zeitpunkt der Vereinbarungen noch nicht eingereicht worden. Dies wurde durch oder auf Veranlassung von Herrn M. im August 1992 und im März 1993 nachgeholt.

Aufgrund dieser Anmeldungen ergingen für die Jahre 1990 und 1991 Gewerbesteuermessbescheide vom 19. Juli 1993, 14. März und 8. April 1994 sowie Gewerbesteuer- und Gewerbesteuerzinsbescheide vom 14. Juli 1993, 4. März und 18. April 1994. Im Einzelnen wurden folgende Beträge festgesetzt:

Gewerbesteuernachzahlung 1990 - DM 33 857,00 Nachzahlungszinsen 1990 - DM 3 320,00 Gewerbesteuernachzahlung 1990 - DM 5 312,00 Nachzahlungszinsen 1990 - DM 609,00 Gewerbesteuernachzahlung 1991 - DM 33 826,00 Nachzahlungszinsen 1991 - DM 2 028,00 Säumniszuschläge 1990 u. 1991 - DM 18 013,00

insgesamt DM 96 965,00

In der Folgezeit blieben alle Versuche der Beklagten, die festgesetzten Steuern von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder von Herrn M. beizutreiben, erfolglos.

Daraufhin erließ die Beklagte unter dem 26. Januar 1996 gegenüber der Klägerin einen Haftungsbescheid über DM 96 965,00 den sie mit ergänzendem Bescheid vom 24. Mai 1996 auf DM 79 077,00 reduzierte.

Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 1997 zurück.

Daraufhin erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht und beantragte zugleich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage.

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ordnete das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 1998 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage an, soweit in den Bescheiden ein DM 61 063,80 übersteigender Betrag gefordert wurde. Im Übrigen hatte der Antrag keinen Erfolg.

Nach dem rechtskräftigen Abschluss des Anordnungsverfahrens hat die Beklagte im Klageverfahren den Haftungsbescheid auf DM 61 063,80 ermäßigt.

Das gegen die entsprechend geänderten Bescheide fortgesetzte Klageverfahren hat keinen Erfolg gehabt. Mit Urteil vom 5. September 2001 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In dem Urteil wird zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe dafür einzustehen, dass die Gewerbesteuerschuld der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht erfüllt worden sei. Ursächlich dafür sei, dass die Klägerin die ihr im Hinblick auf die Steuerschuld bestehenden Pflichten im Sinne des § 69 i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 1 AO grob fahrlässig verletzt habe. Ermessensfehler in Bezug auf ihre Inanspruchnahme seien nicht festzustellen. Der nach dem Erlass des Haftungsbescheides eingetretene Umstand der Festsetzungsverjährung in Bezug auf den Primärschuldner hindere den rechtlichen Fortbestand des Haftungsbescheides nicht. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO mache deutlich, wie weit der Gesetzgeber die Akzessorietät von Haftung und Primärschuld ausgestaltet habe. Nur bei wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nach § 47 AO erloschener Steuerschuld könne ein Haftungsbescheid nicht mehr erlassen werden. Demgegenüber sehe die Vorschrift gerade nicht vor, dass ein rechtmäßig erlassener Haftungsbescheid nachträglich unwirksam oder anfechtbar werde.

Auf Antrag der Klägerin und mit Zustimmung der Beklagten hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Oktober 2001 die Sprungrevision zugelassen. Mit ihrer Revisionsbegründung macht die Klägerin geltend, die in den bisherigen Verfahren vertretene Auffassung des Verwaltungsgerichts zur eingeschränkten Akzessorietät der Haftung sei fehlerhaft. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO müsse demgegenüber so ausgelegt werden, dass er zur Folge habe, dass ein ursprünglich rechtmäßig ergangener Haftungsbescheid bei nachfolgendem Eintritt der Festsetzungsverjährung unwirksam oder jedenfalls rechtswidrig werde.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid der Beklagten vom 26. Januar 1996 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24. Mai 1996 und 11. November 1998 sowie des Widerspruchsbescheides vom 4. April 1997 unter Abänderung des mit der Sprungrevision angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 5. September 2001 aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht im Bundesministerium des Innern beteiligt sich an dem Verfahren und tritt inhaltlich der Beklagten bei.

II.

Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es hat dabei ohne Verstoß gegen Bundesrecht zugrunde gelegt, dass der angefochtene Haftungsbescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner). Haftung in diesem Sinne bedeutet, dass jemand für die Erfüllung einer fremden Steuerschuld mit seinem eigenen Vermögen einzustehen hat (vgl. Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Kommentar, § 191 Rn. 4). Dabei entsteht der Haftungsanspruch nach § 38 AO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Haftungsnorm die Haftungsfolge knüpft, und zwar unabhängig von dem Erlass eines Haftungsbescheides. Allerdings hängt der Haftungsanspruch grundsätzlich davon ab, dass eine Steuerschuld oder ein sonstiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis entstanden ist und noch besteht (Grundsatz der Akzessorietät - BFHE 181, 392). Dass hier für die bis zum 30. September 1991 bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Gewerbesteuerschuld (die Primärschuld) entstanden ist, steht außer Zweifel. Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung im Umfang von DM 61 063,80 sind zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens erhoben worden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht eine Primärschuld in dieser Höhe festgestellt, ohne dass die Klägerin insoweit Tatsachenrügen erhoben hätte. Der Senat hat folglich davon auszugehen, dass die genannte Steuerschuld im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides bestand und auch noch festgesetzt werden konnte, weil die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO noch nicht abgelaufen war.

Soweit das Verwaltungsgericht im Folgenden angenommen hat, die Klägerin hafte aus gesetzlichen Gründen mit ihrem eigenen Vermögen für die dargestellte fremde Steuerschuld, ist dies unter dem für das Revisionsgericht allein maßgeblichen Blickwinkel des Bundesrechts gleichfalls nicht zu beanstanden. Dabei lässt der Senat wie bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 18. Juli 2000 dahinstehen, ob sich diese gesetzliche Haftung der Klägerin aus § 69 i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 1 AO ergibt. Jedenfalls erstreckt sich § 191 Abs. 1 AO auch auf eine in zivilrechtlichen Vorschriften vorgesehene Haftung eines Gesellschafters für Steuerschulden der Gesellschaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1989 - BVerwG 8 C 85.87 - <Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 3 S. 3>; Urteil vom 12. März 1993 - BVerwG 8 C 20.90 - <Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 5 S. 13/15>; Urteil vom 13. August 1993 - BVerwG 8 C 64.90 - <Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 6 S. 22>). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 13. August 1993 (- BVerwG 8 C 64.90 - a.a.O.) die Grundlage für eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft für deren Steuerschulden in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 145, 13/15; 158, 1/2 ff.; 161, 390/391 f.) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 61, 338/343; 74, 240/243) aus dem Rechtsgedanken der §§ 421, 427, 719 BGB hergeleitet. Haftungsbegründend für die Gesellschafter ist nach dieser Rechtsauffassung die gemeinsame Tatbestandsverwirklichung durch die Gesellschafter in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 427 BGB. Die gemeinsame Verwirklichung des steuerlichen Tatbestandes durch die Gesellschafter, die entsprechend dem Gesellschaftsvertrag gemeinschaftlich am Rechtsverkehr teilnehmen und durch die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft Steuerforderungen entstehen lassen, führt auch zu einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter, wenn die Gesellschaft aufgelöst und Gesellschaftsvermögen nicht mehr vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. August 1993 - BVerwG 8 C 64.90 - a.a.O.). An diesen Grundsätzen hält auch der nunmehr für das Gewerbesteuerrecht zuständige 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts fest.

Soweit die Klägerin in den erstinstanzlichen Verfahren die Ermessensbetätigung der Beklagten in Bezug auf den Erlass des Haftungsbescheides nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO gerügt und geltend gemacht hat, die Beklagte habe es gewissermaßen durch Verzögerungen selbst zu vertreten, dass sie die Steuerschuld von dem verbliebenen Gesellschafter nicht habe beitreiben können, hat sie dieses Vorbringen im Revisionsverfahren nicht mehr wiederholt. Insoweit kann folglich zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil und auf die Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Bezug genommen werden. Nachdem die Beklagte nach dem Erlass der Steuerfestsetzungsbescheide durch verschiedene Vollstreckungsversuche festgestellt hatte, dass ein Vermögen der früheren Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr vorhanden und der frühere Mitgesellschafter der Klägerin gleichfalls vermögenslos war, lässt eine Inanspruchnahme der - wie dargestellt - gesetzlich haftenden früheren Gesellschafterin einen Ermessensfehler nicht erkennen. Dies gilt unabhängig davon, ob die in den Jahren 1993 und 1994 erlassenen Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide wirksam ergangen sind. Denn jedenfalls war vor dem Erlass des Haftungsbescheides geklärt, dass die Steuerforderung weder gegenüber der früheren Gesellschaft noch gegenüber dem Mitgesellschafter M. würde realisiert werden können.

Schließlich erweist sich auch die mit der Revision allein angegriffene tragende Erwägung des angefochtenen Urteils, der Haftungsbescheid sei durch die nach seinem Erlass hinsichtlich der Primärschuld eingetretene Verjährung nicht rechtswidrig geworden, als bundesrechtlich bedenkenfrei. Dabei kann hier, weil es für das Ergebnis nicht darauf ankommt, dahinstehen, ob die Primärschuld tatsächlich nicht wirksam festgesetzt worden ist, wie es das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil und auch bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren angenommen hat.

Wird eine solche Unwirksamkeit der Steuerfestsetzung zunächst angenommen, so hätte dies zwar zur Folge, dass die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mittlerweile verstrichen wäre; doch folgt daraus für den Bestand und die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nichts.

Dass der Eintritt der Festsetzungsverjährung des Steueranspruchs nach dem Erlass des Haftungsbescheides die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nicht berührt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 170, 204; Urteil vom 7. November 1995 - BFH VII R 26/95 - BFH/NV 1996, 379). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Maßgeblich für sie ist der Wortlaut des § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO. Danach darf ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen, wenn der ihm zugrunde liegende Steueranspruch verjährt ist. Mit "Ergehen" eines Bescheides im Sinne der genannten Bestimmung ist dabei die erstmalige Regelung gegenüber dem Betroffenen durch eine behördliche Entscheidung in der Form des bekannt gegebenen Verwaltungsaktes zu verstehen. Nicht erfasst wird vom Wortsinn des § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO hingegen das weitere Schicksal der behördlichen Entscheidung im Verwaltungsverfahren oder im Verwaltungsstreitverfahren. Eine Ausdehnung des Begriffs "Ergehen" eines Haftungsbescheides bis zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Streitverfahrens über dessen Rechtmäßigkeit würde nicht nur dem Wortsinn der Vorschrift widersprechen; sie fände auch in den Gesetzesmaterialien zu § 172 des Entwurfes der Abgabenordnung (vgl. BTDrucks VI/1982, S. 160) keine Begründung und wäre nach Sinn und Zweck der Vorschrift verfehlt, weil es den Beteiligten an die Hand gegeben würde, die durch Erlass eines wirksam bekannt gegebenen Haftungsbescheides bereits erfolgte Haftungsinanspruchnahme durch eine Verzögerung des Streitverfahrens über den Bescheid infolge des Eintritts der Festsetzungsverjährung des Primäranspruchs hinfällig zu machen. Der Sinn des § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO besteht jedoch darin, eine zeitlich eindeutig bestimmbare Grenze festzulegen, innerhalb derer die Verwaltungsbehörde den Anspruch auf Erfüllung der Abgabenschuld des Steuerschuldners durch einen Haftungsschuldner erstmals geltend gemacht haben muss.

Schließlich hat der Bundesfinanzhof seine dargestellte Rechtsprechung zum Fortbestehen der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nunmehr auch auf den Fall erstreckt, dass hinsichtlich der Primärschuld nach dem Erlass des Haftungsbescheides Zahlungsverjährung eintritt (BFH, Beschluss vom 11. Juli 2001 - BFH VII R 29/99 - BFH/NV 2002, 305; Beschluss vom 11. Juli 2001 - BFH VII R 28/99 - BFH/NV 2001, 1467). Folglich ändert sich das Ergebnis des Rechtsstreits nicht, wenn hier entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts von einer Wirksamkeit der Steuerfestsetzung gegenüber dem Primärschuldner ausgegangen wird. Zu Recht hat der Bundesfinanzhof nämlich darauf hingewiesen, dass Primärschuldner und Haftungsschuldner im Sinne des § 44 Abs. 1 AO als Gesamtschuldner anzusehen sind. Dann aber ergibt sich unmittelbar aus § 44 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO, dass allein die Erfüllung der Schuld, die Aufrechnung und eine geleistete Sicherheit durch einen der Gesamtschuldner auch für die anderen Gesamtschuldner wirkt. Zu dieser Folge kommt es hingegen nicht, wenn hinsichtlich der Primärschuld des einen Gesamtschuldners Zahlungsverjährung eintritt.

Unabhängig davon also, ob Festsetzungs- oder Zahlungsverjährung eingetreten ist, steht die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nicht in Frage. Dies ist auch Ausdruck des Umstandes, dass mit dem Ergehen des Haftungsbescheides der geltend gemachte Haftungsanspruch selbständig neben den Steueranspruch getreten ist (vgl. § 37 Abs. 1 AO). Dieser Haftungsanspruch begründet einen selbständigen Anspruch des Steuergläubigers auf Zahlung einer Steuerschuld aus dem Vermögen eines Dritten. Daraus folgt, dass die Abhängigkeit des Haftungsanspruchs vom Bestehen des Steueranspruchs - soweit diese nicht schon durch die Regelungen des § 191 Abs. 5 Nr. 1 und 2 AO durchbrochen ist - nach Ergehen des Haftungsbescheides grundsätzlich nur noch dann Auswirkungen zeigt, wenn es das Gesetz, wie in der Vorschrift des § 44 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AO, ausdrücklich bestimmt (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Juli 2001, a.a.O., S. 1467).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 31 173,61 € (entspricht 61 063,80 DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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