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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.06.1978
Aktenzeichen: 149-77
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
EWG-Vertrag Art. 119
EWG-Vertrag Art. 118
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. ARTIKEL 119 EWG-VERTRAG STELLT EINE AUF DAS PROBLEM DER LOHNDISKRIMINIERUNGEN ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN BESCHRÄNKTE SONDERBESTIMMUNG DAR , DEREN ANWENDUNG AN GENAUE VORAUSSETZUNGEN GEKNÜPFT IST. ER KANN NICHT DAHIN AUSGELEGT WERDEN , DASS ER ÜBER DIE GLEICHHEIT DES ARBEITSENTGELTS HINAUS AUCH DIE GLEICHHEIT DER SONSTIGEN ARBEITSBEDINGUNGEN FÜR MÄNNLICHE UND WEIBLICHE ARBEITNEHMER GEBIETET.

DIE TATSACHE , DASS DIE AUFSTELLUNG BESTIMMTER BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN - WIE DIE FESTSETZUNG EINER BESONDEREN ALTERSGRENZE - FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN HABEN KANN , IST KEIN HINREICHENDER GRUND DAFÜR , DIESE BEDINGUNGEN IN DEN GELTUNGSBEREICH DES ARTIKELS 119 FALLEN ZU LASSEN , DER AUF DEM ENGEN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DER ART DER ARBEITSLEISTUNG UND DER HÖHE DES ARBEITSENTGELTS BERUHT.

2. DIE GRUNDRECHTE DES MENSCHEN SIND BESTANDTEIL DER ALLGEMEINEN GRUNDSÄTZE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS , DEREN EINHALTUNG DER GERICHTSHOF ZU SICHERN HAT. DIE BESEITIGUNG DER AUF DEM GESCHLECHT BERUHENDEN DISKRIMINIERUNGEN GEHÖRT ZU DIESEN GRUNDRECHTEN. DIE GEMEINSCHAFT IST JEDOCH NICHT BEFUGT , DIE EINHALTUNG DIESER NICHTDISKRIMINIERUNGSREGEL IM HINBLICK AUF AUSSCHLIESSLICH DEM NATIONALEN RECHT UNTERLIEGENDE ARBEITSVERHÄLTNISSE VORZUSCHREIBEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 15. JUNI 1978. - GABRIELLE DEFRENNE GEGEN SOCIETE ANONYME BELGE DE NAVIGATION AERIENNE SABENA. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VON DER BELGISCHEN COUR DE CASSATION. - GLEICHHEIT ZWISCHEN MAENNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN IN BEZUG AUF DIE BESCHAEFTIGUNGSBEDINGUNGEN. - RECHTSSACHE 149-77.

Entscheidungsgründe:

1MIT URTEIL VOM 28. NOVEMBER 1977 , BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 12. DEZEMBER 1977 , HAT DIE BELGISCHE COUR DE CASSATION GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG EINE VORABENTSCHEIDUNGSFRAGE NACH DER TRAGWEITE DES IN ARTIKEL 119 DES VERTRAGES FORMULIERTEN GRUNDSATZES DER NICHTDISKRIMINIERUNG ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN GESTELLT.

2/8DIESE FRAGE IST IN EINEM PROZESS AUFGEWORFEN WORDEN , DEN DIE KASSATIONSKLAEGERIN DES AUSGANGSVERFAHRENS , DIE FRÜHERE BORDSTEWARDESS GABRIELLE DEFRENNE , IM ANSCHLUSS AN IHRE ENTLASSUNG , DIE GEMÄSS IHREM ARBEITSVERTRAG MIT ERREICHUNG DER ALTERSGRENZE VON 40 JAHREN ERFOLGT WAR , VOR DEN BELGISCHEN ARBEITSGERICHTEN GEGEN DIE BELGISCHE LUFTFAHRTGESELLSCHAFT SABENA ANGESTRENGT HAT. FRÄULEIN DEFRENNE HATTE URSPRÜNGLICH AUFGRUND VON ARTIKEL 119 EWG-VERTRAG BEIM TRIBUNAL DU TRAVAIL BRÜSSEL EINE KLAGE ERHOBEN , MIT DER SIE BEANTRAGTE , DIE SABENA ZUR ZAHLUNG FOLGENDER BETRAEGE ZU VERURTEILEN :

1. EINER ENTSCHÄDIGUNG DAFÜR , DASS SIE ALS ARBEITNEHMERIN HINSICHTLICH DES ARBEITSENTGELTS GEGENÜBER IHREN MÄNNLICHEN KOLLEGEN , DIE ALS PURSER DIE GLEICHE ARBEIT VERRICHTETEN , DISKRIMINIERT WORDEN SEI ;

2. EINER ZUSÄTZLICHEN ABFINDUNG BEIM AUSSCHEIDEN AUS DEM DIENST IN HÖHE DES UNTERSCHIEDS ZWISCHEN DER ABFINDUNG , DIE SIE BEI IHREM AUSSCHEIDEN TATSÄCHLICH ERHALTEN HATTE , UND DERJENIGEN , DIE EIN FÜR ENDGÜLTIG ARBEITSUNFÄHIG ERKLÄRTER 40JÄHRIGER PURSER MIT DEM GLEICHEN DIENSTALTER ERHALTEN WÜRDE ;

3. VON SCHADENSERSATZ FÜR DIE IHR IN BEZUG AUF DIE RENTE ENTSTANDENEN NACHTEILE.

DAS TRIBUNAL DU TRAVAIL WIES DIESE KLAGE MIT URTEIL VOM 17. DEZEMBER 1970 IN VOLLEM UMFANG ALS UNBEGRÜNDET AB. AUF DIE BERUFUNG DER KLAEGERIN BESTÄTIGTE DIE COUR DU TRAVAIL BRÜSSEL MIT URTEIL VOM 23. APRIL 1975 DAS ERSTINSTANZLICHE URTEIL HINSICHTLICH DES ZWEITEN UND DRITTEN KLAGEANSPRUCHS. FÜR DIE ENTSCHEIDUNG ÜBER DEN ERSTEN KLAGEANSPRUCH LEGTE SIE DEM GERICHTSHOF ZWEI VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN VOR , DIE GEGENSTAND DES URTEILS VOM 8. APRIL 1976 IN DER RECHTSSACHE 43/75 ( SLG. 1976 , 455 ) WAREN. IM ANSCHLUSS AN DIESE VORABENTSCHEIDUNG SPRACH DIE COUR DU TRAVAIL DER KLAEGERIN MIT URTEIL VOM 24. NOVEMBER 1976 DIE GEFORDERTEN GEHALTSRÜCKSTÄNDE IN HÖHE VON 12 716 BFRS ZUZUEGLICH ZINSEN UND KOSTEN ZU. FRÄULEIN DEFRENNE LEGTE GEGEN DAS URTEIL DER COUR DU TRAVAIL HINSICHTLICH DER ABGEWIESENEN KLAGEANSPRÜCHE KASSATIONSBESCHWERDE EIN ; DARAUFHIN HAT DIE COUR DE CASSATION IHRERSEITS DEN GERICHTSHOF AUFGRUND VON ARTIKEL 177 DES VERTRAGES ANGERUFEN.

9/10AUSSERDEM IST DARAUF HINZUWEISEN , DASS FRÄULEIN DEFRENNE IM GLEICHEN ZUSAMMENHANG BEIM BELGISCHEN CONSEIL D ' ETAT KLAGE GEGEN DEN BELGISCHEN ARRETE ROYAL VOM 3. NOVEMBER 1969 ÜBER DIE ALTERSRENTEN FÜR DAS FLIEGENDE PERSONAL DER ZIVILLUFTFAHRT ERHOBEN HATTE , UND ZWAR IM EINZELNEN WEGEN DER GÜLTIGKEIT EINER BESTIMMUNG DIESES ARRETE , WELCHE DIE BORDSTEWARDESSEN VON DER BETREFFENDEN REGELUNG AUSNIMMT. DER CONSEIL D ' ETAT STELLTE SEINERSEITS DEM GERICHTSHOF EINIGE FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG VON ARTIKEL 119 DES VERTRAGES , DIE GEGENSTAND DES URTEILS VOM 25. MAI 1971 IN DER RECHTSSACHE 80/70 ( SLG. 1971 , 445 ) WAREN.

11DIE COUR DE CASSATION HAT IM HINBLICK AUF DIE LÖSUNG DER STREITFRAGEN , MIT DENEN SIE ZUR ZEIT BEFASST IST , EINE ZWEITEILIGE VORABENTSCHEIDUNGSFRAGE GESTELLT , DIE GESONDERTE ANTWORTEN ERFORDERT , EINMAL HINSICHTLICH DER BESTIMMUNG DES GELTUNGSBEREICHS VON ARTIKEL 119 DES VERTRAGES UND ZUM ANDEREN IN BEZUG AUF DAS ETWAIGE BESTEHEN EINES ALLGEMEINEN GRUNDSATZES DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ÜBER DIE BESEITIGUNG VON DISKRIMINIERUNGEN ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN AUF DEM GEBIET DER BESCHÄFTIGUNGS- UND ARBEITSBEDINGUNGEN AUSSER DEM EIGENTLICHEN ENTGELT.

ZUM ERSTEN TEIL DER FRAGE , DER SICH AUF DIE TRAGWEITE VON ARTIKEL 119 EWG- VERTRAG BEZIEHT

12MIT DEM ERSTEN TEIL DER VON DER COUR DE CASSATION GESTELLTEN FRAGE SOLL GEKLÄRT WERDEN , OB DER IN ARTIKEL 119 NIEDERGELEGTE GRUNDSATZ DES GLEICHEN ENTGELTS DAHIN AUSZULEGEN IST , DASS ER ALLGEMEIN DIE GLEICHHEIT DER ARBEITSBEDINGUNGEN FÜR MÄNNLICHE UND WEIBLICHE ARBEITNEHMER GEBIETET , SO DASS ES EINE DURCH DIESE BESTIMMUNG VERBOTENE DISKRIMINIERUNG DARSTELLT , WENN IN DEN ARBEITSVERTRAG EINER BORDSTEWARDESS EINE KLAUSEL AUFGENOMMEN WIRD , DURCH DIE DIE BEENDIGUNG DIESES VERTRAGES VORGESEHEN WIRD , WENN DIE ARBEITNEHMERIN DAS ALTER VON 40 JAHREN ERREICHT , OBWOHL FESTSTEHT , DASS IM ARBEITSVERTRAG DER MÄNNLICHEN PURSER , DIE DIE GLEICHE ARBEIT ZU LEISTEN HABEN , KEINE DERARTIGE BEENDIGUNG VORGESEHEN IST.

13/14DIE KASSATIONSKLAEGERIN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DER ANSICHT , ARTIKEL 119 SEI WEIT AUSZULEGEN IN DEM SINNE , DASS ER NUR EINE SPEZIFISCHE AUSPRAEGUNG DES ALLGEMEINEN GRUNDSATZES DER NICHTDISKRIMINIERUNG SEI , DER MEHRFACH AUSDRUCK IM VERTRAG GEFUNDEN HABE. INSBESONDERE FALLE DIE UMSTRITTENE KLAUSEL DES ARBEITSVERTRAGS FÜR BORDSTEWARDESSEN , IN DER FÜR DIESE EIN HÖCHSTALTER VON 40 JAHREN FESTGESETZT SEI , IN DEN GELTUNGSBEREICH DER NICHTDISKRIMINIERUNGSREGEL DES ARTIKELS 119 , ZUM EINEN WEIL EINE ARBEITNEHMERIN NUR IN DEN GENUSS EINES GLEICHEN ENTGELTS WIE DIE MÄNNLICHEN ARBEITNEHMER GELANGEN KÖNNE , WENN VORHER IHR GEGENÜBER DIE GLEICHHEIT DER BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN GEWAHRT WORDEN SEI , UND ZUM ANDEREN WEIL DIE FÜR BORDSTEWARDESSEN AUFGRUND DES ARBEITSVERTRAGS VORGESCHRIEBENE ALTERSGRENZE NACHTEILIGE FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN IN BEZUG AUF DIE ABFINDUNG BEIM AUSSCHEIDEN AUS DEM DIENST UND DIE RENTE HABE.

15DER GELTUNGSBEREICH DES ARTIKELS 119 IST IM RAHMEN DES SYSTEMS DER SOZIALVORSCHRIFTEN DES VERTRAGES ZU BESTIMMEN , DIE IN DEM AUS DEN ARTIKELN 117 FF. BESTEHENDEN KAPITELN ZUSAMMENGEFASST SIND.

16/18DIE ARBEITS- UND BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN WERDEN ALLGEMEIN IN DEN ARTIKELN 117 UND 118 UNTER DEM BLICKWINKEL EINER ABSTIMMUNG DER SOZIALORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN UND EINER ANGLEICHUNG DER EINSCHLAEGIGEN RECHTSVORSCHRIFTEN DIESER STAATEN BETRACHTET. DIE BESEITIGUNG DER AUF DEM GESCHLECHT DER ARBEITNEHMER BERUHENDEN DISKRIMINIERUNGEN IST ZWEIFELLOS EIN BESTANDTEIL DIESES SOZIALPOLITISCHEN GESETZGEBUNGSPROGRAMMS , DAS IN BESTIMMTER HINSICHT DURCH DIE ENTSCHLIESSUNG DES RATES VOM 21. JANUAR 1974 ( ABL. C 13 , S. 1 ) PRÄZISIERT WURDE. DIE GLEICHE AUFFASSUNG LIEGT DER RICHTLINIE 76/207 DES RATES VOM 9. FEBRUAR 1976 ZUR VERWIRKLICHUNG DES GRUNDSATZES DER GLEICHBEHANDLUNG VON MÄNNERN UND FRAUEN HINSICHTLICH DES ZUGANGS ZUR BESCHÄFTIGUNG , ZUR BERUFSBILDUNG UND ZUM BERUFLICHEN AUFSTIEG SOWIE IN BEZUG AUF DIE ARBEITSBEDINGUNGEN ( ABL. L 39 , S. 40 ) ZUGRUNDE.

19/23IM GEGENSATZ ZU DEN ARTIKELN 117 UND 118 , DIE IM WESENTLICHEN PROGRAMMATISCHEN CHARAKTER HABEN , STELLT ARTIKEL 119 EINE AUF DAS PROBLEM DER LOHNDISKRIMINIERUNGEN ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN BESCHRÄNKTE SONDERBESTIMMUNG DAR , DEREN ANWENDUNG AN GENAUE VORAUSSETZUNGEN GEKNÜPFT IST. SONACH KANN DIE TRAGWEITE DIESES ARTIKELS NICHT AUF ANDERE ASPEKTE DES BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSES ALS DIEJENIGEN ERSTRECKT WERDEN , AUF DIE ER SICH AUSDRÜCKLICH BEZIEHT. INSBESONDERE IST DIE TATSACHE , DASS DIE AUFSTELLUNG BESTIMMTER BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN - WIE DIE FESTSETZUNG EINER BESONDEREN ALTERSGRENZE - FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN HABEN KANN , KEIN HINREICHENDER GRUND DAFÜR , DIESE BEDINGUNGEN IN DEN GELTUNGSBEREICH DES ARTIKELS 119 FALLEN ZU LASSEN , DER AUF DEM ENGEN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DER ART DER ARBEITSLEISTUNG UND DER HÖHE DES ARBEITSENTGELTS BERUHT. DIES GILT UM SO MEHR , ALS DAS BEZUGSKRITERIUM , DAS ARTIKEL 119 ZUGRUNDE LIEGT , NÄMLICH DIE VERGLEICHBARKEIT DER VON DEN ARBEITNEHMERN BEIDERLEI GESCHLECHTS ERBRACHTEN ARBEITSLEISTUNGEN , EIN FAKTOR IST , IN BEZUG AUF DEN SICH ALLE ARBEITNEHMER MUTMASSLICH IN DER GLEICHEN LAGE BEFINDEN , WÄHREND DIE BEURTEILUNG DER ÜBRIGEN ARBEITS- UND BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN IN MANCHERLEI HINSICHT FAKTOREN INS SPIEL BRINGT , DIE - WEGEN DER RÜCKSICHTEN , DIE DER BESONDEREN STELLUNG DER FRAU IM ARBEITSPROZESS GEBÜHREN - MIT DEM GESCHLECHT DER ARBEITNEHMER ZUSAMMENHÄNGEN. DER WORTLAUT VON ARTIKEL 119 DARF DAHER NICHT SO WEIT AUSGEDEHNT WERDEN , DASS DIE UNMITTELBARE GELTUNG , DIE DIESER BESTIMMUNG AUF IHREM EIGENTLICHEN SACHGEBIET ZUZUERKENNEN IST , IN FRAGE GESTELLT UND ANDERERSEITS IN EINEN BEREICH EINGEGRIFFEN WIRD , DESSEN BEURTEILUNG AUFGRUND DER ARTIKEL 117 UND 118 DEN DARIN GENANNTEN STELLEN VORBEHALTEN IST.

24HIERNACH IST AUF DEN ERSTEN TEIL DER FRAGE ZU ANTWORTEN , DASS ARTIKEL 119 DES VERTRAGES NICHT DAHIN AUSGELEGT WERDEN KANN , DASS ER ÜBER DIE GLEICHHEIT DES ARBEITSENTGELTS HINAUS AUCH DIE GLEICHHEIT DER SONSTIGEN ARBEITSBEDINGUNGEN FÜR MÄNNLICHE UND WEIBLICHE ARBEITNEHMER GEBIETET.

ZUM ZWEITEN TEIL DER FRAGE , DER SICH AUF DIE EXISTENZ EINES ALLGEMEINEN GRUNDSATZES BEZIEHT , WONACH DISKRIMINIERUNGEN AUFGRUND DES GESCHLECHTS IN BEZUG AUF DIE ARBEITS- UND BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN VERBOTEN SIND

25DER ZWEITE TEIL DER FRAGE GEHT DAHIN , OB ES AUSSERHALB DER SPEZIFISCHEN BESTIMMUNGEN DES ARTIKELS 119 IM GEMEINSCHAFTSRECHT EINEN ALLGEMEINEN GRUNDSATZ GIBT , DER AUF DEM GESCHLECHT BERUHENDE DISKRIMINIERUNGEN IN BEZUG AUF DIE ARBEITS- UND BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN FÜR MÄNNLICHE UND WEIBLICHE ARBEITNEHMER VERBIETET.

26/29DER GERICHTSHOF HAT BEREITS WIEDERHOLT FESTGESTELLT , DASS DIE WAHRUNG DER GRUNDRECHTE DES MENSCHEN BESTANDTEIL DER ALLGEMEINEN GRUNDSÄTZE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS IST , DEREN EINHALTUNG ER ZU SICHERN HAT. ES LÄSST SICH NICHT BEZWEIFELN , DASS DIE BESEITIGUNG DER AUF DEM GESCHLECHT BERUHENDEN DISKRIMINIERUNGEN ZU DIESEN GRUNDRECHTEN GEHÖRT. DIE GLEICHE AUFFASSUNG WIRD ÜBRIGENS AUCH IN DER EUROPÄISCHEN SOZIALCHARTA VOM 18. NOVEMBER 1961 UND IN DER KONVENTION NR. 111 DER INTERNATIONALEN ARBEITSORGANISATION VOM 25. JUNI 1958 ÜBER DIE DISKRIMINIERUNG IN BESCHÄFTIGUNG UND BERUF VERTRETEN. IN DIESEM ZUSAMMENHANG IST AUSSERDEM DARAUF HINZUWEISEN , DASS DER GERICHTSHOF IN SEINEN URTEILEN VOM 7. JUNI 1972 IN DER RECHTSSACHE SABBATINI-BERTONI ( SLG. 1972 , 345 ) UND VOM 20. FEBRUAR 1975 IN DER RECHTSSACHE AIROLA ( SLG. 1975 , 221 ) DIE NOTWENDIGKEIT ANERKANNT HAT , GLEICHE ARBEITSBEDINGUNGEN FÜR DIE VON DER GEMEINSCHAFT SELBST BESCHÄFTIGTEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMER IM RAHMEN DES BEAMTENSTATUTS ZU SCHAFFEN.

30/32WAS DAGEGEN DIE DEM NATIONALEN RECHT UNTERLIEGENDEN ARBEITSVERHÄLTNISSE BETRIFFT , SO BESASS DIE GEMEINSCHAFT ZUR ZEIT DER VON DEN BELGISCHEN GERICHTEN ZU BEURTEILENDEN VORGÄNGE KEINE KONTROLL- UND GARANTIEFUNKTION IN BEZUG AUF DIE EINHALTUNG DES GRUNDSATZES DER GLEICHHEIT ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN HINSICHTLICH DER ANDEREN ARBEITSBEDINGUNGEN ALS DES ENTGELTS. ZU DIESER ZEIT BESTANDEN , WIE OBEN GESAGT WURDE , IM RAHMEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS NUR DIE IN DEN ARTIKELN 117 UND 118 DES VERTRAGES NIEDERGELEGTEN PROGRAMMATISCHEN BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ALLGEMEINE ENTWICKLUNG DES SOZIALEN WOHLS , U. A. AUCH WAS DIE ARBEITS- UND BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN ANGEHT. HIERAUS FOLGT , DASS DER VON DEN BELGISCHEN GERICHTEN ZU BEURTEILENDE SACHVERHALT NUR UNTER DIE IN BELGIEN GELTENDEN BESTIMMUNGEN UND GRUNDSÄTZE DES INNERSTAATLICHEN UND DES VÖLKERRECHTS FÄLLT.

33DANACH IST AUF DEN ZWEITEN TEIL DER FRAGE ZU ANTWORTEN , DASS ES ZUR ZEIT DER DEM AUSGANGSRECHTSSTREIT ZUGRUNDE LIEGENDEN VORGÄNGE IN BEZUG AUF DIE DEM NATIONALEN RECHT UNTERLIEGENDEN ARBEITSVERHÄLTNISSE KEINE GEMEINSCHAFTSRECHTSNORM GAB , DIE DISKRIMINIERUNGEN ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN HINSICHTLICH DER ANDEREN ARBEITSBEDINGUNGEN ALS DER DURCH ARTIKEL 119 DES VERTRAGES ERFASSTEN REGELUNG DES ENTGELTS VERBOTEN HÄTTE.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

34/35DIE AUSLAGEN DER REGIERUNG DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS , DER REGIERUNG DER ITALIENISCHEN REPUBLIK UND DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE ERKLÄRUNGEN VOR DEM GERICHTSHOF ABGEGEBEN HABEN , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSRECHTSSTREITS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DER BELGISCHEN COUR DE CASSATION ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT ; DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

AUS DIESEN GRÜNDEN

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VON DER BELGISCHEN COUR DE CASSATION MIT URTEIL VOM 28. NOVEMBER 1977 VORGELEGTE FRAGE FÜR RECHT ERKANNT :

ARTIKEL 119 EWG-VERTRAG KANN NICHT DAHIN AUSGELEGT WERDEN , DASS ER ÜBER DIE GLEICHHEIT DES ARBEITSENTGELTS HINAUS AUCH DIE GLEICHEIT DER SONSTIGEN ARBEITSBEDINGUNGEN FÜR MÄNNLICHE UND WEIBLICHE ARBEITNEHMER GEBIETET.

ZUR ZEIT DER DEM AUSGANGSRECHTSSTREIT ZUGRUNDE LIEGENDEN VORGÄNGE GAB ES IN BEZUG AUF DIE DEM NATIONALEN RECHT UNTERLIEGENDEN ARBEITSVERHÄLTNISSE KEINE GEMEINSCHAFTSNORM , DIE DISKRIMINIERUNGEN ZWISCHEN MÄNNLICHEN UND WEIBLICHEN ARBEITNEHMERN HINSICHTLICH DER ANDEREN ARBEITSBEDINGUNGEN ALS DER DURCH ARTIKEL 119 EWG-VERTRAG ERFASSTEN REGELUNG DES ENTGELTS VERBOTEN HÄTTE.

Ende der Entscheidung

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