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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.12.1989
Aktenzeichen: 169/88
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 90
Beamtenstatut Art. 25
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Da die Begründungspflicht sowohl bezweckt, dem Betroffenen die Prüfung zu ermöglichen, ob die Entscheidung einen Fehler enthält, aufgrund dessen ihre Rechtmässigkeit angefochten werden kann, als auch, die gerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen, ist der Umfang dieser Pflicht in jedem Fall aufgrund der konkreten Umstände zu ermitteln.

Die Begründungspflicht im Sinne von Artikel 25 Absatz 2 des Statuts ist erfuellt, wenn sich aus den Umständen, unter denen die fragliche Entscheidung erlassen und den Betroffenen mitgeteilt wurde, sowie aus den dienstlichen Vermerken und den übrigen, die Entscheidung begleitenden Mitteilungen die wesentlichen Faktoren erkennen lassen, von denen sich die Verwaltung bei ihrer Entscheidung leiten ließ.

2. Der Begriff des Arzneimittels im Sinne von Anhang I Abschnitt V Absatz 1 der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften ist wegen des Fehlens einer eigenen Definition in diesem Gesetzestext unter Berücksichtigung der Richtlinie 65/65 zur Angleichung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten zu bestimmen.

Nach dieser Richtlinie muß eine organotherapeutische Zubereitung, die als Mittel zur Heilung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird, ärztlich verordnet und in einer Apotheke gekauft wird, als Arzneimittel angesehen werden. Die Erstattung hierfür muß vom gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystem übernommen werden, da sie auf der in Anhang I Abschnitt V Absatz 2 der Regelung enthaltenen Liste von Erzeugnissen, die der Schönheitspflege oder dem Wohlbefinden dienen und als solche von der Erstattung ausgeschlossen sind, nicht erwähnt ist und aufgrund ihrer Eigenschaften auch nicht als einem dieser Erzeugnisse ähnlich angesehen werden kann.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 13. DEZEMBER 1989. - MAURICE PRELLE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - BEGRIFF DER ARZNEIMITTEL - ERSTATTUNG. - RECHTSSACHE 169/88.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, ehemaliger Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschrift, die am 17. Juni 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Aufhebung der stillschweigenden Zurückweisung seiner Beschwerde vom 4. November 1987 gegen eine Entscheidung der Abrechnungsstelle des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems, mit der die Übernahme der Kosten für eine organotherapeutische Zubereitung abgelehnt wurde, sowie auf Verurteilung der Kommission zur Zahlung von 8 000 BFR Schadensersatz für den immateriellen und den Vermögensschaden, der dem Kläger angeblich dadurch entstanden ist, daß er wegen des Erlasses dieser Entscheidung Klage erheben musste.

2 Aus den Akten ergibt sich, daß der Kläger am 14. Juli 1987 bei der Abrechnungsstelle in Brüssel einen Antrag auf Erstattung von 400 FF für ein organotherapeutisches Mittel stellte. Dieses Mittel, das zur Behandlung des Gelenkrheumatismus dient, war der Ehefrau des Klägers von einem französischen Arzt verschrieben und in einem pharmazeutischen Labor hergestellt worden. Mit Entscheidung vom 2. September 1987 lehnte die Abrechnungsstelle die Erstattung der Kosten für dieses Mittel ab.

3 Auf ein Schreiben vom 28. September 1987, mit dem der Kläger das gemeinsame Krankheitsfürsorgesystem aufforderte, ihm die Gründe für die Ablehnung im einzelnen mitzuteilen, erhielt er am 26. Oktober 1987 eine Kopie der Stellungnahme des Vertrauensarztes der Abrechnungsstelle vom 19. Juli 1987, die den Hinweis enthält : "Salbe, nicht erstattungsfähig ( Organotherapie )".

4 Am 4. November 1987 legte der Kläger Verwaltungsbeschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts ein. Am 7. Dezember 1987 wies er den Verwaltungsausschuß des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems schriftlich auf die Verwechslung hin, die dem Vertrauensarzt unterlaufen sei, als er das fragliche Mittel als Salbe, deren Kosten zudem bereits erstattet seien, bezeichnet habe, wohingegen es sich um ein zu injizierendes Mittel handele.

5 Mit Entscheidung vom 13. Juni 1988 wies die Kommission die Beschwerde mit der Begründung zurück, die organotherapeutische Zubereitung könne nicht als Arzneimittel angesehen werden, so daß für sie eine Erstattung nach Anhang I Abschnitt V der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften nicht in Betracht komme. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 24. Juni 1988 mitgeteilt. Vor der Mitteilung dieser verspäteten Antwort auf seine Beschwerde hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

6 Wegen weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte des Rechtsstreits, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

7 Der Kläger stützt seine Klage auf zwei Klagegründe : auf die Verletzung der Begründungspflicht gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Statuts und auf die Verletzung von Anhang I Abschnitt V der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften.

Zu dem Klagegrund, mit dem eine unzureichende Begründung der streitigen Entscheidung geltend gemacht wird

8 Der Kläger macht geltend, der Entscheidung der Abrechnungsstelle vom 2. September 1987 fehle unter Verstoß gegen Artikel 25 Absatz 2 des Statuts, wonach jede beschwerende Verfügung mit Gründen versehen werden müsse, jede Begründung für die Ablehnung der Erstattung, da sie nur den Hinweis "nicht erstattungsfähige Leistungen" enthalte. Da der Vertrauensarzt die Salbe und das zu injizierende Mittel verwechselt habe, beziehe sich die in dessen Stellungnahme vom 19. Juli 1987 enthaltene Begründung nicht auf das fragliche Mittel, d. h. das zu injizierende Mittel; ausserdem sei sie so kanpp, daß er daraus nichts für die Auslegung von Anhang I Abschnitt V der Regelung herleiten könne, auf den die Ablehnung gestützt werde.

9 Wie der Gerichtshof unter anderem in dem Urteil vom 21. Juni 1984 in der Rechtssache 69/83 ( Lux, Slg. 1984, 2447 ) bereits entschieden hat, sind bei der Prüfung, ob dem Artikel 25 des Statuts genügt ist, nicht nur die streitige Entscheidung, sondern auch die Umstände zu berücksichtigen, unter denen diese Entscheidung ergangen ist. Da die Begründungspflicht sowohl bezweckt, dem Betroffenen die Prüfung zu ermöglichen, ob die Entscheidung einen Fehler enthält, aufgrund dessen ihre Rechtmässigkeit angefochten werden kann, als auch, die gerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen, ist der Umfang dieser Pflicht in jedem Fall aufgrund der konkreten Umstände zu ermitteln.

10 Der Gerichtshof hat zudem - unter anderem in den Urteilen vom 14. Juli 1977 in der Rechtssache 61/76 ( Geist, Slg. 1977, 1419 ) und vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 791/79 ( Demont, Slg. 1981, 3105 ) ausgeführt, daß die Begründungspflicht im Sinne von Artikel 25 Absatz 2 des Statuts erfuellt ist, wenn sich aus den Umständen, unter denen die fragliche Entscheidung erlassen und den Betroffenen mitgeteilt wurde, sowie aus den dienstlichen Vermerken und den übrigen, die Entscheidung begleitenden Mitteilungen die wesentlichen Faktoren erkennen lassen, von denen sich die Verwaltung bei ihrer Entscheidung leiten ließ.

11 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, daß die Prüfung der Entscheidung der Abrechnungsstelle vom 2. September 1987, wonach "nicht erstattungsfähige Leistungen" vorliegen, in Verbindung mit der Stellungnahme des Vertrauensarztes vom 19. Juli 1987, in der von "Salbe, nicht erstattungsfähig ( Organotherapie )" die Rede ist, trotz der Verwechslung der Mittel, die diesem unterlaufen war, knapp aber hinreichend deutlich erkennen lässt, daß der Grund für die Ablehnung gegenüber dem Kläger, darin liegt, daß dem betreffenden Mittel die Arzneimitteleigenschaft im Sinne des vorerwähnten Anhangs I Abschnitt V fehlt.

12 Weiter ist festzustellen, daß der Kläger diese Begründung kannte, da er sowohl in seiner Beschwerde vom 4. November 1987 als auch in seiner Klageschrift vom 17. Juni 1988 geltend gemacht hat, die Auslegung von Anhang I Abschnitt V durch die Kommission sei fehlerhaft.

13 Der erste Klagegrund ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Zu dem Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Anhang I Abschnitt V der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften geltend gemacht wird

14 Anhang I Abschnitt V Absatz 1 bestimmt : "Die Kosten für ärztlich verordnete Arzneimittel werden mit einem Satz von 85 % erstattet..." Absatz 2 besagt jedoch : "Mineralwasser, tonische Weine und Liköre, Säuglingsnahrung, Haarpflegemittel, Schönheitsmittel, diätetische Nahrungsmittel, Körperpflegemittel, Irrigatoren, Thermometer Kräutertees, Heilkräuter sowie ähnliche Erzeugnisse und Geräte gelten nicht als Arzneimittel."

15 Der Kläger trägt vor, wenn ein Mittel von einem Arzt verschrieben und von einem Apotheker hergestellt worden sei, müsse die Abrechnungsstelle gemäß Abschnitt V Absatz 1 die Kosten für dieses Mittel mit einem Satz von 85 % erstatten, wenn es nicht ausdrücklich in Abschnitt V Absatz 2 aufgeführt sei, der eine abschließende Liste der nicht als Arzneimittel geltenden Erzeugnisse enthalte. Organotherapeutische Mittel müssten, da sie in dieser Liste nicht aufgeführt seien, folglich als Arzneimittel gelten, deren Kosten gemäß Absatz 1 zu erstatten seien.

16 Die Kommission wendet ein, das fragliche Erzeugnis sei kein Arzneimittel im Sinn der erwähnten Bestimmung, da ihm heilende oder vorbeugende Eigenschaften oder zumindest ein nach zeitgenössischen wissenschaftlichen Normen erwiesener ausreichender Grad einer therapeutischen Wirkung fehle; sie sei demgemäß nach dieser Vorschrift nicht erstattungsfähig. Die Verfasser der gemeinschaftsrechtlichen Regelung hätten sich darauf beschränkt, in Abschnitt V Absatz 2 einige Erzeugnisse, die ganz offensichtlich keine Arzneimittel seien, nicht abschließend aufzuzählen. Daraus folge jedoch nicht, daß dem Vertrauensarzt der Abrechnungsstelle jede Zuständigkeit zur Beurteilung der Erstattungsfähigkeit aller sonstigen Mittel fehle, die von einem Arzt verschrieben und anschließend in einer Apotheke zubereitet und verkauft worden seien.

17 Vorab ist zu prüfen, ob organotherapeutische Zubereitungen unter den Arzneimittelbegriff des Abschnitts V Absatz 1 fallen und, falls ja, ob sie den in Absatz 2 genannten Erzeugnissen gleichgestellt und demgemäß von der Erstattung ausgeschlossen werden können.

18 Insoweit ist festzustellen, daß die genannte Gemeinschaftsregelung keine Definition des Arzneimittelbegriffs enthält. Zur Bestimmung der Tragweite dieses Begriffs im Rahmen von Abschnitt V Absatz 1 ist deshalb die Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten ( ABl. 1965, S. 369 ) heranzuziehen, die einige nützliche Beurteilungskriterien enthält, obwohl sie in einem anderen Zusammenhang ergangen ist als die Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften.

19 Für die Durchführung dieser Richtlinie gelten als Arzneispezialitäten im Sinne ihres Artikels 1 "alle Arzneimittel, die im voraus hergestellt und unter einer besonderen Bezeichnung und in einer besonderen Aufmachung in den Verkehr gebracht werden ". Die Richtlinie erfasst somit nicht eine nach Angaben des Arztes hergestellte Zubereitung wie das fragliche organotherapeutische Mittel.

20 Sieht man aber von der Herstellungsweise und der Art der Aufmachung ab, so sind die wesentlichen Merkmale des Arzneimittels in den Definitionen der Begriffe "Arzneimittel" und "Stoffe" in Artikel 1 der Richtlinie enthalten.

21 Gemäß Artikel 1 Nr. 2 Absatz 1 der Richtlinie sind Arzneimittel "alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher... Krankheiten bezeichnet werden ". Nach Nr. 3 dieser Vorschrift sind als "Stoffe" aufzufassen "alle Stoffe jeglicher Herkunft, und zwar... tierischer Herkunft, wie z. B.... Teile von Organen ".

22 Auf der Grundlage dieser Definitionen muß eine organotherapeutische Zubereitung, die als Mittel zur Heilung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird, als Arzneimittel im Sinn von Anhang I Abschnitt V Absatz 1 angesehen werden, wenn sie ärztlich verordnet und in einer Apotheke gekauft wird.

23 Unter diesen Umständen ist jedoch zu prüfen, ob eine derartige organotherapeutische Zubereitung nicht unter Anhang I Abschnitt V Absatz 2 der Regelung des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems fällt, wonach bestimmte Erzeugnisse nicht als Arzneimittel und damit nicht als erstattungsfähig gelten.

24 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Liste der in Absatz 2 genannten Erzeugnisse nicht abschließend ist. Diese Bestimmung erwähnt nämlich neben einer Anzahl genau beschriebener Erzeugnisse ausdrücklich auch ähnliche Erzeugnisse und Geräte.

25 Organotherapeutische Zubereitungen sind in dieser Liste nicht eigens genannt. Sie können auch nicht als Erzeugnisse angesehen werden, die den in Anhang I Abschnitt V Absatz 2 ausdrücklich genannten Erzeugnissen wie z. B. Mineralwasser, tonischen Weinen und Likören, Säuglingsnahrung, Haarpflegemitteln, Schönheitsmitteln, diätetischen Nahrungsmitteln, Körperpflegemitteln oder Heilkräutern ähnlich wären. Die so aufgezählten Erzeugnisse dienen nämlich im Gegensatz zu den organotherapeutischen Mitteln nicht zur Behandlung einer bestimmten Krankheit; sie sind vielmehr allgemein als Erzeugnisse anzusehen, die der Schönheitspflege oder dem Wohlbefinden dienen. Der Ausschluß der Erstattung für diese Erzeugnisse knüpft daher offenbar an diese Besonderheiten an und nicht daran, daß der Nachweis für ihre therapeutische Wirksamkeit fehlte.

26 Hieraus folgt, daß für organotherapeutische Zubereitungen, die ärztlich verordnet und in einer Apotheke gekauft worden sind, ein Erstattungssatz von 85 % gilt, da sie als Arzneimittel anzusehen sind und nicht in die Gruppe der ähnlichen Erzeugnisse gemäß Anhang I Abschnitt V Absatz 2 fallen.

27 Im übrigen kann der Kommission auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie sich auf Anhang I Abschnitt XV Nr. 2 bezieht, um die Nichterstattung des organotherapeutischen Mittels zu rechtfertigen. Diese Vorschrift, wonach die Kosten für Behandlungen, die nach Ansicht der Abrechnungsstelle nach Stellungnahme des Vertrauensarztes nichtfunktionell bzw. nicht notwendig sind oder über den normalen Rahmen hinausgehen, nicht erstattungsfähig sind, stellt nämlich nicht die Grundlage dar, auf der die angefochtene Entscheidung ergangen ist, und ist von der Kommission erst in ihrer Klagebeantwortung herangezogen worden.

28 Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission zwar aufgrund der geltenden Fassung von Anhang I Abschnitt V die Erstattung organotherapeutischer Zubereitungen nicht verweigern kann, daß aber die Verfasser der Gemeinschaftsregelung - da die Liste der in Absatz 2 dieser Bestimmung genannten Erzeugnisse nicht abschließend ist - diesen Absatz dahin ändern können, daß organotherapeutische Zubereitungen ausdrücklich in den Kreis der nicht als Arzneimittel geltenden Erzeugnisse aufgenommen werden.

29 Jede andere Auslegung von Anhang I Abschnitt V in seiner geltenden Fassung würde die Versicherten in unangemessener Weise dem schwer abschätzbaren Risiko einer Verweigerung der Erstattung selbst im Falle eines ärztlich verordneten und in einer Apotheke gekauften Mittels aussetzen, während sie als pharmakologische Laien unter Berufung auf Abschnitt V berechtigterweise mit der Erstattung des Kaufpreises für ein derartiges Mittel rechnen können.

30 Nach alledem ist dem zweiten Klagegrund stattzugeben.

31 Die Klage ist also für begründet zu erklären und die stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde des Klägers vom 4. November 1987 folglich aufzuheben. Gemäß Artikel 176 Absatz 1 EWG-Vertrag hat die Kommission die Folgerungen zu ziehen, die sich aus dieser Aufhebung ergeben, und dem Kläger 85 % des Betrags von 400 FF, zahlbar in BFR, zuzueglich gesetzlicher Zinsen hieraus ab 11. November 1987, dem Tag nach der Bestätigung des Eingangs der Beschwerde, zu erstatten.

32 Der Antrag auf Schadensersatz in Höhe von 8 000 BFR, den der Kläger zum Ausgleich des immateriellen und des Vermögensschadens gestellt hat, der ihm angeblich durch die streitige Entscheidung entstanden ist, ist als unbegründet zurückzuweisen, da der Kläger den Schaden nicht dargetan hat. Es ist festzustellen, daß das vorliegende Urteil jedenfalls einen angemessenen Ausgleich für jeglichen etwaigen immateriellen Schaden darstellt.

Kostenentscheidung:

Kosten

33 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde des Klägers vom 4. November 1987 und die Entscheidung der Abrechnungsstelle des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems vom 2. September 1987, mit der dem Kläger gegenüber die Erstattung der Kosten für eine organotherapeutische Zubereitung mit einem Satz von 85 % abgelehnt wurde, werden aufgehoben.

2 ) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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