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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.05.1989
Aktenzeichen: 193/87
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Beamtenstatut


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 3
Beamtenstatut Art. 91
Beamtenstatut Art. 24 a
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Entscheidungen betreffend die Bedingungen, unter denen die Beamten das Koalitionsrecht ausüben dürfen, berühren die Ausübung des in Artikel 24 a des Beamtenstatuts anerkannten Koalitionsrechts. Solche Entscheidungen entfalten somit Rechtswirkungen und können nicht als einfache innerdienstliche Organisationsmaßnahmen betrachtet werden.

2. Ein Beamter hat als Gewerkschaftsfunktionär ein berechtigtes Interesse daran, gegen eine Entscheidung zu klagen, die die Voraussetzungen betrifft, unter denen er innerhalb des Organs seine gewerkschaftlichen Aufgaben wahrnehmen muß, auch wenn diese Entscheidung an die Gewerkschaft, der er angehört, gerichtet ist und ihn nicht allein betrifft.

3. Eine auf Artikel 173 EWG-Vertrag oder auf Artikel 91 des Beamtenstatuts beruhende Klage auf Aufhebung einer bestätigenden Entscheidung ist nur dann unzulässig, wenn die bestätigte Entscheidung für den Betroffenen Bestandskraft erlangt hat, weil gegen sie nicht fristgemäß Klage erhoben worden ist. Andernfalls hat der Betroffene das Recht, gegen die bestätigte Entscheidung, gegen die bestätigende Entscheidung oder gegen beide vorzugehen.

4. Eine Gewerkschaft kann eine Klage nicht im Rahmen des Artikels 91 des Beamtenstatuts erheben, da die in dieser Vorschrift vorgesehene Klage nur den Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften, nicht aber den Gewerkschaften offensteht.

5. Die Klagefristen sind zwingend; es ist nicht Sache der Parteien, sie nach Belieben festzusetzen. Auch wenn für die Klagebefugnis einer juristischen Person u. a. das Vorliegen eines ordnungsgemässen Beschlusses des dafür zuständigen Gremiums maßgebend sein kann, kann der Beginn der Klagefrist nicht jeweils von der Satzung oder Praxis der juristischen Person abhängen; er kann folglich nicht auf den Tag festgesetzt werden, an dem das zuständige Gremium ordnungsgemäß tagt und von der zu beanstandenden Entscheidung wirksam Kenntnis nimmt.

6. Eine Entscheidung ist im Sinne des Artikels 191 EWG-Vertrag ordnungsgemäß bekanntgegeben, wenn sie ihrem Adressaten zugeht und dieser in der Lage ist, von ihr Kentnnis zu nehmen; damit ist es Sache der Partei, die sich - im Hinblick auf die in Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage festgesetzten Fristen - auf die Verspätung einer Klage beruft, das Datum, an dem die Entscheidung mitgeteilt worden ist, zu beweisen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 11. MAI 1989. - HENRI MAURISSEN UND UNION SYNDICALE GEGEN RECHNUNGSHOF DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - GEWERKSCHAFT - KOALITIONSRECHT - ZULAESSIGKEIT. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 193 UND 194/87.

Entscheidungsgründe:

1 Herr Maurissen ( im folgenden : Kläger zu 1 ), Beamter des Rechnungshofes, hat mit Klageschrift, die am 22. Juni 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist ( Rechtssache 193/87 ), gemäß Artikel 91 des Beamtenstatuts Klage erhoben auf Aufhebung zweier Entscheidungen des Präsidenten des Rechnungshofes vom 17. und 31. März 1987 betreffend die Ausübung von Gewerkschaftstätigkeiten innerhalb des Rechnungshofes.

2 In seiner Klageschrift hat der Kläger zu 1 ausserdem eine Entscheidung des Präsidenten des Rechnungshofes vom 2. Juni 1987 beanstandet, mit der ihm die Gewährung von Sonderurlaub zum Besuch von Vorlesungen verweigert worden war. Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger zu 1 jedoch insoweit die Rücknahme seiner Klage erklärt, so daß hierüber nicht zu entscheiden ist.

3 Der Gewerkschaftsbund - Europäischer Öffentlicher Dienst - in Luxemburg ( im folgenden : Kläger zu 2 ) hat mit Klageschrift, die am 22. Juni 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist ( Rechtssache 194/87 ), gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Aufhebung der beiden genannten Entscheidungen des Präsidenten des Rechnungshofes vom 17. und 31. März 1987.

4 Aus den Akten ergibt sich, daß in einem Flugblatt vom 26. Februar 1987 über die Absichten des Rechnungshofes in bezug auf die vorläufigen Haushaltsausgaben für das Jahr 1988 der Exekutivausschuß des Klägers zu 2 die geplante Erhöhung der Zahl von Bediensteten auf Zeit beanstandete. Dieser Anstieg könne nicht nur den europäischen öffentlichen Dienst entwerten, sondern auch die Unabhängigkeit des Rechnungshofes bedrohen und seine Rolle als "finanzielles Gewissen Europas" gefährden.

5 Am 17. März 1987 übermittelte der Präsident des Rechnungshofes dem Kläger zu 1, dem einzigen Beamten des Rechnungshofes unter den im Flugblatt genannten Mitgliedern des Exekutivausschusses des Klägers zu 2, ein Schreiben, in dem er Form und Inhalt des Flugblatts beanstandete und dem Kläger zu 1 mitteilte, er habe beschlossen, dem internen Botendienst vorläufig zu untersagen, gewerkschaftliche Mitteilungen zu verteilen. In diesem Schreiben bat er den Kläger zu 1, diese Mitteilungen in Zukunft an die Personalvertretung zu richten, die sich für deren Verteilung des internen Botendienstes bedienen könne; andere Verteilungsformen seien allein Sache des Klägers zu 1.

6 Am 11. März 1987 hatte der Generalsekretär des Klägers zu 2 den Präsidenten des Rechnungshofes über die Einrichtung einer Gewerkschaftsvertretung beim Rechnungshof unterrichtet und ihn um Zustimmung zur Dienstbefreiung derjenigen Mitglieder der Vertretung gebeten, die zur Teilnahme an Sitzungen mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über Personalfragen bestimmt würden.

7 Am 31. März 1987 antwortete der Präsident des Rechnungshofes dem Generalsekretär des Klägers zu 2, er nehme von der Einrichtung einer Gewerkschaftsvertretung Kenntnis, könne dem Antrag auf Dienstbefreiung aber nicht stattgeben.

8 Die vorliegenden Klagen sind gegen diese Entscheidungen vom 17. und 31. März 1987 gerichtet.

9 Da der Rechnungshof die Zulässigkeit der einzelnen Klagen bestritten hat, hat der Gerichtshof beschlossen, zunächst gesondert über diese Einreden der Unzulässigkeit zu entscheiden.

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Rechtsstreits, des Verfahrensablaufs sowie des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Zulässigkeit der Klage zu 1

11 Der Rechnungshof hält die Klage zu 1 aus zwei Gründen für unzulässig : Die angefochtenen Entscheidungen beschwerten den Kläger zu 1 nicht; die Entscheidung vom 31. März 1987 sei eine bestätigende Verfügung.

12 Zur ersten Unzulässigkeitsrüge führt der Rechnungshof aus, daß diese Entscheidungen kein Recht beeinträchtigten und daß der Kläger zu 1 kein persönliches Interesse an ihrer Aufhebung habe.

13 Gemäß Artikel 91 des Beamtenstatuts können beschwerende Maßnahmen vor dem Gerichtshof angefochten werden. Nach ständiger Rechtsprechung sind als solche die Maßnahmen anzusehen, die eine bestimmte Rechtslage beeinträchtigen.

14 Für die streitigen Entscheidungen trifft dies zu.

15 Artikel 24 a des Beamtenstatuts lautet : "Die Beamten haben Vereinigungsfreiheit; sie können insbesondere Gewerkschaften oder Berufsverbänden der europäischen Beamten angehören."

16 In diesem Zusammenhang kann die zur Begründetheitsprüfung gehörende Frage dahingestellt bleiben, ob die angefochtenen Entscheidungen das in Artikel 24 a anerkannte Koalitionsrecht zu Recht oder zu Unrecht einschränken. Es genügt die Feststellung, daß sie die Ausübung dieses Rechts berühren, weil sie die Bedingungen betreffen, unter denen die Beamten ihr Koalitionsrecht ausüben dürfen.

17 Diese Entscheidungen entfalten also Rechtswirkungen und können nicht als einfache innerdienstliche Organisationsmaßnahmen betrachtet werden.

18 Der Kläger zu 1 hat jedenfalls als Gewerkschaftsfunktionär ein berechtigtes Interesse daran, gegen beide Entscheidungen zu klagen.

19 Mit der Entscheidung vom 17. März 1987 wird ihm durch ein an ihn gerichtetes Schreiben mitgeteilt, wie er sich hinsichtlich der Verteilung der gewerkschaftlichen Mitteilungen zu verhalten habe. Insoweit beeinträchtigt die Entscheidung seine eigene Rechtslage.

20 Das gleiche gilt für die Entscheidung vom 31. März 1987. Der Kläger zu 1 war unter den Gewerkschaftsvertretern, für die Dienstbefreiung zur Teilnahme an Sitzungen mit der Kommission beantragt worden war, ausdrücklich genannt worden. Er hat somit ein berechtigtes Interesse daran, die Ablehnung dieses Antrags durch den Präsidenten des Rechnungshofes anzufechten, obwohl diese Ablehnung an den Kläger zu 2 gerichtet war und den Kläger zu 1 nicht allein betrifft.

21 Was die Unzulässigkeitsrüge angeht, daß es sich bei der Entscheidung vom 31. März 1987 nur um eine bestätigende Verfügung handele, kann dem Vorbringen des Rechnungshofes ebenfalls nicht gefolgt werden.

22 Der Rechnungshof führt aus, daß diese Entscheidung nur eine Bestätigung des von ihm als Anstellungsbehörde stets vertretenen Standpunkts sei, wonach mangels einer einschlägigen Verordnungs - oder Haushaltsgrundlage seinen Bediensteten keine Dienstbefreiung gewährt werden könne.

23 Selbst wenn dieses Vorbringen bewiesen wäre, könnte es die geltend gemachte Unzulässigkeit nicht begründen, weil eine Entscheidung nur dann eine andere Entscheidung bestätigen kann, wenn letztere rechtsmittelfähig ist.

24 Zwar trägt der Rechnungshof vor, er habe am 25. März 1987 an den Kläger zu 1 eine Entscheidung gerichtet, mit der er ihm Dienstbefreiung zur Teilnahme an einer bestimmten Sitzung in Brüssel verweigert habe.

25 Aber selbst wenn in der Entscheidung vom 31. März 1987 trotz ihres allgemeinen Charakters eine Bestätigung der Entscheidung vom 25. März 1987 zu sehen wäre, könnte die Klage deshalb nicht für unzulässig erklärt werden.

26 Eine Klage gegen eine bestätigende Entscheidung ist nämlich nur dann unzulässig, wenn die bestätigte Entscheidung für den Betroffenen Bestandskraft erlangt hat, weil gegen sie nicht fristgemäß Klage erhoben worden ist. Andernfalls hat der Betroffene das Recht, gegen die bestätigte Entscheidung, gegen die bestätigende Entscheidung oder gegen beide vorzugehen.

27 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, daß zu dem Zeitpunkt, als der Kläger zu 1 seine Klage gegen die Entscheidung vom 31. März 1987 erhoben hat, die Entscheidung vom 25. März 1987 ihm gegenüber noch nicht bestandskräftig geworden war.

28 Nach alledem sind die gegenüber der Klage zu 1 geltend gemachten Unzulässigkeitsrügen zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Klage zu 2

29 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die Klage, wie der Kläger zu 2 in seiner Klageschrift selbst dargelegt hat, auf Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag beruht. Sie hätte im übrigen nicht wirksam gemäß Artikel 91 des Beamtenstatuts erhoben werden können, da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( Urteile vom 8. Oktober 1974 in der Rechtssache 175/73, Gewerkschaftsbund, Slg. 1974, 917, und in der Rechtssache 18/74, Allgemeine Gewerkschaft, Slg. 1974, 933 ) die in Artikel 91 vorgesehene Klage nur den Beamten und sonstigen Bediensteten, nicht aber den Gewerkschaften offensteht.

30 Der Rechnungshof hält die Klage zu 2 zum einen für nicht statthaft; zum anderen erhebt er gegenüber den Anträgen, die sich gegen beide angefochtenen Entscheidungen richten, Einreden der Unzulässigkeit.

Zur Statthaftigkeit der Klage

31 Der Rechnungshof führt aus, daß der Kläger zu 2 gegen Artikel 38 § 5 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes verstossen habe, weil er mit seiner Klage nicht seine vollständige Satzung eingereicht und nicht den Nachweis erbracht habe, daß die Prozeßvollmacht seines Anwalts von einem hierzu Berechtigten ordnungsgemäß ausgestellt worden sei.

32 Das erste Argument geht in tatsächlicher Hinsicht fehl, weil der Kläger zu 2 als Anlage zu seiner Erwiderung eine vollständige und authentische Fassung seiner Satzung vorgelegt hat.

33 Das zweite Argument ist ebenfalls zurückzuweisen. Rechtsanwalt Louis, der Anwalt des Klägers zu 2, verfügte, als er in dessen Namen die vorliegende Klage erhoben hat, über eine von Herrn Buick, dem Generalsekretär des Klägers zu 2, ausgestellte Prozeßvollmacht. Zwar kann der Gerichtshof - weil ein vorheriger Beschluß des Exekutivausschusses des Klägers zu 2 über die Klageerhebung nicht vorgelegt worden ist - nicht sicher sein, daß Herr Buick zu diesem Zeitpunkt berechtigt war, Prozeßvollmacht zur Klageerhebung im Namen des Klägers zu 2 zu erteilen. Es ist jedoch festzustellen, daß der Exekutivausschuß mit einem Beschluß vom 19. Dezember 1988 bestätigt hat, daß "Herr A. Buick... Rechtsanwalt Jean-Noël Louis eine Prozeßvollmacht zur Erhebung einer Klage gegen beide angefochtenen Entscheidungen wirksam ausstellen konnte ".

34 Soweit der Rechnungshof somit wegen der söben geprüften Punkte die Klage für unzulässig hält, sind seine Einwände zurückzuweisen.

Zur Einrede der Unzulässigkeit der Klage gegen die Entscheidung vom 17. März 1987

35 Ohne daß über die anderen Rügen des Rechnungshofes gegen die Zulässigkeit dieser Klage zu entscheiden wäre, ist festzustellen, daß diese Klage verspätet erhoben wurde und damit unzulässig ist.

36 Es steht nämlich fest, daß die Entscheidung vom 17. März 1987 dem Kläger zu 2 spätestens am 26. März 1987 zur Kenntnis gebracht worden ist, denn sein Präsident hat an diesem Tag in einem Schreiben an den Präsidenten des Rechnungshofes erklärt, daß "der Exekutivausschuß... vom Schreiben - datiert vom 17. dieses Monats - an Henri Maurissen Kenntnis genommen (( hat ))...".

37 Die am 22. Juni 1987 beim Gerichtshof eingegangene Klage gegen diese Entscheidung ist damit nach Ablauf der in Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag festgesetzten Klagefrist erhoben worden.

38 Zwar hat der Kläger zu 2 - um den Ausschluß seiner Klage zu vermeiden - in seiner Antwort auf eine Frage des Gerichtshofes geltend gemacht hat, daß die Frist für die Klage gegen eine ihn betreffende Entscheidung erst ab dem Tag in Gang gesetzt werden könne, an dem entweder seine Vollversammlung oder sein Exekutivausschuß mit der nach der Satzung erforderlichen Beschlußfähigkeit von dieser Entscheidung wirksam habe Kenntnis nehmen können.

39 Dieses Vorbringen ist jedoch zurückzuweisen. Die Klagefristen sind nämlich zwingend; es ist nicht Sache der Parteien, sie nach Belieben festzusetzen. Auch wenn für die Klagebefugnis einer juristischen Person u. a. das Vorliegen eines ordnungsgemässen Beschlusses des dafür zuständigen Gremiums maßgebend sein kann, kann der Beginn der Klagefrist nicht jeweils von der Satzung oder Praxis der juristischen Person abhängen; er kann folglich nicht auf den Tag festgesetzt werden, an dem das zuständige Gremium ordnungsgemäß tagt und von der zu beanstandenden Entscheidung wirksam Kenntnis nimmt.

40 Die Klage ist also unzulässig, soweit sie gegen die Entscheidung vom 17. März 1987 gerichtet ist.

Zur Einrede der Unzulässigkeit der Klage gegen die Entscheidung vom 31. März 1987

41 Der Rechnungshof macht erstens geltend, daß diese Entscheidung den Kläger zu 2 nicht unmittelbar und individuell betreffe.

42 Dieses Vorbringen ist in jedem Fall unerheblich. Da der Kläger zu 2 nämlich Adressat dieser Entscheidung ist, mit der sein Antrag abgelehnt wird, hat er das Recht, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag dagegen Klage zu erheben, ohne nachweisen zu müssen, daß er von der Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen ist.

43 Zweitens führt der Rechnungshof aus, daß die streitige Entscheidung keine beschwerende Wirkung habe, denn sie bestätige nur den stets vertretenen Standpunkt der Anstellungsbehörde, wonach mangels einer einschlägigen Verordnungs - oder Haushaltsgrundlage seinen Bediensteten keine Dienstbefreiung gewährt werden könne.

44 Wie in diesem Urteil anläßlich der Prüfung der Klage zu 1 festgestellt worden ist, könnte dieser stets vertretene Standpunkt für sich allein, selbst wenn er bewiesen wäre, die geltend gemachte Unzulässigkeit nicht begründen, weil der Rechnungshof in seinem Vorbringen zur vorliegenden Klage weder nachweist noch überhaupt vorträgt, daß dieser Standpunkt bereits in einer Entscheidung zum Ausdruck gekommen ist, gegen die der Kläger zu 2 hätte Klage erheben können.

45 Schließlich macht der Rechnungshof die Verspätung der Klage mit der Behauptung geltend, der Kläger zu 2 habe das Schreiben vom 31. März mit der streitigen Entscheidung am Tag nach dem Absendedatum durch die Post, das heisst mehr als zwei Monate vor Erhebung der Klage, erhalten.

46 Hierzu ist festzustellen, daß eine Entscheidung im Sinne des Vertrages ordnungsgemäß bekanntgegeben ist, wenn sie ihrem Adressaten zugeht und dieser in der Lage ist, von ihr Kenntnis zu nehmen ( Urteil vom 21. Februar 1973 in der Rechtssache 6/72, Europemballage und Continental, Slg. 1973, 215 ); damit ist es Sache der Partei, die sich auf die Verspätung einer Klage beruft, das Datum, an dem die Entscheidung mitgeteilt worden ist, zu beweisen ( Urteil vom 5. Juni 1980 in der Rechtssache 108/79, Belfiore, Slg. 1980, 1769 ).

47 Im vorliegenden Fall erbringt der Rechnungshof diesen ihm obliegenden Beweis nicht. Er begnügt sich mit Argumenten, die er als "Vermutungen" qualifiziert, die aber einen Beweis nicht ersetzen können.

48 Diese Einrede der Unzulässigkeit ist deshalb ebenfalls zurückzuweisen.

49 Nach alledem ist die Klage zu 2 zulässig, soweit sie gegen die Entscheidung vom 31. März 1987 gerichtet ist.

50 Da die Klage zu 1 ganz und die Klage zu 2 teilweise zulässig ist, wird das Verfahren zur Prüfung und Entscheidung in der Sache fortgesetzt.

Kostenentscheidung:

Kosten

51 Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage von Herrn Maurissen ist zulässig.

2)Die Klage des Gewerkschaftsbundes ist zulässig, soweit sie gegen die Entscheidung vom 31. März 1987 gerichtet ist.

3 ) Die Klage des Gewerkschaftsbundes wird als unzulässig abgewiesen, soweit sie gegen die Entscheidung vom 17. März 1987 gerichtet ist.

4 ) Das Verfahren wird zur Prüfung und Entscheidung in der Sache fortgesetzt.

5 ) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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