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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.10.1988
Aktenzeichen: 210/87
Rechtsgebiete: EWGV, VO Nr. 120/67


Vorschriften:

EWGV Art. 177
VO Nr. 120/67 Art. 15 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Werden mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung die Modalitäten und Bedingungen der Erhebung gemeinschaftlicher Abgaben und Gebühren durch die nationalen Behörden vom innerstaatlichen Recht bestimmt und kennt dieses keinen Grundsatz des Vertrauensschutzes, so steht das Gemeinschaftsrecht der Anwendung des so gestalteten innerstaatlichen Rechts nicht entgegen, sofern vergleichbare, rein innerstaatliche Abgaben und Gebühren nicht anders behandelt werden.

So hindert der im Gemeinschaftsrecht unabhängig von den besonderen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1697/79 geltende Grundsatz des Vertrauensschutzes die innerstaatliche Verwaltung auch dann nicht daran, nach nationalen Recht einen Agrarabschöpfungsmehrbetrag, den sie entsprechend einer ständigen und unbestrittenen, dann aber durch ein Urteil des Gerichtshofes für fehlerhaft erklärten Praxis ursprünglich nicht erhoben hatte, nachzuerheben, wenn die Wirtschaftsteilnehmer aufgrund dieser Praxis in gutem Glauben angenommen haben, nur den Betrag der ursprünglich festgesetzten Abschöpfung zahlen zu müssen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 5. OKTOBER 1988. - PADOVANI REMO UND ERBEN MANTOVANI GEGEN AMMINISTRAZIONE DELLE FINANZE DELLO STATO. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM TRIBUNALE CIVILE E PENALE VENEDIG. - NACHERHEBUNG EINES ZUSCHLAGS ZU AGRARABSCHOEPFUNGEN - ANWENDBARKEIT DES GRUNDSATZES DES VERTRAUENSSCHUTZES. - RECHTSSACHE 210/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunale civile e penale Venedig hat mit Beschluß vom 27. Mai 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juli 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt; es möchte wissen, ob sich ein Wirtschaftsteilnehmer gegenüber der Nacherhebung eines Mehrbetrags einer Agrarabschöpfung der Gemeinschaft, die nach innerstaatlichem Recht von den italienischen Behörden betrieben wird, auf den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes berufen kann.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Remo Padovani und den Erben Mantovani einerseits und der Amministrazione delle finanze dello Stato andererseits, in dem es um die von letzterer vorgenommene Berichtigung einer Festsetzung von Agrarabschöpfungen auf Getreideeinfuhren im Jahre 1972 zu einem zu niedrigen Satz geht.

3 Gemäß dem auf diese Einfuhren anzuwendenden Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung Nr. 120/67 des Rates vom 13. Juni 1967 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide ( ABl. Nr. 117, 2269 ) waren bei diesen Einfuhren die am Tage der Einfuhr geltenden Abschöpfungen zu erheben. In Anwendung des nationalen Rechts erhob die italienische Verwaltung seinerzeit die Abschöpfungen nach Maßgabe ihrer damals ständigen und unbestrittenen Auslegung des Begriffs des Tages der Einfuhr. Nach dieser Auslegung konnte die Verwaltung bei einer Änderung des Abschöpfungssatzes auf Antrag des Importeurs den günstigsten Satz anwenden, solange die Ware dem Importeur noch nicht zur Verfügung gestellt worden war.

4 Diese Auslegung wurde später durch die Vorabentscheidung des Gerichtshofes in der Rechtssache Frecassetti ( Urteil vom 15. Juni 1976 in der Rechtssache 113/75, Slg. 1976, 983 ) für fehlerhaft erklärt; nach diesem Urteil ist Tag der Einfuhr der Tag, an dem die Einfuhrerklärung für die Ware von der Zollstelle angenommen wird, so daß die Abschöpfung zu dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Satz und nicht zu dem günstigeren, zu einem späteren Zeitpunkt geltenden Abschöpfungssatz zu erheben ist.

5 Im Anschluß an dieses Urteil schloß das Dekret Nr. 695 des Präsidenten der Italienischen Republik vom 22. September 1978 die Anwendung des günstigeren Satzes auf die Agrarabschöpfungen der Gemeinschaft aus, allerdings erst mit Wirkung vom 11. September 1976, dem Tag der Veröffentlichung des Tenors des Urteils in der Rechtssache 113/75 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ( Abl. C 214, S. 14 ).

6 Der Rat erließ später die Verordnung Nr. 1697/79 vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs - oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet ( ABl. L 197, S. 1 ). Mit dieser Verordnung soll vor allem die Möglichkeit für eine Nacherhebung von Gemeinschaftsabgaben durch die nationalen Verwaltungsbehörden aus Gründen der Rechtssicherheit beschränkt werden.

7 In der Zwischenzeit erhob die italienische Verwaltung bei den Klägern des Ausgangsverfahrens den Unterschied zwischen der bei Annahme der Einfuhrerklärung geltenden Abschöpfung und der dem ursprünglich herangezogenen, günstigsten Satz entsprechenden Abschöpfung. Zu diesem Zweck stellte sie den Klägern des Ausgangsverfahrens im Dezember 1977 einen ersten Zahlungsbescheid zu. Später unterbrach sie die Verjährungsfrist durch die Zustellung weiterer Bescheide, deren letzter 1986 zugestellt wurde.

8 Die Kläger des Ausgangsverfahrens erhoben beim vorlegenden Gericht hiergegen Klage mit der Begründung, Festsetzung und Erhebung des Abschöpfungsmehrbetrags nach Maßgabe der neuen Regelung seien mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes der Wirtschaftsteilnehmer unvereinbar.

9 Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, daß sich die Kläger des Ausgangsverfahrens nicht auf einen dem nationalen Recht entnommenen Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könnten und daß die durch die Verordnung Nr. 1697/79 geschaffenen Beschränkungen der Erhebung von beim Abgabenpflichtigen noch nicht angeforderten Abgaben durch die nationalen Behörden nicht anwendbar seien. Es schließt jedoch nicht aus, daß sich dem Gemeinschaftsrecht ein allgemeiner Grundsatz des Vertrauensschutzes entnehmen lasse, der vorliegend herangezogen werden könne. Das vorlegende Gericht hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"1 ) Gilt in der Gemeinschaftsrechtsordnung unabhängig von den besonderen und ausdrücklichen Regelungen in der Verordnung ( EWG ) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 ein Rechtsgrundsatz, der den Vertrauensschutz der Wirtschaftsteilnehmer in bezug auf im Gemeinschaftsrecht geregelte Leistungen betrifft und der auch dann anwendbar ist, wenn in der innerstaatlichen Rechtsordnung ein entsprechender Grundsatz fehlt?

2 ) Falls die vorstehende Frage zu bejahen ist : Kann dieser Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Einfuhren von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die vor dem 1. Juli 1980 erfolgt sind - und für die daher Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1697/79 nicht gilt -, zur Vermeidung der Erhebung einer höheren Abschöpfung zugunsten von Einführern Anwendung finden, die in gutem Glauben gemeinschaftsrechtliche Agrarabschöpfungen in geringerer als der rechtmässig geschuldeten Höhe entrichtet und sich dabei an die Festsetzung gehalten haben, die seinerzeit von den nationalen Verwaltungsbehörden ständig und einheitlich in Anlehnung an eine Auslegung vorgenommen wurde, die sich auch aus amtlichen Rechtshandlungen der Gemeinschaft ableiten ließ und der die innerstaatlichen Gerichte folgten, die aber später vom Gerichtshof als fehlerhaft angesehen wurde?"

10 Wegen einer eingehenderen Darstellung des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

11 Die Fragen des vorlegenden Gerichts, die gemeinsam zu prüfen sind, gehen im wesentlichen dahin, ob im Gemeinschaftsrecht unabhängig von den besonderen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1697/79 ein Grundsatz des Vertrauensschutzes gilt, wonach die innerstaatliche Verwaltung einen Agrarabschöpfungsmehrbetrag, den sie entsprechend einer ständigen und unbestrittenen, dann aber durch ein Urteil des Gerichtshofes für fehlerhaft erklärten Praxis ursprünglich nicht erhoben hatte, nicht nach nationalem Recht nacherheben darf, wenn die Wirtschaftsteilnehmer aufgrund dieser Praxis in gutem Glauben angenommen haben, nur den Betrag der ursprünglich festgesetzten Abschöpfung zahlen zu müssen.

12 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( Urteil vom 27. März 1980 in den verbundenen Rechtssachen 66, 127 und 128/79, Amministrazione delle finanze dello Stato/Salumi, Slg. 1980, 1237 ) wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung vornimmt, erläutert und erforderlichenfalls verdeutlicht, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, daß diese Vorschrift - von Ausnahmefällen abgesehen - in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlaß der Vorabentscheidung des Gerichtshofes entstanden sind, angewendet werden kann und muß.

13 Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß das genannte Urteil vom 15. Juni 1978 die Auslegung des Begriffs des Tages der Einfuhr nicht mit einer zeitlichen Einschränkung versehen hat, die durch zwingende Erwägungen der Rechtssicherheit geboten gewesen wäre.

14 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die mit der Verordnung Nr. 1697/79 erfolgten Beschränkungen der Möglichkeiten der Nacherhebung durch die innerstaatliche Verwaltung nicht für Abgabenfestsetzungen gelten, die vor dem 1. Juli 1980 erfolgt sind ( Urteil vom 12. November 1981 in den verbundenen Rechtssachen 212 bis 217/80, Salumi II, Slg. 1981, 2735 ).

15 Hieraus folgt, daß die staatlichen Stellen nach Gemeinschaftsrecht grundsätzlich verpflichtet waren, den Unterschied zwischen dem Betrag der tatsächlich erhobenen Abschöpfungen und dem Betrag nachzuerheben, der zu erheben gewesen wäre.

16 Soweit die Gemeinschaftsregelung die Modalitäten und Bedingungen der Erhebung der den Gegenstand des Ausgangsverfahrens bildenden Agrarabschöpfungen nicht festgelegt hat, ist es Sache des innerstaatlichen Rechts, die insoweit anwendbaren Rechtsvorschriften vorbehaltlich der Schranken festzulegen, die das Gemeinschaftsrecht einer solchen Anwendung des innerstaatlichen Rechtes setzt.

17 In den Bereich der Modalitäten und Bedingungen der Erhebung gehört das Problem des Vertrauensschutzes. Es ist daher zu prüfen, ob das Gemeinschaftsrecht dieses Problem regelt oder ob es dazu schweigt.

18 Hierzu ist festzustellen, daß der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der im Gemeinschaftsrecht unabhängig von den besonderen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1697/79 gilt, auf den Einzug von Forderungen unter Umständen, wie sie das Ausgangsverfahren aufweist, nicht anzuwenden ist.

19 Eine vergleichende Betrachtung der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften zeigt nämlich, daß sich den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsame oder von diesen allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze nicht entnehmen lassen, aus denen man einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts ableiten könnte, wonach eine innerstaatliche Verwaltung gehindert wäre, nach Ablauf einer einheitlichen Frist oder bei einem der Verwaltung zuzurechnenden Irrtum eine unzureichende Festsetzung von Gemeinschaftsabschöpfungen zu berichtigen.

20 Unter diesen Umständen lässt sich nicht sagen, daß die mit der Verordnung Nr. 1697/79 erfolgten Beschränkungen der Möglichkeiten der Nacherhebung von Gemeinschaftsabgaben durch die staatlichen Behörden Ausdruck eines gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes sind, der bereits vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung bestanden hätte.

21 Da das Gemeinschaftsrecht die Ausgestaltung der Erhebung im Hinblick auf den Schutz des berechtigten Vertrauens der Wirtschaftsteilnehmer nicht regelt, gilt insoweit nationales Recht.

22 In Fällen, in denen das für die Modalitäten und Bedingungen der Erhebung geltende nationale Recht den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens der Wirtschaftsteilnehmer kannte, hat der Gerichtshof entschieden, daß das Gemeinschaftsrecht der Anwendung eines solchen Grundsatzes des nationalen Rechts zum Zwecke des Ausschlusses der Erhebung solcher Forderungen zu Lasten gutgläubiger Wirtschaftsteilnehmer nicht entgegensteht, sofern die Anwendung des nationalen Rechts Tragweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigt und im Vergleich zu Verfahren, in denen über gleichartige, aber rein nationale Rechtsstreitigkeiten entschieden wird, keine Unterschiede gemacht werden ( Urteil vom 5. März 1980 in der Rechtssache 265/78, Ferwerda, Slg. 1980, 617; Urteil vom 21. September 1983 in den verbundenen Rechtssachen 205 bis 215/82, Deutsche Milchkontor GmbH, Slg. 1983, 2633 ).

23 Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, daß eine einzelstaatliche Sonderregelung der Erhebung von Gemeinschaftsabgaben und -gebühren, durch die die Befugnisse, die der einzelstaatlichen Verwaltung zur Sicherstellung der Erhebung dieser Abgaben eingeräumt sind, im Vergleich zu ihren Befugnissen bei der Erhebung gleichartiger einzelstaatlicher Abgaben oder Gebühren eingeschränkt würden, mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar wäre ( Urteil vom 27. März 1980, a. a. O.).

24 Wenden dagegen die staatlichen Stellen bei der Erhebung von Gemeinschaftsabgaben und -gebühren die gleichen Bedingungen und Modalitäten des innerstaatlichen Rechts an wie in vergleichbaren Fällen rein innerstaatlicher Abgaben oder Gebühren, so lässt sich grundsätzlich nicht sagen, daß diese Bedingungen und Modalitäten den Verpflichtungen der nationalen Stellen, in ihrem Gebiet die Durchführung der Gemeinschaftsregelung zu gewährleisten, zuwiderlaufen und daher die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen ( vgl. Urteil vom 21. September 1983, a. a. O.).

25 Demgegenüber steht das Gemeinschaftsrecht für den anderen Fall, daß das für die Modalitäten und Bedingungen der Erhebung maßgebende innerstaatliche Recht einen Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht kennt, der Anwendung dieses innerstaatlichen Rechts nicht entgegen, sofern für vergleichbare, rein innerstaatliche Abgaben und Gebühren nicht ein anderer Grundsatz gilt.

26 Die Kläger des Ausgangsverfahrens haben allerdings zutreffend darauf hingewiesen, daß das Fehlen von Gemeinschaftsregeln über Modalitäten und Bedingungen der Erhebung zu einer Ungleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer der einzelnen Mitgliedstaaten führen kann.

27 Solche Unterschiede waren indessen, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 23. September 1983 festgestellt hat, beim damaligen Stand des Gemeinschaftsrechts unvermeidbar. Bei dieser Gelegenheit hat der Gerichtshof ausgeführt, daß es, sollte sich herausstellen, daß Verschiedenartigkeiten der nationalen Rechtsvorschriften geeignet sind, die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer der verschiedenen Mitgliedstaaten zu gefährden, Verzerrungen hervorzurufen oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu beeinträchtigen, Aufgabe der zuständigen Gemeinschaftsorgane wäre, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, um diese Unterschiede auszuräumen. Seither sind solche Bestimmungen mit der Verordnung Nr. 1679/79 erlassen worden, der Rückwirkung einzuräumen der Gemeinschaftsgesetzgeber allerdings nicht für angebracht gehalten hat.

28 Aus den vorstehenden Erwägungen ist dem nationalen Gericht zu antworten, daß der im Gemeinschaftsrecht unabhängig von den besonderen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1697/79 geltende Grundsatz des Vertrauensschutzes die innerstaatliche Verwaltung auch dann nicht daran hindert, nach nationalem Recht einen Agrarabschöpfungsmehrbetrag, den sie entsprechend einer ständigen und unbestrittenen, dann aber durch ein Urteil des Gerichtshofes für fehlerhaft erklärten Praxis ursprünglich nicht erhoben hatte, nachzuerheben, wenn die Wirtschaftsteilnehmer aufgrund dieser Praxis in gutem Glauben angenommen haben, nur den Betrag der ursprünglich festgesetzten Abschöpfung zahlen zu müssen.

Kostenentscheidung:

Kosten

29 Die Auslagen der Kommmission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Sechste Kammer )

auf die ihm vom Tribunale civile e penale Venedig mit Beschluß vom 27. Mai 1987 vorgelegte Frage für Recht erkannt :

Der im Gemeinschaftsrecht unabhängig von den besonderen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1697/79 geltende Grundsatz des Vertrauensschutzes hindert die innerstaatliche Verwaltung auch dann nicht daran, nach nationalem Recht einen Abschöpfungsmehrbetrag, den sie entsprechend einer ständigen und unbestrittenen, dann aber durch ein Urteil des Gerichtshofes für fehlerhaft erklärten Praxis ursprünglich nicht erhoben hatte, nachzuerheben, wenn die Wirtschaftsteilnehmer aufgrund dieser Praxis in gutem Glauben angenommen haben, nur den Betrag der ursprünglich festgesetzten Abschöpfung zahlen zu müssen.

Ende der Entscheidung

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