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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.07.1989
Aktenzeichen: 215/88
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2711/75 zur Gewährung von im voraus festgesetzten pauschalen Beihilfebeträgen für die private Lagerhaltung von Rindfleisch ist dahin auszulegen, daß "die tatsächlich eingelagerte Menge" nur aus Fleisch bestehen darf, das die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe erfuellt.

2. Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1071/68 über Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung auf dem Sektor Rindfleisch, der die maximale Zeitspanne zwischen der Schlachtung der Tiere und der Einlagerung des Fleisches festlegt, ist weder durch die Verordnung Nr. 2778/74 noch durch die Verordnung Nr. 1860/75, noch durch die Verordnung Nr. 2711/75 aufgehoben worden; er war mangels einer abweichenden Bestimmung in der Verordnung Nr. 1500/76 auf die unter der Geltung dieser Verordnung gewährten Beihilfen anwendbar.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 13. JULI 1989. - CASA FLEISCHHANDELS GMBH GEGEN BUNDESANSTALT FUER LANDWIRTSCHAFTLICHE MARKTORDNUNG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESVERWALTUNGSGERICHT - DEUTSCHLAND. - LANDWIRTSCHAFT - GEMEINSAME MARKTORGANISATION FUER RINDFLEISCH - BEIHILFEN FUER DIE PRIVATE LAGERHALTUNG. - RECHTSSACHE 215/88.

Entscheidungsgründe:

1 Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 26. Mai 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 2. August 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung einiger Vorschriften der Gemeinschaftsregelung über die private Lagerhaltung im Rindfleischsektor zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese Fragen betreffen insbesondere die Verordnungen Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968 über Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung auf dem Sektor Rindfleisch ( ABl. L 180, S. 19 ), Nr. 2778/74 der Kommission vom 31. Oktober 1974 zur Gewährung von vorher festgelegten pauschalen Beihilfebeträgen für die private Lagerhaltung von Rindfleisch ( ABl. L 294, S. 73 ), Nr. 1860/75 der Kommission vom 18. Juli 1975 über die Gewährung von Beihilfen zur privaten Lagerhaltung von Rindfleisch ( ABl. L 188, S. 30 ), Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 zur Gewährung von im voraus festgesetzten pauschalen Beihilfebeträgen für die private Lagerhaltung von Rindfleisch ( ABl. L 274, S. 27 ) und Nr. 1500/76 der Kommission vom 25. Juni 1976 zur Gewährung von im voraus festgesetzten pauschalen Beihilfen für die private Lagerhaltung von Rindfleisch ( ABl. L 167, S. 31 ).

2 Die vorgelegten Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin des Ausgangsverfahrens, der CASA Fleischhandels-GmbH ( im folgenden : CASA GmbH ), einem Fleischhandelsunternehmen, und der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung ( BALM ), bei der es sich um die deutsche Interventionsstelle auf den Agrarmärkten handelt.

3 Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß die CASA GmbH zwischen November 1974 und Juli 1976 mit der BALM verschiedene Verträge im Hinblick auf die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerung von Rindfleisch geschlossen hat. Aufgrund von Kontrollen, die sie nach der Auszahlung der Beihilfen vorgenommen hatte, vertrat die BALM die Ansicht, daß die CASA GmbH bei dreien dieser Verträge die Voraussetzungen der anwendbaren Gemeinschaftsregelung für die Gewährung der Beihilfen nicht voll erfuellt habe.

4 Bei einem dieser Verträge, der unter der Geltung der Verordnung Nr. 2711/75 vom 24. Oktober 1975 geschlossen worden war, stellte die BALM fest, daß die Menge des von der CASA GmbH tatsächlich eingelagerten und von innerhalb der vorgeschriebenen Frist geschlachteten Tieren stammenden Fleisches weniger als 90 % der vertraglich einzulagernden Menge ausgemacht habe und daß infolgedessen nach Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe b dieser Verordnung die Beihilfe überhaupt nicht hätte gezahlt werden dürfen. Zu den anderen beiden Verträgen, die unter der Geltung der Verordnung Nr. 1500/76 vom 25. Juni 1976 geschlossen worden waren, stellte die BALM jeweils fest, daß eine bestimmte Menge Fleisch unter Missachtung der Frist der Verordnung Nr. 1071/68 vom 25. Juli 1968, zu der die Verordnung Nr. 1500/76 nach Ansicht der BALM in diesem Punkt keine abweichende Regelung getroffen hat, mehr als sechs Tage nach der Schlachtung der Tiere eingelagert worden sei. Der dieser Menge Fleisch entsprechende Teil der Beihilfen sei daher zu Unrecht gezahlt worden.

5 Nachdem die CASA GmbH gegen die an sie gerichteten Rückforderungsbescheide der BALM erfolglos Widerspruch eingelegt hatte, erhob sie Klage vor dem Verwaltungsgericht. Dieses wies die Klage ab, soweit sie den Rückforderungsbescheid zum ersten der genannten Verträge betraf. Dagegen hob es die Rückforderungsbescheide zu den anderen beiden Verträgen mit der Begründung auf, daß die in der Verordnung Nr. 1071/68 vorgesehene Frist von sechs Tagen durch die Verordnung Nr. 2711/75 auf zehn Tage verlängert und daß diese Zehntagefrist durch die Verordnung Nr. 1500/76 beibehalten worden sei.

6 Auf die von beiden Parteien eingelegte Berufung hob der Hessische Verwaltungsgerichtshof das Urteil auf, soweit es der Klage der CASA GmbH stattgegeben hatte, und bestätigte es im übrigen. Damit unterlag die CASA GmbH nun mit ihrem ursprünglichen Begehren in vollem Umfang.

7 Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht, zu dem die CASA GmbH Revision eingelegt hatte, das Verfahren ausgesetzt, bis der Gerichtshof eine Vorabentscheidung über folgende Fragen erlassen hat :

"1 ) Ist der Begriff der 'tatsächlich eingelagerten Menge' in Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 dahin auszulegen, daß darunter nur die beihilfefähig eingelagerte Menge zu verstehen ist?

2 ) In welchem rechtlichen Verhältnis stehen die nachfolgend genannten Vorschriften zueinander, und zwar :

a ) Ist die Regelung in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968 (' nicht älter als 6 Tage' )

aa ) entweder speziell für die Gewährung von vorher festgelegten pauschalen Beihilfebeträgen durch die abweichende Regelung in Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2778/74 der Kommission vom 31. Oktober 1974 (' seit höchstens 10 Tagen' )

bb ) oder generell durch die abweichende Regelung in Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1860/75 der Kommission vom 18. Juli 1975 (' höchstens 10 Tage zuvor' )

aufgehoben und damit teilweise beziehungsweise ganz ausser Kraft getreten?

b ) Ist die vorgenannte Regelung in Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2778/74

aa ) entweder durch die inhaltsgleiche Regelung in Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 (' höchstens 10 Tage zuvor' )

bb ) oder durch die Verordnung ( EWG ) Nr. 1500/76 der Kommission vom 25. Juni 1976

aufgehoben worden?

c ) Falls eine der beiden Fragen unter b bejaht werden sollte :

Ist die Regelung in Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2711/75 durch die Verordnung ( EWG ) Nr. 1500/76 aufgehoben worden?

d ) Falls beide Fragen unter a verneint sowie zugleich eine der beiden Fragen unter b bb und c bejaht werden sollten :

Ist mit dem Inkrafttreten der Verordnung ( EWG ) Nr. 1500/76 die Regelung in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1071/68 wieder auf die Gewährung von im voraus festgesetzten pauschalen Beihilfen anwendbar geworden?

3 ) Falls eine der beiden Fragen unter 2 a bejaht oder eine der beiden Fragen unter 2 b bb und 2 c verneint werden sollte :

Waren die Mitgliedstaaten berechtigt, in den gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung ( EWG ) Nr. 989/68 des Rates vom 15. Juli 1968 geschlossenen Lagerhaltungsverträgen abweichend von der in einer EG-Verordnung bestimmten Einlagerungsfrist von 10 Tagen eine andere, insbesondere eine kürzere Einlagerungsfrist, zum Beispiel von nur 6 Tagen, mit der Folge zu vereinbaren, daß bei Nichteinhaltung dieser kürzeren Frist kein Recht auf Beihilfezahlung bestehen soll?"

8 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, der anwendbaren Gemeinschaftsregelung und der vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage

9 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 dahin auszulegen ist, daß "die tatsächlich eingelagerte Menge" nur aus Fleisch bestehen darf, das die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe für die private Lagerung von Rindfleisch erfuellt.

10 Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2711/75 bestimmt :

"Ist hinsichtlich des im natürlichen Zustand eingelagerten Fleisches die tatsächlich eingelagerte Menge kleiner als die vertraglich einzulagernde und

a ) beläuft sie sich auf 90 % der letzteren oder mehr, so wird die Beihilfe zur privaten Lagerhaltung entsprechend verringert;

b ) beläuft sie sich auf weniger als 90 % der letzteren, so wird keine Beihilfe zur privaten Lagerhaltung gezahlt."

11 Das Bundesverwaltungsgericht hält es für zweifelhaft, ob die "tatsächlich eingelagerte Menge" im Sinne der genannten Bestimmung ausschließlich aus beihilfefähigem Fleisch bestehen muß. Der Wortlaut der Bestimmung scheine zwar für die Verneinung dieser Frage zu sprechen, nach dem Sinn der Regelung sei jedoch eine bejahende Auslegung vorzuziehen.

12 Die Kommission hebt in ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof hervor, daß allein aufgrund des Wortlauts der fraglichen Bestimmung eine Entscheidung nicht getroffen werden könne; ihr Sinn und Zweck spreche aber für die Bejahung der Frage.

13 Die Verordnung Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968, die die Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung im Rindfleischsektor enthält, schreibt in Artikel 3 Absatz 1 vor, daß in dem Vertrag zwischen dem privaten Lagerhalter und der Interventionsstelle insbesondere "die Menge des zu lagernden Erzeugnisses" anzugeben ist; nach ihrem Artikel 3 Absatz 2 muß dieser Vertrag den privaten Lagerhalter verpflichten, "die vereinbarte Menge des betreffenden Erzeugnisses... einzulagern und zu lagern ". Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung bestimmt ferner, daß "die Verpflichtung zur Lagerung der vereinbarten Menge... als erfuellt (( gilt )), wenn mindestens 90 % oder höchstens 110 % dieser Menge eingelagert oder gelagert worden sind ".

14 Die auszulegende Bestimmung des Artikels 9 ist in die Verordnung Nr. 2711/75 über ein besonderes Beihilfeprogramm zu dem Zweck aufgenommen worden, festzulegen, welche Folgen die Nichtbeachtung dieser Verpflichtung hat.

15 Diese Bestimmung soll sicherstellen, daß der Wirtschaftsteilnehmer, der die Beihilfe erhält, seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Menge Fleisch nachkommt, deren Einlagerung und Lagerung er im Vertrag mit der Interventionsstelle vereinbart hat; sie will ihn mit dem teilweisen oder völligen Verlust der Beihilfe bestrafen, wenn er diesen Verpflichtungen zuwiderhandelt.

16 Systematik und Zweck dieser Regelung gebieten es, den Begriff der "tatsächlich eingelagerten Menge" dahin auszulegen, daß er im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegelung nur die Lagerung von beihilfefähigem Fleisch zulässt.

17 Da nämlich Gegenstand des Lagervertrags nur beihilfefähiges Fleisch sein kann, kann bei der Prüfung der Frage, ob die vom privaten Lagerhalter übernommenen mengenmässigen Verpflichtungen erfuellt worden sind, nur tatsächlich eingelagertes Fleisch berücksichtigt werden, das ebenfalls beihilfefähig ist.

18 Ausserdem bliebe die Verpflichtung zur Einlagerung der vertraglich vereinbarten Menge in der Praxis sanktionslos, wenn der private Lagerhalter eine etwaige Fehlmenge an beihilfefähigem Fleisch nur durch nichtbeihilfefähiges Fleisch auszugleichen brauchte, um dieser Sanktion zu entgehen. Ebenso könnte der private Lagerhalter dann auch die Festsetzung einer Mindestmenge von 50 t je Lagervertrag in Artikel 2 der Verordnung Nr. 2711/75 umgehen, mit der eine Finanzierung der normalen privaten Lagerhaltung durch die Gemeinschaft verhindert werden soll.

19 Schließlich ergibt Artikel 9 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung Nr. 2711/75, der die Verringerung der Beihilfe im Verhältnis der tatsächlich eingelagerten zur vertraglich einzulagernden Menge vorsieht, nur in dieser Auslegung des Begriffs der "tatsächlich eingelagerten Menge" einen Sinn. Es wäre nämlich abwegig anzunehmen, daß die tatsächlich eingelagerte Menge auf diese Weise bei der Berechnung der Beihilfe berücksichtigt würde, wenn sie - auch nur zum Teil - aus nichtbeihilfefähigem Fleisch bestehen könnte.

20 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 dahin auszulegen ist, daß "die tatsächlich eingelagerte Menge" nur aus Fleisch bestehen darf, das die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe für die private Lagerhaltung im Rindfleischsektor erfuellt.

Zur zweiten Frage

21 Diese Frage des vorlegenden Gerichts geht im wesentlichen dahin, wie sich die einzelnen Verordnungen auf dem Gebiet der Beihilfe für die private Lagerhaltung im Rindfleischsektor im Hinblick auf die Frage zueinander verhalten, ob Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968, wonach "nur für solche Erzeugnisse Beihilfen für die private Lagerhaltung gewährt werden (( können )), die aus Schlachtungen nicht älter als sechs Tage stammen", entweder durch die Verordnung Nr. 2778/74 der Kommission vom 31. Oktober 1974 oder durch die Verordnung Nr. 1860/75 der Kommission vom 18. Juli 1985 oder aber durch die Verordnung Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 aufgehoben worden ist und ob er auf die unter der Geltung der Verordnung Nr. 1500/76 der Kommission vom 25. Juni 1976 gewährten Beihilfen anwendbar war.

22 Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest, daß Artikel 5 der Verordnung Nr. 2778/74 abweichend von der vorgenannten Bestimmung der Verordnung Nr. 1071/68 die Zeitspanne, die höchstens zwischen der Schlachtung der Tiere und der Einlagerung der von diesen Tieren stammenden Erzeugnisse liegen darf, auf 10 Tage verlängert habe. Diese Fristverlängerung sei durch die Verordnung Nr. 1860/75 aufrechterhalten und sodann in der Verordnung Nr. 2711/75 bestätigt worden. In den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 1500/76 werde erneut auf die Notwendigkeit hingewiesen, einige in der Verordnung Nr. 1071/68 vorgesehene Bedingungen zu ändern, darunter diejenige, die sich auf die Zeitspanne zwischen Schlachtung und Einlagerung beziehe. Der verfügende Teil dieser Verordnung Nr. 1500/76 enthalte jedoch keine Bestimmung über die maßgebliche Frist, der zu entnehmen wäre, daß die Zehntagefrist gemäß den Verordnungen Nrn. 2778/74, 1860/75 und 2711/75 nicht mehr gelten solle.

23 Wie die Kommission vor dem Gerichtshof erklärt hat, bestimmt die Verordnung Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch ( ABl. L 148, S. 24 ) in der Fassung der Verordnung Nr. 2822/72 des Rates vom 28. Dezember 1972 zur Änderung dieser Verordnung ( ABl. L 298, S. 1 ) in Artikel 8 Absatz 2, daß die Durchführungsbestimmungen für die Beihilfen für die private Lagerhaltung von der Kommission nach dem sogenannten Verwaltungsausschußverfahren erlassen werden; nach Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe b werden die Durchführung eines bestimmten Beihilfenprogramms und das Ende seiner Anwendung von der Kommission ebenfalls nach diesem Verfahren bestimmt.

24 Aufgrund des genannten Artikels 8 Absatz 2 hat die Kommission die Verordnung Nr. 1071/68 erlassen, die die Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung im Rindfleischsektor festlegt. Diese allgemeinen Bestimmungen, die ohne zeitliche Begrenzung anwendbar sind, sollen grundsätzlich für alle Beihilfen dieser Art gelten; die einzige, im vorliegenden Fall nicht einschlägige Ausnahme betrifft die Beihilfen, "die ganz oder teilweise in Form der Begünstigung aufgrund der in Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b aa der Verordnung... Nr. 805/68 genannten Bestimmungen gewährt werden ".

25 Auf diese Weise sind ferner die vom vorlegenden Gericht angeführten Verordnungen Nrn. 2778/74, 1860/75, 2711/75 und 1500/76 der Kommission ergangen. Jede dieser Verordnungen, die insbesondere auf Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe b der Verordnung Nr. 805/68 gestützt waren, regelte die Durchführung und die Einzelheiten eines punktüllen Beihilfenprogramms, um einer bestimmten Situation auf dem Rindfleischmarkt während eines begrenzten Zeitraums gerecht zu werden. Die Geltung dieser Verordnungen endete jeweils mit dem Erlaß der Kommissionsverordnungen Nr. 776/75 vom 25. März 1975 ( ABl. L 77, S. 20 ), Nr. 2698/75 vom 23. Oktober 1975 ( ABl. L 273, S. 26 ), Nr. 3194/75 vom 5. Dezember 1975 ( ABl. L 316, S. 16 ) und Nr. 1924/76 vom 3. August 1976 ( ABl. L 210, S. 15 ), in denen festgelegt war, daß sie nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksam bleiben.

26 Aus alledem ergibt sich, daß immer dann, wenn die "punktüllen" Verordnungen Nrn. 2778/74, 1860/75 und 2711/75 in bestimmten Punkten von der Verordnung Nr. 1071/68 abweichende Bestimmungen enthielten - was deshalb möglich war, weil sie auch aufgrund von Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung Nr. 805/68 erlassen worden waren -, diese abweichenden Bestimmungen nur für die Geltungsdauer dieser Verordnungen wirksam waren. Sie sollten die Verordnung Nr. 1071/68 nicht aufheben und konnten eine solche Wirkung auch nicht haben, sondern "wichen" nur von ihr "ab ".

27 Was speziell die Zeitspanne angeht, die höchstens zwischen der Schlachtung der Tiere und der Einlagerung der von diesen Tieren stammenden Erzeugnisse liegen darf, so ist sie in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1071/68 auf sechs Tage festgelegt worden. Die Verordnungen Nrn. 2778/74, 1860/75 und 2711/75 sahen vor, daß diese Frist "zur Erleichterung der privaten Lagerhaltung" abweichend vom genannten Artikel 2 Absatz 2 auf 10 Tage verlängert wird.

28 Wie söben dargelegt, wurden diese abweichenden Bestimmungen zum gleichen Zeitpunkt unanwendbar wie die Verordnungen, in denen sie enthalten waren; sie hoben daher die Sechstagefristregelung in der Verordnung Nr. 1071/68 nicht auf.

29 Diese Regelung blieb somit auf die unter der Geltung der Verordnung Nr. 1500/76 gewährten Beihilfen weiter anwendbar, da diese in ihrem verfügenden Teil zu diesem Punkt keine von der Verordnung Nr. 1071/68 abweichende Regelung enthält.

30 Dieses Ergebnis kann auch nicht durch den Umstand in Frage gestellt werden, daß die deutsche Fassung der Verordnung Nr. 1500/76, wie der Vorlagebeschluß hervorhebt, eine den Begründungserwägungen in den Verordnungen Nrn. 2778/74, 1860/75 und 2711/75 wortgleiche Begründungserwägung enthält, in der auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, einige in der Verordnung Nr. 1071/68 vorgesehene Bedingungen zu ändern, darunter diejenige, die sich auf die Zeitspanne zwischen der Schlachtung und der Einlagerung in einem privaten Lager bezieht.

31 Eine Begründungserwägung einer Verordnung kann zwar dazu beitragen, Aufschluß über die Auslegung einer Rechtsvorschrift zu geben, sie kann jedoch nicht selbst eine solche Vorschrift darstellen. Überdies ist die betreffende Begründungserwägung in keiner der anderen sprachlichen Fassungen der Verordnung Nr. 1500/76 enthalten.

32 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist daher auf die zweite Frage zu antworten, daß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968 weder durch die Verordnung Nr. 2778/74 der Kommission vom 31. Oktober 1974 noch durch die Verordnung Nr. 1860/75 der Kommission vom 18. Juli 1975, noch durch die Verordnung Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 aufgehoben worden ist und daß er mangels einer abweichenden Bestimmung in der Verordnung Nr. 1500/76 der Kommission vom 25. Juni 1976 auf die unter der Geltung dieser Verordnung gewährten Beihilfen anwendbar war.

Zur dritten Frage

33 Wie aus dem Vorlagebeschluß hervorgeht, will das vorlegende Gericht mit dieser Frage im wesentlichen wissen, ob die Mitgliedstaaten, wenn die maximale Frist zwischen der Schlachtung und der Einlagerung, die für die unter der Geltung der Verordnung Nr. 1500/76 gewährten Beihilfen galt, 10 Tage betragen sollte, vorschreiben durften, daß die zwischen den privaten Lagerhaltern und der zuständigen Interventionsstelle geschlossenen Verträge die Verpflichtung zur Einhaltung einer anderen, insbesondere einer kürzeren Frist enthalten müssen.

34 In Anbetracht der Antwort auf die zweite Frage erübrigt sich die Beantwortung dieser Frage.

Kostenentscheidung:

Kosten

35 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Dritte Kammer )

auf die ihm vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 26. Mai 1988 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 ist dahin auszulegen, daß "die tatsächlich eingelagerte Menge" nur aus Fleisch bestehen darf, das die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe für die private Lagerhaltung im Rindfleischsektor erfuellt.

2 ) Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968 ist weder durch die Verordnung Nr. 2778/74 der Kommission vom 31. Oktober 1974 noch durch die Verordnung Nr. 1860/75 der Kommission vom 18. Juli 1975, noch durch die Verordnung Nr. 2711/75 der Kommission vom 24. Oktober 1975 aufgehoben worden; er war mangels einer abweichenden Bestimmung in der Verordnung Nr. 1500/76 der Kommission vom 25. Juni 1976 auf die unter der Geltung dieser Verordnung gewährten Beihilfen anwendbar.

Ende der Entscheidung

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