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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 21.06.1988
Aktenzeichen: 253/87
Rechtsgebiete: GZT Tarifnummer 39.01


Vorschriften:

GZT Tarifnummer 39.01
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ist zur Tarifierung von Gemischen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und Warenzusammenstellungen die Allgemeine Tarifierungsvorschrift 3 b zum Schema des Gemeinsamen Zolltarifs anzuwenden, der zufolge die Tarifierung sich nach dem charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil der Ware richtet, kann dieser Stoff in der Weise ermittelt werden, daß geprüft wird, ob die Ware auch ohne den einen oder anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen Eigenschaften behalten würde.

2. Aus Epoxidharz, Kohlenstoffasern und Glasfasergewebe bestehende, zur Herstellung von Rohren bestimmte Halberzeugnisse in Folienform (" Kohlenstoffaser-Prepregs ") gehören zur Tarifnummer 39.01 des Gemeinsamen Zolltarifs.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 21. JUNI 1988. - SPORTEX GMBH UND CO. GEGEN OBERFINANZDIREKTION HAMBURG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESFINANZHOF. - TARIFIERUNG - KOHLENSTOFFASER - PREPEGS. - RECHTSSACHE 253/87.

Entscheidungsgründe:

1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 7. Juli 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 20. August 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs ( GZT ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem bei diesem Gericht anhängigen Rechtsstreit zwischen der Sportex GmbH & Co., die geltend macht, eine als "Kohlenstoffaser-Prepregs" bezeichnete Ware sei der Tarifnummer 68.16 des GZT zuzuweisen, und der Oberfinanzdirektion Hamburg, nach deren Auffassung die Ware dagegen unter die Tarifnummer 39.01 des GZT fällt.

3 Wegen weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte des Rechtsstreits und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

4 Die erste Frage des Bundesfinanzhofes geht im wesentlichen dahin, ob der GZT in dem Sinne auszulegen ist, daß die streitige Ware unter die Tarifnummer 39.01 des GZT fällt.

5 Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, daß die streitige Ware im Ausgangsverfahren als aus "Epoxidharz ( Anteil 36 GHT ), Kohlenstoffasern ( Anteil 42 GHT ) und Glasfasergewebe ( Anteil 22 GHT ) bestehendes, zur Herstellung von Rohren bestimmtes Halberzeugnis in Folienform" beschrieben worden ist. Wie sich aus den Akten ergibt, sind die Kohlenstoff - und die Glasfasern vollständig in das Harz eingebettet.

6 Aufgrund dieser Beschreibung kommen für die Tarifierung der Ware nur zwei Tarifnummern in Betracht : zum einen die Tarifnummer 39.01 ( Kondensations -, Polykondensations - und Polyadditionserzeugnisse, auch modifiziert, auch polymerisiert, linear oder vernetzt...), deren Tarifstelle C VII auch noch nach der Aufgliederung durch die Verordnung Nr. 750/87 des Rates vom 16. März 1987 ( ABl. L 76, S. 1 ) alle "anderen" Kunststoffe umfasst; zum anderen die Tarifnummer 68.16 ( Waren aus Steinen oder anderen mineralischen Stoffen ( einschließlich Waren aus Torf ), anderweit weder genannt noch inbegriffen ), deren Tarifstelle B alle anderen derartigen Waren umfasst, soweit es sich nicht um Chromitsteine, nicht gebrannt, handelt.

7 Da die streitige Ware aus verschiedenen Stoffen besteht und beide vorstehend genannten Tarifstellen eine allgemeine Warenbezeichnung enthalten, muß zur Tarifierung auf die Allgemeine Tarifierungsvorschrift 3 b zurückgegriffen werden, wonach "Gemische ( Mischungen ), Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und Warenzusammenstellungen, die nach der Vorschrift 3 a nicht tarifiert werden können,... nach dem charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil tarifiert (( werden )), wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann ".

8 Nach dieser Allgemeinen Tarifierungsvorschrift ist zur Tarifierung einer Ware festzustellen, welcher von den Stoffen, aus denen sie besteht, für diese Ware charakterbestimmend ist. Hierzu ist zu prüfen, ob die Ware auch ohne den einen oder anderen ihrer Bestandteile ihre charakteristischen Eigenschaften behalten würde.

9 Im vorliegenden Fall steht fest, daß Rohren aus Kohlenstoff - oder Glasfiberfasern ohne Epoxidharz die die streitige Ware charakterisierende Eigenschaft, nämlich die Biegsamkeit, fehlen würde.

10 Unter diesen Umständen ist mit Rücksicht darauf, daß nach den Erläuterungen zur Brüsseler Nomenklatur ( Kapitel 39 Absatz 5 Buchstabe a ) eine Verstärkung oder Vernetzung der Kunststoffolien oder -platten mit Metalldrähten oder Glasfasern einer Tarifierung der Ware nach Kapitel 39 nicht entgegensteht, die erste Frage des Bundesfinanzhofes in dem Sinne zu beantworten, daß der Gemeinsame Zolltarif dahin auszulegen ist, daß aus Epoxidharz, Kohlenstoffasern und Glasfasergewebe bestehende, zur Herstellung von Rohren bestimmte Halberzeugnisse in Folienform als Kunststofferzeugnisse zur Tarifnummer 39.01 des Gemeinsamen Zolltarifs gehören.

11 In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage erübrigt sich eine Prüfung der zweiten Frage, die nur für den Fall gestellt worden ist, daß das streitige Erzeugnis nicht Kapitel 39 des GZT zuzuordnen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluß vom 7. Juli 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

Der Gemeinsame Zolltarif ist dahin auszulegen, daß aus Epoxidharz, Kohlenstoffasern und Glasfasergewebe bestehende, zur Herstellung von Rohren bestimmte Halberzeugnisse in Folienform als Kunststofferzeugnisse zur Tarifnummer 39.01 des Gemeinsamen Zolltarifs gehören.

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