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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.05.1989
Aktenzeichen: 263/87
Rechtsgebiete: EWGV, VO Nr. 804/68


Vorschriften:

EWGV Art. 173
VO Nr. 804/68 Art. 17
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Bezeichnung "Grana Padano", die seit Ende 1979 in den Produktlisten im Anhang zu den regelmässig erlassenen Verordnungen der Kommission zur Festsetzung der Ausfuhrerstattungen für Milch und Milcherzeugnisse verwendet wird, bezieht sich nur auf in Italien hergestellten Grana Padano.

Da dieser Käse auf dem Gemeinschaftsmarkt anderen Rechtsvorschriften unterliegt als die in anderen Teilen der Gemeinschaft hergestellten Käse vom Typ Grana, widerspricht es nicht dem in Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz, den ersteren hinsichtlich der Ausfuhrerstattungen zu begünstigen.

Zudem verpflichtet Artikel 33 der Verordnung Nr. 804/68 die Kommission, bei der Festsetzung der Ausfuhrerstattungen auch Erwägungen der gemeinsamen Handelspolitik Rechnung zu tragen. Diese Verpflichtung würde die Kommission missachten, wenn sie den Vorteil der für den italienischen Grana Padano festgesetzten höheren Erstattung auf in anderen Teilen der Gemeinschaft hergestellten Käse des Typs Grana erstrecken würde, denn eine solche Erstattung würde es ermöglichen, diese Käse unter dem Weltmarktpreis zu verkaufen, was Reaktionen der Handelspartner der Gemeinschaft hervorrufen und damit die Verwirklichung eines der in Artikel 110 EWG-Vertrag genannten Ziele der gemeinsamen Handelspolitik, nämlich die harmonische Entwicklung des Welthandels, gefährden könnte.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 11. MAI 1989. - KOENIGREICH DAENEMARK GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHNUNGSABSCHLUSS EAGFL - AUSFUHRERSTATTUNGEN - GRANA PADANO-KAESE. - RECHTSSACHE 263/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das Königreich Dänemark hat mit Klageschrift, die am 31. August 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag Klage erhoben auf teilweise Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 19. Juni 1987 ( ABl. L 195, S. 43 ) und der Entscheidungen der Kommission vom 18. August 1987 ( ABl. L 262, S. 23 und 35 ) über den Rechnungsabschluß der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, in den Haushaltsjahren 1983, 1984 und 1985 finanzierten Ausgaben.

2 Die dänischen Behörden zahlten für diese Haushaltsjahre an die Exporteure von in Dänemark erzeugtem und unter der Bezeichnung "Dansk Grana" oder "Dansk Grana Padano" in den Verkehr gebrachtem granuliertem Hartkäse Ausfuhrerstattungen zu dem erhöhten Satz, der in den regelmässig erlassenen Verordnungen der Kommission zur Festsetzung dieser Erstattungen für Grana-Padano-Käse mit dem Kode 47.10.11 vorgesehen ist. Die Kommission erstattete den dänischen Behörden nur die Erstattungen zu dem niedrigeren Satz, der für Käse mit dem Kode 47.10.22 vorgesehen ist.

3 Die dänische Regierung macht geltend, daß die Weigerung der Kommission, die für den Käse mit dem Kode 47.10.11 vorgesehene erhöhte Erstattung auch für den Käse mit der Bezeichnung "Dansk Grana" oder "Dansk Grana Padano" zu gewähren, gegen das Gemeinschaftsrecht verstosse. Sie trägt dazu zweierlei vor.

4 Zunächst habe die Kommission gegen den Wortlaut ihrer eigenen regelmässig erlassenen Verordnungen zur Festsetzung der Erstattungen gehandelt. In den diesen Verordnungen als Anhang beigefügten Listen sei nämlich ohne Angabe des Herstellungsorts von Käse mit der Bezeichnung "Grana Padano" die Rede, die weder nach internationalem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht eine dem in der Po-Ebene erzeugten Käse vorbehaltene Ursprungsbezeichnung sei.

5 Ausserdem hätte die Kommission, wenn sie durch die Verwendung der Bezeichnung "Grana Padano" die höhere Erstattung tatsächlich dem in Italien hergestellten Grana Padano hätte vorbehalten wollen, gegen Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse ( ABl. L 148, S. 13 ) verstossen. Danach müsse die Erstattung für die gesamte Gemeinschaft gleich sein. Der so formulierte Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete es, die Erstattungen für Käse, die das gleiche Aussehen ( Form, Farbe, Volumen ) und die gleiche Zusammensetzung ( Fett - und Wassergehalt ) hätten, je nach Herstellungsort zu differenzieren.

6 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts der Rechtssache, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

A - Zum ersten Argument

7 Dem Argument, das auf den Sinn der in den regelmässig erlassenen Verordnungen der Kommission zur Festsetzung der Erstattungen verwendeten Bezeichnung "Grana Padano" abstellt, kann nicht gefolgt werden.

8 Es ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission in allen regelmässig erlassenen Verordnungen, die der Verordnung Nr. 2822/79 vom 14. Dezember 1979 ( ABl. L 320, S. 20 ) vorausgingen, Käse mit dem Kode 47.10.11 einfach als "Grana" bezeichnet hat. Für diesen Käse waren dieselben Erstattungen vorgesehen wie für Käse mit dem Kode 47.10.22.

9 Im Laufe des Jahres 1979 stellte die Kommission, wie sie ausgeführt hat, fest, daß Käse vom Typ Grana auch in anderen Teilen der Gemeinschaft hergestellt und unter Anwendung der Erstattungsregelung ausgeführt wurde. Dieser Käse erzielte auf dem Gemeinschaftsmarkt einen niedrigeren Preis als der in den Provinzen der Po-Ebene hergestellte Käse, der in Italien aufgrund des Dekrets des Präsidenten der Republik Nr. 1269 vom 30. Oktober 1955 ( GURI 1955, Nr. 187, S. 2896 ) durch eine Ursprungsbezeichnung geschützt ist.

10 Dieser Käse, der zusammen mit dem Parmigiano Reggiano der einzige ist, auf den die durch Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 804/68 geschaffene Interventionsregelung anwendbar ist, muß, damit ihm diese Regelung zugute kommt, aus Milch hergestellt sein, die ausschließlich aus seinem Produktionsgebiet stammt. Dies ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1107/68 der Kommission vom 27. Juli 1968 über Durchführungsbestimmungen betreffend die Interventionen auf den Märkten der Käsesorten Grana padano und Parmigiano-Reggiano ( ABl. L 184, S. 29 ), wonach der Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, daß die Käse ausschließlich von den Herstellerbetrieben aus Milch ihres normalen Einzugsgebiets hergestellt werden. Die Milchproduktion in Italien ist defizitär, so daß die dort erzeugte Milch teurer ist als die in anderen Teilen der Gemeinschaft erzeugte Milch und die Kosten der italienischen Erzeuger von Grana Padano ebenfalls höher liegen.

11 Deshalb ist der Unterschied zwischen dem Gemeinschaftspreis und dem niedrigeren Weltmarktpreis, den die Erstattungen nach Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung Nr. 804/68 ausgleichen sollen, für den in Italien hergestellten Grana Padano grösser als für die anderen Käse.

12 Um diesen Unterschied auszugleichen, musste eine besondere Erstattung geschaffen werden. Deshalb sah die Kommission zum ersten Mal in der bereis genannten periodischen Verordnung Nr. 2822/79 vom 14. Dezember 1979 für Käse mit dem Kode 47.10.11 eine höhere Erstattung vor als für die Käse mit dem Kode 47.10.22. Im übrigen bezeichnete sie den Käse mit dem Kode 47.10.11 ebenfalls zum ersten Mal als "Grana Padano ". Anfangs wurden nur die Erstattungen für die Ausfuhren nach den Vereinigten Staaten unterschiedlich hoch festgesetzt. Seit Erlaß der Regelverordnung Nr. 739/80 vom 27. März 1980 ( ABl. L 83, S. 36 ) gilt diese Differenzierung auch für die Ausfuhren nach anderen Ländern.

13 Daraus folgt, daß sich die Bezeichnung "Grana Padano", die seit Ende 1979 in den Produktlisten im Anhang zu den regelmässig erlassenen Verordnungen der Kommission verwendet wird, nur auf in Italien hergestellten Grana Padano bezieht.

14 Somit bleibt zu prüfen, ob die Kommission dadurch, daß sie auf diese Weise die höhere Erstattung dem in Italien hergestellten Grana Padano vorbehalten hat, gegen Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung Nr. 804/68 verstossen hat, wonach die Erstattung für die gesamte Gemeinschaft gleich sein muß.

B - Zum zweiten Argument

15 Zu dem Argument, das auf eine Verletzung des in Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung Nr. 804/68 verankerten Gleichbehandlungsgrundsatzes gestützt wird, ist zunächst zu bemerken, daß sich Milch als frisches Erzeugnis für die Interventionsregelung nicht eignet und diese deshalb auf die hauptsächlichen Milcherzeugnisse, nämlich Butter und Magermilchpulver, angewandt wird. Wegen der geringen Produktion dieser beiden Erzeugnisse in Italien wird die Interventionsregelung dort jedoch auf ein drittes Erzeugnis angewandt, nämlich bestimmte Käsesorten, darunter Grana Padano. Damit die Interventionsregelung den italienischen Milcherzeugern, für die sie geschaffen wurde, zugute kam, war es unerläßlich, die italienischen Hersteller von Grana Padano zu verpflichten, nur Milch aus ihrem Produktionsgebiet zu verwenden.

16 Demnach liegt es an der Aufstellung einer Produktionsnorm, deren Beachtung für das ordnungsgemässe Funktionieren der Interventionsregelung unerläßlich ist, und nicht am blossen Spiel der Marktkräfte, daß der in Italien hergestellte Grana Padano zu höheren Kosten hergestellt wird als der in anderen Teilen der Gemeinschaft hergestellte Käse vom Typ Grana; diese Kosten müssen deshalb durch eine höhere Erstattung ausgeglichen werden.

17 Da der in Italien hergestellte Grana Padano auf dem Gemeinschaftsmarkt anderen Rechtsvorschriften unterliegt als die in anderen Teilen der Gemeinschaft hergestellten Käse vom Typ Grana, widerspricht es nicht dem in Artikel 17 Absatz 2 der Ratsverordnung über die Organisation des Milchmarktes verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz, den ersteren hinsichtlich der Erstattungen zu begünstigen.

18 Zudem bestimmt Artikel 33 dieser Verordnung : "Bei der Durchführung dieser Verordnung ist zugleich den in den Artikeln 39 und 110 des Vertrages genannten Zielen in geeigneter Weise Rechnung zu tragen." Die Kommission ist somit verpflichtet, bei der Festsetzung der Ausfuhrerstattungen auch handelspolitischen Erwägungen Rechnung zu tragen.

19 Diese Verpflichtung würde die Kommission missachten, wenn sie den Vorteil der für den italienischen Grana Padano festgesetzten höheren Erstattung auf in anderen Teilen der Gemeinschaft hergestellten Käse des Typs Grana erstrecken würde. Diese Erstattung ginge nämlich über das Ziel des Artikels 17 Absatz 1 der Verordnung Nr. 804/68 hinaus, denn sie würde mehr bewirken, als nur den Unterschied zwischen dem Gemeinschaftspreis und dem Weltmarktpreis auszugleichen. Sie würde es ermöglichen, diese Käse unter dem Weltmarktpreis zu verkaufen, was Reaktionen der Handelspartner der Gemeinschaft hervorrufen könnte. Ein derartiger Erstattungssatz könnte deshalb die Verwirklichung eines der in Artikel 110 EWG-Vertrag genannten Ziele der gemeinsamen Handelspolitik, nämlich die harmonische Entwicklung des Welthandels, gefährden.

20 Da die beiden vom Königreich Dänemark zur Begründung seiner Klage vorgebrachten Argumente nicht durchgreifen, ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

21 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Das Königreich Dänemark trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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