Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.10.1988
Aktenzeichen: 294/86
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 2800/86 vom 9. September 1986, Verordnung Nr. 29/87 vom 22. Dezember 1986, Verordnung Nr. 2176/84 vom 23. Juli 1984


Vorschriften:

Verordnung Nr. 2800/86 vom 9. September 1986 Art. 1
Verordnung Nr. 29/87 vom 22. Dezember 1986
Verordnung Nr. 2176/84 vom 23. Juli 1984 Art. 7 Abs. 1 Buchst. b
Verordnung Nr. 2176/84 vom 23. Juli 1984 Art. 2 Abs. 5
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine gegen eine Verordnung zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls gerichtete Klage wird gegenstandslos, so daß die Hauptsache erledigt ist, wenn diese Verordnung im Laufe des Verfahrens durch eine ebenfalls vom Kläger angefochtene Verordnung ersetzt wird, die einen endgültigen Antidumpingzoll einführt, und wenn die als Sicherheit für den endgültigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge nach der Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls zum festgelegten Satz vereinnahmt werden.

2. Im Verfahren zur Festsetzung von Antidumpingzöllen ist der Normalwert des Erzeugnisses, bei dem Dumping vorliegt, im Falle von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft unter Beachtung der in Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung Nr. 2176/84 aufgestellten Regeln zu bestimmen. Diese Vorschrift, mit der die Berücksichtigung der Preise und Kosten in einem Land ohne Marktwirtschaft verhindert werden soll, die normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte sind, gibt dem für die gleichartige Ware in einem Drittland mit Marktwirtschaft tatsächlich praktizierten Preis den Vorrang.

3. Im Verfahren zur Festsetzung von Antidumpingzöllen sieht Artikel 2 Absätze 9 und 10 im Interesse eines gerechten Vergleichs zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert, nachdem diese einmal nach den hierfür vorgesehenen Methoden berechnet worden sind, Berichtigungen aufgrund der die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussenden Unterschiede bei den materiellen Eigenschaften der Waren, den Mengen, den Verkaufsbedingungen, den Einfuhrabgaben und den indirekten Steuern vor. Diese Berichtigungen sind ausschließlich aufgrund von Unterschieden vorzunehmen, die diese Faktoren betreffen.

4. Im Verfahren zur Feststellung der durch das Dumping verursachten Schädigung ist gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2176/84 der Umfang der Einfuhren nur eines der zu berücksichtigenden Kriterien.

Wenn die gedumpten Waren aus verschiedenen Ländern stammen, müssen die Auswirkungen der Einfuhren grundsätzlich insgesamt beurteilt werden. Es entspricht der Zielsetzung der Verordnung Nr. 2176/84, es den Gemeinschaftsbehörden zu erlauben, die Auswirkungen all dieser Einfuhren auf die Gemeinschaftsindustrie zu prüfen und daraufhin die geeigneten Maßnahmen gegenüber allen Ausführern zu ergreifen, selbst wenn der Umfang der Ausfuhren jedes einzelnen von ihnen individuell betrachtet von geringer Bedeutung ist.

5. Keine Vorschrift der Verordnung Nr. 2176/84 verpflichtet die Gemeinschaftsorgane, Preisverpflichtungsangebote von Wirtschaftsteilnehmern anzunehmen, die von der Festsetzung von Antidumpingzöllen vorausgehenden Ermittlungen betroffen sind. Aus Artikel 10 dieser Verordnung geht im Gegenteil hervor, daß es Sache der Organe ist, darüber zu befinden, ob die angebotenen Verpflichtungen annehmbar sind.

Die Organe halten sich im Rahmen ihres Ermessens, wenn sie angebotene Verpflichtungen nach Prüfung mit der Begründung ablehnen, daß die angebotene Preiserhöhung nicht ausreicht, um die Schädigung zu beseitigen, daß sie über einen zu langen Zeitraum gestaffelt ist und daß sie von einer Voraussetzung abhängt, deren Erfuellung sie nicht kontrollieren könne.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 5. OKTOBER 1988. - TECHNOINTORG GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - NICHTIGKEITSKLAGE - VORLAEUFIGER ANTIDUMPINGZOLL ENDGUELTIGER ANTIDUMPINGZOLL AUF EINFUHREN BESTIMMTER GEFRIER- UND TIEFKUEHLGERAETE MIT URSPUNG IN DER SOWJETUNION. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 294/86 UND 77/87.

Entscheidungsgründe:

1 Die Technointorg hat mit Klageschriften, die am 26. November 1986 und am 18. März 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag zwei Klagen erhoben, mit denen sie beantragt, erstens die Verordnung Nr. 2800/86 der Kommission vom 9. September 1986 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Gefrier - und Tiefkühlgeräte mit Ursprung in der Sowjetunion ( ABl. L 259, S. 14, nachstehend : vorläufige Verordnung ), insbesondere deren Artikel 1, für nichtig zu erklären ( Rechtssache 294/86 ) und zweitens die Verordnung Nr. 29/87 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren bestimmter Gefrier - und Tiefkühlgeräte mit Ursprung in der Sowjetunion ( ABl. L 6, S. 1, nachstehend : endgültige Verordnung ) für nichtig zu erklären ( Rechtssache 77/87 ), soweit die Klägerin von diesen Verordnungen betroffen ist.

2 Mit besonderen Schriftsätzen, die ebenfalls am 26. November 1986 und am 18. März 1987 eingereicht worden sind, hat die Klägerin zwei Anträge auf einstweilige Anordnungen eingereicht, von denen der erste auf Aussetzung des Vollzugs der vorläufigen Verordnung ihr gegenüber und der zweite auf Aussetzung des Vollzugs der endgültigen Verordnung ihr gegenüber bis zur Entscheidung des Gerichtshofes über die Klagen gerichtet war.

3 Diese Anträge auf einstweilige Anordnungen sind durch Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1986 und vom 9. April 1987 zurückgewiesen worden, wobei die Kostenentscheidung vorbehalten blieb.

4 Der Gerichtshof hat mit Beschluß vom 8. Mai 1987 die Kommission in der Rechtssache 77/87 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen.

5 Die Rechtssachen 294/86 und 77/87 sind durch Beschluß vom 8. Juli 1987 zu gemeinsamem Verfahren und gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

6 Die Klägerin führt Gefrier - und Tiefkühlschränke mit Ursprung in der Sowjetunion ( Nimexe-Kennziffern 84.15.41 und 84.15.46 ) nach der Gemeinschaft aus. Im September 1985 beschwerte sich der Europäische Verband der Hersteller von Elektrohausgeräten im Namen von Herstellern, auf die praktisch die gesamte Gemeinschaftsproduktion von Gefrier - und Tiefkühlgeräten entfällt, bei der Kommission darüber, daß die Einfuhren bestimmter Gefrier - und Tiefkühlgeräte mit Ursprung in der Deutschen Demokratischen Republik, der Sowjetunion und Jugoslawien gedumpt seien und dem betroffenen Wirtschaftszweig der Gemeinschaft eine Schädigung verursachten.

7 Im Laufe des nach der Verordnung Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern ( ABl. L 201, S. 1 ) eingeleiteten Antidumpingverfahrens hielt die Kommission es für angezeigt, bei den angeblich gedumpten Gefrier - und Tiefkühlgeräten zwischen Truhenmodellen ( Nimexe-Kennziffer 84.15.32 ) und Schrankmodellen ( Nimexe-Kennziffer 84.15.41 und 84.15.46 ) zu unterscheiden, da diese keine gleichartigen Waren im Sinne der Gemeinschaftsregelung darstellten.

8 In bezug auf die Truhenmodelle stellte die Kommission gemäß Artikel 4 der vorläufigen Verordnung das Antidumpingverfahren ein. In bezug auf die Schrankmodelle hingegen nahm die Kommission die von den Ausführern Jugoslawiens und der Deutschen Demokratischen Republik angebotenen Verpflichtungen an und stellte das Verfahren gegen sie ein; ferner erhob sie gemäß Artikel 1 der genannten Verordnung einen vorläufigen Antidumpingzoll von 33 % auf Gefrier - und Tiefkühlgeräte mit Ursprung in der Sowjetunion.

9 Nach Artikel 6 Absatz 2 galt diese Verordnung insoweit, als durch sie ein vorläufiger Antidumpingzoll eingeführt wurde, nur für einen Zeitraum von vier Monaten oder bis zum Erlaß endgültiger Maßnahmen durch den Rat. Sie wurde im Laufe des Verfahrens durch die endgültige Verordnung ersetzt, die Gegenstand der zweiten, von der Klägerin am 18. März 1987 erhobenen Klage ist.

10 Die Kommission hat mit Fernschreiben vom 20. März 1986 ausgeführt, daß die Klage in der Rechtssache 294/86 auf Nichtigerklärung der vorläufigen Verordnung gegenstandslos geworden sei, da diese Verordnung nicht mehr gelte. Die Klägerin hat in ihrer Stellungnahme vom 6. April 1987 geltend gemacht, daß der Rat dadurch, daß er die Vereinnahmung der als Sicherheit für den vorläufigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge verfügt habe, nur die Verordnung der Kommission durchgeführt habe und daß sie selbst die Erstattung dieser Beträge nur verlangen könne, wenn der Gerichtshof die Verordnung, durch die sie eingeführt worden seien, für nichtig erkläre. Sie habe auch deshalb ein Interesse an der Anfechtung der vorläufigen Verordnung, weil sie sich für eine Schadensersatzforderung auf jeden vom Gerichtshof festgestellten Grund der Rechtswidrigkeit berufen könne.

11 Deshalb ist vorab zu prüfen, ob die Klägerin ein Interesse an der Anfechtung der vorläufigen Verordnung behält, obwohl diese durch die endgültige Verordnung ersetzt worden ist.

12 Hierzu ist festzustellen, daß die Klägerin angesichts der Tatsache, daß die als Sicherheit für den vorläufigen Antidumpingzoll hinterlegten Beträge nach Artikel 2 der endgültigen Verordnung in Höhe des endgültig erhobenen Zolls vereinnahmt worden sind, keinerlei Rechtswirkungen der vorläufigen Verordnung geltend machen kann.

13 Was das Interesse betrifft, das für die Klägerin in der Möglichkeit bestehen soll, die Nichtigkeit der vorläufigen Verordnung feststellen zu lassen, um auf dieser Grundlage Schadensersatz zu verlangen, so ist darauf hinzuweisen, daß sich die Klägerin zur Begründung eines Antrags auf Ersatz der durch die vorläufige Verordnung möglicherweise verursachten Schäden auf die Rechtswidrigkeit der endgültigen Verordnung berufen könnte.

14 Unter diesen Umständen ist festzustellen, daß die Klage in der Rechtssache 294/86 gegenstandslos geworden ist, so daß insoweit die Hauptsache erledigt ist.

15 Deshalb brauchen nur die in der Rechtssache 77/87 vorgebrachten Klagegründe geprüft zu werden.

16 Wegen des rechtlichen Rahmens, des Sachverhalts und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

A - Zum Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs

17 Die Klägerin macht geltend, daß die Kommission und der Rat die Herrn Astakhov, dem Vertreter der Klägerin im fraglichen Antidumpingverfahren, erteilte Vollmacht nicht berücksichtigt hätten; insbesondere habe die Kommission von ihr keine Auskünfte verlangt und ihr unter Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2176/84 nicht den für Ausführer bestimmten Fragebogen übermittelt. Sie bestreitet deshalb, die Zusammenarbeit verweigert zu haben, wie es ihr in der zweiten und der dritten Begründungserwägung der endgültigen Verordnung zur Last gelegt werde.

18 Wie sich aus den Akten ergibt, wurden der Klägerin per Einschreiben an ihre Anschrift in Moskau Exemplare des Fragebogens für Ausführer und die Bekanntmachung über die Einleitung der Ermittlungen im Antidumpingverfahren übermittelt. Die dem Gerichtshof vorgelegte Empfangsbescheinigung des Postamtes weist aus, daß diese Übermittlung am 17. Dezember 1985 stattfand; ausserdem bestätigte die Klägerin in ihrem Fernschreiben an die Kommission vom 18. Februar 1986 den Empfang des Fragebogens und beantragte eine Verlängerung der Beantwortungsfrist. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ferner eingeräumt, daß sie diesen Fragebogen niemals beantwortet hat.

19 Unter diesen Umständen waren die Gemeinschaftsbehörden berechtigt, sich auf die Angaben zu stützen, über die sie verfügten, da die Klägerin selbst die Möglichkeit hatte, der Kommission alle notwendigen Auskünfte zu erteilen, dies jedoch unterließ. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob Herr Astakhov von der Kommission in die Lage versetzt wurde, sich am Verfahren zu beteiligen.

20 Der erste Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

B - Zur fehlenden Begründung unter Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag

21 Die Klägerin vertritt die Ansicht, daß die in der 14., der 17. und der 18. Begründungserwägung der endgültigen Verordnung aufgeführten Gründe in bezug auf die Bestimmung ihres Marktanteils, den Begriff der Interessen der Gemeinschaft und die Festsetzung eines Zollsatzes von 33 % unzureichend seien.

22 Soweit die Klägerin geltend macht, ihr Vorbringen, daß die Erhöhung ihres Marktanteils im Vereinigten Königreich und in Belgien keine Erhöhung ihres Anteils am gesamten Markt in der Gemeinschaft bedeute, sei nicht beantwortet worden, genügt der Hinweis auf die 14. Begründungserwägung der endgültigen Verordnung. Dort heisst es, während der Verbrauch in der Gemeinschaft gleichgeblieben sei, seien die Einfuhren aus der Sowjetunion zwischen 1981 und 1985 um mehr als 20 000 Stück gestiegen. Im übrigen verweist die 13. Begründungserwägung dieser Verordnung auf die detaillierten Feststellungen, die die Kommission hierzu in der vorläufigen Verordnung, insbesondere in deren 23. Begründungserwägung, getroffen hat.

23 Soweit dem Vorbringen der Peja Import BV, eines derjenigen Einführer in der Gemeinschaft, bei denen die Kommission Auskünfte eingeholt und Prüfungen vorgenommen hat, nicht gefolgt wurde, insbesondere dem Argument nicht, daß es im Interesse der Gemeinschaft liege, die Einfuhren von Gefrier - und Tiefkühlgeräten mit Ursprung in der Sowjetunion nach den Niederlanden weiter zuzulassen, damit Vergeltungsmaßnahmen vermieden würden, ist in der 17. Begründungserwägung der endgültigen Verordnung hinreichend dargelegt, daß die Schwierigkeiten, mit denen die Hersteller in der Gemeinschaft zu kämpfen hätten, sowie die wirtschaftliche und soziale Bedeutung der betreffenden Industrie die Gründe darstellten, die den Rat zu dem Schluß hätten kommen lassen, daß das Interesse der Gemeinschaft vorgehe und die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls erfordere.

24 Zur Festsetzung dieses Zolls in Höhe von 33 % heisst es schließlich in der 18. Begründungserwägung der endgültigen Verordnung, daß der Zoll von 33 %, der niedriger als die ermittelte Dumpingspanne von 204 % sei, notwendig sei, um die den Gemeinschaftsherstellern entstandene Schädigung unter Berücksichtigung des Verkaufspreises, der erforderlich sei, um den leistungsfähigen Herstellern der Gemeinschaft einen angemessenen Gewinn zu sichern, zu beseitigen.

25 Folglich ist der Klagegrund einer unzureichenden Begründung zurückzuweisen.

C - Zur Bestimmung des Normalwertes anhand des auf dem jugoslawischen Marktes praktizierten Preises

26 Die Klägerin macht geltend, daß die Kommission ihre Wahl Jugoslawiens als Vergleichsland nicht hinreichend begründet habe.

27 Das Vorbringen der Klägerin ist nicht begründet. In der sechsten Begründungserwägung der endgültigen Verordnung werden die Gründe, aus denen die Kommission den klägerischen Argumenten hierzu nicht folgte, hinreichend deutlich erläutert.

28 Die Klägerin rügt sodann die Bestimmung des Normalwertes anhand des auf dem jugoslawischen Markt praktizierten Preises. Unter Berufung auf die Merkmale, durch die sich der jugoslawische vom sowjetischen Markt in bezug auf die Höhe der Einkünfte und die Produktionsmethoden für Gefrier - und Tiefkühlgeräte unterscheide, vertritt sie die Ansicht, daß der Normalwert in Jugoslawien hätte rechnerisch ermittelt werden müssen. Indem die Kommission und der Rat keine der von ihr zur Neutralisierung dieser Merkmale vorgeschlagenen Berichtigungen akzeptiert hätten, hätten sie den Normalwert unter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung Nr. 2176/84 in unangemessener und unvertretbarer Weise bestimmt.

29 Nach Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung Nr. 2176/84 wird im Falle von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft der Normalwert auf angemessene und nicht unvertretbare Weise auf der Grundlage a ) des für die gleichartige Ware in einem Drittland mit Marktwirtschaft tatsächlich praktizierten Preises, b ) des rechnerisch ermittelten Wertes der gleichartigen Ware in einem Drittland mit Marktwirtschaft oder, c ) wenn diese Kriterien keine angemessene Grundlage vermitteln, aufgrund des für die gleichartige Ware in der Gemeinschaft tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, der erforderlichenfalls um eine angemessene Gewinnspanne berichtigt wird, bestimmt. Ziel dieser Vorschrift ist es, die Berücksichtigung der Preise und Kosten in einem Land ohne Marktwirtschaft zu verhindern, die normalerweise nicht das Ergebnis der auf den Markt einwirkenden Kräfte sind.

30 Nach der Systematik des Artikels 2 Absatz 5 der Verordnung Nr. 2176/84 soll der rechnerisch ermittelte Wert als Ersatz für den Verkaufspreis auf dem Binnenmarkt des Herstellungs - oder Ausfuhrlandes als Grundlage für die Bestimmung des Normalwertes dienen. Deshalb darf auf den rechnerisch ermittelten Wert nur zurückgegriffen werden, wenn die Umstände die Verwendung des Inlandspreises unvertretbar machen. Dieser Wert ist so zu berechnen, daß das Ergebnis dem auf dem Inlandspreis beruhenden Normalwert so nahe wie möglich kommt. Die Organe verfügen hierbei über ein Ermessen, und die Klägerin hat nicht dargetan, daß sie davon einen fehlerhaften Gebrauch gemacht haben, als sie im vorliegenden Fall den Normalwert auf die auf dem jugoslawischen Binnenmarkt praktizierten Preise stützten.

31 Dem Vorbringen der Klägerin, wonach der Normalwert hätte rechnerisch ermittelt werden müssen, um die angeführten Unterschiede zwischen Jugoslawien und der Sowjetunion zu berücksichtigen, kann nicht gefolgt werden. Die besonderen Merkmale der Märkte müssen beim Vergleich von Normalwert und Ausfuhrpreis unter den in Artikel 2 Absätze 9 und 10 der Verordnung Nr. 2176/84 vorgesehenen Voraussetzungen berücksichtigt werden. Die Organe haben deshalb nicht fehlerhaft gehandelt, als sie den Normalwert anhand des auf dem jugoslawischen Markt praktizierten Preises bestimmten.

32 Dieser Klagegrund greift deshalb nicht durch.

D - Zum Vergleich zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert

33 Die Klägerin macht geltend, daß die Kommission und der Rat deshalb gegen Artikel 2 Absätze 9 und 10 der Verordnung Nr. 2176/84 verstossen hätten, weil sie es abgelehnt hätten, die Berichtigungen in bezug auf die angeführten Merkmale des jugoslawischen Marktes, insbesondere hinsichtlich des Einkommensniveaus und der Herstellungsmethoden in der Sowjetunion, zu berücksichtigen. Nach ihrer Ansicht bedeutet die in diesem Artikel aufgestellte Verpflichtung zur Vornahme eines gerechten Vergleichs, daß zusätzliche Berichtigungen zu erfolgen hätten, selbst wenn diese in diesem Artikel, dessen Aufzählung nicht erschöpfend sei, nicht ausdrücklich vorgesehen seien.

34 Dazu ist festzustellen, daß Artikel 2 Absätze 9 und 10 im Interesse eines gerechten Vergleichs zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert, nachdem diese einmal nach den hierfür vorgesehenen Methoden berechnet worden sind, Berichtigungen aufgrund der die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussenden Unterschiede bei den materiellen Eigenschaften der Waren, den Mengen, den Verkaufsbedingungen, den Einfuhrabgaben und den indirekten Steuern vorsieht. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. Mai 1987 in der Rechtssache 255/84 ( Nachi Fujikoshi Corporation/Rat, Slg. 1987, 1861 ) entschieden hat, sind diese Berichtigungen ausschließlich aufgrund von Unterschieden vorzunehmen, die diese Faktoren betreffen.

35 Die von der Klägerin behaupteten Unterschiede betreffen jedoch das Lohnniveau und die hohen Kosten der Bauteile von Gefrier - und Tiefkühlgeräten und gehören somit zu keiner der in Artikel 2 Absätze 9 und 10 der Verordnung Nr. 2176/84 aufgeführten Gruppen.

36 Deshalb ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

E - Zur Feststellung der Schädigung

37 Nach Ansicht der Klägerin ist die Schädigung geringer als vom Rat und von der Kommission ermittelt. Sie führt hierzu im wesentlichen aus, daß der Gemeinschaftsmarkt für Gefrier - und Tiefkühlgeräte in zwei Segmente zerfalle : ein Segment für Güter der oberen Preisklasse, das von der Mehrzahl der Gemeinschaftshersteller beliefert werde und das die höchstentwickelten und teuersten Gefrier - und Tiefkühlgeräte umfasse, und ein Segment für Güter der unteren Preisklasse, das von Herstellern aus osteuropäischen Ländern beliefert werde und das einfachere und billigere Gefrier - und Tiefkühlgeräte umfasse. Da es sich bei den von der Klägerin hergestellten Gefrier - und Tiefkühlgeräten um billige Geräte handele, könnten sie nur der Gemeinschaftsproduktion der unteren Preisklasse eine Schädigung verursachen, so daß die Auswirkungen der Einfuhren auf die gesamte Gemeinschaftsproduktion nur geringfügig sein könnten.

38 Hierzu ist festzustellen, daß die Klägerin nichts zum Beweis dafür vorgebracht hat, daß nicht alle Gefrier - und Tiefkühlschränke als gleichartige Waren im Sinne von Artikel 4 Absätze 1 und 5 der Verordnung Nr. 2176/84 angesehen werden können.

39 Selbst wenn die Gemeinschaftsbehörden zur Ermittlung der Preisunterbietung durch sowjetische Gefrier - und Tiefkühlgeräte gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2176/84 diese Geräte mit den billigsten Gemeinschaftsmodellen verglichen haben, bedeutet dies nicht, daß keine anderen Gemeinschaftsmodelle mit den sowjetischen Gefrier - und Tiefkühlgeräten in Wettbewerb stuenden und daß durch die Einfuhren der betreffenden Ware nicht die gesamte Gemeinschaftsproduktion betroffen wäre.

40 Die Klägerin verweist im übrigen auf die geringe Anzahl der von ihr nach der Gemeinschaft ausgeführten Einheiten, die sich 1985 auf 20 000 belaufen habe; weder die Kommission noch der Rat hätten dargetan, wie ihre Einfuhren, für sich betrachtet, der Industrie der Gemeinschaft eine Schädigung hätten verursachen können.

41 In bezug auf die von der Klägerin ausgeführte Stückzahl ist festzustellen, daß gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2176/84 der Umfang der Einfuhren nur eines der bei der Feststellung der Schädigung zu berücksichtigenden Kriterien ist. Wenn ausserdem die gedumpten Waren wie im vorliegenden Fall aus verschiedenen Ländern stammen, müssen die Auswirkungen der Einfuhren grundsätzlich insgesamt beurteilt werden. Es entspricht der Zielsetzung der Verordnung Nr. 2176/84, es den Gemeinschaftsbehörden zu erlauben, die Auswirkungen all dieser Einfuhren auf die Gemeinschaftsindustrie zu prüfen und daraufhin die geeigneten Maßnahmen gegenüber allen Ausführern zu ergreifen, selbst wenn der Umfang der Ausfuhren jedes einzelnen von ihnen individuell betrachtet von geringer Bedeutung ist.

42 Die Klägerin macht weiter geltend, daß die Gemeinschaftsorgane bei der Ermittlung der Schädigung ihre Annahme einer kumulierenden Wirkung nicht begründet hätten. Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Die hierfür in der 11. bis 15. Begründungserwägung der endgültigen Verordnung angeführten Gründe, die insbesondere die in der 24. Begründungserwägung der vorläufigen Verordnung dargelegten Schlußfolgerungen der Kommission bestätigen, genügen den Anforderungen von Artikel 190 EWG-Vertrag.

43 Deshalb greift dieser Klagegrund nicht durch.

F - Zur Ablehnung der Verpflichtungsangebote

44 Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission gegen Artikel 10 Absätze 1 und 3 der Verordnung Nr. 2176/84, Artikel 190 EWG-Vertrag und das Diskriminierungsverbot verstossen, da sie die angebotenen Verpflichtungen abgelehnt und sich sogar geweigert habe, über deren Inhalt zu verhandeln.

45 Zum angeblichen Verstoß gegen Artikel 10 Absätze 1 und 3 der genannten Verordnung ist zuerst darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ( insbesondere Urteil vom 7. Mai 1987 in der Rechtssache 255/84, Nachi Fujikoshi Corporation/Rat, Slg. 1987, 1861 ) keine Vorschrift der Verordnung Nr. 2176/84 die Gemeinschaftsorgane verpflichtet, Preisverpflichtungsangebote anzunehmen. Aus Artikel 10 dieser Verordnung geht im Gegenteil hervor, daß es Sache der Organe ist, darüber zu befinden, ob die angebotenen Verpflichtungen annehmbar sind.

46 Aus den Akten ergibt sich ferner, daß die Kommission sich zwar geweigert hat, mit der Klägerin zusammenzutreffen, jedoch deren Vorschläge geprüft und sie aufgefordert hat, zu ihrer Kritik an diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen.

47 Unter anderem geht aus den Fernschreiben vom 18. November 1986 und vom 28. November 1986 sowie aus dem Schreiben vom 11. Dezember 1986, die die Kommission an die Klägerin gerichtet hatte, hervor, daß die angebotenen Verpflichtungen aus drei Gründen nicht angenommen wurden : a ) Die angebotenen Preiserhöhungen waren viel zu niedrig, als daß sie die Schädigung hätten beseitigen können; b ) diese Preiserhöhungen waren über einen Zeitraum von mehreren Jahren gestaffelt, und erst 1989/90 sollte der grösste Erhöhungssatz erreicht werden; c ) die höchste Preiserhöhung von 25 % wurde von der Inbetriebnahme eines neuen Werks abhängig gemacht, wobei die Erfuellung dieser Voraussetzung der Kontrolle der Kommission entzogen war. Die Klägerin hat die Richtigkeit dieser Umstände nicht bestritten.

48 Schließlich ist festzustellen, daß die Kommission ihren Ermessensspielraum nicht überschritten hat, als sie aus den aufgeführten Gründen, die hinreichend sind und die der Klägerin zur Kenntnis gebracht wurden, deren Verpflichtungsangebote ablehnte.

49 Zum angeblichen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot ist zu bemerken, daß die Kommission keine willkürliche Diskriminierung dadurch vorgenommen hat, daß sie die von der Klägerin angebotenen Verpflichtungen ablehnte, während sie die von den Ausführern der Deutschen Demokratischen Republik und Jugoslawiens angebotenen Verpflichtungen annahm. Wie nämlich in der 34. Begründungserwägung der vorläufigen Verordnung erläutert wird, bewirkten die von diesen Ausführern angebotenen Verpflichtungen Preiserhöhungen, die ausreichten, um die Schädigung zu beseitigen, wobei es auch möglich war, deren Einhaltung zu überprüfen. Dagegen waren die von der Klägerin angebotenen Verpflichtungen, wie oben dargelegt, offensichtlich unzureichend; auch waren die Voraussetzungen, die notwendig sind, damit die Kommission die Verpflichtungen kontrollieren kann, im vorliegenden Fall nicht erfuellt.

50 Auch der letzte Klagegrund greift somit nicht durch, so daß die gesamte Klage in der Rechtssache 77/87 abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

51 Was die Rechtssache 77/87 angeht, so ist gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten sowohl des Verfahrens zur Hauptsache als auch des Verfahrens der einstweiligen Anordnung, einschließlich der Kosten der Streithelferin, aufzuerlegen, die einen entsprechenden Antrag gestellt hat.

52 Was die Rechtssache 294/86 angeht, so entscheidet der Gerichtshof, wenn er die Hauptsache für erledigt erklärt, gemäß Artikel 69 § 5 der Verfahrensordnung über die Kosten nach freiem Ermessen. Unter Berücksichtigung dessen, daß die Klägerin mit ihrer Klage gegen die endgültige Verordnung, die die vorläufige Verordnung ersetzt hat, unterlegen ist, sind ihr in der Rechtssache 294/86 die Kosten sowohl des Verfahrens zur Hauptsache als auch des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Fünfte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) In der Rechtssache 294/86 ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

2 ) In der Rechtssache 77/87 wird die Klage abgewiesen.

3 ) Die Klägerin trägt in beiden Rechtssachen die Kosten sowohl des Verfahrens zur Hauptsache als auch des Verfahrens der einstweiligen Anordnung, einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Ende der Entscheidung

Zurück